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Der nächtliche Daten-Einbruch

Von Almut Hauenschild

Hacker-Premiere im Deutschen Bundestag. Der Grüne Abgeordnete Jo Müller knackte den CDU-Computer. "Versehentlich", wie der Bremer Alternative versichert. Es war die Nacht vor Silvester und um die Geisterstunde. Im Bonner Abgeordneten-Hochhaus "Tulpenfeld" leuchtete im linken Flügel der vierten Etage ein einsames Fenster. Jo Müller bastelte an einer Wahlrede und durchforstete den fraktionseigenen Computer nach brauchbaren grünen Thesen.

Aber was da plötzlich auf dem Bildschirm erschien, kannte er aus keinem Beschluß grüner Parteitage. Doch ganz so fremd war es für ihn auch wieder nicht. Das klang doch wie aus Geißlers Mund. Er probierte mit allerlei Codeworten den Adressaten zu ermitteln. "Ich sag jetzt nur mal so zum Beispiel, mit dem Code Helmut oder Hannelore", erzählt Müller, "denn den richtigen Code kann ich ja aus Datenschutzgründen nicht weitersagen."

Und da hätte ihm der Rechner ganz brav verraten, daß er einer derer von Wang ist und in der Parteizentrale der Christunion stehe.

Gleich am nächsten Tag schrieb Müller seinem nächtlichen Gesprächspartner: "Dein Datensicherungssystem arbeitet ebenso zuverlässig wie die Sicherheitssysteme von Atomkraftwerken: ab und zu entweicht etwas... Daß jedoch auch das von deinen biologischen Endgeräten (Programmierern) noch zusätzlich installierte Paßwortsystem dich schutzlos läßt, hat uns enttäuscht. Noch stärker entrüstet waren wir allerdings über den Inhalt einiger Textdateien. Angesichts der diffamierenden Qualität dieser Texte solltest du dich deiner Mitarbeit in dieser unseriösen Organisation schämen!'

Und die Parteien-Oberen im Konrad-Adenauer-Haus ließ Müller wissen: "Es ist beschämend, daß ihr euch so leichtfertig ein amerikanisches System angeschafft habt, wo doch jeder weiß, daß die deutschen Hersteller preiswertere und bessere Systeme anbieten..."

Die EDV-Experten in der CDU wollen nicht so recht an den nächtlichen Daten-Einbruch glauben. Parteisprecher Jürgen Merschmeier erklärte, daß der Grüne Abgeordnete "möglicherweise alles gemacht, sich aber nicht im Computersystem der CDU-Zentrale befunden hat. Daß Jo Müller aber nachts um ein Uhr noch arbeite, "verdient ein Fleißkärtchen, wahlweise von Jutta Ditfurth oder von Otto Schily... Sollte der Abgeordnete Müller sich längere Zeit in unserem Computersystem aufgehalten haben, könnten wir ihm dazu nur gratulieren, weil er politische Bildung genießen konnte. Im übrigen gehen wir aber bis zum Beweis des Gegenteils davon aus, daß es sich bei den Behauptungen weder um Hardware noch Software, sondern um eine zu früh gestartete Silvester-Ente handelt!'

 

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