============== Page 1/1 ============== TRAU KEINEM COMPUTER, DEN DU NICHT (ER-) TRAGEN KANNST. 'STUDIE' ;n geplanten Computereinsatz der Fraktion il" im A u f t r a g des Deutschen Bundestages. Vib 1013 Der Grüne Zweig 117 STUDIE Entwurf einer sozialverträglichen Gestaltungsalternative für den geplanten Computereinsatz der Fraktion 'Die Grünen im Bun­ destag' unter besonderer Berücksichtigung des geplanten Mo­ dellversuchs der Bundestagsverwaltung (PARLAKOM) durch das Beratungsteam DIE HAMBURGER GbR Jürgen Wieckmann Steffen Wernery Tom Todd Klaus Schleisiek Siggi Lohberg Wau Holland Gerriet Hellwig Thomas Esher Ein Zusammenschluß aus Mitgliedern des CHAOS COMPUTER CLUB und ARBEITSKREIS POLITISCHER COMPUTEREINSATZ und deren Freundinnen Auf der Basis eines im Auftrag des Bundestages erstellten umfangreichen Planungskonzepts zur Einführung eines gemein­ samen Informations- und Kommunikationssystems für das Parla­ ment, die Fraktionen und die Wahlkreisbüros der Abgeordneten galt es, dieses kritisch zu bewerten und die Gestaltungsmög­ lichkeiten für die Grünen im Bundestag auszuarbeiten. Im Vordergrund steht die Intensivierung der -kommunikativen Begegnung. Technische Mittel wurden daraufhin untersucht, ob sie in diesem Sinne informationsökologisch eingesetzt werden können. Gemeinsam mit der Fraktion der Grünen wurde dieser Entwurf einer sozialverträglichen Gestaltungsalternative erarbeitet. Seaiaar für Vewsiiaaptetee Nummar des Ansehaííunasbuches Vorwort Die vorliegende Studie, die der Deutsche Bundestag in Auftrag gegeben hat, wurde in Kooperation mit der Fraktion "DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG" erstellt. Anlaß war die Entscheidung des Bundestages, die Parlamentsarbeit durch Einführung von Computertechnik In Verbindung mit einer ISDN-Nebenstellenanlage (PAHLAKOM) zu rationalisieren. Nach drei­ monatiger Arbeit würde das Erfiebnis am 20. Oktober 1986 der Fraktion übergeben. Mit der Begründung, daß von der ISDN-Anlage eine zu große Gefährdung des Datenschutzes ausgeht, beschloß die Fraktion am 11.11.1986, sich nicht an PARLAKOM zu beteiligen. Zugleich machte die Fraktion deutlich, daß es Aufgabe der Mitarbeiter sei, - nach Abschluß einer Betriebsverein­ barung mit dem Betriebsrat - in einzelnen Arbeitsbereichen einen selbstbe­ stimmten Computereinsatz zu praktizieren. Diese Betriebsvereinbarung wurde am 11.12.1986 verabschiedet und räumt dem Betriebsrat ein Veto­ recht bei der Einführung von Computern ein. Die Verfasser dieser Studie sind ein ad-hoc Zusammenschluß unabhängig voneinander arbeitender Männer. Einige von ihnen diskutieren - und erpro­ ben - seit Jahren Möglichkeiten, Computer und Medien Jenseits tayloristischer Rationalisierungsinteressen zu nutzen. Sechs Mitglieder des Teams benutzen selbst regelmäßig Computer als Kommunikationsmedium. Für sie war diese Arbeit zugleich auch ein praxisbezogenes Pilotprojekt. Im wöchentlichen Wechsel waren jeweils drei Gruppenmitglieder in Bonn. Für den Informationsaustausch wurde ein sogenannter "Mailbox"-Rechner genutzt, der als Informationspool diente, in den jeder Nachrichten einge­ ben und abrufen konnte. Dadurch haben wir erprobt, inwieweit elektroni­ sche Kommunikation zur Koordination einer Arbeitsgruppe geeignet ist, die sich nicht regelmäßig "am Arbeitsplatz" trifft. Essenz Die Haltung der Grünen zu den Fern­ meldetechniken (IuK-Techniken) hat sich noch nicht zu einer fundierten Postpolitik entwickelt. An der Basis beginnen immer mehr Gruppen, Computer für ihre eigenen Projekte zu nutzen. Historisch geht es seit Herrschafts Zeiten um die Kontrolle des fort­ geschrittensten Mediums. Politisch um informationelle Selbst­ bestimmung. Kulturell um die Entwicklung von Netzwerken, netzgemäßem Denken und Handeln. Es wurde aber auch eine mögliche informationelle Diskriminierung der bei­ den Gruppenmitglieder deutlich, die nicht am elektronischen Information­ saustausch teilnahmen. Um einen gemeinsamen Informationsstand zu er­ reichen, mußten sie zusätzlich per Telefon informiert werden. Das wurde manchmal einfach "vergessen". Gleichzeitig vereinfachte und beschleunig­ te die Nutzung der Mailbox den Informationsaustausch zwischen den ande­ ren Gruppenmitgliedern. Wirtschaftlich muß eine dezentrale Netztechnologie entwickelt werden. Wir haben die Fraktion und den Deutschen Bundestag gebeten, uns die Veröffentlichung der Studie zu gestatten, weil wir glauben, das Thema auch für Nicht-Spezialisten und Computer nicht berühren (müssende) Men­ schen verständlich dargestellt zu haben. Einige Mitglieder der grünen Frak­ tion hätten sie leider gerne in der Schublade verschwinden lassen, und wie uns zugetragen wurde, wird Interessenten auf Anfrage bei der Fraktion die Studie nicht vollständig zugänglich gemacht, obwohl der Fraktionsvorstand bereits am 10.11.1986 sein Einverständnis zur Veröffentlichung zu Protokoll gegeben hatte. Eine Beteiligung an Parlakom ist nicht wichtig, da das rigide Hard­ warekonzept (Teletex) nicht flexibel genug ist für einen phantasievollen Einsatz. Wegen der Kosten ist eine allgemeine Anwendung an der Basis nicht möglich. Wir hoffen, daß diese Studie dazu beiträgt, endlich aus der Sackgasse der weitverbreiteten Totalverweigerung herauszukommen und auf dem Gebiet der Computernutzung ähnlich zu experimentieren, wie dies in den 70er Jah­ rer, mit dem Medium Video in den sogenannten "Medienläden" geschehen ist. Der Deutsche Bundestag legt Wert auf die Feststellung, daß die alleinige Verantwortung für den Inhalt der Studie bei den Verfassern liegt. Wir möch­ ten uns für die unbürokratische Art bedanken, mit der diese Veröffentli­ chung ermöglicht wurde. DIE HAMBURGER Hamburg, den 21. Januar 1987 Statt dessen empfehlen wir die Ein­ richtung einer Orientierungsstube, die praktische Hilfe für die Com­ puteranwendung bieten soll und die Tradition von Gegenöffentlichkeit (Medienläden) der '70er Jahre fort­ entwickelt . Kritisches Bewußtsein Politische Handlungsbereitschaft F-l T-l E-l 1-1 A-1..11 A-3 A-4 A-6 A-7 A-9 Aufmacher Titel Essenz Inhaltsverzeichnis Kritisches Bewußtsein politische Handlungsbereitschaft Nicht technische Organisationsformen eine Realität Big Brother is Valium for you Göttliche Fernmeldeaufklärung Vom Dogma zu Nach-Riehten Grenzenlose Information B-1..10 Leseinsel B-2 Brain on! B-4 Parlakom: Perspektiven für ISDN? B-5 Parlakom: Das Parlament im Netz B-6 Parlakom und Endgeräte Karge Hardwarelandschaft B-7 Im intelligenten Dialog Details korrigieren B-8 Löcher im Konzept: Datensicherung für Personalcomputer B-9 Fast vergessen: der Persönliche Computer B-10 Das elektronische Beraterforum B-10 Realitätsbegleitende Dienstleistung statt Bundestags-Rituale C-1..6 Praxisnahe Gestaltungsvorschläge C-l Anwendungskreis Geschäftsführung C-2 Anwendungskreis Archivdatenbanken C-3 Anwendungskreis Informationsdatenbanken C-5 Anwendungskreis Kalkulation C-6 Anwendungskreis Textverarbeitung D-1..5 Empfehlungen an Grünlis D-l Information ist Pfund! meint X. aus Y . D-2 Überschaubare Datenmaschinerie D-3 Die Orientierungsstube D-4 Fakten schaffen ohne Waffen die Realität erleben G-1..11 Erinnerung an das globale Dorf G-l Was müssen wir eigentlich wissen? G-2 Eine Parlamentsfraktion ist ein Netzwerk G-4 Zweiseitige Zugangsbeschränkungen G-5 Was produziert eine Fraktion G-7 Datenschutz, Datenmüll, Datentausch G-9 Textvermeidung I-2..4 81 82 Index ISDN in a competitive environment ( U S A ) ISDN in a non-competitive environment Die Grünen im Bundestag sind eine Oppositionspartei, deren Politik mit basisdemokratischem Anspruch in das ihrer Auffassung nach "falsche Bewußtsein" der Menschen einzugreifen versucht. In diesem Sinne haben sie gewisse Erfolge im Umweltschutz und In Fragen zur Atomenergie erzielt. Bei den sogenannten Informationsund Kommunikationstechniken (FemmeldeTechniken) sind die Grünen für konsequente Ablehnung bekannt. Mit der anlaufenden Einführung der Computertechnik durch die Verwaltung des Deutschen Bundestags sind sie j e t z t institutionell betroffen und stehen vor der Schwierigkeit, Ihre Kriterien an sich selbst anwenden und Im Alltag demokratisch praktizieren zu müssen. Entgegen der offiziellen Parteilinie können sich zunehmend mehr Mitarbeiterinnen eine Anwendung für den privaten und dienst­ lichen Gebrauch vorstellen. Sie setzen Datenverarbeitung ein •oder stehen kurz vor der Entscheidung, Computer zu kaufen. Allerdings hängen die Entscheidungskriterien vielfach von der überzogenen Werbung diverser Hersteller ab. Welterhin werden Speicherschreibmaschinen gekauft. Well sie als normale Schreib­ maschinen gelten, entfallen regelmäßig die tarifrechtlich ver­ einbarten Zulagen für qualifizierte Tätigkeit. Des weiteren dienen sie zur gewerkschaftlich abgesegneten Akzeptanzschaf­ fung der Mikroelektronik. Speicherschreibmaschinen sind nichts anderes als Computer, sie sehen nur nicht so aus. Eine den offiziellen Verlautbarungen entsprechende Totalver­ weigerung wurde uns gegenüber eher selten formuliert. Die Motive der schweigenden Mehrheit, die jegliche Zusammenarbeit mit den Teams boykottierte, sind uns deshalb nicht bekannt. Wir werten dieses Verhalten vor dem Hintergrund des Beschlusses der 8. Bundesversammlung der Grünen In Hagen. Darin heißt es unter anderem: Die weitere Einführung neuer IuK-Techniken muß solange mit dem Ziel eines Einführungstopps bekämpft werden, bis ihr gesell­ schaftlicher Nutzen und ihre soziale Unschädlichkeit von den Befürwortern eindeutig nachgewiesen sind. Jedoch auch schon eine spürbare Behinderung der Herrschenden bei der Compute­ risierung der Gesellschaft und der Schaffung des 'Modell- und Testmarktes Bundesrepublik' hilft Schaden abzuwenden und trägt zur Entwicklung von kritischem Bewußtsein und politischer Handlungsbereitschaft in der Bevölkerung bei. Als Außenstehende hatten wir streckenweise den Eindruck, daß die Mitarbeiter zwar Betriebsversammlungen abhielten, im gro­ ßen und ganzen jedoch mehr in ihrer Alltagsroutine gefangen waren. Die Atmosphäre ließ uns deutlich spüren, daß viele Mitarbeiterinnen Im Spannungsfeld zwischen Arbeitsanforde­ rungen und verschiedenen politischen Perspektiven resigniert haben und auch von daher wenig Interesse an zusätzlichen Grundsatzdiskussionen hatten. Darüber hinaus wurden wir oft mit einer gewissen Doppelmoral im Umgang mit dem Thema kon­ frontiert. Manche Gegenpositionen erwiesen sich bei näherem Hinschauen als parteitaktisch ausformulierte Gedankenkonstrukte, die nicht geeignet sind, mit dem offensichtlichen W i ­ derspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit umzugehen. Dies schließt nicht aus, daß für betriebswirtschaftliche und gesell­ schaftspolitische Bewertungen der Fernmelde-Technik unter­ schiedliche Kriterien gelten können. Gleichwohl sind vor dem Hintergrund der hinlänglich bekannten Struktur-und Organisationsprobleme der Grünen im Bundestag die Argumente der Gegner von besonderer Bedeutung. Es zeichnet sich die Tendenz ab, daß wegen mangelnder Erfahrung im Umgang mit der Technik auf die von Herstellern vorgegebenen Anwen­ dungsmuster zurückgegriffen wird. Diese würden, ohne eine bremsende Kraft, zu erheblichen Komplikationen in der ohnehin sehr chaotischen Gesamtorganisation führen. Ein computer­ technisches Umfeld muß sich an den Arbeltsgewohnheiten der Anwenderinnen orientieren und sollte nicht durch Programm- und Technikvorgaben bestimmt werden. Ein grundlegendes Mißverständnis der Technikbewertung ist die Unterstellung, der Computer würde von sich aus Strukturen schaffen. Grundsätzlich hat ein Computer keine mit biologischen Systemen vergleichbare Eigendynamik. Er reproduziert die von Menschen eingegebenen Daten und Strukturen und wirkt damit wie ein verstärkender Spiegel der eigenen Denk- und Organisationstruktur. Demgemäß kann es auch bei den Grünen solange keine "sanfte Computertechnik" geben, wie die Strukturen innerhalb der Grü­ nen unsanft sind. Insofern sind Forderungen einiger Mitarbei­ terinnen nach einer technikunabhängigen Diskussion über Organisations-, Struktur- und Hierachieprobleme der Grünen im Bundestag zu unterstützen. Generell gut, daß Computer nur dann sinnvoll eingesetzt werden können, wenn eine nicht-technische und bereits praktizierte Organisationstruktur besteht. Ist dies nicht der Fall, sind die Technikerinnen gezwungen, eine eigene Struktur zu entwickeln und diese einzubauen. Computer funktionieren nur mit exakten Vorgaben. Das hat oft zur Folge, daß den Anwenderinnen eine Struktur vorgesetzt wird, die, neben der Bedienung des Gerätes, zusätzlich erlernt werden muß. Dies ist allerdings kein Problem der Technik, sondern derjenigen, die nicht wissen, WAS sie WIE wollen. Sind die Bedürfnisse klar formuliert, läßt sich in der Regel leicht entscheiden, ob für diese Bedürfnisse Computertechnik überhaupt geeignet ist. Erst wenn nicht-technische Organisationsformen ausgeschöpft und nicht weiter verbessert werden können, kann in Teilbereichen überlegt werden, ob BESTEHENDE Organisations-Strukturen durch Computer UNTERSTÜTZT werden können. Ausgehend von den Bedürfnissen zeigt sich dann vielfach, daß die Technik wenig von dem hält, was sie verspricht. In dem Zusammenhang ist leider festzustellen, daß auch unter den Fundis streckenweise Kritik auf naiver Technikgläubigkeit be­ ruht, die sich zum Teil an den verkaufsfördernden Begriffs­ überhöhungen der Computerbranche orientiert. Etwa, wenn der Computer als "ihr Problemloser" dargestellt wird. Insofern fordert Computertechnik eine radikale und ergebnis­ orientierte Auseinandersetzung mit bestehenden Strukturen. Das ist Systemanalyse. In normalen Betrieben wird diese immer auftauchende Diskussion in der Regel unterdrückt. Dies hat bisweilen fatale Konsequenzen, die dann wieder auf Mitarbei­ terinnen abgewälzt werden. Nicht-technische Organsisationsformen eine Realität Abgeordnete, Mitarbeiterinnen und Geschäftsführung haben die Auftragsvergabe für das Gutachten betriebspolitisch und orga­ nisatorisch denkbar schlecht vorbereitet. Wir werten dies als Indiz, für gegebene Strukturen der Entscheidungsfindung. Auf­ fällig war, daß Zuständigkeiten von einem Fraktionsorgan zum anderen verschoben wurden. Die allgemeine Urlaubszeit begün­ stigte die Möglichkeit, letztlich beliebige Verantwortlichkeiten zu definieren. Abgeordnete und Mitarbeiterinnen waren teilweise nicht einmal über die qualifizierte PARLAKOM-Kritik des Per­ sonalrates des Deutschen Bundestages informiert. Dessen I S D N Kritik - Aushang im Schaukasten vor der HT-Kantine - war den meisten Grünen unbekannt. Trotz eines Grünen Vertreters in der entsprechenden Kommission wurden bisher mir einstimmige Entscheidungen für PARLAKOM gefällt. Sofern diese Vorgehensweise auch künftig beibehalten wird, muß von einer Teilnahme am Modellversuch PARLAKOM und ähnlichem dringend abgeraten werden. Unabhängig von tatsächlichen Motiven verstärkt ein solch un­ qualifiziertes Vorgehen den latent vorhandenen Eindruck, daß hier von Abgeordneten und Führungskräften eine letztlich un­ demokratische Computereinführung geplant wird. Daß der Be­ triebsrat In einem Rundschreiben den Mitarbeiterinnen nahe­ legte, mit sogenannten Arbeitsplatzanalysen "könnten der A r ­ beitgeberin Informationen zu unserer Disziplinierung zur Ver­ fügung gestellt werden", provoziert tiefe Schlüsse auf das allgemeine Betriebsklima. Die Grünen im Bundestag stehen im Spannungsfeld zwischen geforderter Produktivität und gruppendynamischer Selbstfindung. Die Hoffnung auf ein herrschaftsfreies Sozialgefüge hat sich als Wunschtraum erwiesen. Unserer Auffassung nach kann von "selbstbestimmten Arbeitsstrukturen" innerhalb der Grünen im Bundestag nicht gesprochen werden. Prägend ist vielmehr eine den Universitäten angelehnte Denk- und Arbeitsweise, die mit Fragmenten scheinbar alternativer Organisationsformen kolli­ diert. Die daraus erwachsenen Konflikte werden zudem durch die verwaltungstechnischen, organisatorischen und politischen Ge­ gebenheiten parlamentarischer Arbeit verschärft. Das institu­ tionelle Know-how der Grünen im Umgang mit diesen Strukuren ist nur bedingt ausgebildet. Hinzu kommen die in jedem Betrieb dieser Größenordnung auf­ tretenden zwischenmenschlichen Konflikte. Dies alles spielt sich in einer stark abgeschotteten Atmosphäre ab. Innerhalb des "Raumschiffs Bonn" bilden die Grünen ein weiteres Getto. Dies hat auch zu einer erheblichen Entfernung zur sogenannten Basis geführt. Die Erfahrung "Bonn" hat ihre Spuren bei den dort arbeitenden Menschen hinterlassen und neue Erkenntnisse und Sichtweisen eröffnet, die der sogenannten Basis meist verschlossen bleiben. Die Folge ist beiderseitiges Unver­ ständnis. Dabei stehen diejenigen, die den Kontakt zur Basis halten, im wohl größten Konflikt. Es gibt nur wenige Mitarbeiterinnen, die längere Betriebser­ fahrung aus anderen Arbeitszusammenhängen einbringen können. Viele hätten bei Kündigung nicht die Möglichkeit, auf vorherige Berufe zurückzugreifen und sind von daher auf einen Job bei den Grünen existenzieil angewiesen. In jedem anderen Betrieb führt dies zu betriebspolitischem Opportunismus, so daß wir in Konfliktfällen ein solches Verhalten auch bei Grünen Mitarbeiterinnen prinzipiell nicht auschließen können. Auch vor diesem Hintergrund ist den Grünen im Bundestag dringend eine erhöhte sozialpolitische Sensibilität anzuempfeh­ len. Mitarbeiterinnen und Führungskräfte sollten sich darüber im Klaren sein, daß trotz aller ehrenwerten Perspektiven einer besseren Gesellschaft auch die Grünen im Bundestag in einem klassischen Arbeitgeber-Arbeitnehmerkonflikt stehen. Sich dies zu verdeutlichen und anzuerkennen, wäre der erste Schritt, eine der Situation angemessene Lösung zu finden. Das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wird durch scheinbar vertraute Umgangsformen, ein hohes Maß an Engagement und entsprechende moralische Verpflichungen ver­ schleiert. Dabei spielt die innere Bereitschaft zur "alternativen Selbstausbeutung" eine nicht unwesentliche Rolle. In allem liegt die Gefahr, daß mögliche Betriebsvereinbarungen und gewerk­ schaftliche Abkommen von den Mitarbeiterinnen selbst unter­ laufen werden. Als menschliche Komponente sei noch am Rande bemerkt, daß viele Spitzenkräfte der Grünen gelernt haben, professionell und "aal­ glatt" zu diskutieren. Wer Eigeninteressen nicht hart genug gegen die Sprachgewandten und im Arbeitsleben Hartgesottenen durchsetzt, hat gegen vor­ gebrachte Argumente wie "sinnvolle politische Arbeit" in Kon­ fliktfällen wenig Chancen, betriebspolitische Interessen zu er­ kennen und durchzusetzen. Big brother is Valium for you Eine fundamentalistische Ablehnung der Fernmelde-Techniken läßt sich nicht durchhalten und ist anachronistisch. Es gibt absolut keine Chance, Fernmelde-Techniken zu bremsen, zu verhindern oder gar zu verbieten. Es sei denn, man Ist bis zur letzten Konsequenz bereit und in der Lage, technisch unterstützte Kommunikation zwischen Menschen beurteilen, kontrollieren und verbieten zu können. Dagegen führt eine in der Konsequenz unerreichbare Perspektive mit falschen Hoffnungen zu einer politischen Kultur, in der überwiegend Resignation und Ohnmacht erlebt wird. Es kostet die Menschen unendlich viel Kraft, gegen diese täglich erlebte Ohnmacht anzukämpfen. Besser wäre es, wenn diese Kraft in die Entwicklung praktikabler Alternativen flösse. Mit der eingangs zitierten Erklärung der 8. Bundesversammlung in Hagen haben sich die Grünen politische Sachzwänge auferlegt. Eine KURZFRISTIG angelegte Politik wird sich deshalb die Möglichkeit offen halten müssen, die Einführung von Computern zu verbieten und auf die von der Bundestagsverwaltung bereit­ gestellten Gelder zu verzichten. Eine derartige Entscheidung muß allerdings getrennt von der geplanten Zwangsvernetzung be­ trachtet werden. Die von der Bundestagsverwaltung herange­ tragene ISDN-Zwangsvernetzung sollte als politischer Skandal gewertet werden (siehe dazu: ISDN- Der Schnelle Brüter der Nachrichtentechnik; Herbert Kubicek). Der konsequente Ver­ zicht auf Computertechnik wäre nur kurzfristig öffentlich­ keitswirksam und dem Grünen Image zuträglich. Dies schließt jedoch nicht aus, daß die Grünen weiterhin von den allgemeinen Entwicklungen überrollt werden. Es ist anzunehmen, daß einer so gestalteten Grünen Fernmelde-Polltik letztlich nur die Mög­ lichkeit bleibt, mit spektakulären, aber einflußlosen politischen oder moralischen Appellen zu reagieren. Innerhalb grüner Kreise werden privat und dienstlich Datenma­ schinen angeschafft und für die politische Arbeit genutzt. Diese Entwicklung vollzieht sich trotz aller ideologischen Vorbehalte. Sofern die Grünen diese von unten kommende Entwicklung ideologisch Ignorieren oder verbieten, blockieren sie gleichzeitig die Chance einer praktischen Entwicklung alternativer Nut­ zungsformen. Nicht zuletzt diese Grüne Politik hat mit dazu beigetragen, daß es in der Bundesrepublik keine der Staddteilzeitungen, freien Radios oder der Videoszene vergleichbare Computerpraxis gibt, die als erprobte Gegenposition zur herr­ schenden Computeranwendung gelten kann. Vor diesem Hintergrund tragen die Grünen Im Effekt dazu bei, daß der Computer nur mit den Interessen herrschender Kreise besetzt wird und als Strukturverstärker ausschließlich zentralistische Ideologie transportiert. Herrschaft hat schon immer darauf Wert gelegt, das historisch jeweils fortgeschrittenste Medium zu kontrollieren und einzuschränken. Dieses Ansinnen ist bereits soweit fortgeschritten, daß selbst die Phantasie der sogenannten Alternativ-Szene kaum in der Lage Ist, das Medium Computer mit eigenen Bedürfnissen zu verbinden. In dem Zusammenhang wird seitens der Computer-Industrie viel dazu getan, daß Datenverarbeitung nicht verstanden wird. Die bewußt geschürte Angst und der Respekt vor einer größeren Ansammlung maschinell zusammengelöteter Siliziumscheiben blockiert zudem den respektlosen Umgang mit einem zum Herr­ schaftsinstrument mißbrauchten Medium. Die bisherige Politik der Grünen unterstützt im Endeffekt diese Herrschaftspolitik. Unserer Auffassung nach lassen sich gesellschaftliche Bruchlinien und private Widersprüche niemals mit technischen Mitteln lautlos ausschalten oder bewältigen. Ein Kern grüner Ängste ist, daß Herrschaftsideologen aller Schattierungen jetzt auch durch neue Fernmeldetechniken Menschen wie Marionetten am Kabelan­ schluß harmonisch-harmlos gängeln. Diese Leute halten Menschen für willenlose Geschöpfe, ohne Chance zur Freiheit. Eine mit dieser Geisteshaltung formulierte Kritik ist auf dem besten Weg, menschliche Kreativität totzuschlagen und entscheidend dazu beizutragen, daß sich ihre Prophezeiungen am Ende erfüllen könnten. Göttliche Fernmeldeaufklärung Die EhrFurcht vor dem Informationsvorsprung einer allgegen­ wärtigen Macht soll vor rund 2500 Jahren König David im Psalm 139 besungen haben: Herr, du erforschest und kennest mich. Ich sitze oder stehe, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne. Ich gehe oder liege, so bist Du um mich und siebest alle meine Wege. Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, Herr, nicht alles wissest. Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir. Solche Erkenntnis ist mir wunderbar und zu hoch, ich kann sie nicht begreifen. Lebte König David heute, welche Erkenntnisse könnten wir ihm vermitteln? Würde er in der Videoüberwachungstechnik Big Brother als kleinen, aus Sand gebauten gottähnlichen Halb-Leiter erblicken? Oder würde er die Entwicklung erkennen von der babyionischen Sprachverwirrung hin zum offenen Datennetz mit Klar-Text sofort, Datenlagerung und weltweiter Weiterleitung für die, die auf Draht (online) sind. In solch offenen Netzen ist Teilnahme jederzeit ebenso möglich wie sich zurück zu ziehen. Die technische Entsprechung: Stecker ziehen. Dagegen fragte König David in seinem Psalm, wohin er gehen kann, um der allwissenden Macht zu entfliehen. Macht haben heißt heute, das jeweils fortgeschrittenste Medium zu kontrollieren. Kontrolle über Information und Wissen geschieht auf verschiedene Weise. Zensur kontrolliert Weitergabe und Verbreitung, Desinformation verwirrt und verfälscht und außer­ dem lassen sich Menschen mit soviel Daten zuschütten, daß sie das wesentliche nicht mehr erkennen. Um die EhrFurcht heute zu begreifen, lohnt sich ein Exkurs durch die Geschichte der Informationssammlung und -Verbreitung. Erkenntnis ordnet Muster und ist die erste Bewußtseinsstufe. Von den Sinnen des Menschen kann das Auge am meisten Information aufnehmen. Die früheste Schrift, die der Mensch lesen konnte, war die der Spuren. Höhlenzeichnungen sind das älteste über­ lieferte Medium. Aus den Zeichen wurde die Schrift entwickelt: Design, vorauschauendes Gestalten. Schrift fixiert die Sprache und ermöglicht durch Speicherung auf Höhlenwänden, in Bun­ desladen, auf Papier oder Laserdisk eine zeitübergreifende Ver­ breitung. Rauchzeichen waren ein damals modernes flüchtiges Medium wie Trommeln oder Posthörner und Fersehen. Zur raumüberschreitenden Wirkung waren einst Boten erfor­ derlich. Die Umspannstellen für frische Postkutschpferde hießen Relais. Ein Relais - damals wie heute - ist ein Schaltorgan, das mit geringem Aufwand eine relativ hohe Arbeitsleistung steuert. Heute liegen von Relais zu Relais Kabel. ADV-Anlagen (Auto­ matische Datenverarbeitungsanlagen) sind die Relais von heute. Jeder schreibende Mönch war Herr über Produktionsmittel; nur der Inhalt war vorgegeben. Klöster waren enzyklikengesteuerte Fabriken mit karger bis üppiger Ausstattung. Wächter waren nur bedingt notwendig, man schlug sich selbst und die Gläubigen gingen freiwillig zur Datenabgabe - der Beichte. Dann kam Gutenberg und erfand den Buchdruck. Plötzlich konn­ ten, trotz der Konzernsprache Latein, viel mehr Menschen Wissen erlangen. Und wenn es "nur" die Bibel war. Es dauerte 50 Jahre, bis Luther sein Thesen-Flugblatt medienmäßig effektiv benutzen konnte. Etwa 200 Jahre nach Gutenberg begannen Diderot und d'Alembert in Frankreich mit der Herausgabe einer 35bändigen Enzyklopädie. Dagegen gaben die Päpste Enzykliken heraus Rundschreiben über aktuelle Glaubens- und Sittenprobleme. Die Enzyklopädisten erstellten eine umfassende Darstellung des Wissens der Zeit in systematischer Anordnung; eine hervorragend illustrierte Beschreibung der damals modernsten Produktions­ mittel. Das störte die Kreise des Papstes und er verbot das große Werk. Das Verbot half dem Papst, Zeit zu schinden. Haltbar war das Verbot nur kurze Zeit. Vom Dogma zu Naeh-Richten Fernschreiber beschleunigten die Informationsübermittlung: statt Hufgetrappel tickten die Relais. 1837 konstruierte Samuel Morse den Schreibtelegraphen und entwickelte gleichzeitig das nach ihm benannte Morsealphabet, eine effektive Mischform zwischen digitaler und analoger Informationsübertragung. Zu den beiden Signalen Punkt (kurz) und Strich (lang) kommen Pau­ senzeiten in Zeichen, Wort und Satz. Die Übertragungszeit für eine Nachricht sinkt auf die Dauer durch Üben. Samuel Morse ordnete die Blei-Rechnungen einer Setzerei nach dem Gewicht der Buchstaben und belegte die Zeichentabelle entsprechend. Das häufigste Zeichen, das "e", konnte am schnellsten gesendet werden: ein Punkt. Auch bei starken Störungen und schwachem Funksignal ist eine Verständigung möglich. Modern formuliert: effektive Ausnutzung der Kanalkapazität. Schon ein gutes Jahrzehnt nach dieser Erf indung wurden weltweit Telegrafienetze aufgebaut. Die Mechanisierung des Informa­ tionsflusses bewirkte eine starke Machtkonzentration. Folge­ richtig waren die internationalen Telegraphen- und Kabelge­ sellschaften die ersten transnationalen Konzerne. Ihre frühe Ausbreitung und Entwicklung spiegelte die Kolonialinteressen der jeweiligen Heimatländer wieder. 1873 teilte die britische Agentur Reuters zusammen mit der französischen Agentur Havas und der deutschen Agentur Wolff die Welt in einem Kartellabkommen untereinander auf. Dies hatte zur Folge, daß alle nationalen Agenturen einer der drei großen Agenturen angehörten. Bereits in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts finanzierte der transnationale Konzern United Fruits regelmäßige NBCRundfunksendungen nach Lateinamerika. Damals war der Rund­ funk ein ideales Medium, mit dem sich ausländische Zuhörer, Insbesondere in den Ländern mit hoher Analphabetenrate, er­ reichen ließen. Das Hitlerregime nutzte das neue Medium Rund­ funk in bekannter Weise äußerst effektiv, ohne dabei die "alten" Medien wie Presse und Massenveranstaltungen zu vernachlässi­ gen. In den USA wurde Anfang der 40er Jahre von Politikern und Medienkonzernen der Begriff des "Free Flow of Information" geprägt. Ein ideologisches Fundament für die ab 1945 massiv einsetzende nordamerikanische Medienpenetration in Westeu­ ropa. So heißt es im Business Week vom August 1945: Washington unterstreicht die Bedeutung einer freieren Kommunikation nach dem Kriege, um den Austausch von Gütern und Ideen anzureichern. Im Klartext heißt das, daß die Washingtoner Bürokratie Groß­ britanniens Herrschaft über Fernkabel, die es nach dem ersten Weltkrieg durch die Beschlagnahme deutschen Eigentums aus­ baute, aufbrechen will. In Friedenszeiten wird die Kostenredu­ zierung für Kommunikation unseren Handel antreiben, die Pro­ paganda verbilligen, wird ein gutes Polster für Geschäfte aller Art sein. (zit. nach: Free Flowof Information. Informationen zur Neuen Internationalen Informationsordnung. Jörg Becker. ISBN 3-921 766 13. InfoOrdng. S. 68) Ein wichtiger Faktor ist das Verhältnis zur Regierung. "Um Geld zu verdienen, muß man ein Unternehmen kontrollieren, und keine Regierung wird es Ausländern gestatten, ihr Fernsehen zu kon­ trollieren", sagte Barry Zorthian, der ehemalige Chef des in­ zwischen aufgelösten Time-Life-Rundfunkunternehmens, das sich früher in Venezuela, Argentinien und Brasilien stark engagiert hatte. (InfoOrdng, 13) 1979, einhundertsechs Jahre nach dem Weltkartellabkommen Reuters-Wolff-Havas, sprach Gerald Long von Reuters auf der Jahrestagung des International Press Institute in Athen: Ich für meine Person, der ich mich mit internationalen Informationen beschäftige, weise heftig zurück, daß Information etwas mit Macht zu tun hat. (InfoOrdng, 22) Das ist gezielte Desinfor­ mation. Der Zusammenhang: Die Blockfreien Länder diskutierten damals in der UNESCO intensiv über eine "Neue Internationale Infor­ mationsordnung, um das Meinungsmonopol der großen Agenturen zu brechen. Diesen Initiativen sollte die Spitze genommen werden. Ebenfalls 1979 publizierte Genesis P. O. von der Mu­ sikgruppe Throbbing Gristle: Information wird geschützt wie das Geld auf einer Bank. Manche haben sehr viel davon, andere nur sehr wenig. Und es wird scharf bewacht, dieses Kapital. Unser Job ist es, diese Bank zu knacken und all das zu holen, was uns zusteht. Ohne Rücksicht auf Verluste. Das fand damals keine große Verbreitung. Eine Spezialität dieser Bundesregierung ist der Export von Fernmeldetechnik als Entwicklungshilfe. Kritiker sprechen da­ von, daß ISDN für Militärdiktaturen ebenso günstig ist wie der maschinenlesbare Ausweis für Länder mit hoher Analphabeten­ rate. Was dagegen fehlt, ist eine auch technische Unterstützung, die diese Länder demokratisch stärkt. Grenzenlose Information Als unter Hitler auf den Empfang von "Feindsendern" die T o ­ desstrafe stand, beschrieb das den desolaten Zustand des Systems. In einem vergilbten Rechtsgutachten, das wohl in jeder besseren Bibliothek der DBPost zu finden ist, bedauert der Autor, daß es "derzeit" kein technisches Verfahren gäbe, um Funkwellen an der Grenze aufzuhalten. Das ist Juristendenken. Jetzt hat eine neue Etappe im globalen Kampf um Meinungsmache und Werbemarkt begonnen. Fernsehsatelliten werden mehr oder minder nüchtern kalkuliert: Ein milliardenschwerer Markt. Das Aussetzen von Satelliten im Weltall ist zwar teuer, aber effektiv. Geworben wird, um zu verkaufen oder zu beeinflussen. Über Ferrtabfrage wird statistisch erfaßt, wieviel Geräte zur Werbe­ zeit eingeschaltet sind. Daraus werden Entscheidungsdaten, um welche Zelt und in welchem Sendungsumfeld optimal geworben werden kann. Satelliten bieten in absehbarer Zukunft eine bislang kaum vorstellbare Reichweite und den Wegfall staatlicher Kon­ trolle. Das kann sich keiner der "Großen" entgehen lassen. Heute ist nicht mehr so sehr Frequenzmangel bestimmend, sondern Parkplatzmangel am Himmel. Es gibt nur eine beschränkte Anzahl von Satellitenabstellplätzen. Wer dort zuerst parkt, hat die Über­ tragungskapazität. Das Fernsehen ist das derzeit stärkste mas­ senwirksame Medium. Aber auch die anderen haben ihre Bedeu­ tung. Videorecorder bieten ein Stück Unabhängigkeit von Zeit­ kontrollen durch die Sendeanstalten. FJ Strauß geht das zu weit. Er will die Regierungskontrolle über das Medium Videoband zurück. Er nimmt Horror- und Pornovideos als Vorwand. Die Alternativbewegung hat die Medien noch kaum begriffen. Umgekehrt macht die Industrie ökoreklame. Die Medienläden, Ende der 60er Jahre gegründet, haben sich entweder aufgelöst oder - die meisten derzeit - haben Angst vor dem Computer. Laserplatten bieten bislang unvorstellbare Speicherkapazitäten. Die Text oder Bildmenge eines rund 40 Meter hohen DIN-A-4 Stapels läßt sich mit Laserstrahlen auf einer 30 cm LP unter­ bringen. Wieviel Laserplatten braucht es für die Geheimbibliothek des Vatikans? Auch der unbedeutende Gesamtinhalt des bun­ desdeutschen Btx-Systems brauchte nur ein paar Scheiben. Entwicklung und Preisverfall bei technologischen Entwicklungen geschehen derzeit schneller als eine Auschreibungsprozedur bei der DBPost. Verkürzt: Btx ist noch vor Fertigstellung technisch überholt. Computer nur als Produktionsmittel beim Zahlensalat zu sehen, ist eine falsche Verkürzung. Auch der Name "Rechner" trifft daneben. Die Franzosen sind im Sprachgebrauch bewußter. Die Sprachregelung verlangt von Fernsehsprechern das Wort "Ordi­ nateur". Es beschreibt die strukturverarbeitenden Eigenarten der Kisten besser. Die Polizei benutzt schon lange die Abkürzung "ADV" (automa­ tische Datenverarbeitung), weil es unwesentlich ist, ob Daten von Elektronen oder Stahlkugeln verarbeitet werden. Wesentlich ist, daß es automatisch geschieht. Zentraler automatisierter Date­ naustausch zwischen allen möglichen Behörden ist in der BRD in einem Gesetzespaket geplant. "ZAG" heißt es kurz. Die Gesetzentwürfe blieben solange geheim, bis das Parlament sie diskutieren durfte; im Kampf um Zeltvorsprung der Schnellerwisser. Moses ließ - nach Beratung mit seinem Schwiegervater - einen Herrn in einer "dicken Wolke" erscheinen (2. Moses, 19.9.), der Berg Sinai wurde zum Sperrgebiet (.12) und ein Dauerton zeigte Entwarnung (.13) an. Darm wurden die Gesetze in Stein gehauen. Heute geht es um Datenbanken. Die geheim geplanten Polizeigesetze geben der Polizei das "Recht", Daten über nahezu alie Bürgerinnen (die Schranken sind durchlässig genug) auch durch Lauschangriffe (Wanzen, Richtrnikros...) zu erlangen. Bereits verabschiedet ist ein Gesetz, das den Wanzenerwerb staatlichen Stellen vorbehält. Ein Begriff wie "My Home ist my Castle" Ist dem deutschen Rechtswesen auch nach Hitler noch zu fremd. Freiwilliger Datenaustausch dagegen, ein Kabel zum Nachbarn legen, Ist amtlich verböten, seit es Kabel gibt. Die Herrscher im Oberstaat haben Angst vor freiem nachbar­ schaftlichen Informationsaustausch, dem Volksnetz, vor auto­ nomer Vernetzung, die sie nicht mehr kontrollieren können. Bis das offene Netz sich verbreitet hat, müssen wir mit dem staatlichen Datennetz arbeiten. Wegen Überschätzung der Staatsaufsicht wird die Bedeutung des Datennetzes in der Regel unterschätzt. Es ist das derzeit modernste Medium und hat verblüffende Eigenschaften. Es bietet Zugang zu einer nahezu unübersehbaren Fülle von Datenbanken weltweit, fast ohne Zeitverzögerung. Kontrolle ist zwar möglich, aber schwer, denn seit 1965 gibt es Verschlüsselungsverfahren, die in sinnvoller Zeit nicht knackbar sind. Verbieten läßt sich Verschlüsselung nicht, das verhindert schon das Eigeninteresse von Banken und Kon­ zernen. Auch der Datentransport hat Eigenheiten. Computer müssen vor dem Transport im Schaumstoff verpackt werden, um heil anzu­ kommen. Daten lassen sich vor dem Abschicken "schrumpfen" (bei modernen Fernkopierern verwirklicht) und können beim Em­ pfänger wieder aufgebläht werden. Bei Berlin-Gesprächen schrumpft die Post Daten - und verdient daran. Während der Sprechpausen im Gespräch werden die Leitungen zeitgleich für andere Dienste genutzt: auf vier Leitungen telefonieren fünf Leute oder so. Kommunikationspreise sind politische Preise. Anrufe von der BRD (besetztes Land) in die USA sind teurer als umgekehrt. IBM stellt unter anderem große Rechnernetze für Forschungszwecke vor­ übergehend kostenlos zur Verfügung, um - neben der KnowhowAbschöpfung - Gewöhnung und Abhängigkeit von ihrem firmen­ eigenen Kommunikationsprotokoll, das anders als der interna­ tionale Standard ist, zu erzeugen. Bisher war der Kampf um die Macht eher territorial. Die Entwicklung der Datentechnik macht ihn mehr und mehr zum telekommunikativen. Real war has become information war. It ist being fought by subtle information media - under cold conditions. Whenever hot wars are necessary these days, we conduct them in the backyards of the world with the old technologies. These wars are "happenings", tragic games. Industrial Culture Handbook. Research 6/7, S. 15. ISBN 0-940-642 07-7. Bleibt festzustellen: Die von keinem Parlament verabschiedete "Postordnung" soll durch eine zeitweise geheimgehaltene neue Telekommunikationsordnung (TKO) ersetzt werden. Wer nach­ denkt, begreift ihre Bedeutung. Sie muß offen besprochen werden. Der Knackpunkt bei den nächsten Wahlen könnte eine grüne Postministerin sein. Die GMD-Studie zeigt auf, wie die kommunikations- und infor­ mationstechnische Infrastruktur der Bonner Abgeordneten ver­ bessert werden soll. Mit dem Projekt PARLAKOM sollen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages auch in den Genuß einer Netztechnik kommen, die es bislang nur auf dem Reißbrett gibt: das "Integrated Services Digital Network", kurz ISDN. Damit die technischen und ablauforganisatorischen Weichen­ stellungen eingeleitet werden können, hat die Bundespost em­ pfohlen, Im Rahmen des Modellversuchs den geplanten Neubau des Bundestages mit einer größeren ISDN-Nebenstellenanlage aus­ zustatten. Mit dieser Installation sollen Erfahrungen für die allgemeine Einführung des ISDN gesammelt werden. PARLAKOM trägt ferner dazu bei, daß sich das ISDN-Konzept als Standard durchsetzt. Dazu heißt es in der Bundestagsdrucksache 10/4145 v o m ' 5 . 3. 86: "Bei einem Verhältnis von 10:1 der privaten Haushalte zu den gewerblichen Betrieben wird das Einbeziehen der privaten Haushalte den Durchbruch zur preiswerten Mas­ senproduktion ermöglichen". Die Schaffung künstlichen Nach­ fragepotentials von Privaten war auch bei Btx geplant und erfolglos. Bleibt die Frage, ob eine grüne Postministerin wirklich zum Knackpunkt werden könnte. Nachdem wir die grünen Betriebs­ strukturen zum erstenmal hautnah erleben durften, fiel uns lange Zeit nichts mehr ein. In unserer Not wandten wir uns an Peter Glaser. Hier seine Antwort, die auch in der Juli-Ausgabe der Zeitschrift Tempo nachzulesen ist: Leseinsel Wie kann man den Grünen im Bundestag dabei helfen, sich zu computerisieren? Die Herren des renommierten Hamburger Chaos Computer Clubs hatten mich eingeladen, für eine Projektgruppe ein paar Gedanken beizusteuern. Also saß ich in meinem Brüte­ zimmer, nebenbei lief der Fernseher, und schaute einer Ameise zu,die über das zerdrückte Exemplar einer Konkurrenzzeitschrift kroch. Ich erfand das Grasfaserkabel. Und plötzlich wurde mir klar, wie ein grüner Computer aussehen muß: Monitor, verschalt in Weichholz, mit indianischer Einle­ gearbeit aus Solarzellen, Tastatur in anthroposophisch ver­ träglicher Knetmasse oder kuscheligen Hirtenteppich eingebet­ tet. Und ein paar zusätzliche Tasten, um jedem eingetippten Hauptwort automatisch die weibliche Endung zuzufügen ("Grü­ ne/r") oder um zwischen den Betriebsarten 0 Bock und 1 Bock umschalten zu können. (...) Ich bemerkte, daß sich mehrere Grüne aus dem Bundestag auf dem Balkon meines Nachbarn Traugott versammelten, (...) um nach Zukunftsperspektiven Ausschau zu halten. "Da", rief einer und zeigte zu mir herüber, "Computer!" Ich warf mich über meine Tastatur. Laßt mir meine Leidenschaft! Verschont meine letzten Geheimnisse vor der fanatischen Debatte über die Verbesserung der Gesellschaft! Der Computer bleibt ein böses Instrument. Meines! Aber nein, sie wollten nur wissen, welche Spuren ihre Mühen im Großen Netzwerk hinterlassen. Wie sie sich bemerkbar machen im großen weißen Rauschen der Geschichte. Ich wollte antworten: Ihr seid nur ein kleines, unbestimmbares Geräusch, ein Titel und ein Datum - niemand weiß was, und keiner weiß warum. " lerdings die technische Normung des ISDN nicht abgeschlossen. Auch die Gebührenregelungen sind unklar und strittig. •j Langsam ordneten sich unsere Bonner Erlebnisse. Neben der Minderheit der Verweigerer gibt es die der Soforteinführer. "Naaaa, habt ihr endlich begriffen, was euer Job ist? Ich brauche Textverarbeitung! Wann kriege ich sie?" wurde das Beratungsteam im Vorbeigehen von einem grünen Mittelklasseguru angequatscht. Doch so einfach geht es nicht. Technische Erläuterungen sind anstrengend, aber unvermeidlich. Brain on! Grundlage des ISDN ist die Digitalisierung des Fernsprechnetzes. Bislang wird beim Telefonieren die Sprache analog übertragen, d.h. die Schallwellen werden in entsprechende (analoge) Strom­ schwingungen umgesetzt und über elektromechanlsche Schal­ trelais weitergeleitet. Diese Schaltrelais sollen im ISDN durch Vermittlungs-Computer (Knotenrechner) ersetzt werden. Doch weil Computer keine analogen Signale verarbeiten können, müs­ sen Sprache, Texte und als weitergehende Glasfaser-Perspektive auch Bilder digitalisiert werden, d.h. In einen computergerechten binären (zweiwertigen) Code zerlegt werden. Bis zum Jahr 2020 soll das gesamte Fernsprechnetz digitalisiert sein, so daß die TelekommunUtation über ein weltweites Computer-Verbund­ system abgewickelt werden kann. Und well sich binär codierte Informationen verhältnismäßig einfach übertragen, speichern, auslesen, verarbeiten und vermitteln lassen, wird von dem künf­ tigen ISDN eine außerordentliche Leistungsfähigkeit erwartet. Dabei wird eine international gültige Normung angestrebt. In­ zwischen hat sich der sogenannte CCITT-Standard weitgehend durchgesetzt. Die CCITT ist ein 1956 gegründeter international beratender Ausschuß für den Telegrafen- und Fernsprechdienst, dem mittlerweile 154 Staaten angehören. Gegenwärtig ist al­ Mit dieser Digitalisierung plant die Post gleichzeitig eine ef­ fektivere Nutzung der Kabel, die zwischen den Ortsvermitt­ lungsstellen und den Telefonen in Wohnungen und Büros verlegt sind. Statt der bisherigen analogen Sprachübertragung mit einer Bandbreite von rund 3000 Hz sollen bei der digitalen Übertragung zweimal 64 000 Bits pro Sekunde über die gleichen Kabel übertragen werden. Diese Angaben geben Auskunft über die Nutzung der Leitungskapazität. Die Umstellung auf Digital­ technik entspricht einer Vervielfachung der Leitungsausnutzung. Entsprechend ist das betriebswirtschaftliche Rationalisierungs­ potential der Post anzusetzen. Zu der Rationalisierung gehört auch, daß die bisher verwal­ tungstechnisch und physikalisch voneinander getrennten Fern­ meldedienste in einem Netz integriert und zentralisiert werden. Da es wegen der Monopolstellung der Post keine echten Alter­ nativen zur Nutzung der Fernmeldedienste gibt, sind diese Fragen besonders wichtig. Vor einer grundsätzlichen Ablehnung des ISDN muß jedoch gewarnt werden. Die gegenwärtige Alternative ist das vom Weltmarktführer IBM entwickelte SNA-Philosophie. Dagegen ist ISDN, wenn auch noch nicht vollständig normiert, ein Ergebnis internationaler Standardisierungs-Kommissionen. Die ISOUnterlagen sind frei zugänglich. Das Post-Zwiebel-Modell der Kommunikation (7 OSI-Schichten) verschiebt im Kern nur Bits; außen wird es verständlicher. Vor diesem Hintergrund wird in Japan das IBM-Bestreben, die Vernetzung der Datenkommuni­ kation in den Griff zu bekommen, "als Bedrohung für die westliche Welt gesehen", heißt es im Jahrbuch der DBPost 86 (Vorabdruck S. 41). Und die FAZ meint in einem Beitrag vom 18./19. Februar 1986: "Hier sei der Konzern Im Begriff, eine Machtposition aufzubauen, wie sie bisher keine einzige Post- oder Fernmel­ deverwaltung auch nur annähernd besessen habe". Abgesehen davon halten wir es für gefährlich, sämtliche Infor­ mationsflüsse über ein zentralisiertes Kommunikationssystem zu steuern. Die damit einhergehende Machtkonzentration wider­ spricht demokratischen Grundsätzen. Dabei sollte man sich ins Bewußtsein rufen, daß auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deut­ schland (falsche Teilung, der säzzer) in den letzten 80 Jahren mindestens drei Staatsformen herrschten. Ein eigenes lokales Netz, wie es die CDU besitzt, ist nicht nur in Krisensituationen von Vorteil. Deutlich werden die mit ISDN verbundenen Gefahren bei Be­ trachtung der Grundlagen dieser Technik. Zum bessen Verständnis ist die Unterscheidung zwischen Verteil- und Vermittlungsnetzen von Nöten. Beim Kabelfernsehen werden derzeit noch Verteilnetze aufge­ baut. Sämtliche Programme sind gleichzeitig im Netz und die Teilnehmer können sich das jeweils gewünschte Programm "her­ ausfiltern". Bei einem Vermittlungsnetz kann von jedem Endpunkt etwas eingegeben und gezielt zu einem anderen Punkt übermittelt werden. Dabei fallen Vermittlungsdaten an, die bei einem fernwartungs-orientierten Vermittlungsnetz wie ISDN zur Steuerung der Informationsflüsse in Knotenrechnern bis zu Lö­ schung oder Abruf gespeichert werden und zu Überwachungs­ zwecken mißbraucht werden können. So wird beispielsweise bei einem ISDN-Telefongespräch ein Absender- und Empfängercode für die Zeit des Gesprächs zwi­ schengespeichert. Nach Beendigung des Gesprächs müssen diese Vermittlungsdaten gelöscht werden. Diese Löschfunktion muß programmtechnisch definiert werden. Andererseits wird es teil­ weise auch als Vorteil gewertet, etwa für Abrechnungen, exakt aufgelistet zu bekommen, wann welcher Teilnehnmer mit wem wie lange telefoniert hat. Hier wird ein Potential vielfältiger Nutzungs- und Mißbrauchs­ möglichkeiten geschaffen. Fraglich ist auch, wie gut der ISDNComputer-Verbund als öffentliches System vor unberechtigtem Zugriff gesichert werden kann. Diese Frage stellt sich erst recht, wenn man weiß, daß Computersysteme weitaus kleinerer Grö­ ßenordnung wegen ihrer Komplexität auch von Experten nicht durchschaut werden können. Die Datenübertragung wird bei ISDN durch eine Vielzahl tech­ nischer Kontrollen gesichert. Dabei fallen Vermittlungsdaten an, die stets einzelnen Anschlüssen, bei Chipkartennutzung deren Besitzerinnen zugeordnet werden können. Jede Komfortsteige­ rung erhöht die im Netz fließenden personenbezogenen Daten und damit Risiken. Ebenso kann jedes zusätzlich angeschlossene Gerät, wie etwa eine Wächterkontrollanlage, Stechuhren usw. arbeitsrechtliche Be­ lange berühren. A u f dem Weg zur automatischen Verwaltung ermöglicht die Digitalisierung eine standardisierte Auswertung auch von Mas­ sendaten. ISDN sollte ernsthaft erst genutzt werden, wenn praktikable Verschlüsselungsstandards verbreitet sind und an­ onymisierte Teilnahme möglich ist. PARLAKOM: Perspektiven für ISDN? Bezogen auf die Datenschutzproblematik der geplanten ISDNNebenstellenanlage Im Deutschen Bundestag wurde dem Älte­ stenrat die Gründung eines Gremiums, bestehend aus Verwaltung, Fraktion und Abgeordneten empfohlen. Dieses soll unter anderem die zahlreichen Kontroll- und Statistikfunktionen der SiemensHICOM-Anlage auf ein für den Datenschutz akzeptables Maß reduzieren. In wieweit dieses ISDN-Gremium zu entscheidenden Beratungen auch hinzugezogen wird, ist für uns unklar. Ein bereits für die Belange des Bundestages vor geraumer Zeit einberufenes Da­ tenschutzgremium (Verwaltung, Fraktion und Abgeordnete) wur­ de bei der Anschaffungsentscheidung der ISDN-Nebenstellen­ anlage jedenfalls nicht konsultiert. Eine vergleichbares, aber in Bonn (!!!) wirkendes Gremium ist nach unserer Auffassung für die Grünen zwingend notwendig, selbst wenn sie an PARLAKOM nicht teilnehmen würden oder Datenverarbeitung ganz ablehnen. Die geplante Siemens-HICOM-Anlage für PARLA-KOM ermög­ licht derzeit eine funktionsfähige Teilmenge des ISDNStandards. Diese zentralen Kontrollstrukturen ermöglichen der­ zeit persönlichkeitsbezogene Datensammlungen an unterschied­ lichen Servern (Vermittlungsstellen). Angesichts der Gelüste aller Fraktionen, die anderen auszuspähen, halten wir eine solche Netzstruktur für bedenklich und äußerst fragwürdig. Alternativen zu dieser zentralistischen Netzlösung werden in der GMD-Studle von vornherein abgelehnt, da abgetrennte "Insel­ lösungen" vermieden werden sollen. Wir favorisieren lokale Netze, in denen sich Teilnehmerkreise entsprechend der Vertrauenskreise abgrenzen lassen. Dagegen erzwingt die Struktur einer unter hiesigem Postmonopol konzi­ pierten ISDN-Nebenstellenanlage, wesentliche Funktionen zen­ tralisiert bereit zu stellen. Das erhöht die Macht der system­ verwaltenden Kräfte unnötig. Interessant Ist in diesem Zusammenhang die Sichtvveise der USA zu ISDN. Auf Grund der Kommunikationsgeschichte, insbesondere nach der Zerschlagung der größten amerikanischen Telefongesellschaft, dem Monopolisten American Telephon and Telegraph ( A T & T ) , stellt sich die gesellschaftliche Situation sehr viel anders dar als "im Rest der Welt". Dies wird deutlich in einem Beitrag der Federal Communications Commission aus dem Jahre 1982 ("The Integrated Services Digital Network: Developments and Regulatory Issues" by A.M.Rutkowski & M.J.Marcus, Com­ puter Communicatlon Review (ACM) Vol. 12 # 3 / 4 ) . Die Autoren grenzen sich deutlich ab von den Vorstellungen der in der CCITT assoziierten Postverwaltungen, mit ISDN ein monolithisches Netz aus Informationstransport und "Informationsveredelung" zu errichten. Sie machen deutlich, daß in den USA ISDN auf den Transportaspekt beschränkt sein wird und daß es die Aufgabe unabhängiger Firmen ist, weitergehende "Datendienstleistungen" anzubieten. Dies wird insbesondere an zwei Graphiken deutlich, die ISDN a la CCITT und ISDN a la USA zeigen (siehe Grafiken Seite 81/82): Der einzige Unterschied besteht darin, daß das US N e t z über wesentlich mehr "Stecker" verfügt, an denen die Verfügungsgewalt von Netzbetreibern aufhört, während die CCITT Version versucht, möglichst sämtliche angeschlossenen Dienstleistungen für die Kommunikationsmonopolisten zu reser­ vieren. Es ist bemerkenswert, daß die US Sicht des ISDNetzes weitgehend dem Gegenmodell für ISDN entspricht, wie es in der BRD von H. Kubicek u. a. entwickelt worden ist. In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen vom 5. 3. 1986 heißt es dazu: Für ISDN wird aufgrund seiner überzeugenden Vorteile, die sowohl für Anwender als auch für Betreiber gegeben sind, eine derartige Eigendynamik er­ wartet, daß sich die Frage der Rückholbarkeit nicht stellen wird. (Bundestagsdrucksache 10/5145) Teletex gewährleistet als derzeit einziger Kommunikationsdienst eine große Teilnehmerzahl und entsprechende Erreichbarkeit. Allerdings läßt dieser Dienst keine Anonymisierung zu, weil sich Texte grundsätzlich nur mit Absenderadresse versenden lassen. Eine elektronische Postlagerkarte ist derzeit nicht vorgesehen und verwirklicht. Diese Auflagen spiegeln sich in der begrenzten Auswahl der Endgeräte wieder. Ein getrennte Anschaffung von Einzelgeräten (Hardwaremix) scheidet bei dieser Konzeption aus. PARLAKOM und Endgeräte: Karge Hardwarelandschaft Die in der Ausschreibung vorgesehenen Endgeräte (PC-Lösung) orientieren sich folgerichtig vor allem an postalischen Vor­ schriften und weniger an den Anforderungen der Anwenderinnen. Es werden im wesentlichen herstellerabhängige Lösungen ange­ b o t e n , die kaum offene, aufeinander aufbauende Komponenten zuläßt. Damit ist fast ausgeschlossen, daß sich jeder seinen persönlichen Computer zusammenstellen kann. Es ist zu begrüßen, daß der Einsatz von Software derzeit nicht von Verwaltungsrichtllnlen eingeengt wird. So läßt sich wenigstens die Software nach den Anforderungen der Anwender auswählen. Die GMD stellt drei technische Varianten vor. In Lösung A wird den Abgeordneten ein Personal-Computer angeboten. Lösung B stellt mehrere hierarchisch vernetzte Computer für eine Büro­ gemeinschaft zur Verfügung. Die Lösung C bildet eine Art Dienststelle des Bundestages. Hier sollen den Abgeordneten alle Dienstleistungen und Datenbanken bereitstehen, auf die auch andere Fraktionen Zugriff haben. PARLAKOM: Das Parlament im Netz Für die Lösung A, dem dezentralen Einsatz eines Arbeitsplatz­ computers im Abgeordnetenbüro, stehen drei Grünen Abgeord­ neten jeweils ein Gerät mit Teletexanschluß zu. Parlakom geht von einer technisch vereinheitlichten Kommuni­ kationsinfrastruktur aus. Die technische Kommunikation der Abgeordneten zwischen Bonn und ihrem Wahlkreis kann aufgrund des Postmonopols nur über die dafür vorgesehenen Netze abge­ wickelt werden. Da Btx für derart komplexe Anforderungen ausscheidet, bleiben nur Datex oder Teletex. Datex ist zwar das vielseitigere Medium, allerdings gibt es eine Reihe (gebühren­ rechtlicher?) Unklarheiten. Bislang haben die Grünen keinen Zugriff auf die Datenbank des Bundespresseamtes. Die Lösung A beinhaltet Text- und Informationsverarbeitung, sowie Informationsbeschaffung und Textkommunikation. Im Rah­ men des Modellversuchs wird auch dem Wahlkreisbüro der Ab­ geordneten ein Personalcomputer mit Teletex-Anschluß bereit­ gestellt. Damit soll die Kommunikation zwischen Wahlkreis und Abgeordneten technisch unterstützt und die Basis stärker an der Vor- und Zuarbeit für das Bonner Büro beteiligt werden. Die GMD-Studie schreibt Teletex als Minimalanforderung fest. Teletex ist nicht dialogfähig, bietet jedoch einen betriebssicheren Dokumentenaustausch. Teletex verlangt von den Endgeräten ständige Betriebsbereitschaft, ist es doch rechtlich gesehen eine gerichtsverwertbare Dokumentenmaschinerie. Es gibt, ähnlich dem Telex, kein Recht auf Abschaltung. Um die Betriebssicherheit zu gewährleisten, hat die DBPost eine Reihe von Vorschriften erlassen. Dazu gehört unter anderem, daß das Auswechseln von Druckern nicht zulässig ist, weil möglicherweise Sonderzeichen und Akzente verfälscht dargestellt werden. Es muß d a v o n a u s g e g a n g e n w e r d e n , daß d i e Computerisierung der Fraktion, w i e e s i n d e r Z e i t u n g s ­ anzeige für diesen Auftrag h i e ß , d i e A r b e i t s ­ s t r u k t u r e n d e s A b g e o r d n e t e n b ü r o s und d e s W a h l ­ k r e i s e s unvorhersehbar verändert. In welcher Weise sich diese Veränderung vollzieht, hängt auch vom politischen und organisatorischen Willen der mit dieser Technik arbeitenden Gruppen ab. Einige Erfahrungen der CDU/CSU-Fraktion mit dem Wangnetz wurden den Grünen auf einer Betriebsversammlung berichtet. Die Lösung B wird von der Bundestagsverwaltung für SPD und CDU/CSU favorisiert. Für FDP und Grüne entfällt diese Variante, da diesen Partelen für Lösung B zuwenig Mittel zur Verfügung gestellt werden. Abgesehen davon ist ein solches Mehrplatzsystem schwer durchschaubar und deshalb nicht zu empfehlen. Eine Technik sollte bei ihrer Einführung verständlich und durch­ schaubar sein. Wenn die Fraktion genügend Erfahrung gesammelt hat und sich einzelne Abgeordnetenbüros bei Bedarf zu einem Bürosystem ergänzen, kann über Mehrplatzsysteme oder Ver­ netzung untereinander erneut nachgedacht werden. Ein Mehrplatzsystem ist zentralistisch organisiert und muß von der Vernetzung mehrerer Einzelcomputer unterschieden werden. Die technische Ausstattung der Lösung C, der sogenannten Etagenlösung, umfaßt Telekopierer, einen Btx-Anschluß und einen Personalcomputer. Mit diesem PC wird unter anderem die Datenbank-Recherche realisiert. Gegebenenfalls ist eine zu­ sätzliche Datentankstelle (Informations- und DatenbankTerminal) zu installieren. Diese Station wird von zwei Bundes­ tagskräften bedient. Die Etagenlösung greift nicht in die internen Arbeitsabläufe ein, da sie wie eine Dienststelle des Bundestages anzusehen wäre. Die Abgeordneten und Mitarbeiterinnen sind nur mittelbar mit der Technik konfrontiert. Eingeschlossen sind Leistungen, die auch mit den Geräten der Lösung A genutzt werden können. Die Etagenlösung soll Abgeordneten ohne Computer, bzw. jenen, die keinen Computer wollen, prinzipiell den gleichen Informa­ tionszugriff gewähren. Ein Informationsgleichgewicht hängt in der Praxis jedoch davon ab, wer wo reinsehen darf und kann! Moderne Datenbanksysteme erfordern von Anwenderinnen eine hohe Sachkenntnis. Die Informationsbeschaffung aus Daten­ banken hängt also von den handwerklichen Fähigkeiten der Anwenderinnen ab. Mit den für die Etagenlösung vorgesehenen - und unterbezahlten - Bundestagskräften wird sich kaum ein Gegenpotential in der Informationsbeschaffung aufbauen lassen. Es ist ratsam, eigene Datenbank-Rechercheurinnen zu gewinnen. Die Etagenlösung sollte mit einem ISDN-Anschluß versehen sein. Nur so läßt sich eine praxisnahe und auch technisch fundierte Kritik formulieren. Letztlich stellt sich nicht die Frage, ob das ISDN eingeführt wird oder nicht. Wesentlich ist, daß die noch nicht abgeschlossenen technischen Entwicklungen im Rahmen des noch demokratisch Möglichen beinflußt werden. Die Entwicklung derartiger Technik muß verfolgt werden. Im intelligenten Dialog Details korrigieren Die Bewertung der in der GMD-Studie angebotenen technischen PC-Lösungen gestaltet sich schwierig, zumal die Hersteller nicht in der Lage waren, im Rahmen der Ausstellung die geforderten Lösungen vorzuführen. Die Ausschreibungsanforderungen waren ebenso unklar wie die Antworten der Firmen. Die Situation ist vergleichbar mit einem Einkäufer, der nicht weiß, was er ein­ kaufen will. Entsprechend werden die Hersteller mit Auflagen konfrontiert, die nicht endgültig definiert sind. Typische Be­ griff süberhöhungen der Computerbranche wie "intelligenter Dia­ log" führen zu irrealen Erwartungshaltungen. Zu den "kleineren" Alltagsproblemen gehört die "Korrektur einiger Details" in der Beschaffungsliste: Einmal wurde aus Software­ kosten von 7.500 Mark 107.500 Mark. An anderer SteUe stiegen die Softwarekosten von 7.500 auf 285.500 Mark. Allgemein haben den Eindruck, daß die langfristigen Folgen auch hier unterschätzt und die kurzfristigen Folgen überschätzt wer­ den. Insofern schließen wir uns dem Entwurf der DIN-Norm 66 234 (Teil 8, Seite 13) an. Darin heißt es: Der Dialog mit einer Maschine (System) ist ein in der Geschichte der Werkzeuge des Menschen neues Phänomen, das noch eingehender arbeitswissenschaftlicher Untersuchungen bedarf. Entgegen den Empfehlungen der GMD-Studie wurden Systeme angeboten, die nur in Ausnahmefällen herstellerunabhängige Erweiterungen zulassen. Ferner wurden Fragen des Daten­ schutzes und der Datensicherung unzureichend berücksichtigt. Insbesondere sind Datenschutzaspekte des persönlichen Com­ puters im Fraktionsumfeld nicht erkannt worden. Die vorge­ schlagenen Passwortsicherungen lassen in der Regel nur einen Nutzerkreis zu. Die Datensicherung erfolgt unverschlüsselt. Abstrahlarme, und damit abhörgeschützte und augenfreundliche Plasmabildschirme sind nicht vorgesehen. Im Rahmen der vorgeschlagenen Geräte der Beschaffungsliste scheint uns die NCR-Lösung am ehesten akzeptabel. Das Gerät entspricht dem derzeitigen MS-DOS Standard, für den es eine reichhaltige Auswahl einsatzwerter Software gibt. Der NCRComputer läßt zudem herstellerunabhängige Erweiterungen (Steckkarten) für die vernachlässigten Datenschutzaspekte zu. Außerdem ist das Gerät mit einem geräuscharmen Laserdrucker versehen. Der Rechner ist leistungsfähig und wird relativ schnell stubenrein; das heißt, er läßt sich verhältnismäßig gut auf die persönlichen Anforderungen und Arbeitsweisen der Anwende­ rinnen einstellen. Löcher im Konzept: Datensicherung für Personal-Computer Diese Empfehlung muß unter den Vorzeichen der Hardwarebe­ grenzung durch den Ältestenrat gewertet werden. Generell halten wir eine individuelle Zusammenstellung einzelner Geräte (Hard­ waremix) für sinnvoller. Von daher empfehlen wir den Grünen im Bundestag, sich für die Öffnung der Geräteliste stark zu machen. In diesem Zusammenhang Ist zu begrüßen, daß der Einsatz von Software derzeit nicht von Verwaltungsrichtlinien eingeengt wird. So läßt sich wenigstens die Software nach den Anforde­ rungen der Anwender auswählen. Mit dem Hardwaremix könnte unter anderem die vernachlässigte Datensicherung bei persön­ lichen Computern durch geeignete Geräte oder entsprechendes Datenschutz-Zubehör (Verschlüsselungskarte, eigener N e t z Zugang) eingebaut werden. Allerdings wird durch solche Maßnahmen teils ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelt. Personal-Computer ermöglichen die Verarbeitung von Massendaten. Eine Diskette mit kompletten Haushaltsdaten läßt sich (samt Lesesperre) innerhalb weniger Sekunden kopieren und in der Jackentasche transportieren. Grundsätzlich gilt: Es gibt keine absolute Sicherheit. Daten­ schutz verlangt, nur die Daten zu erfassen, die unbedingt erforderlich sind. Andererseits sollte es mit dem Datenschutz nicht übertrieben werden. Wer heute sein Büro offen stehen läßt, braucht keinen Geräteschutz. Außerdem gibt es immer einen Zielkonflikt zwi­ schen unbequemer Datensicherung oder schnellem und bequemen Informationszugriff. Allerdings helfen auch einfache Verfahren. So gehören beispielsweise sicherheitssensible Daten nicht auf Festspeicherplatten, sondern auf Disketten, die in befestigten Stahlkassetten untergebracht sind. Gegebenenfalls können diese Daten noch verschlüsselt werden, um sie vor jeglichem nicht autorisierten Zugriff auf begrenzte Zeit zu sichern. Jedoch wird dies im Regelfall nicht nötig sein. Das elektronische Beraterforum Mit der zunehmenden Einführung der Computertechnik erschließt sich für die Grünen die Möglichkeit, Arbeitsgemeinschaften mehr in die Parlamentsarbeit einzubeziehen. Mit der Teilnahme an einem Mailboxsystem könnte interessierten Gruppen ein Forum zum Informationsaustausch angeboten werden. Schon jetzt nutzen Gruppen wie Greenpeace, Robin Wood und ai u. a. solche Systeme. Als Tschernobyl die halbe Welt in Aufruhr versetzte und anfangs keine zuverlässigen Informationen in den Medien zu finden waren, wurden auf den Datennetzen Fachinformationen, aktuelle Strah­ lenwerte, Verhaltenstips und betroffene Berichte ausgetauscht. Die Informationsdienste der Bayrischen Hackerpost seien in diesem Zusammenhang erwähnt. Aktivitäten dieser Art können überfein elektronisches Ohr (Mailbox) in die Parlamentsarbeit einfließen. Die Fraktion selber kann Stellungnahmen und Thesen -zum aktuellen Geschehen darlegen. Fast vergessen: Der persönliche Computer Der persönliche Computer ist eine Maschine, die meine Kreati­ vität unterstützt und meine Ideen verwaltet und stärkt. Er/sie ist ein Werkzeug für meine geistige Arbeit. Der Begriff "PersonalComputer" ist eine (bewußt?) falsche Übersetzung des englischen Personal-Computer ( P C ) , mit dem eigentlich ein persönlicher Computer gemeint ist. Ein persönlicher Computer kann nur Werkzeug eines einzelnen sein, jede Vereinnahmung durch Grup­ pen macht den Computer zum kraft-aussaugenden Instrument. Es muß immer die Entscheidung der Anwenderin sein, was sie mit ihrem persönlichen Werkzeug macht und was nicht. Werden die Anwendungen zugeteilt oder aufgedrückt, wird aus dem persön­ lichen Werkzeug ein effektives Mittel zur Ausbeutung geistiger Arbeit, mit dem Ziel, geistige Arbeit zu industrialisieren. Eine andere Übersetzung lautet "Arbeitsplatz-Computer". In dieser Wortschöpfung wird der ursprüngliche Gedanke des persönlichen Computers noch stärker ins Gegenteil verkehrt. Ob sich der PC als persönlicher Computer vor dem Hintergrund der Grünen Beschäftigungsverhältnisse in die Praxis umsetzen läßt, kann bezweifelt werden. Dennoch müssen diese Aspekte bei einem Einsatz der Geräte gemeinsam diskutiert werden. Abge­ sehen von den Betriebsstrukturen der Grünen darf nicht vergessen werden, daß die im Rahmen von PARLAKOM angeschafften Geräte Eigentum der Bundestagsverwaltung bleiben. Im Falle eines Auszuges der Grünen aus dem Bundestag werden die Geräte selbstverständlich anderen zur Verfügung gestellt. Versteht man den Rechner als persönliches Werkzeug im täglichen Umgang mit Text und Informationen, als Medium und Teil des Fraktionsnetzes, so ist es leichtfertig, sich allein auf die von der Verwaltung des Deutschen Bundestages gestellten Geräte zu verlassen. Ein jeder schafft sich auf so einer Maschine seine eigene Umgebung, Ordnung und Systematik - ähnlich der papierenen Ordnung. Die Fähigkeiten wachsen mit der Zeit und die Ver­ wendungsmöglichkeiten hängen entschieden vom Grad der per­ sönlichen Einrichtung ab. Selbstverständlich läßt sich Software und die fraktionseigenen Datenbestände bei einem Auszug aus dem Bundestag mitnehmen, aber es kostet viel Zeit und Mühe, sie auf anderen Maschinen neu zu installieren. Will die Fraktion und die mit Ihr verknüpften Projekte von der parlamentarischen Infrastruktur unabhängig bleiben, so ist spätestens dann die Anschaffung eigener Hardware nötig. Realitätsbegleitende Dienstleistungen statt Bundestagsrituale Den beteiligten Gruppen können dann auch Möglichkeiten zur Nutzung der Informationsdienste des Modellversuch angeboten werden. So könnten Umweltgruppen toxische Anfragen im Auf­ trage ihres Abgeordneten auf unser aller Kosten durchführen. Angesichts des herrschenden Informationsvorsprunges sollte ein solches Mailboxsystem als elektronisches Beratergremium be­ trachtet werden. Es kann helfen, die Entscheidungsfindung durch gezielte Beiträge zu unterstützen. Aktuelle Inhalte sollten als Zusammenstellung auch anderen Arbeitsgruppen und interes­ sierten Bürgern zugänglich gemacht werden. Hier gibt es viele Ansätze. * * Praxisnahe Gestaltungsvorschläge Allgemeines Grundsätzlich gilt, daß die vorschnelle Anwendung von Computern in Arbeitsabläufen die Fähigkeiten zur Selbstorganisation der Arbeitsgemeinschaft vermindert. Eine Verstärkung von selbst­ bestimmten Arbeitsformen durch Computereinsatz ist nur zu erreichen, wenn bei allen Betroffenen Klarheit über die Orga­ nisationsstruktur des betroffenen Bereichs besteht. Nach unseren Erfahrungen ist solch eine organisatorische Klarheit bei den Grünen im Bundestag bisher mangelhaft ausgebildet. Um Per­ spektiven anzudeuten, sollen in diesem Abschnitt einige Ar­ beitsbereiche herausgestellt werden, die von dieser grundsätz­ lichen Organisationsschwäche weniger betroffen sind und deshalb als Beispiele für produktivitätssteigernde Effekte des Compu­ tereinsatzes dienen können. Der Muße steigernde Einsatz wäre eine politische Entscheidung. Die Projekte werden möglichst so konkret dargestellt, daß eine Verwirklichung in einer Realisie­ rungsphase vorbereitet wird. Anwendungskreis Geschäftefuhrung Bei der Rationalisierung der Geschäftsstellenarbeit schiedene Ansätze denkbar: 1. strategisches Management (Zielvorgaben) 2. taktisches Management (Planung und Steuerung) 3. operationales Management (Plandurchführung) Neben der militärischen Redeweise ist hier natürlich die vertikale Arbeitsteilung zu kritisieren. Dennoch kann bei größeren Pro­ jekten eine ordentliche Planungs- und Ablauf organisation streß­ vermindernd wirken. Die Nachteile der hierarchischen Anweisungsorganisation lassen sich durch eine horizontale Funktionsdifferenzierung nach dem dreiteiligen Schema vermindern. Es muß dann gewährleistet sein, daß zwischen den Vorgaben und der Durchführungsebene funk­ tionierende Rückkopplungsorgane vorgesehen werden, damit es nicht zu einem sachfremden Machtgefälle kommt. Sind solche Voraussetzungen geschaffen, kann die Transparenz von um­ fangreichen Projekten für die einzelnen Mitarbeiterinnen durch Planungsprogramme wesentlich erhöht werden. Solange die not, wendige Kommunikation zwischen den Menschen nicht läuft oder so träge abläuft wie bisher, möchten wir von der Anwendung solcher Systeme abraten. Anwendungskreis Archivdatenbanken sind ver­ (1) Allgemeine Buchhaltung (2) Personalbuchhaltung (3) Projektplanung und Steuerung zu ( 1 ) : Hierfür gibt es verschiedene Standardprogramme zur Finanzbuchhaltung. Die Grünen haben bereits derartige Pro­ grammentwicklungen für 3. Weltgruppen unterstützt, übrigens auch unter dBase (siehe auch C-3). Bedingung der Grünen war damals, daß die Software flexibel gestaltet ist und von mehreren Gruppen genutzt wird. In einer Realisierungsphase müßten die genaueren Anforderungen der Bundestagsgrünen ermittelt werden, um sachgerecht auszu­ wählen. Wichtiges Ziel ist ja, das Geldausgeben durchsichtig zu gestalten. Eine Einführung der Technik könnte die Finanzübersicht schneller verfügbar machen. Die Arbeit der Zweiterfassung der Belege beim Steuerberater entfiele auf Dauer. Die Eingabe der Ausgaben würde in der Fraktion am Bildschirm erfolgen. zu ( 2 ) : Dieser Bereich ist außerordentlich schutzbedürftig. Vor Einführung eines solchen Systems - wenn überhaupt - sollten die Schutzanforderungen an personenbezogene Daten und die Kon­ sequenzen möglicher Leistungsüberwachung durch das Frak­ tionsmanagement eingehend und unter allgemeiner Beteiligung diskutiert werden. Dabei sollte das unverzichtbare Minimum der Daten festgelegt werden und die Speicherung der Kontrolle der Mitarbeiterinnen unterworfen werden. Die Wahl von Personal­ buchhalterinnen sollte durch die Mitarbeiterinnen erfolgen. zu ( 3 ) : Die Zeit-, Personal- und Finanzplanung wird durch Planungsprogramme für komplizierte Projekte ermöglicht. In solchen Systemen wird grundsätzlich von einer dreigeteilten Managementhierarchie ausgegangen: Die hier getroffene Unterscheidung in Archivdatenbanken, die fraktionseigene Texte und Vorgänge verwalten könnten oder Informationsdatenbanken, die externe Informationen bereit­ stellen, ist zwar nicht üblich, hier aber zweckmäßig. Die An­ wendung von Archivdatenbanken erfordert die Strukturierung anfallender Dokumente. Dies geschieht durch automatische Ge­ nerierung der Stichwortlisten (sog. Invertierung) oder durch Vergabe von Schlagworten aus einem kontrollierten Schlag­ wortkatalog (sog. Thesaurus). Es ist auch die Kombination beider Verfahren möglich. Um nach einer Invertierung die Dokumente auffindbar zu machen, ist eine Pflege der Stichwortliste, insbesondere hinsichtlich von Synonymen zu gewährleisten. Diese qualifizierte Tätigkeit kann nach unseren Beobachtungen niemand bei den Grünen im Bun­ destag derzeit leisten. Außerdem gibt es bisher keine bewährten Invertierungsprogramme für Kleincomputer. Die Erstellung eines sachdienlichen Thesaurus erfordert genaue Kenntnisse der Struk­ tur möglicher Dokumente und der Verfahren zu Ihrer Suche (sog. Retrieval). Diese Erfassungs- und Retrievalstrukturen werden zwar von der Dokumentarswissenschaft allgemein beschrieben, erfordern aber eine qualifizierte Anwendung in jedem einzelnen Datenbankaufbau. Wir müssen wegen der beschriebenen Anfor­ derungen den Grünen im Bundestag vom Aufbau einer compute­ risierten Archivdatenbank abraten. Im Moment 1st die Anwendung von konventionellen Ablageverfahren zu empfehlen, bei deren Aufbau das nötige KnowHow gesammelt wird, mit dem später eine Archivdatenbank sinnvoll und den Anforderungen gemäß aufge­ baut werden könnte. Eine solche sinnvolle Dokumentationsstelle erfordert eine Personalausweitung, damit die Verfügbarkeit vor­ handener Informationen erhöht und Doppelarbeit (Abtippen, Doppelrecherche) vermieden wird. Anwendungskreis Informationsdateribanken Schutzaspekte: Die Berghofstiftung für Friedens- und Konfliktforschung in Berlin hat eine Datenbank aufgebaut. In der Entwurfsphase wurde Wert darauf gelegt, ein System zu schaffen, auf dessen Gestaltung Einfluß genommen werden kann und dessen Bedienung von ADVKenntnissen weitgehend unabhängig ist. Deshalb wurde kein Standardprogramm für Bibliographiedaten gekauft, sondern mit einem programmierbaren Datenbankprogramm (dBaselll; auch auf PARLAKOM-PCs lauffähig) Erfassung, Verwaltung und Such­ funktionen selbst entwickelt; dazu wurde die Hilfe eines Pro­ grammierers zur schnelleren Umsetzung der eigenen Vorstel­ lungen und zur Einarbeitung in Anspruch genommen. Für die Grünen im Bundestag, Insbesondere für einige wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, ist die Nutzung der Berghof-Datenbank in­ teressant. Dabei sind grundsätzlich zwei Realisierungsvarianten denkbar: Bei der Clone-Variante können Daten auf dem Postweg abge­ fangen werden. Die Daten sind überwiegend nicht personenbe­ zogen. Bei der Netz-Variante kann der Dialog abgehört werden. Bei einer Realisierung über ISDN wären, durch die zentralisie­ rende Netztechnik, die Abhörschnittstellen vielfältig. Bei DATEX-P gibt es weniger Abhörschnittstellen. In beiden Fällen könnte durch Verschlüsselungsverfahren die Abhörsicherheit er­ höht werden; allerdings nur deshalb, weil mit einem stark kooperativen Verhalten bei der Berghofstiftung zu rechnen ist. Die Dialogdaten können personenbezogen sein (Kommunika­ tionsprofil, Rechercheverhalten), deshalb ist es angezeigt die Leitungen vor Verlassen der Fraktionsräume zu anonymisieren (sog. Gateway Server), so daß von der Leitungsnutzung nicht auf nutzende Personen geschlossen werden kann. Auch die technisch bedingte Zwischenspeicherung in einem dritten System bei der offline Recherche kann die Anonymität der Verbindung verbes­ sern. (1) "Clone Variante" Es wird ein vollständiger Abzug der Datenbank (sog. Clone) auf einem Rechner in Bonn geladen und ständig auf neuestem Stand gehalten. Konfiguration: (2) "Netz Variante" Bei Bedarf wird eine Datenverbindung nach Berlin hergesteUt und die nötige Information im Recherche-Dialog von Bonn aus gesucht (sog. online Recherche). Es kann auch ein Recherche-Auftrag nach Berlin gegeben und das Material später abgeholt werden (sog. offline Recherche). zu ( 1 ) : Der Aufwand an Arbeit und Software zur laufenden Erneuerung des Datenbestandes darf nicht unterschätzt werden. Dabei ist zur Vermeidung von Ausfallzeiten auf jeden Fall eine Person mit etwas weitergehenden PC-Kenntnissen erforderlich. Durch die Verdopplung des Datenbestandes wird die Kapazität (insbesondere Speicherplatz) eines zweiten Rechners gebunden, der sonst für allgemeinere Aufgaben nutzbar wäre. Auch wächst der Datenbestand in den Clones unabhängig voneinander weiter und es ist notwendig, daß die Rechner automatisch auf den neuesten Stand gebracht werden. Solche "Crossupdates" (Kreuzabgleich) sind auch in der kommerziellen Informatik erst in der Forschungsphase, weil im wirtschaftlichen Anwendungsfeld die Vorteile dezentraler Strukturen erst in jüngster Zeit beachtet werden. zu ( 2 ) : Hier handelt es sich um eine zeitweilige "Vernetzung" eines Bonner Rechners mit dem Berliner. Dazu ist ISDN völlig über­ flüssig. Solche Verbindungen werden heute über DATEX-P und Telefonleitungen befriedigend abgewickelt. Diese Variante hat den Vorteil der ortsungebundenen Nutzung: Mitarbeiterinnen und Abgeordnete können den Berghof-Rechner bei Bedarf auch von ihrer Wohnung aus nutzen. Die Offline-Recherche ließe sich sofort realisieren, brauchte aber eine Person zur Bearbeitung in Berlin. Die Online-Recherche brauchte eine Programmentwick­ lung in Berlin. Bei beiden Formen müßten sich die Grünen im Bundestag an den Kosten beteiligen. Letztere Variante ermöglicht auch anderen Gruppen ( z . B . Friedensinis) der Zugang zu den Informationen. Bei der Clone-Variante ist ein eigener Rechner für die Anwendung zu reservleren; auf Ihm ließen sich einfache Textbearbeitungs­ aufgaben zusätzlich erledigen. Er sollte dem friedenspolitischen Fachbereich uneingeschränkt zugeordnet werden. Die N e t z Variante ließe sich prinzipiell von jedem Rechner aus realisieren. Die Kapazitätsbelegung des Gerätes wäre gering. Andere Datenbanken könnten bei der Netz-Variante leicht zu­ sätzlich erreicht werden. Durch die Nutzung von Verbindungen im DATEX-P-Netz, über die eine weiter Anonymisierung er­ leichtert wird (sog. Datenbank Gateways), können Schutz­ interessen stärker beachtet werden. Dies ist interessant, weil bei allgemeinen Datenbankrecherchen Verschlüsselungsverfahren nicht angewandt werden können. Beispiele für Informationsdatenbanken, die für die Grünen im Bundestag interessant sein könnten: - Informationsproduktion an der Basis (z.B. das im Aufbau begriffene öffentliche Atomkataster der unabhängigen Meßin­ stitute) - Registry of Toxic Effects RTECS Toxikologische Forschungsergebnisse nach Aufzeichnungen NIOSH (US-Behörde für Arbeitssicherheit) der - TOXLJNE Verschiedene Datenbanken über toxikologische Literatur, Mu­ tagene, Pestizide u.dgl. der National Library of Medicine, USA - Umweltforschung UFOR, Umweltliteratur Datenbanken des Umweltbundesamtes ULIT - Diverse Presseagenturen AP, UPI, dpa - Datenbank des Presse- und Informationsamtes Außerdem verweisen wir auf das Verzeichnis des Wissenschaft­ lichen Dienstes des Bundestages über dort verfügbare Daten­ banken. Anwendungskreis Kalkulation Für die konkrete Auseinandersetzung mit den Haushaltsentwürfen müssen die Fachmitarbeiterinnen derzeit für jeden Haushalt die einzelnen Positionen erfassen und in ein alternatives Haus­ haltskonzept hineinrechnen. Dabei sind von Jahr zu Jahr unter Hunderten von Posten nur wenige neu. Der Zeltaufwand für diese Berechnungen und ihre ausschußreife Aufbereitung ist immens, insbesondere wenn verschiedene Szenarien dargestellt werden sollen. Um die persönliche Zeitbelastung zu vermindern, haben die betroffenen Mitarbeiterinnen die entsprechenden Abläufe zwar strikt schematisiert und organisiert, die Durchführungszeit läßt sich damit aber nicht weiter vermindern. Solche Planungsrechnungen kommen in betriebswirtschaftlicher Kalkulation häufig vor, deshalb gibt es zahlreiche sog. Tabel­ lenkalkulationsprogramme. Diese Programme sind so beschaffen, daß das Ausfüllen von Tabellenschemata in einem ersten Durch­ gang gespeichert wird und dann Immer wieder mit bestimmten Varianten durchgerechnet werden kann. Es brauchte also in Bezug auf die Haushaltsberechnungen nur einmal ein Haushalt erfaßt und die jährlichen Änderungen eingespielt werden. Durch die Entla­ stung von schematisierter Arbeit könnten die errechneten Va­ rianten von den Mitarbeiterinnen inhaltlich genauer kommentiert werden. Die Bedienung solcher Kalkulationsprogramme ist leicht erlernbar, well sie In kommerzieller Anwendung, ohne Hilfe von Computerexpertinnen durch Sachbearbeiterinnen bedient wer­ den müssen. Erfahrungsgemäß werden nach einer ersten Ge­ wöhnungsphase schnell die Möglichkelten für kompliziertere Berechnungen entdeckt und genutzt, zum Beispiel für Berech­ nungen, die aus Zeitmangel nie angegangen wurden, auch wenn sie interessante Inhalte versprachen. In diesem Zusammenhang ist es eine wichtige polltische Forde­ rung, die maschinenlesbaren Haushaltsdaten der Bundesregierung dem Parlament nicht nur auf Papier, sondern zur leichteren Kontrolle auch in maschinenlesbarer Form verfügbar zu machen. Schutzaspekte: Es gibt Haushaltsteile, die der Geheimhaltung unterliegen. Die in diesem Zusammenhang verarbeiteten Daten müssen wie bisher zu sichern sein. Dies läßt sich erreichen, indem diese Daten nur auf Disketten gehalten werden, die sich wie Akten sichern lassen. Bei besonders sicherheitssensiblen Daten sollten die verwendeten Geräte (Bildschirm, Tastatur) besonders abstrahlungsarm sein, weil sie sich sonst drahtlos abhören ließen. Die Festlegung, was "sicherheitsempfindlich" ist, muß die Fraktion treffen. Konfiguration: Für diese Anwendungen sind keine besonderen Geräteanforde­ rungen zu berücksichtigen. Für den Druck von besonders breiten Tabellen ist es empfehlenswert, einen Drucker mit 12 Zoll Papierbreite im gesamten Fraktionsbereich zur Verfügung zu haben. Anwendungskreis Textbearbeitung Hinsichtlich der Rationalisierung von Textarbeit sind die Er­ wartungen oft (auch im kommerziellen Bereich) unrealistisch hoch gesteckt. Die Erstellung von Texten wird hauptsächlich von der editorischen, kaum von der inhaltlichen Seite unterstützt. Das bedeutet aber für die Grünen im Bundestag, daß die inhaltlichen Tätigkeiten durch den überlegten Einsatz von Textbearbei­ tungsprogrammen von editorischem Ballast befreit werden kön­ nen. Insbesondere das sklavische Abtippen von Texten (z.B. einer Presseerklärung in die Teletexmaschine) kann maschinell erledigt werden. Falls es dabei zu Personalrationalisierungen kommen sollte, Ist zu überlegen, an welchem Ende der Arbeltsteilung so betroffene Personen bisher arbeiteten, und ob Arbeitsplätze für reine Tipparbeit mit Grundsätzen der selbstbestimmten Ar­ beitsplatzgestaltung vereinbar sind. So könnten Mitarbeiterin­ nen, die bisher mit reinen Tipparbeiten beschäftigt waren, dank entsprechender Hilfsmittel verstärkt redaktionell und textge­ stalterisch arbeiten. Schutzaspekte Presseüblich problematisch. Analyse erforderlich. Eine ausfallsichere Konfiguration ist zu wählen. Konfiguration: Für die Pressestelle: Tischgeräte mit Diskettenstation, Fest­ platte (mind. 20 MByte), Teletex-Station und FestWechselplatte. Ein Tintenstrahldrucker für Interne Schreiben und Laserdrucker für gestaltete Texte. Beides sind leise Geräte. Allgemein sind tragbare und damit platzsparende Geräte mit Plasmabildschirm zu empfehlen. In Ausnahmefällen, wenn netz­ unabhängiger Betrieb unabdingbar ist, kommen FlüssigkristallBildschirme (LCD) in Frage. Diese sind jedoch nicht besonders gut lesbar. Darüber hinaus sind Geräte ohne laut lärmende Lüfter zu empfehlen. Da die Pressestelle in der Lage ist, Ihre Abläufe weitgehend mit konventionellen Mitteln zu organisieren, kann dieser Bereich wahrscheinlich seine Textgeräte bei Bedarf auch für Verteiler­ und Adressenverwaltung selbstständig einsetzen. Bei DV-gestützten Telexrundsendungen kann auf die Erfahrungen von Greenpeace zurückgegriffen werden. Empfehlungen an die Grünen im Bundestag Die Grünen im Bundestag sollten sich nicht an dem von der Verwaltung des Deutschen Bundestages geplanten Modellversuch PARIAKOM beteiligen. Gleichwohl ist den Grünen eine PRAK­ TISCHE Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und dem Potential der Computertechnik zu empfehlen. Dafür wollen wir nach der Erläuterung unserer Gründe für die Ablehnung des Modellversuchs einige Vorschläge machen und Perspektiven der Computeranwendung skizzieren. 1. Voraussetzung einer Computereinführung bei den Grünen im Bundestag ist eine Betriebspraxis, die sich zumindest annähernd an der von den Grünen selbst viel zitierten "anderen" politischen Kultur orientiert. Die Betriebsstruktur ist jedoch vielmehr durch vertikale und geschlechtsspezifische Arbeitsteilung (Männer oben, Frauen unten) sowie durch traditionelle ArbeltgeberArbeitnehmerkonflikte geprägt. Insgesamt ist der Betriebsalltag der Grünen im Bundestag durch Machtkämpfe, Mißtrauen und Informationsgeklüngel gekennzeichnet. Dies kann keine Basis für so grundlegende Entscheidungen, wie die Einführung von Com­ putertechnik sein. Es ist zu befürchten, daß ohne wohlüberlegte Umstrukturierung der Arbeitsformen eine Computereinführung die genannten Tendenzen verschärft. Information ist Pfund! 2. Mangelnde Koordination zwischen den Arbeitskreisen und die immer wieder auftauchenden Organisations- und Verwaltungs­ probleme weisen darauf hin, daß die betrieblichen Aufgaben nicht einmal mit konventionellen Mitteln gelöst worden sind. Gleiches gilt für die alltäglichen Aufgaben des Informationsmanagements, wie da sind Textherstellung, Adressenverwaltung, Archivierung oder Bibliothekskartei. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr, daß die Computertechnik zusätzliche Verwirrung, noch weniger Transparenz und tiefgreifende Betriebskonflikte nach sich zieht. Softwarebaustelle Bundestag 3. Der Modellversuch des Bundestags stellt die erstmalige Ein­ führung einer HICOM-Nebenstellenanlage nach dem zukünftigen ISDN-Standard in einem Europäischen Parlament dar. Es wird noch Jahre dauern, ehe ISDN funktioniert, freute sich eine Fachfrau mit Erfahrungen im Wang-Netz. Die Entscheidung für eine HICOM-Anlage zu diesem Zeitpunkt ist geprägt durch die markt-politischen Interessen der Industrie und die technokratischen Vorgaben des Postministeriums im Bündnis mit Altparteien. In dieser Hinsicht ist der Modellversuch unde­ mokratisch, weil damit eine Technik - längerfristig unter Aus­ schluß von Alternativen - eingeführt wird, bevor die anvisierten Anwender verstanden haben, was auf sie zukommt. Seite'D-l Die bei ISDN verwendeten Normen des CCITT ermöglichen eine bisher unerreichte Überwachung der Netze, vor allem der Quellen und Verbreitung von Informationen. Zu prüfen ist, ob das geplante ISDN verfassungsrechtlichen Anforderungen informationeller Selbstbestimmung genügt. Wirtschaftspolitisch ist ISDN ein Skandal, weil die privaten Telefonkunden die Sonderdienste von Minderheiten finanzieren sollen. Hinzu kommt, daß noch keiner für die Versprechen der ISDN-Planer bürgen kann; es bestehen erhebliche Zweifel, ob die enorme Software- und Steuerungsleistung in dem geplanten Ausmaß zu bewerkstelligen ist. Bedeutend Ist dies vor allem deshalb, weil alle ISDN-Kommunikationsarten (Teletex, Telex, Telefax, Datenfernübertragung, Telefon), die heute allgemein zur Verfügung stehen, relativ gebührengünstig und mit weniger technischem Aufwand zugänglich sind. 4. Unter den derzeit gegebenen Bedingungen bietet sich als Alternative an, eine eigene Technik in beschränktem Umfang aus anderen Etats zu finanzieren. Es sollten geeignete Gerätekon­ figurationen für die tägliche Praxis gefunden werden. Dabei ist die Anpassung bestehender Organisationstrukturen an technische Vorgaben nicht sinnvoll. Überschaubare Datenmaschinerie 5. Neben der polltischen Auseinandersetzung mit den Hinter­ gründen der ISDN-Einführung sollten die Grünen Im Bundestag eine selbstbestimmte ADV-Anwendung entwickeln. Unter der Voraussetzung, daß die beschriebenen betriebspolitischen Ge­ gebenheiten verändert werden, kann mit einer stufenweisen Umstellung kleiner Arbeitsbereiche mit überschaubarer Daten­ maschinerie begonnen werden. Dabei muß für jedeN ersichtlich sein, wodurch und mit wem siEr am Terminal verbunden Ist. Die emfohlenen Etagenrechner und undurchsichtigen Netzkonzepte a la ISDN entsprechen nicht dieser Vorgabe. Es sollten kleine, stabile und leistungsfähige Tischgeräte ange­ schafft werden, die nicht einen ganzen Schreibtisch beanspru­ chen. Diese Geräte müssen, ohne LKW, von einem Büro zum anderen weitergereicht werden können. Darüber hinaus em­ pfehlen wir Sichtschirmgeräte mit einer Bildfrequenz ab 60 Hz. Je höher die Bildschirmfrequenz ist, um so flimmerfreier ist der Bildeindruck. Die meisten Geräte haben eine Bildfrequenz von 50 Hz wie Fernseher. Noch beser sind Plasmabildschirme. Leistungsfähig heißt kurz: Trau keinem Computer, den du nicht (erfragen kannst - mindestens 512 KB Hauptspeicher - 2 Diskettenlaufwerke (20 Megabyte Festplatte optional) - RS232 (nicht ISDN) Schnittstellen zur Datenübertragung Um Flexibilität und Leistungsfähigkeit in der Software zu er­ möglichen, sollte das verbreitete Betriebssystem MS-DOS ver­ wendet werden. JedeR wird es begrüßen, den Umgang mit Programmen nur einmal lernen zu müssen. Für die Tischgeräte S e i t e D-2 kommen aus Platz-, Gesundheits- und Sicherheitsgründen mög­ lichst Plasmabildschirme in Frage. 7.5. Hilfe für interessierte Gruppen und Einzelne beim Umgang mit Computerprogrammen. Solche Konzepte sind von der Bundestagsverwaltung nicht vor­ gesehen. Entsprechend sind die dafür notwendigen Geräte in der vom Ältestenrat verabschiedeten Anschaffungsliste nicht ent­ halten. Die dort aufgenommenen Geräte sind unserer Auffassung nach unhandliche und raumbestimmende, sprich "bedrückende" Maschinen. 7.6. Kontaktaufnahme und Erfahrungsaustausch mit anderen ADV-geprüften Projekten aus der grün/alternativen Szene. Die Orientierungsstube 7.8. Eine Stelle schaffen, über die die Fraktion In der Einfüh­ rungsphase erreichbar ist, um praktische Erfahrung mit der Datenfernübertragung zu sammeln. 6. Um die bereitgestellten bzw. in Aussicht gestellten Mittel für die Grünen im Bundestag sinnvoll zu nutzen, haben wir aus den bisher dargestellen Überlegungen ein Konzept entwickelt, das wir Orientierungsstube nennen. Es basiert auf folgenden Überle­ gungen. - Die Diskussion über Computertechnik bei den Grünen im Bundestag, sowohl im gesellschaftlichen als auch im alltäglichen Fraktionsrahmen, ist kaum vertieft und wenig differenziert. - Die Berührungspunkte mit der Computertechnik sind bisher Angst-, nicht Neugier-bestimmt. - Interesse wird mißtrauisch als Zustimmung interpretiert. - Funktionalisten in der Fraktion könnten versuchen, Geräte in ihre Verfügungsgewalt zu bekommen. Dadurch wäre die Diskus­ sion auf einigermaßen chancengleiche Wahrnehmungsmöglichkeiten behindert. Die Informationsstube sollte ein Sammlungsort für Menschen und Informationen sein. Gestaltungsprinzipien einer möglichen Computereinführung 7.7. Einblick in die herrschende Datenbank- und Telekommuni­ kationspraxis und damit Differenzierung der Kritik an elektro­ nischen Netzwerken. Ziel ist es, allen in der Frakion, die später mit der Technik (nicht) arbeiten wollen, die Möglichkeit zu geben, fundierte Entschei­ dungskriterien zum Thema Arbeitsplatzveränderung, Rationali­ sierungseffekt und Datensicherheit zu entwickeln. Das Orientierungsprojekt soll die selbstbestimmte Erfahrung im Umgang mit der Technik jenseits vom alltäglichen Arbeitsdruck ermöglichen. Durch das Projekt Orientierungsstube kann die Entscheidung, wann, wie und wo Computer eingesetzt werden, von der Geräte-Anschaffung abgekoppelt werden. Das Argument "Die teueren Geräte sind nun mal da und müssen benutzt werden" fällt damit (vorerst) unter den Tisch. Fakten schaffen ohne Waffen, die Realität erleben! Es hat Vorteile, wenn jedes Büro selbst über eine evtl. Einführung entscheidet, nachdem die Realität der praktischen Arbeit an den Geräten erlebt wurde. In der Regel wird angeboten: 7. Technik bleibt vorerst im Glaskasten, d.h. politisch und personell weitgehend durchsichtig. Büros, einzelne Mitarbei­ terinnen und Abgeordnete werden nicht mit Computertechnik ausgestattet. Außerdem sollte für ein Orientierungsprojekt mit folgenden Zielen ausreichender Platz geschaffen werden: 1. Allgemeine Einführung 2. Vorführung der Möglichkeiten 3. Kurse für spezielle Anwendung bzw. Bereiche 4. Informationsgespräche 5. Übungs- und Testzeiten, wo das Erlernte vertieft werden kann 6. Problemberatung 7.1. Den Grünen im Bundestag die Probleme und Möglichkeiten der ADV-Praxis vermitteln. Wir empfehlen: 7.2. Veranschaulichung der anzuschaffenden Geräte und des Umgangs mit ihnen. Wie sieht ein Drucker aus, was macht er/kann er mit meinem Text, usw. (das frag ich mich auch, der säzzer). 7.3. Einschätzung und Diskussion über Anwendung und Folgen dieses Mediums. Vertiefung vor dem Hintergrund praktischer Erfahrungen und Tests. 7.4. Textverarbeitung, Datenkommunikation und Datenverwal­ tung kennenlernen und auf (persönliche) Brauchbarkeit testen. Erfahrungsaustausch mit Leuten, die seit längerer Zelt den Computer Im Arbeitsalltag einsetzen. Dabei können Positionen für die polltische Praxis stichhaltiger und genauer werden. Als Orientierungsstube muß ein Raum zur Verfügung stehen. Ein Team sollte über einen längeren Zeitraum präsent sein, um technische Installationen durchzuführen, Hilfen anzubieten oder Beratungen und Veranstaltungen vorzubereiten. Technische Ge­ räte wie Kaffeemaschinen zur nichttechnischen Kommunika­ tionsverbesserung sollten eine Atmosphäre des Flurfunk de Luxe schaffen. Frühestens drei Monate nach Einrichtung sollte über den mög­ lichen Einsatz von Geräten entschieden werden. Eine alle In­ teressen vertretende Arbeitsgruppe sollte die Entscheidungen vorbereiten und die damit verbundenen organisatorischen Auf­ gaben koordinieren. Der Einwand, soviel Zeit sei auch ohne Wahlkampf nicht zu erübrigen, ist nicht schlüssig. Andere Meinungsmacher wie der Springer-Verlag lassen ihren Mitarbeiterinnen diese Zeit bei der Einführung neuer Technik. Erinnerung ans globale Dorf Die Einführung der Computertechnik gestaltet sich für die Grünen im Bundestag so schwer, wie für andere der Ausstieg aus der Atomindustrie. Für beide geht es an die Strukturen. Unsere Aufgabe beinhaltete, Hintergründe des ParlakomProjektes zu untersuchen und dessen mögliche Folgen für die Grünen im Bundestag aufzuzeigen. Die Frage ist, ob die Fraktion eine Sachanalyse oder eine Analyse der Barrieren der Mitar­ beiterinnen, sprich, eine Akzeptanzförderung will. Im Mittel­ punkt stand nicht die Frage nach Alternativen mit Computern, sondern die Entscheidung für oder gegen PARLAKOM. Dabei geht es aber nicht nur um Computer, um Hard- oder Softwarefragen, sondern auch um Netzwerke, um eine neue Kulturtechnik. Die bekannteste und weitläufigste Netzwerktechnik ist das Telefon. Briefe sind langsamer. Den Zeitgeist bestimmt der Telextakt. Heute passiert - morgen gedruckt. Schwimmt man allein auf den Wogen der aktuellen Tagespolitik, verliert sich leicht der Blick für die Erde. Dem Vernehmen nach hat sich die Fraktion vor Tschernobyl kaum mehr um Atomenergiefragen gekümmert. Unüberhörbar stellt sich die Frage nach der Relevanz vieler Diskussionen. Information wird da wenig getauscht. Vieles kann zur gegebenen Zeit nicht "aus"diskutiert werden, brauchte auch nicht, täte man den nächsten praktischen Schritt: Netzwerke bauen! Doch niemand weiß so recht, was Netzwerke eigentlich sind. Es gibt weder befriedigende Beispiele, noch befriedigende theore­ tische Konstrukte. Der nach ZEN anmutende Tip von Netzwerkern war: finde dich hinein, erlebe die Möglichkeiten, bereichere sie. Schneller können auch wir nicht sagen, was ein Netzwerk für dich Ist. Die Industrie hat Ihre Netzwerke nicht aus Sympathie erfunden, sondern weil es der nächste Schritt nach dem Computer war. Mit einem Seitenblick auf die ökologischen Wirkungsgefüge wurden dann Netzwerke entdeckt. Nicht nur Grüne lernen von der Natur. Für uns Kleinverbraucher geht das Netzwerk mit Computern einher, weil wir verwöhnt sind und bei allem was gut ist, stets mehr wollen. Wer Netzwerke einmal verstanden hat, dem fällt immer mehr ein: Perspektiven von dem, was noch zu machen und zu fragen wäre. Aber das muß man eben auch verwalten können. Und weil sich das Wissen ca. alle acht Jahre verdoppelt, stellt sich immer wieder die Frage: Was müssen wir eigentlich wissen? Der Computer am Telefonnetz hilft uns, unser Wissen und seine Quellen zu ordnen. Aber er hilft uns nicht bei der Frage, nach welchen Inhalten meine Gedanken zu ordnen sind. Wir Computerfreaks helfen uns gegenseitig, unsere Gedanken zu ordnen. Wenn wir zwölf Leute sind, können wir uns mündlich absprechen. Wenn wir 120 sind, geht das nicht mehr so schnell, wie es oft für manche Entscheidungen nötig ist. Nicht jeder von uns hat alle Informationen auf seinem Computer. Das heißt, die Informationen sind dezentral verteilt. Das spart Geld und erhöht die Sicherheit (wenn man an sowas noch glauben muß). Hier stellt sich die Frage der Datengüte. Wenn wir auf dem Computer Inhalte ordnen, ordnen wir Bedeutungen. Im täglichen Leben stellen wir oft die Frage: Wo soll ich das einordnen? Die härtesten Fakten erfahren eine andere Bedeutung, wenn sie in andere Zusammenhänge gebracht werden. Wir können viele Entscheidungsprozesse vordenken und formalisieren. Dann sind sie schneller, wenn sie gebraucht werden. Und: wenn genügend Zeit ist, läßt sich auch mehr guter Rat bei den Entscheidungen beteiligen. Das macht die Wissenschaft schon lange. Nur weiß sie es oft nicht. Denkschulen nennt man das. In der Geschichte gibt es einige. Alles ist schon einmal irgendwo gedacht und aufgeschrieben und wenn man es braucht, ist es nicht da. Wir arbeiten und kommu­ nizieren oft schon netzförmig, ohne daß es uns besonders bewußt wird. Netzwerke sind eine natürliche Folge des Bevölkerungs- und Wissenswachstums. Eine Parlamentsfraktion ist ein Netzwerk. Netzwerke ersetzen Datenbanken. Zur Entscheidungsfindung sind sie schneller und genauer. Ein tieferer Sinn von Netzwerken ist, sich zu den Menschen durchzufragen, deren Rat gebraucht wird. Ein Anfang ist, wenn bei meinem Nachbarn ein Gerät steht und ich zu Ihm gehen kann, um mit seiner Hilfe ein Problem zu lösen. Endpunkte und Knoten von Netzen sind Menschen. Die Verbin­ dungslinien sind Beziehungen. Neu, und für die meisten ungewohnt ist, sich die Strukturen der EIGENEN Netze vorzustellen. Ein gutes Netzwerk wirkt, wenn Menschen miteinander denken und ein vielfältiges Meinungsbild entsteht. Ungefähr so, wie wir Wählerinnen uns grüne Entscheidungsbäume vorstellten. Netzwerke sind ein freier Zusammenschluß von Menschen, die ihre Lebens-und Arbeitsqualität durch mehr sie betreffende Infor­ mation verbessern wollen. Zuviel Information ist Informations­ flut. Vernünftig ist Informationsökologie, soweit wir den Begriff nur fassen können. Es gehört zu den Notwendigkeiten unserer Zelt, Werte und Kriterien zur Beurteilung von Information zu finden. Fragen dazu: Was ist eine Information und was keine? Was ist der Unterschied zwischen Nachricht und Information? Hat ein poetischer Text oder ein Sound einen Informationsgehalt? Gibt es Qualitäten von Information, die nur deshalb außerhalb des Netzes bleiben, weil sie noch nicht in digitale Form gebracht werden können? Wie kann ich herausfinden, welche Informationen oder Nachrichten für mich VERBINDLICH sind, also mich ZUM HANDELN ODER ARBEITEN BRINGEN, und welche nur Unter­ haltungswert haben, also unverbindlich bleiben? Die Menschen tauschen über das Netz nicht Daten - Primärin­ formationen - sondern Ein-Drücke ihrer speziellen Erfahrungen aus. JedeR im Netz kann in den Genuß dieser veredelten Infor­ mationen kommen. Veredelt meint, verdichtet, in Beziehung gesetzt und für die Fragerln bestimmt. Diese Kürze ist etwas anderes als "Verkürzung" oder Manipulation. Wer sich direkt, zeitsparend und Im Dialog informieren kann, wird diese Möglichkeit wählen, zumal es die lustigste Art zu lernen Ist. Netzwerk als selbstorganisiertes Lerngespräch. Netzwerke helfen, den sozialen Konsens schneller zu bilden und die nächste Handlung/Wandlung herbeizuführen. Zum Beispiel im Antragswesen. Aber es geht nicht nur um Schnelligkeit. N e t ­ zwerke dokumentieren auch den sozialen Prozeß einer Infor­ mation, deren Wirksamkeit und ihre Folgen. Mehr Individuen können eine Entscheidung mittragen, sie entscheiden sicherer. Je schneller eine Entscheidung getroffen wird, je mehr Menschen diese tragen können, um so näher sind wir an der Zelt des realen Geschehens. Das 1st der nächste Schritt zur Gleichzeitigkeit von Ereignissen, Verständnis und Handlung, die Näherung an Hier und Jetzt. Die Zeit, Wissenschaft in der Praxis und Praxis in der Wissen­ schaft zu erproben, verkürzt sich. Das Denken 1st näher am Zeitpunkt des Geschehens und eingebunden in einen sozialen Kontext. Situationen können geistig verarbeitet werden, WÄH­ REND sie geschehen. Das ist eine neue Qualität. Datenbanken enthalten nur Information aus der Vergangenheit. Daten der Zukunft gibt es nicht. Höchstens Informationen über zukunftsweisendes aus der Vergangenheit. Zukunftsvisionen sind sehr welche Daten mit vielen Alternativen. Der härteste Fakt aufgrund sehr weicher Daten 1st für diEn Politikerin die WähleRstimme. Ein Netzwerk ist eine Datenbank guter Aussichten und enthält Strukturen, die diese Zukünfte auch herbeiführen können. Wem Zukunft zu utopisch 1st, der sollte nicht Politk machen. Vor jeder Planung steht eine Fiktion, eine Vision. Ein weiterer Unterschied zwischen Netzwerken humaner Ent­ wicklung und Datenbanken ist, daß im Netzwerk nicht nur harte Fakten ausgetauscht werden, sondern auch weiche, subjektive Daten, Assoziationen, Spekulationen, kreative Schlüsse, Wünsche und Gedanken. Die kann der Computer nur transportieren und nach unseren Angaben ordnen. Er kann sie nicht selbst fassen. Die erste Euphorie bei den Versuchen mit künstlicher Intelligenz ist inzwischen verflogen. Unsere Sprach- und Denkstrukturen sind anders, als die, die auf dem Computer dargestellt werden können. Ein wesentlicher und demokratischer Unterschied zwischen N e t z ­ werken und Datenbanken ist, daß im Netz eine gute Frage soviel wert ist, wie eine Antwort. Beides muß aber formuliert werden. Wir haben nicht schlecht gestaunt, daß ein Gremium der Fraktion Beschlüsse fassen kann, die nicht formuliert werden müssen. Zugangsbeschränkung, dualistisches Denken, Macht und Netzwerke Wissen ist Macht. Mit Information wird geherrscht. Realität ist durch Information abzubilden. Information in sozialen Systemen kann Realität erzeugen. Einen Börsenkrach etwa oder ein Wahl­ ergebnis, oder all' das, was wir als Meinungsmache kritisieren. Eine Demokratie ist um so lebendiger, je mehr Mitglieder Informationsprozesse verfolgen und gestalten können. Die Linken akzeptieren den Computer, weil er für sie ein Machtmittel ist, was die anderen schon haben. "Hab ich's auch, habe ich Macht". Macht war aber nicht der Gedanke der Alternative, die sich die Urgrünen auf die Transparente gemalt hatten. Problem vieler Graddenker mit Netzwerken ist: sie sind inhaltlich nicht definierbar. Außerdem signalisieren Netzwerke, wenn sich intern Machtstrukturen entwickeln. Deswegen sind sie Macht­ menschen suspekt. Wir möchten hier nicht mehr als nötig zum alten Thema beitragen oder gar Fronten unterstützen. Irgendwo hat doch jeder von uns einen Teil dieser alten Strukturen in sich. Oftmals mit den besten neuen Inhalten gefüllt. Die Empfehlung an die ganz harten Politniks ist einfach. Vergeßt nicht eure exlstenzlelle Plattform. Das ist ein Häuflein wohl­ meinender Menschen, die grün gewählt haben, wegen der Erde, und nicht wegen der Parlaments-Olympiade. Oder kurz: Mißbraucht das Gastrecht nicht! Viele Grüne sind frei von Machtdenken. Kaum ein Roter kann sich Regieren ohne Macht vorstellen. Der Computer Im Netzwerk bedeutet mehr Einfluß für den Einzelnen. Aber es sind so viele, daß Manipulation und "Überzeugen" gleichermaßen schwerer wird. Vereinfacht durch den Computer haben ALLE mehr Einfluß. Es ist nicht nötig, daß sich viel Macht auf den Einzelnen konzentriert. Die Natur arbeitet höchst vernetzt und entwickelt so ihre Tugenden, die den Grünen in ihrem philosophischen Fundament als Basis dienen. Warum bedienen sich die Grünen nicht dieses Vorbildes? Warum haben die Grünen das Netzwerken nicht erfunden? Warum wird es ihnen von der bösen Regierung und Industrie aufgezwungen, zumal doch ihre Basis häufig Netzwerke aufbaut? Und die Bürgerinitiativen, zum Teil in der Mauser von Natur­ wüchsigkeit zur Organisation? Die Basis mit dem Naturvorbild ist durchsetzt von der Ideologie und Technik alter Zeit. Vor allem, wenn es um Fragen der Organisation geht, verfällt man in Formen von 1848 - erst recht, wenn Beschlüsse gebildet werden sollen. Das Dualitäts und Mehrheitsprinzip ist nur sehr oberflächlich von der Natur abgeschaut - analog dem Recht des Stärkeren. Rein methodisch enthält das auch, daß sehr viel mehr Zeit damit verbracht wird, zu diskutieren, worüber Uneinigkeit besteht, statt zu fragen, worüber Einigkeit besteht und wie die gemein­ samen Hoffnungen zusammen mit der Basis verwirklicht werden können. Opponieren ist mit viel Geschrei verbunden. So geschieht es nur zu leicht, das Techniken des Opponierens in die Zusammenarbeit mit den eigenen Reihen Einzug hält. Man sucht den Widerspruch, am liebsten den Eklat. Das führt zur baldigen Blockade der meisten Aktivitäten durch beschlußgemäß zementierte innere Fronten, die häufig dem eigentlichen Meinungsbild nicht ent­ sprechen. Auf den ersten Blick augenfällig ist dann, daß zwi­ schenmenschliche Töne herrschen wie vor zehn Jahren. Man motzt sich an, theoretisch, grundsätzlich und mit vulgärpsychologischen Statements. Viele der Arbeitenden argumentleren ausschließlich negativ. Als die Grünen ins Parlament einzogen und ihren "Apparat" bildeten, wurde nicht viel über Information nachgedacht. "Alle kriegen alles", war die Devise. Ein wenig wurde über Organisation diskutiert, aber nicht über deren praktische Durchführung. In­ zwischen trägt die Grüne Verwaltung Spuren klassischer hier­ archischer Verwaltung. Der "Betrieb", wie die Fraktion sich selbst gerne nennt, Ist In vier Jahren auf 160 Arbeltende angewachsen. Niemand ist für die Informationsstrukturen, niemand für die persönlichen Strukturen verantwortlich. Netzwerke ohne Computer sind aufwendiger und verbrauchen mehr Disziplin Fundamenfalreaüsmus: Illusion oder Ganzheit? So ähnlich war doch mal der Traum vom grünen Entscheidungs­ baum. Doch well eine Baumhälfte die andere zu der ihren machen wollte, entstand ein Krebs der Auseinandersetzungsverwaltung. Viele Mitarbeiterinnen sind der Meinung, daß die Arbelt nur deshalb aufrecht erhalten wird, weil es eben diese alten Struk­ turen gibt: Ressortchefs und Gruppendruck, statt gleichberech­ tigt einander zuzuarbeiten. Allein das Fazit ist positiv: Ein normaler Betrieb wäre bei solch schnellem Wachstum und dieser Auseinandersetzungsverwaltung nicht mehr arbeitfähig. Irgendwo muß doch noch ein Fünkchen Idealismus die Fraktion tragen. Was produziert eine Fraktion Eine Fraktion produziert Meinungen, Beschlüsse, Realitäten und Bewußtsein - oder, handwerklich abstrakter: sie produziert Information unterschiedlicher Bedeutung, Wirkung und Bestim­ mung - mit unterschiedlichem Sinn. Diese Informationen werden verbreitet, gedeutet, gedruckt, abgeschrieben, am Telefon er­ zählt, zerstückelt, beschrieben, gewertet, verarbeitet, ver­ standen und weitererzählt, interpretiert und verdrängt. Das braucht Tonnen von Papier und viel f ummelige Arbeit. Rausreden, formulieren, verifizieren, beweisen, tippen, korrekturlesen, ein­ tüten und ablegen. Die Arbeit läßt sich verkürzen. Eine Fraktion produziert Texte aus Texten, deren Inhalt in einem komplexen N e t z sozialer und gesellschaftlicher Beziehungen eingebunden ist. Reduzieren wir die Verwaltung dieser Inhalte auf das Wesentliche. Doch wie läßt sich Wesentlichkeit ermitteln? Je mehr Datenreisende, desto mehr Datenpflege Dazwischen steht die Frage: wie schütze ich mich vor schlechten, sprich falschen Informationen. Zum Beispiel durch gegenseitige Selbsthilfe im sozialen Netzwerk. Auch heute werden Gerüchte geprüft. Journalisten kennen das schon lange. Das verschafft der Presse eine problematische Priorität als Archiv. Auf jeden Fall ist der Kontakt im Netzwerk einem maschinellen Datenschutz vorzuziehen. Ein Netzwerk zeigt auch, wie relevant eine In­ formation ist, und wie gründlich überhaupt geprüft werden muß. Im Netzwerk wird auch klar, welche Informationen schützenswert sind. Einerseits gibt es viel zu verbergen, andererseit viel zu sagen. Wir lernen viel über unsere Strukturen, wenn wir die Kommunikation einmal als Ganzes vor uns sehen. Das ist eine für uns alle neue Situation und es ist verständlich, daß vor dieser Selbstoffenheit viele Angst haben mögen. Je größer ein System oder ein Netz wird, um so mehr wächst das Bedürfnis nach Vertraulichkeit und Intimität, nach Gesprächen unter Freunden. Sofern diese nicht persönlich geführt werden können, ist der Wunsch legitim, sie mit begrenzter Teilnehmerzahl in Datennetzen zu führen. Dieser Gedanke wurde bisher von den etablierten Systemen In Wissenschaft, Industrie und Verwaltung nur in eine Richtung gedacht. Als Netze mit hierarchischen Zugangsbeschränkungen. Der Lagerist darf nur sein Lager wissen, nicht aber die Buchhaltung, der Unterbuchhalter nicht die Bilanzbuchhaltung, der Chef dann endlich alles - aber nur lesend!! Zweiseitige Zugangsbeschränkungen Warum sollen nicht Zugangsbeschränkungen von jedem zu jedem netzförmig möglich sein. Prinzipiell ist das programmierbar. Zugangsbeschränkungen helfen dabei, daß sich die Inhalte der N e t z e von allgemeinen Verlautbarungen abheben. Die Ein­ gangsbeschränkung hilft, nicht mit Information, Reklame und Apellen "zugemüllt" zu werden. Dafür der zunächst kommuni­ kationsfeindlich anmutende Ritus, sich zuerst "mit dem Inhalts­ verzeichnis zu unterhalten". Man will ja auch nicht dauernd das Telefon abnehmen. Neben und in Verbindung mit Zugangsbeschränkungen können sich Diskussionen befriedigender entwickeln - - ohne Geschäftsord­ nungstricks. Mit mehr Gleichzeitigkeit. Die Situation heute: Treff für zwei Stunden, um erstmalig über ein Thema nachzu­ denken und die Meinung der anderen zu hören und zu verarbeiten. Alles in zwei Stunden. Ohne weitere Zeit muß man dann noch etwas dazu sagen. Wo bleibt da die Muße zum Nachdenken und zum Ver-Antworten? Das Problem war doch bei Ausgabe der Tagesordnung vor zehn Tagen schon bekannt: eine Woche Zeit, einen ruhigen Computerdialog zu führen. In einer Woche wäre mehr Zeit, Aussagen zu verifizieren. Das ist Bestandteil jeder politischen Arbelt und wird auch ohne Computer getan. Mit Netzwerken würden wir mit dieser Vorabklärung vielleicht be­ wußter umgehen, sie eingestehen und offen handhaben. Technisch wäre möglich, die Vielfalt der Grünschattierungen zum jeweiligen Thema zur jeweiligen Entscheidung durchgängig wir­ ken zu lassen. Anstatt schon weit im Vorfeld die zugelassenen Beiträge auf zwei möglichst polare Denkrichtungen zu kürzen. (Weil es immer so gemacht wurde und weil man das gar als Dialektik versteht). Das erinnert alles ein wenig an das gute alte globale Dorf. Nur wurde dort nicht an Zugangsbeschränkungen gedacht. Man hielt das für eine böse Erfindung von Chefs und nicht für ein legitimes menschliches Bedürfnis und einen ordnenden Akt. Dabei spielen wir das Spiel der Zugangsbeschränkungen seit Jahrhunderten. So ist es nur folgerichtig, wenn sich die fraktionsinternen Ver­ schiedenheiten als Zugangsbeschränkungen ausdrücken. "So wie es hier Im Moment läuft, brauchten wir für die verschiedenen Fraktionierungen und Arbeitsweisen der Mitarbeiterinnen acht Datenbanken", wurde uns von Grünen in der Fraktion gesagt. Diese, Datenbanken könnten je nach Bedarf zusammengeschlossen oder mit Zugangsbeschränkungen voneinander getrennt werden. Vertrauen hin oder her. Dies ist eine gewachsene Struktur und wir haben heute die Mittel, Ihr technisch zu entsprechen. Schwierig, weil nicht mehr nur von Programmiererinnen zu leisten, ist ein System der Zugangsöffnungen, etwa, wenn ich nicht täglich meinen gesamten Briefkasten selbst leeren und lesen will. Die Heimcomputer-Spezialisten lassen Ihre Freunde mit Ihren Disketten arbeiten und bekommen diese unversehrt oder gar bereichert zurück. Im Netzwerk mit Computern kann ich mein Wissen an andere weitergeben, ohne sie mit meinen Informationen zu belästigen. Sie rufen sich die Nachricht erst dann ab, wenn SIE wollen, wenn sie Zeit haben und sich für das Angebotene interessieren. Datenschutz Bei der Frage Datenschutz gibt es zwei Herangehensweisen, die oft verwechselt werden. Zum einen: viele Daten über meine Person In einer Hand gefährden mich. Zum anderen: meine Daten zu einer Sammlung von vielen anderen Daten gefährden mich weniger, vor allem, wenn sie anonym sind,; sie sind aber ein Politikum der Lenkung. Datenmüll Künftig wohl die größere Kehrseite des Problems Datenschutz: Wie schütze ich mich vor Daten? Die kurzgefaßte Orientie­ rungshilfe lautet: Zu einer guten Information gehört die Quelle und wer Müll macht, beseitigt ihn auch. Daten tausch Die Fraktion ist ein Netzwerk. Die meisten Mitarbeitenden haben Außenkontakte, die oft enger sein können als die inneren. Der Gedanke liegt nahe, die räumlich Außenstehenden gleichen In­ teresses In das Netzwerk einzubeziehen. Mit Heimcomputern, dessen Anwendung von der Industrie auf Spiele oder Schall­ plattenlisten reduziert wird, können sich viele "zu Schrift" melden ohne zur gleichen Zeit am gleichen Ort sein zu müssen. Eine dafür brauchbare Software heißt "PARTICIPATE". Elek- tronische Briefe sind für diejenigen, die nicht - wie die Bonner Grünen - das Privileg kostenloser Telefonnutzung genießen, die billigste Möglichkeit der internationalen Kommunikation. In den USA ist die Vernetzung weiter erforscht als hierzulande. Dort gibt es weniger einflußreiche Theoretiker, die diese Netzwerke politischen Initiativen ideologisch verbieten wollen. Auch In diesem Zusammenhang glauben wir, daß die m a s c h i n e n l e s ­ b a r e R e g i e r u n g eine den Grünen angemessene Forderung ist. Es gibt bereits einige Pfarrer mit Datex-P Anschluß. Die Com­ puter brauchen auch nicht unbedingt in der Wohnung zu stehen. Wie wär's in der Buchhandlung oder im Copy-Shop? Dem alten Argument der weiteren Vereinsamung durch Computer kann durch Besuche bei einigen Netzwerkern begegnet werden. Und durch den Hinweis mit einer Zeile auf dem Display: "Nimm doch mal den Telefonhörer vom Modem, ich bin persönlich dran". Wo sonst finden wir so eine reichliche Auswahl an Kommunikationsvehikeln. Und bitte nicht vergessen, mancheR Behinderte ist froh, durch diese Technik mit der Welt in Kontakt zu sein (Betroffenenbericht in: Zukunftsperspektiven. Wie ich ein menschliches Wesen wurde. Verlag Grüne Kraft.). Ohne Netzwerktechnologie keine Basisdemokratie Die Basis Ist eine wichtige Informationsquelle. Dort gibt es viele Menschen, die gerne einem Informationsnetzwerk ihrer Lebens­ interessen zuarbeiten würden, sofern das in beiderseits unauf­ dringlicher Art möglich ist. Die Basis ist mehr als eine Datenbank. Es ist ein Netzwerk mitfühlender und teilnehmender Menschen. Die Basis, daß heißt wir Wählerinnen, könnten den Parlamen­ tariern wieder näher rücken. Wollen die Grünen im Bundestag das überhaupt? Oder beschränken sie sich darauf, immer wieder zu beteuern, daß In Bonn letztlich alles anders ist, als sich die Wählerinnen das vorstellen? Wieviel stricken die Grünen im Bundestag an dieser Basisentfemung mit? Den Hinweis auf den Wählerinnenauftrag empfanden wir teilweise als Diskussions­ waffe. Es stellt sich mal wieder die unbeantwortete Kernfrage Grüner Politik. Soll (und kann) der Parlamentsapparat nur so benützt werden, wie sich seine Väter das 1948 vorstellten oder kann (und soll) die Basis beteiligt werden. Welche technischen und organisatorischen Voraussetzungen wären erforderlich? ParaUel dazu und im Zusammenhang mit der gegenwärtigen Kritik von der Basis wäre zu entscheiden, ob weiterhin für den multiple-choice der Regierungsolympiade Stellung genommen wird oder ob die Grünen in einem Netzwerk mit den Lebensinteressen der wäh­ lenden Basis verbunden bleiben. Kommunikation ist nicht nur angenehm. Sie begrenzt meine Autarkie, aber auch die Autonomie im Vorfeld der Meinungsbil­ dung. Das meint: kein Mächtiger, kein Machtmensch wünscht sich Systeme, in denen er mit dem vielfältigen Willen der Basis konfrontiert wird. Der Computer ist ein Instrument der Vielheit, nicht einer Mehrheit. Es geht um Meinungsartenvielfalt. Die Rote Polari­ sierung ignoriert die Vielfalt. Die Vielfalt zeigt sich auf man­ nigfaltige Arten. Manchmal reagieren wir persönlich empfindlich auf diese Vielfalt. Doch die Dialektik als zwischenmenschlicher Umgang und als Organisationsprinzip ist überholt. Sie ist nur noch auf sich selbst anwendbar. Textvermeidung Viele Menschen in der Fraktion der Grünen wollen zwar keine "Computer", aber gern ein Textverarbeitungssystem. Das ist nur der Schritt vor dem Netzwerk. Konsequent, zumindest im In­ nenverhältnis, wäre textvermeiden statt textverarbeiten. N e t z ­ werke sind Instrumente, die die Informationsflut knapper und inhaltsreicher gestalten können. Sie sind aber nur so flexibel und angenehm, wie unser Wille, miteinander persönlich, einfaltsreich und rücksichtsvoll umzugehen. Netzwerke in unserem Sinne sollen sich an unser gewachsenes Denken annähern. Unter anderem durch die Möglichkeit, eine Entscheidung aufgrund von Abbildern der Realität und Wahr­ scheinlichkeiten zu treffen, anstatt auf der Basis abstrakter politischer Statements. Wir haben den Eindruck, daß Netzwerke sehr viel mit dem zu tun haben, was Frauen Wissenschaftlerinnen zur Zelt als ihre Strukturen entdecken. (Vergl. Heide Göttner Abendroth "die tanzende Göttin"; Anhang: Rechtfertigungen gegen Vorwürfe der Irrationalität, des Okkultismus, des N e o nationalismus, des Neoblologismus und der Vorwurf unpolitisch zu sein. Verlag Frauenoffensive; überarbeitete Ausgabe von 1984). Cillie Rentmeister stellt gegenüber: Das alte Paradigma - Das neue Paradigma Hierarchie - Heterarchie Zufälligkeit - Vielfältigkeit Entropie - Synergie Statisch - Dynamisch Reduktionistisch - Morphogenetisch Atomistisch - Holographisch Individualistisch - Harmonisch Absolut - Relativ Monotheistisch - Polytheistisch Kontinuität - Diskontinuität Notwendigkeit - Freiwilligkeit Naturbeherrschung - Natursymbiose Quantitativer Wandel - Qualitativer Wandel Geschlossene Systeme - Offene Systeme Universalität - Komplementarität Macht - Beeinflussung Independenz - Interdepedenz Monokausalität - Multikausalität Problemorientierung - Strukturorientierung Linearität - Vernetzung Selektion - Adaption (aus: Zukunftsperspektiven. Grüne Kraft.) Neue Vision der Wirklichkeit. Verlag Wir wissen, daß Frauen der selbstbestimmte Zugang zum Computer erschwert und verweigert wird. Wenn Frauen mit dieser Technik konfrontiert werden, dann in der Regel als geistige Fließband­ arbeiterinnen. Noch wird die Anwendung der Computer von Männern bestimmt. Das zeigt sich auch in den beiden Bera­ tungsteams, die sich ausschließlich aus Männern zusammensetzen. In der Computertechnik wird männliches Machtdenken, ein wis­ senschaftlich lineares Weltbild, auf die Spitze getrieben. Der Widerstand gegen die herrschende Computeranwendung und die Entwicklung praktikabler Alternativen bleibt aussichtslos, wenn über der Hälfte der Menschen der Zugang zu diesem Medium verweigert wird. Im gegenwärtigen Hierarchie- und Rollensplel der Grünen Frak­ tionsarbeit stellt die eigentlich externe Presse den Zentralismus dar. Beinahe zynisch mutet an, daß man nicht vom ursprünglichen Wählerinnen-Wissen ausgeht und die Interessen der Bürgerinnen vertritt, sondern sich überlegt, was die Presse dem Bürger erzählen sollte. Dieser Pakt mit der Presse hat den Erfolg, daß Berichte über Interessenvertretung der Wählerinnen diese nur verzerrt erreichen. Das ist schon immer so. Neu ist, und sicher nicht grün, daß wir uns vielfach über die Presse verständigen und diskutieren. Oft gar die Parteilinie erst der Presse entnehmen, obwohl wir vielfach Wand an Wand sitzen. Politik im Sinne der Öffentlichkeitsarbeit, nicht im Sinne der Öffentlichkeit. Die Politik richtet sich nach ihrer Pressefähigkeit. Das Wissen über Computernetze muß verbreitet werden. Dieje­ nigen, die keinen Computer haben, wollen gleichberechtigt mit­ entscheiden. Deshalb wollen wir, nach dem Vorbild der StadtteilVideoläden, Medientreffpunkte mit alternativen Computerläden aufbauen. Den Anfang könnte ein Computercafe in der Orien­ tierungsstube im Hochhaus Tulpenfeld sein. Wir müssen Experimentier-Räume und praktische Möglichkeiten schaffen, in denen sich ein Umgang mit Computern entwickeln kann, der als Gegenposition zur herrschenden Computeranwendung gelten kann. Hätten wir schon heute praktikable Computeralternativen im Rücken, uns wäre die Beratung der Grünen im Bundestag leichter gefallen - oder noch besser, die Grünen wären weniger auf Experten angewiesen. Unsere Informationen sind nicht von der veröffentlichten Mei­ nung abhängig. Das ist wichtig für uns. Die Presseöffentlichkeit sucht Sensation und Unterhaltung, ist aber kein Spiegel der Wirklichkeit, schon gar nicht ein Medium, welches organisierte Aktionen oder Veränderungen fördert. Netzwerke leisten das. Viele können sich nicht vorstellen, was sie mit noch mehr Kommunikation anfangen sollen. Alle hätten gern mehr Infor­ mation über PARLAKOM und mehr Muße, um dieses Wissen aufzunehmen. Mehr Wissen bedeutet aber auch mehr Verant­ wortung und Entscheidung. Viele fürchten die Entscheidung. Sei die Angst vor dem Computer real oder politisch-argumentativ erzeugt, Ist es zumindest die Unsicherheit, die hier Angst erzeugt. Ein Teil dieser Unsicherheit, läßt sich auf die Komplexität des Themas zurückführen. Aber wie in vielen Bereichen, ist das auch eine Frage, wie etwas vermittelt wird. Es läßt sich nicht oft genug sagen. Es wird viel dazu getan, daß Datenverarbeitung nicht verstanden wird. Dieses Nicht-Verstehen, diese Komplexität, lebt unverstanden in den Empfindungen der beteiligten Menschen. All" diese unverstandenen Fragen sollen nun zur Beschlußfähigkeit auf einen simplen Dualismus reduziert werden. Einen Dualismus, wie wir ihn - vom Computer auf den Menschen übertragen - als 1-0-Idiotie verachten. Impressum DIE S T U D I E D e r G r ü n e Z w e i g 117 Autoren: Jürgen Wiekmann, Steffen W e r n e r y , T o m T o d d , Klaus S c h l e i s i e k , S i g g i L o h b e r g , W a u Holland, Gerriet Hellwig, Thomas Esher R e c h t e : D e u t s c h e r Bundestag U m s c h l a g g e s t a l t u n g : Michel M e y e r , nach e i n e r V o r ­ Demokratie hat einen hohen Anteil an Verwaltung des gesell­ schaftlichen Lebens. Im Falle eines friedlichen Übergangs zur tatsächlichen Demokratie dürfte Verwaltungswissenschaft eine zeitlang Schulfach werden. Wir sind nicht gewohnt, zu regieren. Eine Demokratie wächst mit den Mitteln ihrer Verwaltbarkeit. Der Verwaltbarkeit von Volkes Meinung und Wille. Die ersten Rechenautomaten waren Volkszählungsautomaten. Ist es nicht Im Sinne aller Grünschattierungen folgerichtig, wenn wir diese Technik allen verfügbar machen wollen? lage von H . Engler Herausgeber; Werner Pieper Die G r ü n e K r a f t Medienexperimente D-6941 Löhrbach Abt. Körner & Komputer Druck: Maro, Augsburg I S B N 3-925 8 1 7 - 1 7 - 4 G-10 G-4 G-8 G-9 1-0-Idiotie 1848 1948 1984 A-4 C-4 A-6 A-l A-9 B-10 G-10 A-4 C-4 B-9 G-5 aalglatt Abhörschnittstellen ADV Alltagsroutine Alternativbewegung amnesty international Angst Arbeitgeber- Arbeitnehmerkonflikt Atomkataster Ausbeutung Auseinandersetzungsverwaltung G-8 A-4 B-10 B-3 B-7 B-10 A-l G-2 A-7 B-10 Basis Basiskontakt Bayrische Hackerpost Bedrohung Begri f fsüberhöhungen Beraterforum Bewußtsein Beziehungen Buchdruck Bundestags-Rituale G-ll Computer-Cafe B-7 B-8 B-7 G-2 A-8 D-3 Datenbank-Rechercheurin Datenschutz Datentankstelle Denkschulen Desinformation durchsichtig A-6 A-l A-8 A-7 G-3 G-ll EhrFurcht Einführungsstopp Entwicklungshilfe Enzyklopädie Euphorie Experten D-l A-8 A-6 A-7 D-2 A-7 D-4 G-5 D-3 A-9 Fachfrau Fernkabel Fernmelde-Aufklärung Fernschreiber Flimmerfrequenz Flugblatt Flurfunk Fundamental-Realismus Funktionalisten Funkwellen G-4 G-6 A-2 A-6 G-5 G-6 A-3 B-10 G-9 Gastrecht Gerüchte Gesamtorganisation, chaotische Geschichte Geschrei Geschäftsordnungstricks Getto Greenpeace Göttin A-6 A-l B-9 B-8 C-ß Halb-Leiter Handlungsbereitschaft Hardware, eigene Hardware-Mix Haushaltsdaten, maschinenlesbar B-5 C-2 Informations-Veredelung Invertierung A-3 Kantine A-7 Kartellabkommen A-5 Kern G-8 Kommunikations-Vehikel B-4 G-10 Komplexität A-7 Konzerne, erste transnationale A-8 Kostenreduzierung C-3 Kreuzabgleich B-3 Krisensituationen G-l Kulturtechnik A-5 kurzfristig G-3 C-6 Lerngespräch Lüfter A-9 A-8 G-2 A-8 B-l C-1 G-6 G-7 Medienläden Medienpenetration Menschen Militärdiktatur Mittelklasse-Guru Muße Müll A-8 Neue internationale Informationsordnung A-9 A-4 G-5 D-3 Ökoreklame Ohnmacht Opponieren Orientierungsstube A-9 B-2 A-l C-l G-8 B-8 A-9 B-3 B-6 A-ll G-10 A-9 A-3 Parkplatzmangel PARLAKOM Parteilinie, offizielle PersonalbuohhalterInnen Pfarrer Phänomen Polizei Post-Zwiebel-Modell Postlagerkarte, elektronische Postministerin, grüne Pressefähigkeit Produktionsmittel Produktivität B-2 D-4 G-8 A-6 A-4 B-10 B-5 C-2 Rationalisierungspotential Realität Regierung, maschinenlesbar Relais Resignation Robin Wood Rückholbarkeit Rückkopplungs-Organe A-5 A-4 A-3 G-6 1-4 B-6 D-5 A-10 C-l A-5 B-8 Schneller Brüter Selbstausbeutung Selbstfindung Selbstoffenheit Selbstreferenz Software Springer-Verlag Staatsaufsicht S t andardprogramme Strukturverstärker stubenrein C-5 A-8 B-10 Tabellenkalkulation Throbbing Gristle Tschernobyl G-10 Unsicherheit A-7 B-3 D-l G-9 G-10 Verbot Vermittlungsdaten Verwirrung Vielfältigkeit Volkszählungsautomaten B-6 A-10 G-10 Wangnetz Wanzen Weltbild, lineares G-l G-4 G-7 G-9 A-5 ZEN Zugangsbeschränkung Zugangsöffnungen Zukunftsperspektiven Zwangsvernetzung 1 5 J A H R E G R Ü N E K R A F T MEDIENEXPERIMENTE Der Grüne Z w e i g Die Renner: HACKER BIBEL des Chaos Computer Club + DROGENbücher + Ronald Rippchen's J O N G L I E R E N + LOOMPANICS Catalog + N E U : Micky Remann's M Ä R ­ C H E N (als Buch und Cassettel!) + Nicholas A l b e r y ' s Test von 3 0 Therapien: G U T FÜR KOPF & KÖRPER + »Kultplätze« heu­ te, von J. Michell, H. Salzinger, Luisa Francia u . a . m . : STARKE PLATZE + Europakarte auf der Süden oben ist + TRANSMITTER CASSETTEN Interspeziekommunikation mit Jim Nollman + Gesänge der W a l e + Holger Strohm nach Tschernobyl + B A U C H T A N Z + Kindercassetten + 130diverse + HEMPEL STEMPEL Symbole, lustige M o t i v e , Funk­ tionsstempel einmal anders (»Drucksache« etc.). GESAMTKATALOG ist neu, voller Überraschungen und umsonst. H U M A N E SOFT­ WARE FÜR HERZ, H A N D & HIRN c/o W e r n e r Pieper D - 6941 Löhrbach - Haus 1 Die Einführung der Computertechnik gestaltet sich f ü r die Grünen im Bundestag so s c h w e r , wie f ü r andere der A u s ­ stieg aus der A t o m i n d u s t r i e . Für beide geht es an die Strukturen. STUDIE Entwurf einer den geplanten im Bundestag' sozialverträgüchen Computereinsatz der unter Berücksichtigung besonderer planten Modellversuchs durch das Beratungsteam menschluß aus ARBEITSKREIS deren Freundinnen. der Basis Parlament, Abgeordneten die galt Auftrag Im kommunikativen verträglichen COMPUTER CLUB COMPUTEREINSATZ und des Bundestages zur Einführung die kritisch die zu ge­ Grünen die der die im werden können. wurde dieser und Bundestag aus­ Intensivierung der Sinne diesem für bewerten in Gestaltungsalternative eines Wahlkreisbüros Mittel Grünen erstellten Kommunikationssystems steht sie ge­ Zusam­ CHAOS GbR, Technische ob des (PARLACOM). Vordergrund eingesetzt der für Grünen ein und dieses für 'die Begegnung. untersucht, ökologisch und Fraktionen es, Gestaltungsmöglichkeiten Fraktion des Informations- zuarbeiten. HAMBURGER Planungskonzeptes meinsamen raufhin DIE im Fraktion Bundestagsverwaltung POLITISCHER eines umfangreichen das der Mitgliedern und Auf Gestaltungsalternative wurden informations­ Gemeinsam Entwurf da­ mit einer der sozial­ erarbeitet. DM 7,50