|
Computertechnik fuer Umweltgruppen auf der CeBIT
Die Umweltbewegung entdeckt die Computertechnik. Erstmalig zeigen Buerger- initiativen und Umweltgruppen auf der diesjaehrigen Computermesse CeBIT in Hannover, wie Telekommunikation im Umweltschutz genutzt werden kann. Besonders beliebt sind sogenannte Mailboxnetze, sagt Wolfgang Schroeder, Vorstands- mitglied des Vereins Mensch Umwelt Technik (M.U.T.) aus Hamburg. M.U.T. unterstuetzt im Umweltschutz aktive Gruppen, die mit Computertechnik arbeiten wollen. Die Technik soll jedoch Mittel zum Zweck bleiben, betont Schroeder. Man moechte die Vernetzung zwar foerdern, doch der "interdisziplinaere Erfahrungsaustausch" zwischen Personen sei die Grundlage fuer ein funktionierendes Netz - ueber zunehmend als zu eng empfundene Verbandsgrenzen hinaus. Der Computereinsatz kostet in der Anfangsphase viel Zeit, meint Schroeder. Ohne Hilfestellung und Beratung sind Umweltgruppen oft ueberfordert - auch deshalb, weil die Moeglichkeiten der Technik leicht ueberschaetzt werden. Bei allem Technikeinsatz darf es zudem nicht passieren, daa die Alltags- probleme den Umweltschutz als eigentliche Aufgabe in den Hintergrund draengen. M.U.T. setzt sich dafuer ein, daa pragmatische Hilfestellungen organisiert werden und "Hilfe zur Selbsthilfe" moeeglich wird. Was sich in den letzten Jahren bei Umweltgruppen in Sachen Computertechnik getan hat, kann sich sehen lassen. So stellt der Bund fuer Umwelt und Naturschutz ein Mailboxnetz vor, das vor allem fuer die Informationsbe- schaffung und den Nachrichtenaustausch genutzt wird. Das Mailboxnetz soll aber nicht nur die Kommunikation innerhalb des Verbandes verbessern. Das System ist oeffentlich und soll als demokratisches Informationsmedium genutzt werden. Im redaktionellen Teil werden unter anderem bundesweit Kurzmeldungen aus den verschiedenen Bereichen des Naturschutzes angeboten, auch Informationen aus dem Europaparlament, Nachrichten zur Wirtschafts- politik und eine Wochenbibliographie werden angeboten. Vorgesehen ist unter anderem eine dezentrale Bibliotheksverwaltung. Wenige Meter neben dem Messestand des BUND zeigt Global Challenge Network (GCN) aus Muenchen das Projekt "Messnetz". Im Rahmen einer Pilotphase werden derzeit Methoden zur Untersuchung von Trinkwasser und kleinen Flieagewaessern und Radioaktivitaetsmessungen getestet. Ein wissenschaftlicher Beirat hat inzwischen einfache Messmethoden standardisiert, die auch von Laien angewendbar sind. Ziel des bereits im Januar 1987 gegruendeten GCN ist, Bruecken zwischen Wissenschaft, Buergerinitiativen, Umweltschutzverbaenden, staatlichen Stellen und der Industrie zu schaffen. Mehr als 50 Initiativen in der Bundesrepublik haben inzwischen Meastationen aufgebaut und senden die Untersuchungsergebnisse via Mailbox zum GCN-Netzknoten in Muenchen. Doch es geht auch darum, Buergerinitiativen und anderen engagierten Gruppen ein gemeinsames Kommunikationsnetz zur Verfuegung zu stellen sowie den Zugang zu kritischer Sachkompetenz zu erleichtern. Daa sich immer mehr Umweltgruppen und private Computeranwender fuer die Computervernetzung interessieren, liegt unter anderem an einer Netzwerk- software, die sich unabhaengig von den kommerziellen Bedingungen der EDV-Branche entwickelt hat, das Zerberus-Netz. Computerfreaks und professionelle Programmierer haben gemeinsam ueber mehrere Jahre dieses Netzwerk fuer Jedermann entwickelt. Es kann auf jedem handelsueblichen PC auch von Laien betrieben werden, wobei jede dieser Stationen einen vollwertigen Netzknoten darstellt. Mittlerweile gibt es ueber hundert solcher Knoten in der Bundesrepublik. Auch in der DDR gibt es immer mehr Zerberus-Knoten, Oesterreich und die Schweiz sind schon seit laengerem dabei. Eine der gefragtesten Anlauf- stellen fuer sogenannte NGOs (Non Governmental Organisations) ist Udo Schacht-Wiegand aus Hannover. Er beschaeftigt sich bereits seit mehreren Jahren mit Computernetzen. Sein technisches Know How ist stark gefragt. Mit Gleichgesinnten hat er den Verein Oekoline aufgebaut, der sich unter anderem die Aufgabe gestellt hat, Wissen ueber Netze und Datenbanken zu vermitteln und im Rahmen der Moeglichkeiten technische Hilfestellungen zu leisten. Schacht-Wiegand vertritt fuer die Bundesrepublik auch das internationale Umweltnetz Greennet. Greennet gehoert zu den wichtigsten Informationsquellen im Umweltschutz. Rund 1000 internationale Umweltorganisationen mit rund 5000 Teilnehmern tauschen ueber dieses Netz weltweit aktuelle Informationen aus. Schacht-Wiegand: "Wir wollen noch in diesem Jahr einen deutschen Greennet-Knoten aufbauen". Dass aber auch das Medium fast zum Nulltarif zum Versenden von Nachrichten 'dienen kann, also im Gegensatz zu Zeitung, Rundfunk, Fernsehen alle AnwenderInnen vom Wohnzimmer aus Texte lesen und empfangen koennen, war auf der CeBIT '90 zu sehen. Ausgehend von Halle 22 breitete sich im kleinen ein Abbild des in Europa inzwischen mit 130 Mailboxen vernetzten Zerberus-Netzes aus. Zwoelf Mailboxen auf der CeBIT demonstrierten Aktualitaet. Brisante Themen aus Technikentwicklung, Medien, Umweltschutz und zum politischen Tagesgeschehen erreichten ueber Bildschirm, Modem und Drucker Tausende von Menschen. Eindruecke und Erfahrungen zum CeBIT-Geschehen wurden live kommentiert - nicht nur Fachjournalisten, sondern auch von CeBIT-BesucherInnen. Alle Mailboxen waren mit dem COMPOST- und LINKSYS-Verbund im Zerberus-Netz vernetzt. Diese Mailboxen haben sich die politische, soziale und oekologische Vernetzung vorgenommen. Ausgehend von den Koordinatoren der LINKSYS- und COMPOST- Mailboxen wird die Erfahrung dieser CeBIT der MesseAG und den Ausstellern vermittelt. Ins Auge gefasst sind mindestens eine Computer- mailbox pro CeBIT-Halle im kommenden Jahr. In einem CeBIT-Netz kann dann eine tagesaktuelle elektronische CeBIT-Zeitung erscheinen. Nachwuchs- journalistInnen, Schueler- und Jugendzeitungsredakteure und alle interessierten BesucherInnen geben an den Terminals ihre Beitraege ein. Ein Journalistenteam wird die verdichteten Nachrichten als Tagesdienst ins Pressezentrum uebermitteln. So wird Vernetzung von unten greifbar. Denn das Einklinken ins Netz ueber Telefon wird von jedem Heim- und Personalcomputer, jedem Stand und jedem Ort moeglich und erschwinglich sein. Quelle: MIK-Magazin Informationen von Umweltgruppen ----------------------------------------------------------------------------- |
[Contrib]
[Chalisti]
[06]
Computertechnik fuer Umweltgruppen auf der CeBIT