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LET THEM DO OUR DIRTY WORKAm Anfang stand das "gemeinsam produzieren", eine vornehme Umschreibung für die Flucht der Industrie in Länder mit niedrigen Löhnen und ruhigen Arbeitskräften und für die Mißachtung der Umwelt. Nun, da das Büro der Zukunft über uns hereingebrochen ist, wollen die US-Firmen auch hier wieder andere teilnehmen lassen. Angespornt von den Verheißungen drastischer Kostenminderungen bei sekundenschneller Übermittlung von Informationen irn Fernverkehr entwerfen Industrieanalytiker und ausländische Politikergrößen das Bild einer neuen Vernunftehe zwischen amerikanischem Unternehmertum und armen Nationen. Obwohl das "gemeinsame Büro" nicht völlig neu ist. rechnen Industriebeobachter nun mit der Ausbreirung von Dateneingabezentren in armen Ländern bereits innerhalb weniger Jahre.Bevor die neue Satellitentechnologie verfügbar wurde, ließen sich überseeische Büros profitabel nur mit der Verarbeitung von Informationen mit niedriger Prioritätsstufe betreiben, die nicht mit hoher Schnelligkeit umgesetzt werden müssen, wie z. B. Bestell- und Postversandlisten. Das bekanntAte Beispiel für den neuen Trend ist das Datenverarbeitungszentrum von Amerikan Airlines in Barbaros. Amerikan Airlines fliegt jeden Morgen eine Maschinenladung mit ihren sämtlichen eingesammelten Ticketdurchschlägen nach Barbaros, wo Dateneingabe-Kräfte benötigte Informationen zu Stundenlöhnen von 1. 50 - 3, 00 Dollar i~ingeben. Über Funk gehen dann die Informationen zurück an die Computer von Arner!kan Airlines in den Vereinigten Staaten. Angelockt werden die US-Firrnen von niedrigen Löhnen, billigem Büroraum und äußerst niedrigen Steuern und Abgaben, zu denen sie von den Regierungen in Gegenden wie Singapur, den Philippinen und der Karibik eingeladen werden.. Bevorzugte Ziele des Übersee-Büros sind englischsprachige Länder wie Barbaros, daneben China, auch dies ein Land, das sich um Beschäftigung mit Informationsverarbeitung im Satellitenverkehr bewirbt und als besonderen Lockfaktor seine disziplinierte Arbeitskraft offerieren kann, die bei einer Genauigkeitsquote von 99.5% den Gegenwert von 7 Dollar die Woche verdient. Wenn es um die Erörterung der Vorzüge geht, die den Empfängerländern bei überseeischen Investitionen erwachsen, wird die chauvinistische Anmaßung der Wirtschaftspresse nur noch von dem eigennützigen Optimismus und der Kurzsichtigkeit jener Regierungen übertroffen, die miteinander um amerikanische Investitionen wetteifern. So erklärt News Week, die Bevölkerung des Karibtkraums könne, da die Produkte der dort investierenden Firmen. für sie unerschwinglich seien, "bestenfalls Güter für den Verkauf in den Vereinigten Staaten herstellen." Zusätzlich dürfen die Einwohner von Barbaros nun auch noch Dienstleistungen erbringen, die für ihre eigenen ebensverhältnisse bedeutungslos sind. (Welche Großzügigkeit der US-Firmen, die dem Volk. von Barbados Datenverarbeitung gestattet, damit Amerikaner Flugreisen unternehmen können.)` Der selbe Artikel legt dar, daß es in den Vereinigten Staaten ein bedeutendes Reservoir an ungelernten Arbeitskräften nicht mehr gabe (wie verhält Sichs mit der Arbeitslosenquote von 40% bei schwarzen Jugendlichen?), während, "in vielen unterentwickelten Ländern gewaltige Überhänge an ungelernter Arbeitskraft existierten. " Diese Theorie des "gebt ihnen unsere Drecksarbeit" versucht Vernunftgründe für die Arbeitsteilung namhaft zu machen, die es dem Bürger der Vereinigten Staaten erlaubt, weit besser zu leben als der über,wiegende Teil vorn Rest der Welt. Beim Werben um Investitionen machen ausländische Regierungen und Handelskammern der amerikanischen Geschäftswelt gegenüber in schamloser Offenheit Reklame mit den geringen Ansprüchen und der hohen Produktivität der Bevölkerung ihrer Länder. Regierungsspitzen rechtfertigen Steuerbefreiung mit der Begründung , man benötige Devisen und die von den multinationalen Unternehmen angebotenen Arbeitsplätze, um den Lebensstandart in ihren Ländern zu heben. Darüber hinaus, so wird argumentiert, trägt die als Begleiterscheinung des überseeischen Büros sich ausbreitende Technologie dazu bei, die Arbeitskräfte mit dem Computer vertraut zu machen und so die technologische Lücke zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern zu schließen. Die Chance, daß solche rosa getönten Vorhersagen sich durch Datenverarbeitung über Satellit erfüllen, bleibt äußerst gering, und dies auch in den wenig wahrscheinlichen Fall, daß die Arbeitslosigkeit zeitweilig verringert würde. Der sogenannte "Überhang" an ungelernter Arbeitskraft in armen Ländern hat sich in erster Linie aus investtionspolitischen Bestrebungen der Vergangenheit ergeben, die mit derselben fehlerhaften Logik begründet wurden. Von den ausländischen Investitionen, die sich nach dem zweiten Weltkrieg in die "unterentwickelten" Länder ergossen, nahm man an, daß sie zu einer internationalen Arbeitsteilung führen würden, die für alle von Nutzen wäre. Bauern wurden vom Land vertrieben, um moderneren Ausbeutungsformen Platz zu machen, die von multinationalen Unternehmen und örtlichen Regierungen bevorzugt wurden. Während die Multis blühten, wurden Länder, die einst landwirtschaftlich selbstständig gewesen waren, von entwickelten Ländern auf dem Nahrungsektor abhingig, und fanden sich einem Weltmarkt ausgeliefert, auf den sie keinen Einfluß ausüben konnten. Weit entfernt davon, regionale Industrie und Landwirtschaft zu fördern, führten die ausländischen Investitionen zur Abhängigkeit von den Multis und den von ihnen beherrschten Märkten. Dies wiederurn hat die Schulden bei multinationalen Banken und internationalen Kreditvergabestellen unter der Kontrolle der Vereinigten Staaten und ihrer Alliierten ungeheuer anwachsen lassen. Die entwickelten Länder setzen ihren Einfluß auf die Wirtschaftspolitik der Empfängerländer mit Hilfe dieser Institutionen tyrannisch durch. Das überseeische Büro kann diese Erscheinungen nur verstärken. Dateneingabezentren in Barbados können keine Brücken über technologische Abgründe spannen. Überwiegend geht es bei den exportierten Büroarbeitsplätzen nur um die primitivste und anstrengenste Computerarbeit, und ihre Beseitigung durch Automation wird nur eine Frage der Zeit sein. Ein Land wie Barbados kann in einem Markt, der von multinationalen Giganten beherrscht wird, nie einen eigenständigen Platz gewinnen. Auch unter den allerbesten Bedingungen wäre die sinnreiche Anwendung von Computertechnologie im Zusammenhang örtlicher Probleme äußerst kostspielig, und sie würde eine ruinöse Verschwendung von Resourcen darstellen. Die kulturellen Folgen ausländischer Investitionen können mindestens so schmerzhaft sein wie die unmittelbar ökonomischen. Die Büroumwelt (Ausstattung, Kleidung, Architektur) fördert eine Kultur mit Schwerpunkten auf materiellen Werten, auf maximaler Zeitbewußtheit und auf geschmacksneutraler, steriler Modernität. Nahezu ununterscheidbar, wie Finanzzentren an allen Enden der Welt sich presentieren, bezeugen sie die vereinheitlichende Wirkung der Bürokultur. Eine verschwindend kleine Elite dürfte tatsächlich in der Lage sein, sich zu den Annehmlichlichkeiten des Warenhimmels aufzuschwingen, den die Bürokultur glorifiziert. Weit mehr Menschen jedoch werden zu Opfern der Plünderung des Landes und der Entwertung ihrer Traditionen von Händen des Multinationalen Kapitals. Maxin Holz |
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