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European Unix networkOrganisatorisch steht das EUnet zum einen unter dem Verwaltungsdach der European Unix Systems Users Group und deren nationalen Vertretungen. Andererseits läuft der größte Teil der Organisation, Beratung und Hilfe für die Teilnehmer an den nationalen Zentralstellen der sogenannten "Backbone-Rechner" zusammen. In Deutschland wird dieser Backbone-Rechner "unido.uucp" an der Informatik Rechnerbetriebsgruppe der Universität Dortmund von einem Team von Studenten aufrechterhalten.
History-weit weit zurürk in den 83ernDamit wäre im Prinzip das wichtigste über das EUnet schon festgestellt. Bliebe noch zu sagen, daß die Philosophie des Unix-Netzes historisch einen gewissen Benutzereinfluß, Pragmatismus, Unabhängigkeit wo nötig und Kooperation, wo möglich, für sich beansprucht. Historisch war diese Entwicklung deshalb so, weil das Netz aus der Initiative von europäischen Unix-Anwendern hervorgegangen ist, die etwa 1983 eigentlich nur ihre Arbeit am allgemein wenig bekannten Unix-System verbessern wollten. Man sah hinüber in das Unix-Stammland USA und wollte untereinander und mit dem amerikanischen Unix-Netz Informationen und Programme austauschen. Der pragmatische Ansatz lag nun darin, das zu benutzen, was an Kommunikationsmöglichkeiten im Unix-System schon existierte - nämlich UUCP und mail - und so einige Rechner an den wenigen europäischen Forschungsinstituten mit Unixabteilungen zu verbinden. Von den Unternehmen waren nur wenige gewillt, Unix oder gar einen Rechner offen zu unterstützen. So konnte man sich die eigene Unabhängigkeit von Unternehmen bewahren. Gleichzeitig müssen alle Leistungen des Netzes durch die Gelder der Benutzer selbst finanziert und durch Kooperation mit anderen Netzen so effizient wie möglich gestaltet. Im amerikanischen Usenet dagegen wird die Infrastruktur für große Weitverkehrsstrecken stark durch die Backbones bei einigen Firmen wie DEC, HP, AT&T oder finanziell starken Forschungsinstitutionen getragen, wenn auch nicht verwaltet, so daß dort die Struktur nur chaotisch zu nennen ist. Bis heute wird das nichtkommerzielle EUet in seiner Struktur und Verwaltung mit viel ideellem Einsatz anden Backbone-Institutionen eher "nebenbei" aufrecht erhalten. Gewachsene Strukturen und Organisation: T-Bones und Backbones bilden das Skelett. Datenfernverbindungen innerhalb Europas waren und sind teuer, so daß in jedem Land möglichst nur ein Rechner zentral die entsprechende technische Infrastruktur für größere Datenmengen aufbauen sollte, um diese dann kostengünstig an mehrere Organisationen im Land zu verteilen. Diese sternförmige Struktur des Netzes wird besonders durch die hohen Kosten für die Megabyte an "News"-Artikeln bedingt. Diese kommen zentral beim "Centrum voor Wiskunde en Informatica" (CWI) in Amsterdam an, um dann mehrfach kopiert und an die nationalen Backbone-Rechner verteilt zu werden. Dieses Prinzip der möglichst kostengünstigen Teilung von Kosten setzt sich in den nationalen Netzen weiter fort. Für die E-Mailverbindungen sieht die Struktur anders aus, dezentraler. Die Backbone-Rechner der 19 beteiligten Ländern tauschen etwa alle halbe Stunde anfallende E-Mail aus und bilden damit ein eng vermaschtes Netz. Gateways und schnelle Verbindungen in nationale oder internationale Forschungsnetze laufen wenn möglich von den einzelnen Backbone-Rechnern direkt. So können EUnetter heute ihre elektronische Post über ihren Backbene-Rechner etwa ins EARN/Bitnet, das amerikanische Arpa/Internet oder das ehemalige CSnet, japanischen "Junet"tern, australischen "ACSnet"tern oder auch in X.400-Netze wie das DFN schicken. Allein im amerikanischen Unix-Mutternetz umfaßt die Zahl der erreichbaren Endbenutzer etwa 1 Million ... Damit sind über das EUnet heute die meisten Teilnehmer an den wichtigsten internationalen Forschungsnetzen erreichbar. Ganz nebenbei ist das EUnet durch seine Unabhängigkeit von Forschung und Unternehmen auch eines der wenigen Computernetze, die Organisationen aus Forschung *und* Unternehmen teilnehmen lassen. Warum eigentlich nur Organisationen? könnte man an dieser Stelle fragen. Warum keine Privatpersonen? Verschiedene Gründe spielen da eine Rolle: Zum einen sind die ursprünglichen Teilnehmer des EUnet die Mitglieder"organisationen"' der Unix User Groups. Zum anderen gehörten Unixrechner bis vor kurzem noch nicht gerade zum Privatbesitz einer einzelnen Person, sondern standen üblicherweise in den Räumen irgendeiner Organisation. Nicht zuletzt verlangt die Aufrechterhaltung des Netzanschlusses für eine Einzelperson allein einen nicht unerheblichen Aufwand. In einer Firma oder Universität lohnt sich diese Mühe eher, weil der lokale Systemadministrator, im Unix-Netz der "Postmaster", mit seinem Wissen und der technischen Infrastruktur einer größeren Gruppe von Nutzern dient. Außerdem würde eine Vielzahl von einzelnen kleinen Rechnern, die sich direkt am Service-Rechner ihres Backbones anschließen wollten, den Zentralrechner und das dortige PostmasterTeam übermäßig belasten. Die optimale Netzstruktur mußte die Last nach unten auf die Zwischenrechner oder TBone-Rechner verteilen, die wiederum mehrere Endknoten bedienen können. In einigen Teilen des EUnets, wie in Holland oder England, läuft eine solche Dezentralisierung relativ gut, in anderen - wie in Deutschland - läuft dies ziemlich schlecht. Offiziell gibt es nur in Berlin mit der Technischen Universität Berlin und der Siemens AG für den Münchner Raum Zwischenrechner, die sowohl Rechnerkapazität als auch Verwaltungs- und Beratungsarbeit für das Netz übernehmen.
Was sind die News?Sinnvoll wird eine Dezentralisierung insbesondere, um große Datenmengen wie die "News" nur *ein* mal vom zentralen Backbone in einen Großraum, wie etwa Frankfurt, zu übertragen und diese zum lokalen Telefontarif dann an mehrere Interessierte weiter zu verteilen. Was sind denn nun diese imaginären "News", denen im EUnet so große Aufmerksamkeit und so viel Datenvolumen gewidmet wird? Die News kann man sich als ein Schwarzes-Brett-System von über 350 Themengruppen vorstellen, auf denen Fragen und Antworten der Teilnehmer ein intensives Diskussions- und Informationsforum in einem weltweiten Netz ermöglichen. Die nach Europa transferierten internationalen Gruppen sind überwiegend aus dem Umfeld der Computer, Wissenschaft und Technik. Die Spannbreite geht da von "alt.aquaria" für die alternative Gruppe der Aquariums-Fischfreunde unter uns, über die Bionet-Informationen zum Public-Domain-Vertrieb z.B. in comp.unix.sources (GNU, PC-Software, etc.) oder in die auf Europa oder Deutschland begrenzten EUnet- bzw. Dnet-Hierarchien. Die Informationen werden jedoch auch über wissenschaftliche Felder wie etwa sci.med.aids ausgetauscht. Oder es gibt die gesellschaftlichen Foren wie soc.culture.china oder Freizeitthemen á la rec.arts.books, oder nicht endenwollenden Diskussionen über Computerspiele, oder, oder. Also an Themen ist kein Mangel. Der prinzipielle Vorteil des Newssystems gegenüber ähnlich aussehenden Mailboxen ist das Vorhandensein der Daten auf dem eigenen Rechner, so daß man ohne zusätzliche Kosten die "eigenen" abonnierten Newsgruppcn auf dem eigenen Rechner in aller Gemütsruhe lesen kann. Das Newssystem setzt mit dem Programm "Readnews" in der Gestaltung der News-Artikel und deren Verwaltung unmittelbar auf dem Mail-System auf. Der News-Leser hat es durch die News-Oberfläche einfach, Texte oder Dateien in und aus seinem Homedirectory aus direkt zu speichern, auszudrucken oder automatisch auf Anfragen zu antworten. Entweder erfolgt dies für die Gruppe sichtbar, wenn es von allgemeinem Interesse ist, oder direkt an den Anfrager. Das News-Programm selbst, derzeit Version 2.11, ist ein Public Domain Produkt. Ab Sommer 1989 wird es in der Version 3.0 auch vom Unido-Backbone zu erhalten sein.
Wie läuft das in Deutschland ?Ach ja, dieser Unido-Backbone. Ein halbes Dutzend Studenten der Informatik Rechnerbetriebsgruppe der Universität Dortmund pflegen den Zentralrechner Unido, ein MX500 und die notwendigen Peripheriegeräte. Mehr Zeit als für die Technik wird jedoch für die Beratung und Information der angeschlossenen über 180 Teilnehmerorganisationen und deren Systemadministratoren und Benutzer verwandt. Nachdem die Rechner mit ihrem UUCP-Namen in die weltweite Adressdatenbank der "Maps" aufgenommen worden ist, muß eine funktionierende UUCP-Verbindung zu Unido hergestellt werden, um die Daten austauschen zu können. Danach kommt die Hilfestellung bei der Konfiguration des notwendigen "Message Transport Agents" als dem Programm, das lokal die Post der Benutzer weiterleiten muß. Die genaue Versendung wird den Teilnehmerorganisationen vom nationalen Backbone-Rechner abgenommen, der jede Mail nach seinem letzten aktuellen Informationen auf den richtigen Weg routet. Dies schließt ein aktives Routing durch den einzelnen Benutzer aus, der sich im Normalfall nicht um den genauen Weg kümmern kann und kümmern muß.
(Zur Erklärung für Nicht-Unix-Kenner: Das Unix-to-Unix-Copy verlangte ursprünglich eine Adressierung über jeden Rechner, der zur Übertragung beiträgt. Also ungefähr so: Die Vereinfachung der Rechneradressierung erfordert jedoch natürlich einen gewissen Verwaltungsaufwand beim Backbone und von der Benutzerorganisation einen gewissen Beitrag, um vom EUnet-Backbone registriert zu werden. Letzeres führt immer wieder zu einem gewissen Unmut bei den Benutzern, die diese Kostenbeiträge für zu hoch halten. Nun denn, so sieht die Beitragstabelle im deutschen EUnet im Juni 1989 aus:
Grundbeitrag für Mailanschluß inklusive europäischer News und unbegrenzt Mail innerhalb Deutschlands: 80,- DM Von dem pauschalen News-Gebühren ist das Unido-Team im April 89 angegangen, um auch Interessenten für nur wenige Gruppen einen Zugang zu den internationalen News zu ermöglichen. Seitdem wird entsprechend dem Anteil an den Gesamtkosten der News volumenmäßig abgerechnet. Die monatlichen Beiträge für die internationalen News fangen mit zusätzlichen 40,- DM bei bis zu 10 Prozent des Gesamtvolumens an und reichen bis zu 220,- DM für das gesamte Volumen der internationalen News (Juni 89 etwa 100 Mb monatlich).
Schöne "Zukunfts"-AussichtenMit dem weiteren Wachstum des EUnet ist eine weitere Verringerung der Beiträge zu erwarten, weil die gemeinsame Infrastruktur durch mehr Teilnehmer getragen wird. Im deutschen EUnet ist mit dem Übergang auf eine Standleitung zur europäischen Zentrale in Amsterdam auch mit einer weiteren Kostendämpfung zu rechnen.Weitere zukünftige Projekte im EUnet sind etwa ein Netz von dezentralisierten Archivservern über ganz Europa hinweg, die Möglichkeit, ISO-Anwendungen über das EUnet hinweg zu benutzen oder der Aufbau eines europäischen IP-Netzes (Internet-Protocol). Alle diese Dienste hängen jedoch noch vom Interesse und der Beteiligung der EUnetter ab. Wie bei allen anderen Services müssen auch hier jeweils die Benutzer entsprechend finanziell und inhaltlich beteiligt sein. Wer jetzt immer noch am EUnet interessiert ist, kann sich an das Postmaster-Team an der Uni Dortmund wenden.
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