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Engelhard will die Computer-Kriminalität einschränken

Schwerpunktstaatsanwaltschaften und "soziale Kontrolle"

hls. BONN, 16. Juli. Bundesjustizminister Engelhard will die Bemühungen zur Eindämmung der Wirtschaftskriminalität durch die Schaffung eines strafrechtlichen Tatbestandes der "Computer-Kriminalität" verstärken. Neben der Verbesserung der gerichtlichen Organisation durch Wirtschaftsstrafkammern und der Einsetzung von "Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften" sei ein Umdenken im Sinne der "sozialen Kontrolle" notwendig. Noch immer würden diese Täter trotz des hohen Schadens, den sie aprichteten, und trotz ihres Angriffes auf die Grundlagen der Wirtschaftsordnung heimlich bewundert. "Wirtschaftsstraftaten müssen mindestens dieselbe Ächtung in unserer Gesellschaft erfahren wie anderes kriminelles Unrecht auch". Dabei handele es sich eben nicht um Zechprellerei, Schwarzfahren oder das betrügerische Einschenken von Bier. Vielmehr habe nach Schätzungen der Staatsanwaltschaften die Wirtschaf tskriminalität 1983 einen Schaden von 6,9 Milliarden Mark angerichtet,
Besonders schwierig sei bisher die Entdeckung und Ahndung von Straftaten mit Hilfe von Computern. Das zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität, das zur Zeit im Rechtsausschuß des Bundestages beraten wird und auf dessen Verabschiedung in diesem Jahr er hoffe, solle rechtliche Lücken schließen.' In vielen Fällen reichten die geltenden Bestimmungen nicht aus. Werde zum Beispiel durch eine Computer-Manipulation Geld zur eigenen Bereicherung abgezweigt, dann müsse dies nicht den Tatbestand der Veruntreuung erfüllen, da dieser eine besondere Fürsorgepflicht des Täters für die von ihm "geknackten" Gelder voraussetze. Ein anderes Beispiel: die Abbuchung einer Summe mit einer gefälschten Scheckkarte an Geldautomaten von Banken sei rechtlich nicht unbedingt ein Diebstahl, da dieses Geld nicht durch den Bruch eines fremden Gewahrsams erlangt werde und da es sich dabei nicht um eine entwendete Sache handele, sondern um eine Forderung des Kontoinhabers an seine Bank. Engelhard umriß den geplanten Straftatbestand der Computer-Kriminalität als Computer-Manipulation, Cornputer-Spionage, Computer-Sabotage und unbefugte Nutzung der Datenverarbeitung. Als Beispiel der Computer-Manipulation gab er den Fall eines bayerischen Arbeitsamtsangestellten an, der über die unrichtige Eingabe von Kindergeldnachzahlungen 250000 Mark seiner Familie zukommen ließ, darunter angebliche Kindergeldnachzahlungen für seine über 80 Jahre alten Großeltern. Als "Computer-Spionage" schilderte er das Experiment eines Hamburger "Chaos-Computer-Clubs", dem es gelungen war, an das Kennwort der Hamburger Sparkasse heranzukommen und über den Stunde um Stunde wiederholten Abruf von Btx-Seiten einen Betrug von 135 000 Mark zu ermöglichen. Dies sei allerdings unter Aufsieht des Hamburger Datenschutzbeauftragten geschehen. Als Sabotage-Möglichkeit erwähnte der Minister den Einbau einer "logischen Zeitbombe" in ein Programm. Jemand habe ein Programm so instruiert, daß es sich zwei Jahre nach seiner Entlassung um drei Uhr am Nachmittag selbst zerstören sollte. Dies sei auch geschehen. Über mehrere Tage hätten 300 Terminals nicht arbeiten können. Eine Versicherungsfirma gegen Computer-Mißbrauch hätte 13 000 Unternehmungen mit Datenverarbeitung befragt. Davon hätten 30 Prozent Manipulationen der Datenverarbeitung bestätigt. Engelhard wandte sich gegen den Mißbrauch von Heim-Computern, gegen die "Hacker". Diese Überwindung von Zugangssicherungen sei keine Spielerei, sondern "elektronischer Hausfriedensbruch". Auch Programmdiebstahl ("Software-Klau") sei kein Kavaliersdelikt. Angeblich habe ein Hannoveraner Gymnasiast mit unerlaubten Vervielfältigungen von Programmen 23 Millionen Mark Schaden angerichtet. Deshalb sei es richtig, daß im novellierten Urheberrecht Programme grundsätzlich Urheberrechtssehutz genießen und Straftaten nun mit einer Höchststrafe von fünf Jahren (bisher einem Jahr) bedroht sind.

Das zweite Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität soll außerdem den Kapitalanlagebetrug abwehren und unseriöse Warentermingeschäfte eindämmen sowie die verstreuten Strafbestimmungen gegen die Veruntreuung von Arbeitsentgelt vereinheitlichen.
Wie die Staatsanwaltschaft berichtete, wurden Telefondienste und Datenbanken vermutlich um Tausende von Dollars geprellt. Die Schätzungen des Schadens gehen sogar in die Millionen. Die Jugendlichen, die wegen "Verabredung zum Diebstahl" angeklagt wurden, sollen in ihren Heim-Computern unter anderem Codenummern gespeichert haben, mit denen die Positionen von Kommunikations-Satelliten geändert und transkontinentale Ferngespräche unterbrochen oder geführt werden können.
Auf einer elektronischen Anschlagtafel der "Hacker" seien codierte Telefonnummern gefunden worden, mit denen die Teenager Zugang zu einem Kommunikations-System im US-Verteidigungsministerium hatten, teilte Staatsanwalt Alan Rockoff mit. "Wir haben eine der Nummern gewählt", so Rockoff, "und hatten einen Generalleutnant im Pentagon am Apparat."
Nach Angaben der Tageszeitung "USA Today" sollen die "Hacker" auch Informationen über Panzer der US-Armee abgerufen und bei Versandhäusern mit gestohlenen Kreditkarten-Nummern Stereoanlagen, und Raderdetektoren bestellt haben. Um das ganze Ausmaß des "Datenklaus" feststellen zu können, muß die Staatsanwaltschaft noch sechs Computer und Berge von Speicherplatten -,,Floppy Discs" - überprüfen.
Die sieben Beschuldigten sollen einander nicht persönlich gekannt, sondern nur über ihre Computer Informationen ausgetauscht haben. In einem Gespräch mit der "New York Times" sagte einer der Teenager, er sei unschuldig und daher auch nicht besonders beunruhigt über die Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft.
Ein Sprecher von ATandT sagte, es gebe keine Anzeichen, daß die Jugendlichen auch nur versucht hätten, die Positionen der Satelliten zu verändern. Und das Pentagon versicherte, seine Computer-Systeme seien "Hacker"-sicher. Von Computerexperten wird dies allerdings angesichts früherer Erfahrungen mit "Hackern" bezweifelt.



 

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