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Low-Cost Unix, oder was kostet die Welt.


Anlaesslich der CeBit hatten wir uns vorgenommen einen Bericht 
ueber Low-Cost Unix'e zu schreiben, deren Preise sich auch
Privatpersonen noch (bei genuegend Verruecktheit) leisten
koennen. Aber vielleicht sollte sich hieraus auch etwas ueber das
als MS-DOS Nachfolger gehandelte Unix ergeben.

Um es vorweg zu nehmen, ein richtiges Unix System fuer unter
15.000 DM zu bekoemmen wird auf legalem Wege ohne Ausnutzung
von (sehr selten gewaehrten Studenten/Universitaeten/oder sonst
welchen Rabatten) nahezu ein Ding der Unmoeglichkeit sein.
Aber mit dieser Praemisse sind wir bzw. bin ich an den Start
gegangen um die Messe abzusuchen.

Gefunden und betrachtet hab ich dabei allerdings nur ein paar
sich lohnende Alternativen. Erstens die Anschaffung eines 386-AT's
mit SCO- bzw. Interactive-Unix. Zweitens einen Apple Mac SE/30
mit Apple A/UX 2.0. Drittens (als vergleich nach oben) eine Decstation
2100 und eine SUN Sparcstation. Auch den Unix-Knecht ARCORN R-140, 
koennte man in betracht ziehen, obwohl ich diesen nicht auf der 
Messe gefunden habe. Ueber den Atari TT/X, der leider ja immernoch
nicht lieferbar ist, kann man nur Vermutungen anstellen und Uesserungen
von ATARI glauben schenken.

Die Anlage von ATARI basiert auf dem (haeufig zitierten) TT von Atari 
mit 68030/16 Mhz und 68881. Der TT/X soll mit 6 MB Ram ausgestatet werden,
sowie wahlweise mit einer 80, 120 oder 170 SCSI Festplatte. Dazu gehoert 
- ebenfalls wahlweise - ein VGA Farbmonitor oder ein 19'' Monochrom Monitor.
Bei dem 19'' steht zwar Atari drauf ist aber Viking drin. An Hardware 
gehoert weiter ein VME-Bus, ein SCSI-Bus, ein LAN-Interface (u.a. fuer 
AtariNet) und ein Joystickport (vermutlich fuer Nethack). 

Bei dem Unix handelt es sich um ein System 5 V3.1. Allerdings sind noch
BSD-Erweiterung dabei. Beispielsweise sind TCP/IP, sockets, NFS, etc. 
Ausserdem unterstuetzt TT/ATX wahlweise Sys5 Filesystem und BSD Fast 
Filesystem. 

Zusaetlich ist X-Windows in der Version 11R4 dabei, sowie eine Motif-
aehnliche Applikation namens Wish. Mit dieser Oberflaeche SOLL mensch
benutzerfreundlicher arbeiten koennen. Weiter ist noch X/Open XPG2. 

An Programmiersprachen sind der GNU C-Compiler, GNU Debugger, GNU C++
und der GNU Assembler dabei.

Die geschwindigkeit des TT/ATX wurde mit 4200 Drystones angegeben. Das
ist natuerlich enttaeuschend. Allerdings war spaeter von jemand der
Ahnung (und nicht bei Atari arbeitet) hat erklaert, warum der TT viel
schneller ist. Der TT ist kompatibel zum alten ST. Daher sind 2 MB Ram
im selben Speicherbereich wie auch beim ST. Die zusaetlichen 4 MB Ram
beim TT/X sind Fast Ram und liegen ausserhalb des 16 MB Bereichs des ST.
Fuer Unix wird dieser Speicherbereich genutzt, was zu einer Geschwindig-
keit von 10.000-16.000 Drystones fuehren wird. 

Entwicklermaschinen sollen ab Mai 1990 ausgeliefert werden. Im Verkauf 
auf der Rechner ab Herbst 1990 sein. Auf die Frage, wie sicher dieser
Aussage ist, meinte der zustaendige Atarianer nur "So sicher, wie ich
auf diesen Stuhl sitze". Allerdings war bezeichnend, dass er anschliessend
sich umsah und feststelle, dass er tatsaechlich noch auf den Stuhl sass.

Wie fast alles war kaum ein Preis zu bekommen. Die einzige Aussagen von 
Atari war, dass er mit 80 MB Platte unter 10.000 DM liegen wird.

Die 386-AT's unter einem der PC-Unixe zu betreiben ist vom Preis
her gesehen sicherlich die interessanteste Variante. Einen 
entsprechenden 386-PC (Mindestanforderungen sind hierbei
ein 20 Mhz getackteter 386, mit 4 MB Hauptspeicher, 80 MB (< 28ms)
Festplatte) zu kaufen wuerde einen Aufwand von mindestens (hierbei 
ist wirklich die unterste Grenze gemeint) ca. DM 5000.- bedeuten.
Hierbei ist aber noch keine VGA-Karte oder sonstiger Schnickschnack
enthalten (der das Leben unter Unix natuerlich erheblich verschoenern
wuerde). Dazu kaeme mindestens noch das entsprechende PC-Unix.

Hierbei sind derzeit nur SCO-XENIX (welches gegenueber obiger
Behauptung auch mit 2MB Hauptspeicher zufrieden ist, aber halt kein
"echtes" Unix ist), SCO-UNIX und Interactive-IX/386. 
Fuer SCO-UNIX bezahlt man derzeit in kompletter Ausstattung ca.
DM 4800.-- in der Multiuserversion. Hierbei sind das Betriebssystem 
und ein Entwicklersystem mit c-Compiler, etc. enthalten.
 
SCO-Unix ist eine Mischung zwischen System V Rel.3 und einigen 
neuen Features des System 5 Rel.4, welches allerdings auch von AT&T
erst fuer Ende diesen Jahres angekuendigt ist. SCO will moeglichst
Anfang des naechsten Jahres dsie Release 4 auch im Programm haben.

Interactive's 386/ix kostet in einer aehnlichen Ausstattung in etwa
das gleiche naehmlich ca DM 5800.-. Hierbei sei dazubemerkt, das bei 
Interactive nicht daran gedacht wird in naechster Zeit die X-Window
Version X11 Rel.4 zu unterstuetzen. Man setzt hier noch auf den 
derzeitigen defacto Standard X11 Rel.3. Auch Interactiv will versuchen
Anfang des naechsten Jahres eine Unix Rel.4 kompatibles System 
herauszubringen. 

Als schon weitaus teurere Variante bietet sich das neue Apple A/UX  
in der Version 2.0 an. Hier hatte ich am Apple Stand wirklich den
Eindruck, es koennte sich um das Unix handeln, welches die MS-Dose
Rechner abloesen, und den Kampf mit OS/2 um die viel geruehmte Nachfolger
Position gewinnen koennte. Apple's A/Ux 2.0 kommt einem zu beginn im 
Kleide, des vom Mac User her bekannten MultiFinders entgegen. Zuerst
merkt man kaum, dass man sich ueberhaupt auf einem Unix-Rechner befindet.
Tatsaechlich laeuft der Finder als ein Unix-Task direkt auf dem
Unix-Kernel. Dabei handelt es sich hierbei nicht direkt um eine
Emulation, sondern es werden die Finder Operationen direkt auf
den Unix-Kern abgebildet, so dass kaum Geschwindigkeits einbussen
hinzunehmen sind.

Und nu sind wir auch schon bei einem der wichtigsten Seiten des Apple
Unixes. Alles richtig bzw. ordentlich (nach den offiziellen Apple-
Richtlinien) geschriebenen Programme koennen unter Apple a/UX 2.0
behandelt werden, als ob der Rechner ohne Unix laufen wuerde.
Das heisst, sie koennen gestartet werden oder direkt zwischen einer
Unix Festplattenpartition und einer Mac-Partition bzw. Mac-Diskette
hin und hergeschoben werden. Somit ist das unter Unix doch etwas komfort-
lose benutzen des Diskettenlaufwerks fuer den A/UX User nicht mehr
vorhanden. Natuerlich beherscht a/ux auch die unter Unix ueblichen 
Diskettenformate. Da der Multifinder in der Lage ist mehrere Programme
gleichzeitig ablaufen zu lassen, kann man nun sogar simultan mehrere
Mac-, Unix- und mit einem entsprechenden Zusatz (MacX) auch X-Window-
Applikationen anwenden.

Ein weiterer Vorteil von dem Apple Unix ist die komfortable Moeglichkeit,
des vom Mac her bekannten ein- bzw. ausschaltens. Dies unterstuetzt
die fuer den Anspruch als MS-DOS Nachfolger noetige Benutzerfreundlichkleit.
Auch die vom Mac her bekannte "Copy und Paste"-Funktion ist uneingeschraenkt
zwischen der Unix-Welt und dem Mac-Applikation nutzbar. 

Ausser dem oben erwaehnten Programm MacX, welches einen sehr schnellen 
X-Window-Server, darstellt, und in der Lage ist X-Window-Applikationen
in einem Mac-Window ablaufen zu lassen, ist natuerlich auch ein "richtiges"
X-Window vorhanden.

Ein letztes Zeichen, das dieses Unix von anderen Unix Implementationen
abhebt, ist, der neue Unix-Befehl, cmdo <unix-command>. Hierrauf erscheint
eine Mac-typische Eingabe Maske, die es ermoeglicht per Mouse-Klick
die entsprechenden Optionen anzusprechen. Dabei erhaelt man leicht
auch ueberblick ueber die selten benutzen und deshalb auch nur eingeweihten
bekannten Kommando-Optionen. Auch IO-Redirection kann hier in Mac
bekannte Mannier angegeben werden. In einem Feld der Eingabe Maske
wird simultan zum Klick der Mouse die Unix Zeile mit dem entsprechenden
Kommando aufgebaut. Dieses Kommando ermoeglich aeusserst komfortabel mit
den Unix-Befehlen umzugehen, und ermoeglicht eigentlich erst richtig
mit der Maechtigkeit eines Unix-Systems richtig zu arbeiten.

Ausserdem enthaellt A/UX 2.0 eine Auto-Recover Moeglichkeit. Hierrunter
ist das Automatische anlegen einer Kopie des Root-Sector's des
Unix-File-Systems zu verstehen, welches den Benutzer immer in die 
Lage versetzt sein Filesystem wieder zu benutzen, auch nach einem 
System-Crash.

Nun genug der Lobesworte, nun auch noch die Nachteile die ich entdecken
konnte. Erstens ist hirzu die Verwendung von Terminals anzufuehren.
Dort hat man natuerlich keine Mac-Oberflaeche, sondern nur ein normales
Unix-ASCII Terminal (es sei denn, man ist in der Lage sich X-Window-
Terminals zu leisten) aber das ist im Vergleich zu anderen Unix 
Implementationen eigentlich kein Nachteil, da diese auch nur ueber eine
solche verfuegen. Auch dies unterstreicht die Zielgruppe von Apple, naehmlich
Universitaeten (und damit auch den Markt der Studenten) und die derzeitigen
MS-DOS-Benutzer, die auf "ein Betriebssystem der Zukunft" umsteigen wollen.

Das letzte grosse Plus von A/UX 2.0 duerfte der Preis sein. Der derzeit
noch in den Katalogen und Preislisten stehende Preis von DM 2060.-
(auf Tape-Streamer) bzw. DM 2520.- (auf Diskette) wird sich bis zur 
Auslieferung in diesem Sommer auf ca. DM 1800.- reduzieren. Darin
enthalten ist (bis auf MacX, dies ist noch nicht ganz klar) alles
oben aufgezaehlte, inclusive NFS, Yellow-Pages und den BSD Network 
Services. Das dies ein politischer Preis von Apple ist an dem sie
nicht grossartig verdienen werden, wird wohl keiner bestreiten.

Der einzige entscheidende Nachteil von Apple's Unix duerfte der
Preis fuer die Hardware sein, die noetig ist um mit dem System
arbeiten zu koennen. Das absolute Minimum stellt der Mac SE/30
mit ca. 4MB Hauptspeicher und einer 80 Mb Festplatte dar. Dabei ist
aber solche Unzulaenglichkeit, wie der Mac-typische "Kuckloch"-Monitor
zu beachten. Die Moeglichkeit zur erweiterung mit einem Grossbildschirm 
besteht zwar, geht dann aber schon wieder sehr ins Geld. Fuer solch eine
konfiguration ist alleine an Hardware-Kosten schon mit ca. 13.000 DM
zu rechnen. Allerdiungs muss man die SCSI-Festplatte, die man bei Apple 
teuer bezahlt ja nicht dort kaufen. Es gibt ja auch noch andere Hersteller.

Eine weitere interessante Moeglichkeit bietet Apple zur Ausslieferung
des A/UX 2.0 an. Es ist ein CD-ROM-Laufwerk mit einer kompletten
Unix-ausstattung fuer unter DM 3000.-. Dieses bietet die Moeglichkeit
immer ein bootbares Filesystem zu haben, und ausserdem die Ausslagerung 
einiger unwichtiger Teile des Systems, wie z.B. den Manual-Pages.

Einige eingefleischte Unix-Wizards hoere ich jetzt schon sagen :
"das ist doch kein richtiges Unix", kann ich nur sagen, dass dieses
Unix meiner Ansicht nach das Zeug hat "richtige" Unixe den Rang bei den
bisherigen Personal-Computer-Usern abzulaufen. Ich meine damit, dass
es wahrscheinlich nicht die anderen Unix-Systeme vom professionellen
Markt der Multiusersysteme verdraengen wird, sondern stattdessen
eher der Nachfolger von MS-DOS wird, sofern die Preise fuer die
Hardware noch um einiges fallen.

Fuer die oben weiter aufgefuehrten SUN und DEC Rechner gilt 
zuersteinmal folgendes: Alle sind weit ausserhalb der Preisgrenze 
von 10.000 DM anzusiedeln. Alleine die preiswerteste Sun, die derzeit
noch ausgeliefert wird ist nicht, wie ich noch zur Messezeit dachte,
eine 3/60 bzw. 3/50 fuer alles in allem DM 15.000.-, sondern eine
SparcStation 1 fuer komplett derzeit ca. DM 35.000.- (dieser Preis wird
sich aber demnaechst auf ca. DM 27.000.- reduzieren. Die Produktion der
3/60 und 3/50 wird wohl bzw. ist schon eingestellt. Schade eigentlich,
ich mochte die Maschinen.

Die Preiswerteste DEC-Unix (Ultrix) ist die DECstation 2100 fuer etwas 
weniger als DM 20.000.-. Sie ist die kleine Schwester von der DECstation3100
und soll auch nur ca 75% der Leistung ihrer grossen Schwester erbringen.

Am naechsten unserer Preisgrenze kommt sicherlich der Arcorn R-140.
Dies ist eine RISC-Workstation die zwar relativ komplet ausgestated
geliefert wird, aber durch ihre Leistung doch nicht so furchtbar 
ueberzeugen kann. Sie liefert einen Drystonewert von 3330. Trotz
der Unzulaenglichkeiten des Drystonetests, um Rechnerleistungen zu
vergleichen, sagt dies etwas ueber die Maschine aus, wenn man sich vor
Augen fuehrt, dass ein 386-PC gut auch das doppelte bis dreifache
(mit 33Mhz soger nochmehr) an "Trockensteinen" schaffen kann. Die Arcorn 
R-140 kostet komplett mit BSD-Unix 4.3, X-Windows (V11 Rel.3), NFS 3.2,
den Yellow Pages,usw. ca DM 16.000.-.

Nachzutragen waehre vielleicht noch die Drystonewerte der anderen Maschinen
(Soweit sie erhaeltlich waren, zur naechsten CeBit nehme ich ein 
Drystone-Programm zum testen mit :-)) ). Da waere noch die kleinste 
SparcStation 1 , sie liefert ca. 23.000 Trockensteine. Fuer die
DECstation 2100 konnte ich leider keinen Wert bekommen, aber fuer
die groessere 3100 soll der Drystonetest Werte von ca. 27.000 liefern.
Dies wuerde fuer die kleine (mit ja angeblich 75% der Leistung) 2100
etwa einen Wert von ca. 20.000 bedeuten.

Fuer die uebrigen Rechner hab ich leider keine Werte bekommen, da Apple 
A/UX 2.0 erst in einer Beta-Version auf der Messe zu sehen war und,
wie mir die Softwareentwickler unter euch auf jeden Fall glauben werden,
gerade bei der letzten Entwicklerarbeit die Geschwindigkeit immer
besondere Beachtung finden wird. Bei entsprechenden Informationen werden
wir aber diesen Wert nachtragen.
 
So, dass war's.
 
              Und die Moral 
              von der Geschicht, 
              Unix gibt's so "preiswert"
              nicht.

                                                    Fly.
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