|
Eindruecke und Ueberhaupt von der GUUG
Dies ist ein kurzer Bericht von der GUUG Jahrestagung in Wiesbaden vom 4. bis 6. September. Die GUUG bleibt dem Ort Wiesbaden als Veranstaltungsort wohl auch in Zukunft treu, weil die Mitglieder sich so schnell nicht auf einen neuen Ort einigen werden. Eine Reise von Stuttgart nach Wiesbaden nimmt nur kurze Zeit in Anspruch. Aufwendiger ist die Parkplatzsuche vor Ort. Und auf das Auto ist man angewiesen, will man nicht auf teure Hotelangebote in zentraler Lage zurueckgreifen. Zehn Minuten vom Parkplatz zu den Messehallen sind ohne weiteres drin. Die koerperliche Unversehrheit wird durch ein vielfaeltiges Angebot im Messerestaurant garantiert, nur der Verkaufstand fuer Snacks hat doch gewisse Mangelerscheinungen. Zur Austellung gehoerten zwei Grosse und eine kleine Halle. Da auch diese relativ kleine Flaeche recht locker belegt war, wird dem Teilnehmer schnell klar: Dies ist eine Fachausstellung. Mehr Technik haette denoch nicht geschadet. Was bei den vorgestellten Systemen fehlte, waren die Netze und die Vorfuehrung der Vernetzbarkeit der sogenannten offenen Systeme. ISDN war ein aufstrebender Tagesordnungspunkt, aber Dinge wie FDDI oder OSI-konforme Netzwerkprodukte waren nicht zu sehen. Das konnte man bei den Vortraegen nicht immer sagen. Zwar bemuehten sich viele Vortragende, von ihrem Produkt die Kurve zu den dahinterliegenden allgemein gueltigen Loesungsansaetzen zu kommen. Das scheiterte dann aber ab und an doch daran, dass der Vortragende das Publikum nicht als zu sehr mit der Materie vertraut einstufen konnte. Kurz: Manche Vortraege waren nicht sehr technisch. Insgesamt muss die Herbsttagung der GUUG mehr als Werbung fuer die gemeinsame Idee eingeschaetzt werden denn als Austausch der technischen Neuigkeiten. Unix ---- Beim Gang durch die Ausstellung sieht man ueberraschend viele System V Release 4 Version, meist lauffaehig auf 386er PCs. Es scheint, als ob hier die Unix International einen nicht unbedeutenden Vorsprung erreicht hat, denn OSF/1 wurde ausser in den Reden der Firmenvertreter nicht repraesentiert. OSF/Motif war dagegen als Oberflaeche aktzeptiert. Hersteller mit eigenen Entwicklungen werden das wohl bald merken. Zusammen mit S5R4 haben sich natuerlich auch die Streams durchgesetzt. Die fuer viele Netzwerkgeschichten wichtigen Sockets sind meist als Erweiterung der Streams (Lachmann) vorhanden. Mit der AIX-Architecture und der RS/6000 kam IBM weit in den Vordergrund, um zu zeigen, dass auch sie sich den open systems committed haben und weg wollen von den proprietary Systemen (nur um die haeufigsten buzz-words mal aufzuzaehlen, dann haben wirs naemlich hinter uns). Wobei natuerlich sensibel zwischen informations- und datenverarbeitenden Systeme unter- schieden wird, sonst braeuchte man am Ende ja gar kein SAA mehr... Stichworte von AIX sind: Virtuelle Speicherverwaltung (sieht sehr nach Segmenten aus), sehr dynamisches Filesystem, shared libraries, waehrend des Betriebs konfigurierbarer Kernel. In einem Vortrag am ersten Tag wurde eine interessante Alternative zu Mach als verteiltem Betriebssystem vorgestellt. Siemens verwendet das Betriebssystem Chorus V.3.3 als Ausgangsbasis fuer Entwicklungen an einer modularen Workstation, die im Betriebssystem schon Schnitt- stellen bereitstellt, um in Hardware gegossene Spezialfunktionen auf der Basis eines verteilten Systems einzubinden. Es finden sich die modernen Konzepte von Threads, Message Ports und nicht zuletzt ein kleiner Kernel (ca. 80-90 K auf Intel 386). OSF begutachtet fuer ihr Betriebssystem OSF/1 beide Loesungen, Mach und Chorus. Leider wird Chorus im Rahmen des ESPRIT-Programmes der EG durchgefuehrt, so dass zu befuerchten ist, dass Chorus nie free software werden wird. Eine Freigabe der Dokumentation waere vielleicht angebracht, so dass auch der unbefangene Anwender sich die Funktionsprinzipien klarmachen kann. Sicherheit ---------- Sicherheit und Unix, zwei Begriffe, deren Zusammenhang so abwegig nicht ist. Als wichtiger Eindruck bleibt zurueck, dass zur Beurteilung der Sicherheit die Orange Book Kriterien weit haeufiger zur Anwendung kommen als irgendwelche europaeischen Normen. Als Beispiel und herausragender Vortrag zum Thema Sicheres Unix muss jener ueber System V Release 4 Enhanced Security gewertet werden. Motorola uebernahm fuer AT&T die Analyse der sogenannten verdeckten Kommunikationswege, die ein Benutzer einer niedrigen Prioritaet zum Informationsaustausch mit einem Benutzer hoeherer Prioritaet zur Verfuegung hat. Was der Referent ueber dieses Thema erzaehlte und welche Massnahmen zur Verhinderung dieser nach den Orange-Book-Kriterien unerwuenschten Kommunikation getroffen wurden, war ausserordentlich interessant. Kurz die Stichworte: Access-Control-Lists (Hallo VMS) fuer jedes Objekt, unsichtbare Prozesse und Directories fuer Benutzer niedriger Prioritaeten, physikalische Loeschung wiederverwendbarer Objekte (RAM, Diskfiles), Terminalmonitore etc. Angestrebt war B3, erreicht wurde mit den bisherigen Mitteln B2 und ein bischen mehr. Allerdings haben andere als diese Loesungen m.E. wegen der standardisierenden Wirkung keine hohen Erfolgsaussichte, weil sie meist sehr viel mehr aufgesetzt wirken. Auch hier wieder das Fehlen jeglicher Aspekte der Kommunikation. Das Feld Sicherheit beim Austausch von Daten ueber Netze hin und die Vorstellung von Loesungsansaetzen fehlte. Wahrscheinlich ist vielen gewerblichen Anwendern die Sensibilitaet ihrer Daten und die Verwundbarkeit eines verteilten Systems nicht bewusst. Firmen ------ Eine wahre Trauergeschichte sind die grossen Firmen und ihre heldenhaften Bemuehung, sich als Vorkaempfer fuer offene Systeme zu praesentieren. Bestes Beispiel war der Generalbevollmaechtigte fuer AIX der IBM Deutschland. In seinem Vortrag zur Eroeffnung der Tagung konnte er das Wort Architecture einfach nicht auslassen. Und wenn die Suende dann schon geschah, dann ist eine Wiederholung nicht mehr so schlimm. Offene Systeme, die gegenseitige Ergaenzung von SAA und AIX, Unternehmenskommunikation und die jahrelange Tradition der IBM bei der Mitwirkung am X/Open-Standard (seit 1987 !) waren zwar wichtig in seiner Rede, doch nicht im Gesamtzusammenhang. Sein Kollege Dieter Wollschlaeger beim eingeladenen Vortrag am Donnerstag konnte mich auch nicht ueberzeugen. Seine schoenen bunten Grafiken von den vorhandenen und geplanten Softwareerweiterung der AIX- und SAA-Produkte zeigte mir nur, dass jene der AIX-Umgebung einfacher auf SAA zu portieren waren (NFS, TCP/IP, X11) als umgekehrt (NetView fuer IP ist eine Kruecke und wird nicht bis nach OSI kommen). Wobei sich halt wiedermal zeigt, dass offene Systeme portabler sind. Aber wie schon gesagt, das ist nichts neues. IBM geht es in erster Linie wohl darum, ihren alten Kunden nicht ins Gesicht sagen zu muessen, dass sie sich nach was neuem umschauen sollen. Als sehr deutscher Hersteller war auch Siemens-Nixdorf-Informationssystem (SNI) als Redner zur Eroeffnung eingeladen. SNI vertritt natuerlich sehr viel staerker die Linie der X/Open, weil man sie ja mit gegruendet hat. Allerdings hat SNI jetzt erstmal einen Stall von verschiedenen Unix- und herstellereigenen Systeme, den es erst einmal auszumisten gilt. So ist bei Siemens BS2000 immer noch mit ueber 50 Prozent am Umsatz beteiligt. Und seine alten Kunden kann man auch hier nicht einfach in die kalte Nacht schicken. Grafische Standards (Motif etc.) sind wichtig, so der Redner. Ob er sich mit der Bemerkung, er koenne nicht mit der Shell umgehen, allerdings viele Freunde macht, sei dahingestellt. Die Aufzaehlung all der Standards, die SNI mit neuen Systemen beachten will, spare ich mir hier. Ausser: SNI will nur noch die Prozessoren Intel 386 und Mips fuer ihre Produkte verwenden. "Uberrascht war ich von Motorola. Ihre Prozessoren waren zwar schon seit Anbeginn eng mit der Entwicklung von UNIX verbunden, doch den engen Kontakt mit AT&T werden sie wohl noch ausbauen, wenn die Trennung der Unix-Aktivitaeten (USL) von AT&T in Zukunft weiterschreitet. Als grosser Hersteller von elektronischen Geraeten kann auch Sony in Zukunft eine Menge Mitbewerber ueberraschen. Die Mehrzahl der Hersteller von Unix-Systemen sind klein gegenueber Sony. Sony zeigte auf der GUUG-Tagung mit der Integration von Grafik, Sound und Netzwerkfaehigkeiten (insbesondere ISDN), wo es langgeht. Und der Preis wird langfristig seine Wirkung nicht verfehlen. Die Podiumsdiskussion war fuer die Anwender, die sich eine deutlichere Hinwendung der Hersteller zu offenen Systeme wuenschten, eine Enttaeuschung. Es scheint, dass nicht nur die Hersteller noch nicht weit genug sind, auch die AnwenderInnen trauen sich noch nicht so recht. GUUG Intern ----------- Auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung stand die Vereinigung der GUUG mit der GUUG/east. Nun ist das alles aber nicht so einfach. Die GUUG/east wurde nach der Oeffnung der Mauer erst gegruendet und hat natuerlich den Anspruch, der Vertreter der Unix-Anwender in der ehemaligen DDR zu sein. Die EAG dagegen nach DDR-Recht ist eine Firma, die mit ca. 400-500 Unixanwendern schon vor der Wende bilateral Vertraege abgeschlossen hatte, die wohl in der Wirkung eine Vertretung dieser Anwendern im Sinne einer Anwendervereinigung bedeutete. Andere Formen der Vertretung in Form eines Vereins waren vor dem 9. November nicht moeglich gewesen. Die westberliner UniWare ging ein Joint-Venture mit der Ostberliner gki ein, die diese Vertragsverhaeltnisse uebernommen hatte. Und diese beiden Firmen wollten nun, dass die GUUG die Vertraege der Firmen in Mitglieds- status ueberfuehrt und damit eine weitere Gruppe der Unix-Anwender unter das gemeinsame Dach der GUUG ueberfuehrt. Davon war die Mitgliederversammlung nicht sehr begeistert. Und um das zu kommentieren, fehlt mir wohl der Hintergrund. Als weiterer Punkt sind Angebote der US-amerikanischen UniForum an die EUUG, nach 1992 auch in Europa solche Veranstaltungen durchzufuehren. UniForum ist eine deutlich kommerziellere und zu den Anwendungen hin orientierte Messe- und Tagungsveranstaltung. Nun will das UniForum aber, wie die GUUG, ihre Veranstaltungen im Herbst durchfuehren. Und dies koennte sich natuerlich sehr stark auf die GUUG und ihre wichtige Einnahmenquelle auswirken. Dann muss die GUUG eben mit den Woelfen heulen und mit der UniForum ueber eine zeitliche Verbindung der beiden Veranstaltungen verhandeln, so der Beschluss der MV. Insgesamt war das wohl die letzte Mitgliederversammlung, die noch detailliert Beschluesse fasste. Denn in Zukunft gibt es auch in der GUUG die Briefwahl. Publikationen ------------- Ein kurzer Blick soll noch den Publikationen gelten, die sich auf dem Boom-Markt Unix tummeln. Die erwaehnten Publikationen fanden sich auf der Tagung. Es koennte noch andere geben. Die Zeitschrift Topix wird von einem kleinen Verlag herausgegeben und traegt im Untertitel "Abteilungsrechner und Workstations". Die Richtung geht allerdings wohl mehr hin zu Bueroanwendungen denn zu technisch- wissenschaftlichen Nutzern. Sie steht der GUUG wohl recht nahe. Die CZ (Computerzeitung) kommt aus Leinfelden vom Konradinverlag. Als Zielrichtung gilt wohl der Computerbereich allgemein. Unix wird als Newcomer stark beachtet. Bei Zeitschriften stellt sich allgemein natuerlich immer die Frage: Welche Informationen sind aktueller, naeher am Geschehen. Der IDG-Verlag ist nicht auf Deutschland beschraenkt sondern arbeitet international. Dadurch sind die Informationen natuerlich global. Leider ist der Stil etwas muede. Hier eine Liste der Publikationen, die sich mit Unix beschaeftigen: - Unix-Welt, neu, erst zwei Ausgaben und sehr lange Artikel, nicht technisch, mehr erklaerend - Computerwoche, stark Mainframe- und Business orientiert, mehr Preise als Technik PC-Woche Rund um den PC, eher Unix als OS/2, auch Kommunikation (LANs) - Mac-Welt Bringt durch A/UX auch Beitraege ueber Unix Ein bekannter Muenchner Verlag, dessen ausgeschriebenes Kuerzel M&T ich lieber nicht interpretiere, hat seit ca. einem Jahr auch ein Unix-Magazin auf dem Markt. Laut Aussagen des Chefredaktuers bestand die Redaktion zum Zeitpunkt der Tagung aus einer Person, weil 75% der Redaktion gegangen sind. Und dies merkt man dem Magazin an. Persoenliche GUUG-Mitglieder bekommen diese Zeitschrift zugeschickt. Dafuer entrichtet die GUUG an den M&T-Verlag eine Mark pro Heft. Auf der Mitgliederversammlung war dies Anlass fuer einen Antrag, stattdessen ein konkurrierendes Magazin zu beziehen, weil die fachliche Qualitaet nicht ausreiche. Leider konnte der Preis von einer Mark bei keinem anderen Magazin erhandelt werden. Der anwesende Chefredaktuer versprach angesichts der Vorwuerfe, dass sich die Qualitaet verbessern werde, weil jetzt auch der Verleger eingesehen habe, dass Unix ein wichtiger Markt sei. Was ich allerdings nicht sehr positiv fand, war die Aussage: "Es geht um den Profit". Zum Schluss sei noch das iX-Magazin erwaehnt. Es wird im Heise-Verlag herausgegeben. Die Qualitaet ist auch im internationalen Vergleich gut. Der Verlag arbeitet mit dem amerikanischen Byte-Magazin zusammen und betreibt eine Mailbox. Alle diese Publikationen suchen fuer den Unix-Bereich Autoren. Mich wundert, dass dies so uebernacht gekommen ist und ob es dann auch wieder so geht ? Diverses -------- Es gab auch einen sogenannten geselligen Abend, bei dem fast die ganze Veranstaltung in einem Nobelhotel anbei ein Bufett leerraeumte. Man traf Leute, tauschte sich aus und lernte dazu. Die Gemeinde waechst und waechst zusammen, wobei u.a die diversen Netze ihren Teil beitragen. Resumee ------- Interessant, aber zu teuer. Es scheint mir, dass ich auf einer mehr technischen Konferenz mehr lernen haette koennen. Ob ich dann aber ueberhaupt was verstanden haette ? Zur Wiederholung nur empfohlen, wenn man dort noch nicht wahr. Kurt Jaeger <pi@complx..> ---------------------------------------------------------------------------- |
[Contrib]
[Chalisti]
[10]
Eindruecke und Ueberhaupt von der GUUG