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Protokoll TUWAT Komputerfriektreffen Berlin 12.10.1991
Nachdem sich in einer 2-stuendigen Sitzung einige Themen heraus-
geschaelt hatten, die in der Zukunft vertiefend Zu bearbeiten
sind ( Siehe Presseerklaerung und Arbeitspapier ), begann nach
der Mittagspause eine schleppende Diskussion, die hauptsaechlich
im Abgeben von Statements bestand.
Einige Punkte hieraus erscheinen mir jedoch ueberliefernswert und
ich werde sie im folgenden frei zusammenkompilieren.
a) Alternative Nutzung von Komputern:
    Simulationen, Messwerterfassung "oekologischer" Daten -
    als Datenbank, wie jetzt mit dem Berliner Mietverein zur
    Erfassung leerstehender Wohnungen begonnen. Dieses Beispiel
    zeigt, das in vielen Faellen die "alternative' Nutzung darin 
    besteht, existierende Systeme dadurch neuen sozialen Gruppen
    zugänglich zu machen, dass bestehende Systeme dupliziert wer-
    den, da der Zugriff auf sie nicht gegeben ist - das waeren in 
    diesem Beispiel die Daten der Elektrizitaetswerke.
b) zum Kommunikationsaspekt:                                                                                  Hier koennen wir vor altem aus den Erfahrungen der USA lernen.
Stichwortartig:
CBBS Community Bulletin Board Systems, vor ca. 6 Jahren in Chicago entstanden.

EIES Electronic Information Exchange System, Ein experimentelles System auf einem Dinosaurier der Universitaet Newark/New Jersey. Als nationales „Suchbaumsystem“ über Telefon hauptsaechlich von Wissenschaftlern genutzt 

Communitree Vor einem Jahr dem EIES nachgebildetes System
auf einem APPLE implementiert. Benutzerfreundlicher
als die CBBS Systeme und dazu konzipiert, "Infothek'
zu speziellen Themen zu sein.

Community Memory Project
Hervorgegangen aus einem Experiment 1975/76, bei dem robuste Terminals in öffentlichen Plaetzen installiert wurden. Der 1 1/2 jaehrige Feldversuch
zeigte, dass diese Moeglichkeit von der Community phantasievoll genutzt wurde. Es ist geplant, nach Art von Flippern solche Terminals in Kneipen etc. zu in-
stallieren. Diese Gruppe gibt das aeusserst lesenswerte 'Journal of Community Communications" heraus. Beheimatet in Berkley/CA.


Diese 4 Namen stehen fuer Systeme, die dazu gedacht sind, einen
Informationsaustausch zwischen Personen/Gruppen zu
ermoeglichen, die sich nicht zur gleichen Zeit am gleichen Ort
versammeln und auch nicht zur gleichen Zeit ihr Ohr am Telefon-
hoerer haben - sondern Zeitverschoben kommunizieren koennen.
Dabei muss unterschieden werden zwischen öffentlichen Dienst-
leistungsinformationen ( der Hauptaspekt der CBBS-Systeme ),
die von allgemeinem Interesse sind und privater Kommunikation,
die zwischen 2 Teilnehmern bzw. einer fest umrissenen Gruppe
stattfindet ( Durch Passwords oder dergleichen ). Damit wird
der Problemkreis "Verschluesselung" der Daten wichtig.


.... kann festgestellt werden, dass die Herangehensweise an die
neuen Kommunikationssysteme 'Aeusserst blauaeugig ist - es ist
nicht schwer zu prognostizieren, dass in einigen Jahren von
Grosskonzernen Mitarbeiter eingestellt werden, deren Aufgabe es
sein wird, die oeffentlichen Datenbanksysteme regelmaeseig nach
vewertbaren Informationen, Anregungen, Erkenntnissen zu durch-
forsten.

Gesellschaftliche Aspekte:
Es ist klar, dass staatliche und halbstaatliche Datenbanksyteme
durch fortschreitenden Datenverbund immer perfektere Sozialsteue-
rungen ermoeglichen werden dadurch, dass moegliche Konfliktherde
"im Vorfeld" diagnostiziert werden und gezielt mit Befriedungs
taktiken politisch gegengesteuert wird. ( Die Hausbesetzerrzene-
rie sehe ich als 'Betriebsunfall' bzw. als Beweis an, dass die
bestehenden Systeme noch nicht weit genug ausgebaut sind - im
Sinne der Herrschenden ).
Siehe hierzu auch das sehr demaskierende Interview mit H.Herold
in Transatlantik, nachgedruckt im Stern vor ca. 3/4 Jahr - 'Der
Sonnenstaat des Herrn Herold'.
Ein strittiger Punkt im Zusammenhang mit den Datennetzen war die
Frage, ob es fuer die ueberwachte Gesellschaft wichtiger ist, an
Kommunikation zu partizipieren - oder jede Kommunikation zu ver-
hindern. Beispiel: Freie Radios. Mir scheint diese Frage nur am
konkreten Fall beantwortbar zu sein - manchmal so, manchmal an-
ders. Oder kurz:
Wer hat den groesseren Nutzen: Die Informationsverbreiter oderdie Informationsueberwacher"'

Soviel zu den inhaltlichen Punkten der Diskussion. Es wurde be-
schlossen,das naechste Treffen anlaesslich der Systems in
Muenchen am Wochenende 24.10.81 zu veranstalten. Die hamburger
Gruppe hat schon letzte Woche eine Presseerklaerung urber das
berliner Treffen an alle wichtigen Fachblaetter versandt, so dass
darueber moeglicherweire neue Interessenten auftauchen werden.

Tom Twiddlebit, Hamburg, 24.9.81

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