============== Page 1/1 ============== Neue Medien: Erziehung durch Zensur I Veränderte Sehgewohnheiten Neue Zugriffe ger Schönheitsfehlen Zimmer- geschichte. Hauptmomente d e r Kaum beachtet in der zensierte nicht im traditio- Zensur wie seit eh und je: politische kritischen Öffentlichkeit mann nellen Sinn, sondern wollte keine und sexuelle Moral. Dabei hatten wurde ein neues die Zensoren einen unschätzbaren Förderungsgelder auszahlen. Jugendschutzgesetz Zeitgleich besuchten wieder ein- Vorteil. m Gegensatz zu dem sehr mal Trupps des Jugendschutzes viel schwieriger zu kontrollierenverabschiedet. In dieses auf Weisung der 'Bundesprüfstelle den privaten Konsum von aufrühGesetz wurde eine Form jugendgefährdende Schriften' rerischen Flugblättern und'dreckivon wissenschaftlicher für (BPS) diverse Videotheken, um zu gen' Bildern in der Vergangenheit Zensur eingebettet, die neu überprüfen, ob die lieben Kleinen war das Kino zentral zu kontrollieist. Unter dem Stichwort auch keinen der mittlerweile 560 ren. Angefangen von der Pro'Sozialschädlichkeit durch indizierten Filme - und sei's nur duktion bis zum feststehenden Ort K i n o eben) u n d einem Gewaltvideos' floß all das vom Coverher- zuGesicht bekom- (das men könnten. Diese schillernde überschaubaren Zufallskollektiv ein, was bei Linken und Form von Bevormundung und (die Zuschauer des Filmes X) war Rechten Ängste erweckte: Zensur erregt allerdings keinen alles einfach zu übersehen. ZuUnüberpreare Formen Protest. Im Gegenteil: neben Ver- schauer und Zensoren standensich schweigen und Verdrängung tref- von vornherein feindlich gegendesSehens seit dem Tod fen Indizierungen v o n Video- über. Die Zuschauer wollten sedes Kinos. In einer filmen gerade bei Linken und hen, was die Zensoren nicht erlaubmehrteiligen Serie Linksliberalen auf klammheirnli- ten und die Zensoren hatten nicht veröffentlichen wir che Sympathie sowieoffene Befür- nötig, die Zuschauer durch irgenVorgeschichte und wortung.Sympathie vor allem des- detwas zu überzeugen, da sie sämtAuswirkungen dieser neuen halb, weil neben einer begründeten fiche Zugriffsmöglichkeiten besaForm der Zensur. Neben Ablehnung a l l der Scheußlich- ßen. Daß es trotzdem gelang, die die auf dem Videomarktexi- Zensur immer wieder subversiv zu demneuen Jugendschutz- keiten stieren, die BPS mit ihrem Vorsit- unterlaufen und aus dieser Subgesetz bring: die Serie zenden Rudolf Steffen nicht den versivität sogar so etwas wie eine Stellungnahmen von bekannten Zensurhammer d e r eigene Bildsprache und Erzählfünfziger Jahre schwingt, sondern rhythmus zu entwickeln, gehört zu Betroffenen sowie eine wed hier eine 'Venvissenschaftli- den großen kulturellen Leistungen Übersicht über die und Tädagogisierung der der ersten Hälfte dieses JahrhunHamburger Videotheken- chung' Zensur in bezug auf eine neues Me- derts. landschaft. Als über neue Techniken (Femdium praktiziert wird,die die heimHeimliche Zensurgellste lichen oder offenen Zensurgelüste sehen und Video) sich das visuelle Erlebnis privatisierte, griff die tramancher Linken sehr genau trifft. ditionelle Filmzensur z u kurz. Neue Wege mußten beschritten Als die Bader laufen lernten... werden. Hamburg Kultursenatorin Helga Schuchardt hatte im Sommer '83 gut lachen. Obwohl sie Hamburgs Zensur in den Fünfzigern Filmbüro im Verein mit ihrem führten sie einige Jahre ein fröhBürgermeister die kargen Minel lich-anarchisches L e b e n a u f der Hamburger Filmförderung Rummelplätzen und in verschwie- Bis zum großen Kinosterben in den um 300.000 DM zusammenstrich, genden Hinterzimmem. Das über- sechziger Jahren blieb das Kino in jubelte ihr Hamburgs linke und wiegend proletarische und klein- der BRD. Massenvergnügen und linksliberale Filmwelt vor versam- bürgerliche Publikum kompen- wurde entsprechend reglementiert. melter Presse zu. Frau Schuchardt sierte und entdeckte die triste Welt Für d i e M o r a l w a r e n d i e setzte sich nämlich (Zarin ein, dem über die laufenden Bilder für sich Interessenverbände in der 'FreiwilZensurwatschenmann der Linken, neu. Der'gute Geschmack' mitsei- ligen Selbstkontrolle der FilmwirtInnenminister Zimmermann, eine nem nachgeschalteten Justizappa- schaft' (FSK) zuständig; politische zusätzliche symbolische ( u n d rat war zunächst verächtlich hilllo- Anfechtungen im Zeitalterdes kostenmäßig günstige) ° W e i r zu s. Doch dann kam die Industrie sen Krieges und der Restauration versetzen. D e r neue Achtem- und mit der Industrie die 'Kunst'. hielt der 'Interministerielle Ausbusch-Film nach dem 'Gespenst Beschnitt die Industrie mit ihren schuß' vom Bundesbürger fern. (der Herrn ZimmermannsZensur- Verwertungsbedingungen erst ein- Filme aus den sozialistischen Längelüste provozierte) wurde von mal den anarchischen Spaß, so bot dern, aber auch kritische filmische Hamburg aus gefördert. Linke sie doch über mehr Geld und neue Schlaglichter auf den deutschen Prasse und Fihnemacherwarenzu-Techniken größere Sensationen. Faschismus aus dem westlichen frieden, wurde gegen Zensur doch Der Film wurde endgütlig zum Ausland wurden so aus bundesnicht nur verbal Sturm gelaufen, Massenmedium und rief damit so- deutschen Kinos herausgehalten sondern dem in einem ‚beispiello- fort die Zensur aufdenflan.Späte- oder gegebenenfalls zensiert. Wo sen Akt des Widerstands- prak- stens seit der Jahrhundertwende dieses Instrumentarium nicht getisch etwas entgegengesetzt. Einzi- wurde Filmgeschichte zur Zensur- nügte, machte die katholische Kir- HauptaugenmerkderZensur die dunkle.subverslveKraftdesossoziativenBildesvorallemlm sexuellsadistisdurn Traumbereich.. „Träum nicht sorter sagten schon Eltern und Lehrer dem Kinde, "steh lieber zu, daft aus Dir was rechtes wird" „Träume sind sazialschädlich" rufen die Zensoren der 'Neuen Medien' dem Zuschauer vor dem Bildschirm zu. „Schulze Dich und Deine Kinder davor, wir helfen, sind aber auf Deine Mitarbeit angewiesen." seihen, erweckten dzh totgesagten clie als oberster Moralapostel mo- rer se xueller Freizügigkeit auf bun- Spielfilm zu neuem Leben. Allerbil (wie im Falle des unbedeuten- desdeutschen Leinwänden. D i e dings z u einem gefälulich unden Filmchens 'Die Sünderin', in Jugendrevolte seit Mine dersechzi- kontrollierten Leben, das in seiner dem sich Hildegard Knef 1951 für ger Jahre sowie die negativen Bi- wüsten A n a r c h i e d e s u n einige Sekunden nackt zeigte) oder lanzen der internationalen Filmin- überprüften Sehens an die wilden ein Botschafter griff direkt ein. dustrie weichten die Zensur drei- Kinderjahre des Kinos erinnerte. 1957 versuchte die deutsche Bot- fach auf: moralisch, politisch und All jenes Sensationelle, Pornoschaft die Aufführung des wohl geschäftlich. Spätestens seit der be- graphische und Amorph-Sadistidingten Freigabe d e r Pornobesten und eindringlichsten Films sche, lies sonst in kümmerlichen über d i e deutschen Konzen- graphic in 'Spezialkinos' führte sie 13ahnhollinos dahindämmerte, trationslager, Alain Resnais 25- nur noch ein Schattendasein. Als überschwemmte nun den VideoMinutendokumentation ' N a c h t Marlon Brando 1972 in 'Letter markt und wurde frei verfügbar. und Nebel', a u f den Filmfest- Tango in Paris' auch in renom- Die alte Zensur stand dieser Entmierten Kinopalästen M a r i a spielen in Cannes zu verhindern. wicklung doppelt hilflos gegenSchneider Butter i n den After über. Ihr waren durch die LiberaliDie spärliche linke und liberale schmiere, um mit ihr anal zu ver- sierung der siebrigerJahn die ZähÖffentlichkeit der BRD der fünfzi- kehren, w a r - t r o t z einiger ne gezogen und hinzu kam, daß sie ger J a h r e b e g r i f f d i e s e s Rückzugsgefechte - der endgültige keinen zentralen Zugriff mehr hoZusammengehen von moralischer Tod der moralischen Kinozensur kum. Ihr fehlte der Einfluß auf die und politischer Zensur sehr wohl besiegelt. . _ Produktion (was i n die Videound lief ohne Erfolg Sturm. Allein theken schwemmte, war schon die Jahrgänge der damals noch Neues Medium - Neuer Zugriff produziert) sowie der Ort zum Zulinksliberalen Filmkritik 1957-64 schlagen, das Kino. Eine Verbinenthüllten ein tristes Bild der Zen- Immer weniger Besucher gingen in dung mit 'Big Brother' um in die, sur in bezug auf alles, was nur links die spärlicher werdenden Kinos, über Video, zu Kleinstkinosälen roch, sowie eine durchdringende doch immer mehr Menschen ent- umgestalteten Wohnzimmerzugewickelten einen - gemessen an den langen, ist zwar technisch möglich, muffige Prüderie. Doch der Siegeszug des Fernse- Kinobesucherzahlen - geradezu aber gesellschaftlich (noch) nicht hens und das große Kinosterben bombastischen Filmhunger. Über opportun. Die alte traditionelle zwangen die Industrie zum Um- das Fernsehen. das i n seiner Gegnerschaft „ H i e r voyeuristidenken. Neben den Großspekta- öffentlich-rechtlichen Konstruk- scher Konsument, dort gestrenger keln a la 'Ben Hut wurde auch auf tion Zensur durch 'Ausgewogen- Zensor mußte also aufgegeben größere moralische Freizügigkeit heir ersetzte, war das nur be- und der. Konsument zum Selbstgesetzt. Der Beinah-Skandal um schränkt möglich. Erst der Sieges- zensor umgepolt werden. Hier trat lngmar Bergmanns prüde-reaktio- zug des Videorekorders und die die BPS mit dem verwissenschaftlinäres (aber sexuelle Praktiken überall aus dem Boden schießen- chen Zauberwort „Jugendschute auch zeigendes) 'Das Schweigen' den Videothelcen, diequasi dasver- auf den Plan. d s f war dann Dammbruch zu größe- Loren gegangene Stadtteilkino er-