Dieter Schumacher
Bericht zur Lage der Nation im geteilten FIZ-Deutschland
Abstract
Es ist nicht genug zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht
genug zu wollen, man muß auch tun.
Johann(W)Wolfgang(W)Goethe
Herr Präsident, Herr Bibliotheksdirektor, Verehrte Körperschaften,
Persönlichkeiten und Ministerialräte, Vertreter der Geistlichkeit
und ideologieverwandter Berufe, Eminenzen, Resistoren, Impedanzen und Suszeptibilitäten,
Rote und Schwarze, Realos und Fundis, Ruhegehaltsfähige Mitbürger
und sonstige Beihilfeempfänger, Mittelständler und Existenzgründer,
Liebe Online-Gemeinde!
Unsere diesjährige ökumenische Feierstunde für Kommerzielle
und Nichtkommerzielle steht wieder unter einem Wort des Herrn (Helmut Kohl),
der uns am 18.3.1987 in seiner Regierungserklärung zurief: Die Schöpfung
bewahren - die Zukunft gewinnen - Online recherchieren!
Die Epistel des heutigen Tages steht geschrieben in Joh. 1,11: Im Anfang
war das Paßwort, und das Paßwort war beim Host.
Die Kollekte am Ausgang ist bestimmt für die Hinterbliebenen derjenigen
vom BMFT geförderten IVS-Neugründungen, die nach Ablauf des Förderungszeitraums
noch keine schwarzen Zahlen schreiben. Sie wird der Liebe der Gemeinde
empfohlen.
Dieser erste Bericht nach der Winterwahl des Jahres 1987 steht noch
ganz unter den Nachwirkungen der Regierungsbildung und des mühsamen
Ausklammerns echter inhaltlicher Aussagen in den Koalitionsvereinbarungen.
Während die Spitzensteuersätze und die Sicherheitsgesetze
heftig umstritten waren, bestand Konsens darin, das laufende luD-Programm
85-88 über 1988 hinaus um weitere 4 Jahre zu verlängern und eine
Fortschreibung erst in der nächsten Legislaturperiode vorzusehen.
Es sei - so die einhellige Meinung der Verhandlungspartner - damals meisterhaft
so ausgewogen ausformuliert worden, daß der überwiegende Teil
der inhaltlichen Aussagen auch bis in die frühen 90er Jahre noch Bestand
haben dürfte, auch bei dann veränderten Randbedingungen.
Es sei auch der Beamtenschaft des Bundes und der Länder nicht
zuzumuten, nun in Kürze schon wieder den Streß einer derartigen
Konsensbildungsstrapaze auf sich zu nehmen, zumal sie vorerst auch noch
für produktive Tätigkeiten zur Verfügung stehen müßten.
Bis 1992 seien die zuständigen Damen und Herren dann hinreichend regeneriert
und befördert, daß sie mit neuem Elan an das iuD-Programm zur
Jahrhundertwende gehen könnten. Auch der bisher zuständige verdienstvolle
beamtete Staatssekretär wurde vorsorglich in den einstweiligen Ruhestand
versetzt, damit seine luD-orientlerte Dynamik diese Zeitpläne nicht
unterwandert und damit er sich seinerseits ohne die Last des politischen
Tagesgeschäfts auf die dann anstehenden Aufgaben konzeptionell vorbereiten
kann.
Für eine Fortschreibung erst Anfang der 90er Jahre sprach auch
der Umstand, daß dann die aktuellen Bevölkerungsdaten aus der
jetzt laufenden Volkszählung auf den Tisch liegen, daß die Spätfolgen
des Pillenknicks überschaubar werden und daß der Bundesminister
für Wirtschaft seine Grundsatzüberlegungen abgeschlossen hat,
so daß dann Bedarfsuntersuchungen auf gesicherter Grundlage erstellt
werden können, für welche die nachgeordneten Institute bereits
heute Personal vorhalten.
Im Bereich der inneren Sicherheit soll einvernehmlich ein Vermummungsverbot
beim Recherchieren erlassen werden; die Koalitionäre sind der Ansicht,
man solle nicht länger seine Freude über gefundene Hits der Öffentlichkeit
vorenthalten. Eine Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes und des Verwaltungsverfahrensgesetzes
soll auf Wunsch von Minister Zimmermann die Zusammenarbeit zwischen den
FIZen und den Sicherheitsorganen verbessern; er verspricht sich von einer
Überwachung der Recherchenthemen Hinweise auf recherchierende Verfassungsgegner.
Schließlich wird das Gesetz über den militärischen Abschirmdienst
sicherstellen, daß Ostblocksearcher bei uns keine SDI-Profile plazieren.
Der Bundesminister für Justiz mußte entgegen früheren
Plänen im Amt bleiben, da er immer noch nicht den Eingangsdialog zu
JURIS beherrscht, geschweige denn die Markteinführung. Ferner konnte
die rechtzeitig vor der letzten Landtagswahl angekündigte Sitzung
der JURIS GmbH nach Saarbrücken noch nicht vollzogen werden. Man hebt
sich das jetzt für die nächste Wahl auf, um dann Anlaß
für eine schöne pressewirksame Eröffnungsveranstaltung zu
haben.
Mittelbar davon betroffen ist auch der weiterhin mit Spannung erwartete
Termin für den Besuch des Staatsoberhaupts der Deutschen Demokratischen
Republik: Herr Honecker möchte im Saarland nämlich auch einen
Blick in JURIS tun und sich einmal online veranschaulichen, was einen Rechtsstaat
ausmacht.
Auch der Bundesminister für Wirtschaft mußte aus luD-Gründen
im Amt bleiben, weil die von ihm seinerzeit vergebenen luD-Studien nun
noch erst implementiert werden müssen. Immerhin hat er mit diesen
Studien erreicht, daß die damit beauftragten, ihm nachgeordneten
Institute mittlerweile Grundkenntnisse im Recherchieren erwerben konnten.
Die Erhebungen der Institute bei den sachkundigen Privatfirmen haben dort
zu einem Verdienstausfall von einigen 10.000 DM geführt, die steuerlich
nicht als außergewöhnliche Belastungen abgesetzt werden können.
Wie rasch der BMWi Studienerkenntnisse in Maßnahmen umsetzt,
zeigt sich im Bereich der Informationsversorgung mittelständischer
Unternehmen: Kaum hatte er erfahren, daß Mittelständler Informationen
lieber am Stammtisch als am Terminal einholen, wurde der Beschluß
gefaßt, den IVS des BMFT ein bundesweites Netz von Searchknelpen
entgegenzusetzen. Dort sitzt während der Öffnungszeiten ein FIZ-Mitarbeiter
mit Portable am Tresen und reicht OnlineRecords mit Pils oder Alt. Die
Fakultät für Brauereiwesen der TU München in Weihenstephan
erstellt derzeit die obligate Bedarfsanalyse. Hoppenstedt reagiert sensibel
auf diese Marktchance und bringt eine Kundenzeitschrift heraus unter dem
Titel "Cogito, ergo bibamus".
Im Geschäftsbericht des BMZ wurde dem deutschen Volk abermals
ein Minister zugemutet, der die Datenbanken SCAN-A-BID und CAB nicht kennt.
Minister Klein leistete freilich zunächst einmal Entwicklungshilfe
im Inland südlich des GOLEM-Äquators: Ein schon vom BMWi mit
Fortbildungsstudien betrautes Wirtschaftsforschungsinstitut in München
erhielt nun auch noch entgeltlich Gelegenheit, sich über Datenbanken
mit Entwicklungsländerrelevanz sachkundig zu machen.
Anders als der BMWi verfügte der BMZ jedoch zunächst eine
öffentliche Ausschreibung, um bei den Insidern im Wege der kostenlosen
Angebote Anregungen für die inhaltliche Ausgestaltung der Studie einzuholen.
In seinem Amtseifer ist es freilich dem Minister entgangen, daß bei
einer Ausschreibung nach VOL nach herrschender Lehre keine gemeinnützigen
Auftragnehmer bedacht werden dürfen.
Derartigen fortgesetzten grob unbilligen Wettbewerbsverzerrungen zwischen
öffentlichen und privaten Anbietern will der Bundesminister der Finanzen
nunmehr einen Riegel vorschieben: Künftig wird nur noch unterschieden
zwischen kommerziellen Anbietern 1. Art (öffentliche und gemeinnützige
Institute, die keine Ahnung von Gemeinkosten haben) und solchen 2. Art,
die ehrlich ihre Kosten ermitteln. Erstens erhalten bei Ausschreibungen
pauschal einen Angebotszuschlag von 80%.
Nicht nur Minister Klein, sondern auch Rita Süßmuth zeigt
eine zunehmende Sensibilität gegenüber Online-Diensten: Den zahlreichen
Pfeifenrauchern in der Online-Szene hat sie ein sogenanntes Raucherterminal
angekündigt, mit eingebautem Aschenbecher und Dunstabzugshaube. Mit
diesem Equipment wird einerseits den Pipe Searchern die Lust am Recherchieren
erhalten, während andererseits die nikotinarmen Rechercheure frei
von Umweltbelastungen ihrem Gewerbe nachgehen können.
Sie legte ferner einen Bericht des Bundesgesundheitsamtes vor, wonach
die in Onlinekreisen weit verbreiteten Search Aids unter epidemlologischen
Gesichtspunkten unbedenklich sind. Diese Aids-Form kann zwar bei weniger
robusten Searchern zu einer gewissen Immunschwäche gegen bestimmte
Hosts führen. Es besteht jedoch kein öffentliches Interesse daran,
diesen Personenkreis dagegen amtlich zu schützen. Unbeschadet dessen
werden sich künftig Searcher im Freistaat Bayern, sofern sie im öffentlichen
Dienst beschäftigt sind, regelmäßig Aids-Reihenuntersuchungen
unterziehen müssen.
Der Bundesminister für Forschung und Technologie nutzt die schöpferische
Pause zwischen zwei luD-Programmen zur Verbesserung der luD-Rahmenbedingungen
sowie zur Schaffung symbolträchtiger und marktfördernder Infrastruktureinrichtungen:
Nachdem Pläne mißlungen waren, die GID FÜR 1 DM an einen
Berliner Brotfabrikanten zu veräußern, wurden mittlerweile andere
potente Anteilseigner gefunden, denen der Einstieg in die Gesellschaft
durch außerordentliche Erträge auf Zeit geebnet wurde. Nun ist
man dabei zu klären, mit welchen Aufgaben dieses Spezialistenteam
betraut wird.
Die wirtschaftliche Stellung privater Informationsvermittler soll durch
ein Berufsmonopoll abgesichert werden, ähnlich wie sich auch bereits
die Arbeitsämter, Ärzte, Anwälte und Apotheker vor unliebsamer
Konkurrenz schützen. Danach soll Informationsvermittlung nur der betreiben
dürfen, der von einer Industrie- und Handelskammer als qualifiziert
angesehen und insoweit vereidigt wird.
Die Bonner Bannmeille um das Bundeshaus herum soll zu einer IVS-freien
Zone erklärt werden, da in diesem Umkreis ohnehin niemand Online-Dienste
nutzt und eine IVS-Aktivität die Beamten und Parlamentarier nur stören
würde. Auch im neuen Deutschen Bundestag sitzt wieder kein Abgeordneter
mit Online-Kenntnissen. Die Bemühungen der Bundestagsverwaltung, ausgewählte
Abgeordnete mit Online-Wissen auszustatten, dürfte daran scheitern,
daß keine Stellen bewilligt werden und daß eine Informationsversorgung
nur einzelner Abgeordneter gegen den Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung
verstößt.
Sodann soll im Regierungsviertel ein Denkmal für den unbekannten
Searcher errichtet werden. Es trägt die Inschrift "LOGOFF" und gibt
Besuchern ausländischer Hosts Gelegenheit, durch eine Kranzniederlegung
dem bundesdeutschen luD-Wesen ihr Mitgefühl auszudrücken. Eine
bisher im niederrheinischen Kevelar angesiedelte Devotionalienhandlung
wird hier einen Flohmarkt einrichten, in dem alte Manuals und Blue Sheets
aus der jüngeren deutschen luDGeschichte gehandelt werden.
Schließlich ist der BMFT sich auch seiner sozialpolitischen Verantwortung
bewußt und wird ein Searcher-Genesungswerk einrichten, unter dem
Namen "Carriage Return e.V.". Hier können nicht ruhegehaltsfähige
Altsearcher eine Bleibe für den Lebensabend finden und in vertrautem
Kreise GRIPS und GOLEM miteinander spielen. Nachdem Elly Heuss-Knapp, Wilhelmine
Lübke und Hannelore Kohl bereits ähnliche karitative Aufgaben
übernommen haben, konnte für die Schirmherrschaft des Carriage
Return e.V. Beatrix Riesenhuber gewonnen werden.
In seinen Bemühungen, sich frühzeitig für das Amt des
FDP-Vorsitzenden zu profilieren, hat sich Minister Mällemann mit einem
weiteren starken Hoffnungsträger im Kabinett, dem Postminister, verbündet:
Die beiden wollen zwei Ziele miteinander verbinden - der heranwachsenden
Jugend frühzeitig Diskotheken zu vermiesen und eine hörige Btx-Kundschaft
heranzuzüchten. Zu diesem Zweck werden in Spielhallen die Flipperkästen
durch Btx-Geräte ersetzt, auf denen man im Rechnerverbund THE SOURCE
und anderen Hosts online Black Jack und U-Boot-Schießen spielen kann.
Um sich für dieses Geschäft sachkundig zu machen, hat Minister
SchwarzSchilling - wie könnte es anders sein - sich auch von einem
nachgeordneten Institut, dem Wissenschaftlichen Institut für Kommunikationsdienste,
eine Angebotsstudie durchführen lassen. So weiß nun auch die
Post endlich, daß es außer Btx noch einige andere elektronische
Informationsdienste gibt, die in der Postwerbung bisher unberücksichtigt
blieben. Diese Studie wird dem Minister und seinem Produkt Btx freilich
keine schlaflosen Nächte bereiten: Die unliebsame Konkurrenz hält
er sich unschwer durch lange Lieferzeiten für Modems und DATEX-Anschlüsse
sowie durch eine Btx-orientierte Gebührenordnung vom Leib.
Frohe Botschaften kommen auch von Norbert Blüm: Er hat in den
Koalitionsgesprächen eine Lockerung des Nachtarbeitsverbots für
Online-Searcher durchgesetzt, weil nachts die armerikanischen Hosts bessere
Responsezeiten bieten. Ferner soll Arbeitslosen durch eine längere
Zahlung von Überbrückungsgeld die Gründung einer selbständigen
IVS erleichtert werden.
Im Bereich der Außen-, Friedens- und Sicherheitspolitik ist Außenminister
Genscher derzeit bemüht, eine einheitliche Haltung der Bundesregierung
zu erreichen: Um die amerikanischen Verbündeten nicht zu verärgern,
strebt man eine doppelte Null-Lösung an: Die amerikanischen Langstreckenwaffen
vom Typ DIALOG und MEAD dürfen weiterhin unser Land unter ihre Fittiche
nehmen und zeigen, wo es lang geht. Als Gegenleistung wird die Bundesrepublik
sich auf Kurzstreckendienste geringer Reichweite beschränken. STN
bleibt hierbei außer Betracht, weil es den chemischen Waffen zuzurechnen
ist und strategisch von Columbus, Ohio gesteuert wird. FIZ TECHNIK wurde
vorsorglich rechtzeitig eidgenössisch neutralisiert. Das Hostpotential
wird also weitgehend eingefroren, insbesondere in qualltativer Hinsicht.
Stattdessen wird im Lande kräftig konventionell aufgerüstet.
In diesen Bestrebungen wird die Bundesregierung tatkräftig durch
die Bundesländer unterstützt, die aus dem Verfassungsgebot der
Kulturhoheit auch eigene luD-Gestaltungsrechte herleiten. Der Prototyp
des Hosts mit geringer Reichweite wurde vom Freistaat Bayern in Straubing
errichtet. Über kurz oder lang wird es jedes Bundesland als Prestigeangelegenheit
ansehen, einen echten Host zu betreiben. Wo es nicht zum Großrechner
reicht, behilft man sich mit bescheideneren PC-Lösungen; auch daran
kann man ja einige Jahre tüfteln. Insbesondere den Kultusverwaltungen
scheint es große Befriedigung zu verschaffen, in den Hochschulen
zahlreiche Minidatenbanken entstehen zu sehen und zu finanzieren, entgegen
dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Und selbst die
Landwirtschaftsminister können kaum der Versuchung widerstehen, jeweils
eine eigene Wirtschaftsdatenbank aufzubauen, und zwar für die Exportwirtschaft,
in der blauäugigen Erwartung, Japaner oder Amerikaner würden
darin Geschäftskontakte suchen. Unter dem Tisch reiben sich die akquisitionsfreudigen
Hard- und Softwarehäuder die Hände, denn ihnen ist diese Art
von Markt gerade recht.
So entstehen derzeit in unserem Land Hunderte von elektronischen Schrebergärten,
die sich von den traditionellen Papierdiensten nur dadurch unterscheiden,
daß sie kostspieliger sind. Ein Nutzen wird allenfalls innerhalb
der eigenen vier Wände gesucht: Hessische Datenbanken für Hessen,
niedersächsische für Niedersachsen. Gegen diese elektronische
Zersiedelung unseres Vaterlandes war die Aufteilung des Reiches in 16 FIZ
in den 70er Jahren eine vergleichsweise harmlose Angelegenheit.
Die Studenten in unserem Land bleiben indessen von den echten Online-Errungenschaften
weitgehend abgeschirmt. luD-Fachvorlesungen gibt es nur an einigen wenigen
Plätzen. Der Normalstudent lebt weiterhin aus dem Karteikasten in
der UB. Haufenweise werden jetzt Lehrstühle für Informatik oder
gar Wirtschaftsinformatik eingerichtet, kaum einer hingegen für Informationspraxis
und -management. Die Berufenen sind Profis in Hard- und Software, aber
Laien im weltweiten Informationsgeschäft.
In den Behörden und Unternehmen setzt sich das Dilemma fort: Die
Betriebsbuchhaltung erfreut sich fortgeschrittener EDV-Unterstützung,
wo kein Aufwand gescheut wird. Der Regierungsrat oder der Bereichsleiter,
der mit denselben Endgeräten Online-Dienste nutzen möchte, muß
hingegen um seine weitere Karriere fürchten. Bei der innerbetrieblichen
Informationsversorgung befinden wir uns noch in den frühen 70er Jahren;
trotz der vielleicht 1.000 Unternehmen, die bereits die Zeichen der Zeit
erkannt haben.
Ein bemerkenswertes Beispiel für diese Art Schrebergartenelektronik
zeigen auch die 70 Industrie- und Handelskammern im Lande, wenn man einmal
von den IHK-Ausgliederungen OTTI, tbr und TVA absieht; Die ansonsten eingerichteten
Datenbankdienste führen überall eher ein Schatten- und Alibidasein,
als daß sie dem IHK-Auftrag der regionalen Wirtschaftsförderung
gerecht würden.
Man spart zwar nicht an festlichen Ansprachen zum technischen Fortschritt,
wie gestern abend, als die Deutsche Gruppe der Internationalen Handelskammer
im Intercontinental Hannover ein feierliches Bekenntnis zum weltweit gespeicherten
Wissen ablegte, mit Abendessen zum Preis von 100 DM entsprechend 0.3 Std.
Anschlußzeit bei einem Host. Zum Cocktail durfte ChefSearcher Klaus
Engelhardt die Gäste am Keyboard entertainen. An der Basis sieht es
jedoch anders aus: Man scheint gerade Wirtschaftsdatenbanken und ihre privaten
Anbieter wie die Pest zu fürchten, weil man meint, die Mitglieder
würden sich mit ihren Informationswünschen von den Kammern abwenden,
wenn das so weiter geht.
So ringt man denn auch mit Mühen und seit Jahren um eine eigene
Firrnendatenbank: Die Stammdaten sind längst gespeichert, dienen sie
doch der Ausstellung der Beitragsrechnungen. Der darauf aufbauende Herstellernachweis
mit derzeit 40.000 Unternehmen kann bisher keinem etablierten Online-Firmennachweis
Konkurrenz bieten. Dieses hindert die Kammern nicht, in ihren Mitgliedsblättern
so zu tun, als ob hier erstmals eine deutsche Firmendatenbank entstehen
würde, wie es sie in der Welt noch nicht gibt, unter Verschweigung
derjenigen Dienste, welche einige ihrer Mitgliedsfirmen seit Jahren anbieten.
Man feiert es als Erfolg, daß die Kammer Pforzheim nun im Bestand
der Kammer Bodensee-Oberschwaben recherchieren darf, ohne daß vorab
die Zustimmung der dortigen Geschäftsführung eingeholt werden',
muß, was vor geraumer Zeit noch Sitte war. Vorerst sollen auch nur
Kammern das Privileg haben, im bundesweiten Kammerinformationssystem zu
recherchieren, denn nur so ist gewährleistet, daß der Mittelständler
weiterhin erst die Kammer bitten muß, ihn mit den gewünschten
Informationen zu versorgen. Eine Implementierung auf einem öffentlich
zugänglichen Host dürfte auf absehbare keine Mehrheit finden,
mögen auch einige mutige Kammern ausscheren und sich verselbständigen.
Wenn also die Kammern eine derart restriktive und eigennützige
Informationspolitik betreiben, braucht man sich nicht zu wundern, wenn
der überwiegende Teil der Mittelständler seine Informationen
weiterhin bei Sprechtagen oder Jahresempfängen zu beschaffen sucht.
Jedes Land hat eben den Informationsmarkt, den es verdient.
Was hier über die Kammern gesagt wurde, gilt sinngemäß
auch für die überwiegende Zahl der Fachverbände. Auch hier
kann sich das Verbandsestablishment nur schwer mit dem Gedanken anfreunden,
die Mitglieder könnten womöglich eines Tages die Verbandsinformationen
nicht mehr nötig haben. Kammern und Verbänden wird es ebenso
wie den Unternehmen selbst gehen: Wer bei der Informationsversorgung nicht
alte und neue Medien zum Einsatz bringt, wird alsbald im Dunkeln wandeln.
Die Wirtschaftsverbände täten gut daran, den Unternehmen zu zeigen,
wo es lang geht, statt die guten alten Zeiten zu verteidigen. Sie könnten
hier von einigen Kreditinstituten viel lernen, die dabei sind, durch ein
Angebot attraktiver Informationsdienstleistungen die Firmenkunden näher
an sich zu binden.
So wird also Außenminister Genscher noch geraume Zeit warten
müssen, bis die deutsche Wirtschaft in der internationalen Online-Informationswelt
den Stellenwert einnimmt, der ihr als führender Industrienation zukommt.
Er hat freilich bei seinen diplomatischen Bemühungen um mehr Online-Resonanz
in der Weit bereits einen achtbaren Erfolg errungen: Für viele unbemerkt
hat Papst Johannes Paul 11 bei seiner diesjährigen Osteransprache
den zahlreichen Onlinern auf dem Petersplatz und in aller Welt den Segen
"urbi, orbi et fizibus" nicht nur in allen Landessprachen erteilt, sondern
auch in STAIRS: Er sprach "Frohe ADJ Ostern". Diese frohe Botschaft wollen
wir auch heute aus dieser Frankfurter Messehalle in unserem Herzen mit
nach Hause tragen.
Die Zuversicht, daß es auch am deutschen Online-Markt nur aufwärts
gehen kann, wird auch von FIZ TECHNIK und DATASTAR geteilt. Johannes Paul
11 (Rom), Peter Genth (Frankfurt) und Heinz Ochsner (DATASTAR) stimmen
darin überein, daß den Onlinern die Zukunft gehört. Der
Rechner in Bern hat genügend Kapazität, um auch noch den im Aufbau
befindlichen Holy Ghost Host des Vatikans aufzunehmen, der nicht nur die
Bibel online anbieten wird, sondern auch elektronische Ferntaufen, Fernhochzeiten
und Fernbeerdigungen. So werden wir dort in Kürze eine postindustrielle
Kultstätte haben, die uns fortan im Glauben an den großen Durchbruch
stärken wird.
In diesem Sinne rufe ich wieder allen Online-Brüdern und -Schwestern
zu:
DEUTSCHLAND LOGON!
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