Hilfe unser Roboter ist liebeskrank
Er massiert die Hausfrau. Er trinkt den Cognac des Ehemannes. Er
versucht die Witwe Lumidatsch im Treppenhaus zu küssen. Und schließlich
wird er lebensmüde. - Eine sentimentale Science-fiction-story, von
uns leicht gekürzt, die Friedrich Kroner schon 1932 ersann.
Er hatten jahrelang einen "IV" genannten Fußboden Roboter gehabt,
ein kleines, murksiges Ding. Er kehrte den Boden, wusch ab, kochte ganz
gut und half meiner Frau auch mal beim Anziehen. Aber er war acht Jahre
alt, und er schnaufte doch schon stark, und es rasselte in seinen Gelenken.
Ehe man so einen Roboter zum Überholen in die Fabrik schickt, dann
schon lieber weg! Wir kauften uns also einen neuen Roboter, einen Superfix.
Als er nach dem Kauf in unserer Wohnung ankam und kaum drei Atemzüge
getan hatte, sagte er schon im mißbilligendem Ton: "Staub, viel Staub."
Er sah sich kopfschüttelnd in der Küche um, machte sofort das
Fenster auf und setzte den Ventilator in Gang, dann lüftete er den
Deckel des Mülleimers und sagte mit der Stimme in Moll: "Schweinerei!"
Wir ließen ihn in der Küche zurück. Meine Frau gab ihm
Anweisungen für den nächsten Tag.
Er funktionierte aber wirklich ganz hervorragend. Vor allem hatte dieses
schreckliche Rassen und Keuchen in der Wohnung aufgehört. Es wurden
keine Türen mehr geworfen. Die ganze Arbeit ging nun mit einer Präzision
und Geräuschlosigkeit vor sich, daß man manchmal verwundert
daneben stand und staunte. Und als Masseur war er große Klasse. Meine
Frau war restlos begeistert!
Auch ich war mit ihm sehr zufrieden. Er staubte meine Bibliothek, die
über 2000 Bände enthält, mit einer Akkuratesse und Schnelligkeit
ab, wie kein Mensch es imstande gewesen wäre. Aber nach einigen Monaten
merkte ich den Grund für seine Leidenschaft, in meinem Zimmer aufzuräumen,
Eines Abends, als Wir aus dem Theater nach Hause kamen, lag er total
betrunken, man kann schon sagen, sinnlos betrunken, im Klubsessel, eine
völlig geleerte Kognakflasche neben sich. Wir telefonierten noch in
derselben Nacht mit dem Arzt, ich wollte sagen, Ingenieur. Er kam auch,
besaß sich den Schaden und fand schließlich einen Defekt in
der oberen rechten Schulterkammer. Ein kleiner, winziger Draht hatte sich
aus dem Kontakt zur Kopfschaltung gelockert, und damit schien der Schaden
beseitigt. Zwölf Stunden lag unser Roboter wie ein Toter und pumpte
seinen Rausch aus. Dann machte er wieder seinen Dienst so gewissenhaft
wie vorher Aber acht Tage später, an einem Sonntagnachmittag, als
unser Roboter seinen Ausgang hatte, war er in ein Tanz lokal eingedrungen,
obwohl den Robotern der Eintritt in alle öffentlichen Lokale streng
verboten war, hatte dort ein junges Mädchen einfach um die Hüfte
genommen und mit ihr zu tanzen begonnen, dabei hatte er fünf Personen
umgeworfen sowie einen Tisch mit vier Tassen Kaffee und drei Torten, die
wir samt dem Geschirr bezahlen mußten. Wir waren gezwungen, ihn am
anderen Morgen von der Polizei abzuholen. Als wir unseren Roboter von der
Polizei herausbekommen hatten, gab es eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung
nüt ihm. Meine Frau nahm ihn ins Gebet. "Julius", sagte sie, du bist
so klug, du hast so gute Manieren, weiß der Himmel, wenn die Fabrik
imstande wäre, deine Fehler abzustellen, wir würden dich wie
ein Kind im Hause halten." Solche Redensarten nutzten natürlich gar
nichts. Julius versprach, gelobte Besserung. Und die nächsten 14 Tage
saß er auch, wenn er nichts zu tun hatte, nachdenklich und still
auf dem Küchenstuhl und starrte zur Decke.
Schließlich dachte ich, schicke ihn doch mal zum Psychoanalytiker
Vielleicht findet der einen Komplex, den sein Ingenieur in ihn hineingebaut
hat. Ich schrieb an die Fabrik einen energischen Brief, ich zählte
alle Zwischenfälle mit Julius auf. Das Ergebnis war, daß der
Chefingenieur kam, der Julius 14 Tage vorher überprüft hatte.
Julius erkannte ihn auch sofort wieder, Er fiel ihm um den Hals und begann
zu weinen. Es war eine peinliche Situation. Der Chefingenieur entschuldigte
sich, schrie ihn an und befahl ihm, sich auf die Chaiselongue zu legen.
Dann begann er ihn abzuklopfen und abzuhorchen, schaltete jede Brustkammer
einzeln aus, ja, schließlich öffnete er sogar die Kopfkammer
Plötzlich schrie er überrascht. "Ah!" und holte mit einer Pinzette
eine mikroskopisch kleine Spirale heraus, die sich vielleicht gelockert
hatte oder gar
nicht hineingehörte, de p er warf sie einfach in den Papie7korb.
"In Ordnung", sagte er und schalte Julius wieder zu. Auch Julius schien
zufrieden. Er saß aufrecht, starrte seinen Konstrukteur mit verklärten
Augen an: "Besser!, viel besser - "Na also", sagte der Chefingenieur und
ging.
Von diesem Tag an war Julius wie verwandelt. Er tat zwar seine Arbeit
gewissenhaft und geräuschlos weiter, aber sein Blick war abwesend.
Meine Frau, mit dein Instinkt ihres Geschlechts, fragte ihn besorgt: "Ist
dir etwas, Julius?" - "Oh, nichts, gnädige Frau", flüsterte er
und blickte verklärt zur Decke.
Eines Tages überraschten wir Julius- In einem Sessel sitzend,
ein Buch in der Hand, Tränen in den Augen und Verse gegen die Decke
flüsternd, die er auswendig lernte. Es waren Liebesgedichte. Julius
sah und hörte uns nicht. Wir standen sprachlos in der Tür. Schöne
Bescherung. Wir hatten schon einmal, ich weiß nicht, ob ich das erwähnt
habe, vor zwei Monaten der Witwe Lumidatsch zahlen müssen, weil unser
Julius sie auf dem Treppenabsatz um die Taille gefaßt und versucht
hatte, sie abzuküssen.
Meine Frau sah mich an, ich sah meine Frau an. Der Roboter blieb im
Sessel sitzen, starrte uns mit Tränen in den Augen an und sagte: "Haben
Sie keine Angst, sie wohnt nicht hier im Haus."
Wir lagen die ganze Nacht schlaflos und besprachen die Sache. Als wir
aufwachten, war es zwölf Uhr mittags. Kein Frühstückstisch,
keine summende Kaffeemaschine, geschweige die Meldung: "Das Frühstück
ist angerichtet." Kein Julius in der Küche. Die Schlüssel zur.
Korridortür waren durch den Briefschlitz nach innen hineingeworfen.
Wir hätten uns lächerlich gemacht, wenn wir in den Zeitungen
inseriert hätten: "Julius, kehre zurück."
Den wirklichen Grund, warum Julius uns verließ, haben wir nicht
geahnt: Er war lebensüberdrüssig. Er suchte seinem Leben ein
Ende zu machen, und wie raffiniert er vorging, wie er die Art des Selbstmordes
überdacht haben muß, beweist sein Ende, das wir aus der Zeitung
erfuhren.
Julius war der vollkommenste Roboter, der jemals gelebt hat. Er ging
in eine Eisenwarenhandlung und verlangte ein Dutzend Schraubenzieher und
Schraubenschlüssel. Damit ging er auf einen Kinderspielplatz im Park,
setzte sich unter eine Gruppe halberwachsener Lümmels und sagte: Jungs,
mir ist nicht ganz gut, seht doch mal nach, was mir fehlt."
Nach dem Bericht der Zeitung hat es keine Stunde gedauert, bis nicht
eine Schraube mehr an unserem Julius in ihrem Gewinde saß.
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