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Vom Magnetismus der Befreiung


Der Befreiungswille ist propotional zur Fesselungskraft multipliziert mit
dem durchschnittlichen Freiheitsgrad fremder Gruppen, gewichtet mit der
informationellen Entfernung zu diesen Gruppen und verunsichert durch
Zufallsereignisse wie Phantasie. Als praktisches Beispiel dienen in diesen
Tagen die grundlegenden Veraenderungen in dem oestlichen Teil Deutschlands.
Leider gibt es viele Leute, die sich damit begnuegen, mit rechthaberischen
Grinsen 'rueberzuschauen, anstatt die aus der Ferne erfahrenen Zusamenhaenge
auf die eigene Umgebung zu uebertragen.

Gerade diesen Personen wird mein Vergleich unpassend erscheinen, da sie
unbequeme Vorstellungen naturgemaess meiden. Um so passender muss er mir
jedoch erscheinen, denn genau diese distingierte Ablehnung ist die Reaktion
sozialistischer Medienrepraesentanten auf Anschuldigungen dieser Art gewesen.

Angesichts der Tatsache, dass die Finanzgewalt vieler groesserer Unternehmen
bereits die der DDR bei weitem ueberschreitet, halte ich den Vergleich von
Firmenleitung und Regierung nicht unangemessen. Informationelle Blockierung
hat eine lange Tradition. Schon vor dem Mittelalter gab es eine Reihe von
kirchlichen Einrichtungen, die es bestens verstanden, der arbeitenden
Bevoelkerung Mehrausgaben plausibel zu machen.

Im Zeitalter der Hochtechnologie (dieses Wort hat zwei voellig
gegensaetzliche Geschmacksrichtungen, deshalb nehme ich es gerne in den
Mund) werden die Hilfsmittel kirchlicher Verdummung nicht mehr gebraucht
und verkuemmern in vernachlaessigten sozialen Diensten. Stattdessen haelt
die Technik der automatischen Arbeitsverrichtung fuer Arbeitslosigkeit und
soziale Ungerechtigkeit her.

So sehr die Industrie sich auch gegen die Anschuldigungen wehrt, die
Methoden der Informationsverhuellung sind kein Stueck besser als der
antifaschistische Schutzwall in Berlin. Sobald eine Gruppe wie der CCC
Schaden anzurichten droht, wird eine naherstehende Person verhaftet, um
Namen Beteiligter herauszupressen. Wie stark der Druck auch auf Personen
im Bundesdeutschen Inland mit der Freilassung Steffen Wernerys verknuepft
war, ist der Oeffentlichkeit verschwiegen worden.

Die Inkraftsetzung des 4.WEKG ('Wirtschaftskriminalitaetsgesetz', eigentlich
WiKG, Anm. d. Red) ist ein weiterer Beweis dafuer, wie unwichtig
doch der Schutz der persoenlichen Daten im Gegensatz zu dem der
Industriegeheimnisse fueur den Gesetzgeber ist. Da wird ein Datennetz wie
ISDN geplant, das die Erfassung des Medienverhaltens einer ganzen
Bevoelkerung ermoeglicht. Wo jedoch die Luecken im System des persoenlichen
Datenschutzes sind, darf nicht erforscht werden. Nach dem 4.WEKG steht auf
sogenannten ,,Computerbetrug'' das gleiche Strafmass wie auf Vergewaltigung.
Dass diese Zusammenhaenge peinlich sind, ist auch in juristischen Kreisen
zu spueren, der erste Exemplarfall steht noch aus.

Dass viele der ehemaligen CCC-Mitglieder inzwischen in die Arbeitswelt
eingegliedert sind oder selbst an den Hebeln stehen, sollte nicht allzusehr
beruhigen. Auch wenn die relevanten Studiengaenge auf den Universitaeten
auf das Mindestmass an Wissen eingeschraenkt werden (z.B. BerlHG), so kann
das dennoch nicht daran hindern, die noch verfuegbare Phantasie gegen die
Einreihung in die Datasellschaft einzusetzen. Und wehe den westlichen
Industrien, wenn in der nahen bis mittleren Zukunft eine Gewalt wie die IRA
sich auf die Datenwege stuerzt. Dann kommt sie nicht mehr mit Schrammen
davon, wie schon mehrfach die vom CCC aufgeschreckte Bundespost.

Wer ein so hohes Risiko eingeht, auf dem roten Platz der Finanzriesen zu
landen, der wird den Weg sorgfaeltig planen und sicherstellen, dass
mindestens so viel Schaden angerichtet wird, dass sich der Einsatz lohnt.
Dass dabei Fehler geschehen oder die Stabilitaet der Regierung gefaehrdet
wird, ist nicht immer auszuschliessen. Genau das hat auch heute Morgen der
rechthaberisch grinsende Herr bei den Nachrichten festgestellt. Leider hat
er dabei nicht viel weiter gedacht, als bis zu seiner Kaffeetasse, sonst
haette er heute morgen vielleicht fuenf Minuten laenger fuer den Weg zur
Arbeit benoetigt.

29.10.1989
marion/masys/bln

(ACHTUNG ! Anm. d. Red.: Der gelesende Beitrag kann evntl. fuer Aussen-
 stehende nicht alzu klar sein. Es wird dann die Lektuere: Das CCC-Buch
 empfohlen) 
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