============== Page 1/1 ============== Was war hängengeblieben? Vo n der hochschulkurs) ging's um eine DemonMeine Begeisterung schlug hoch, als ich „Salsa Panamericaria" (ursprünglich 150 stration gegen Ausländerfeindlichkeit in . die Gelegenheit erhielt, Offene Kanäle Minuten mit zwölf Musikern aus USA, Mannheim, wo die Polizei wohl nach anzusehen. Einem solchen Versuch ver- Puerto Rico, Argentinien und diesem un- dem Motto „Erst verhaften wir die Türlearn d a n k e ich die Kenntnis des „Deer Inn", serem Lande): - D a haben Neger ge- ken, die Beweise besorgen wir uns späzu deutsch „Reh-und-Hirsch-Kneipe", spielt." Vo n „Rollenwechsel", einem ter" zugeschlagen hane. „Das war echt i t e i n e der besten in San Francisco. Die liegt deutsch-türkischen Laientheaterstück gute Action und hektisch", erinnerte sich gegenüber vom Studio des Bürgerkanals (Ausschnitt aus einer 23-Minuten-Auf- einer an das Werk der 20jährigen. dieser Stadt, und ich wollte eine von des- zeichnung von Leuten um die 20): „Das Dann kam der Gipfel der Darbietung: sen Sendungen sehen. Da ich niemanden w a r Spitze, wie der Deutsche vor dem „Der Videoverein stellt sich vor: Selbstkannte, der mitten am Nachmittag vor türkischen Arbeitsvermittler stramm- darstellung des Ludwigshafener Videoseinem Kabel-TV saß, und im Studio sei- stand und angemacht wurde, weil sein vereins." Es folgen 60 Minuten gnadenbei Hochbetrieb herrschte, verwies nun Türkisch 'nix gun' war." Vo n Max loser Langeweile. Auf dem Bildschirm mich an besagte Kneipe. Aber der Wirt Frischs -Andorra" (Probe aus zweiein- erscheint der Vorsitzende, etwa 55jährig C ) w e h r t e meine Bitte ab: er schalte das Ge- halb Stunden Theater von Schülern eines und ungefähr so mitreißend wie Helmut l a b , : r ä t tagsüber nie ein, weil sich die Gäste Ludwigshafener Gymnasiums): rein gar Kohl. Seine angestrengten Ausfiihrungen davon gestört fühlten. Die Sendung habe keine Erinnerung. Vom „Gaudi-Sprin- schildern Sinn und Zweck des Vereins; ich bis heute nicht gesehen. (Für Rei- gen, tollkühnen Wasserski-Seglern durch jeder zweite Satz beginnt mit der FormuL t . s e n d e hier die Adresse der kulturellen d i e Lüfte in neckischer Verkleidung in ei- lierung: „Der Videoverein 1981 e.V.... g a l O a s e : Deer Inn, 1900 Folsom Street, San oem Pfälzer Dorf (aus 15 Minuten Band): wurde gegründet... hat zum Ziel... hat Francisco.) „ A t e m b e r a u b e n d . Ich hab' mich gefragt, 750 Mitglieder... hat eine Satzung... ein Hierzulande findet der Offene Kanal noch o b das Trick oderecht war. Nein, das war Vereinslokal..." usw. Die Essenz des P l l m e h r im Geheimen statt. Auf einer Ta- echt." Vo n der Jaucherprüfung der Ganzen: es handelt sich um einen Kassel• g a n g der deutschen Journalisten-Union D L R G " , den sangebraunten Lebensret- tenverleih-Betrieb plus Videokurse, o r lKabelfernsehenekerwdee-. t j m a: 2u1nstenMinuten,ldgest.toredesn.(netserwjirase oganisiert nach dem Muster eines Schre• b t r i d e e n h e f t i g a b e rrge überlosehe gesehen bergärtner-Vereins. Erklärtes Motiv fier • D e r Gewerkschaftsvertreter i m A u & ser gedreht): „Blubb-blubb, total lang- die Gründung: Kritik am Fernsehen! Entsichtsrat des Kabelpilotprojekts Ludwigs- wellig." Vom „Gardeball 84" des Karne- gegengesetzt werden soll ein „Familienc b b a t o n berichtete, dort gehe es ähnlich zu: valvereins -Mondglotzer" aus Ludwigs- und Vereinsprogramm"! Das bedeutet kaum ein Mitglied habe sein Haus verka- hafen-Maudach: *Mumma, fenglän- z.B.: Festakt zum einjährigen Jubiläum ▪ wen b e l n lassen, kaum eines habe Sendungen zende Gestalten, Turnhalle, weißgeklei- des Vereins. Unscharfe, verzerrte Aufdete Tische, o Gott." (Ursprünglich 120 nahmen zeigen die Vorstandsmitglieder w e gesehen. Da fehlen einfach überall die verkabelten Minuten Gähnen). Von der „Mannhei- mit Narrenkappen auf dem Podium, sich Rentner. Denn es reicht ja nicht, schlecht mer Friedenswoche", angeblich einer selbst und ihre Verdienste anpreisend, e m i r z u Fuß zu sein und eine Liebe Bim die „Dokumentation der Aktionen während zur Unterhaltung Blaskapelle und Tanz: / t i m G l o t z e zu empfinden, man muß auch das der „Mannheimer Friedenswoche Ende gruppe. Das alles findet in einem unbeGerät endlos angedreht lassen können, 1983": „Nur Plakate und Reden, keine wegten Bildausschnitt statt, die Kameraweiß man doch nie, was kommt: Für den Action, aber vielleicht war's auch i n position wird nicht ein einziges Mal verGh.2,4 dMeiniändert, geschweige dean scharf gestellt. 14:214 O f f e n e n Kanal gibt es in der Regel gar Wirklichkeit toad.".1.1-ldrisnprüdder WG", Zur Vollendung des Ganzen erscheint am k e i n e n , jedenfalls keinen öffentlichen, „Frühwerk einer Heidelberger =Video- Bildrand ein Rolltitel: „Es kann zu BildSendeplan. g r u p p e " — „Zuerst wurde das Material und Tonstörungen kommen." Daß ausgeabgedreht und nachträglich die Handlung rechnet ein Videoverein solche visuellen N J W i r , zwischen 28 und 43, ließen uns Bänder schicken oder mitbringen und sanken entworfen" ('ne halbe Stunde hat's ge- Sensationen zustandebringt, ist genial. bracht): „la, da war das angespülte Ge- Der gesamte Beitrag läßt nicht das gein die Stühle eines videosüchtigen Freunan) d e s . Beim Sehen fiihlten wir uns wie bei schirr zu sehen, der Frühstückstisch in ringste gestalterische Bemühen erken= e i n e r Goldenen Hochzeit in der Klein- d e r Wohngemeinschaft, vertrauter All- nen, nicht einen Funken Fantasie. stadt: die Stimmung war albern und feier- ta g." Vom „Mann aus San Diego", einem Allein während zwei Dritteln der Zeit ist C 1 3 i t c h . Wessen Goldene Hochzeit es war— Spielfilm von 16jährigen Kids, abendfill- der einfältige Vorsitzende im Bild, immer setego„, Bürgers. Jedermann — blieb lend: „Amischinken, Parkdecks, w i e wieder aus der Satzung predigend. Die wenigen Schnitte zeigen dann so faszinieunklar, wirjedenfalls blieben weitgehend diese TV-Serien." außen vor. Später genossen wir die Vin- Was wir bisjetzt überuns ergehen ließen, rende Einstellungen wie Festreden, eine e) L e a f u h r u n g e n auf einer Tagung der Offenen- l i e f unter den Sparten Musik, Theater, Autobahn von oben, die Gaststätte „ FasaSport, Kinder, Vereine, Lokales, Span- nenheim" von außen und innen, durchaus m C t l Kanalarbeiter-RiegeKanalarbeiter-Riege in Ludwigshafen. In Berlin gibt es zur Zeit der Fertigstellung nung — aber eigentlich gab es nur einer leer, den Wirt als Vereinsmitglied. die I C * d e s Artikels noch keine Sendungen het Spane: WIR. Oder ausführlicher: wie Blechfront eines Autos, und selbst der Offenen Kanal, noch nicht einmal die mit wunderbar sind wir selbst, wenn wir uns Auftritt eines Gesangvereins ohne Ton Schaudern erwarteten vorgefertigten mit der Kamera entdecken. Was war von fehlt nicht. Bänder der rechtslastigen «Berliner Bür- den restlichen Sparten — Abstraktes, Ak- Zwar kann man davon ausgehen, daß solgergemeinschaft" sind zu sehen. t u e l l e s , Live, Satire und Show — zu or- che Beiträge nicht unbedingt repräsentawarten? tiv sind für das Programm des Offenen Nur WIR D a flimmerten also „Experimente mit op- Kanals, eher das perfekte Negativ-Bei„Zusammenschnitt von Produktionen aus tischen Begegnungen" über den Bild- spiel darstellen, dennoch bleibt ein gedem Offenen Kanal, nach verschiedenen schirm, ausgewählt aus elf Minuten eines wisses Unbehagen — vielleicht auch schrecken über das Horror-Kabinen deutKategorien strukturiert", stand auf der Pfälzer Steinmetz'. Man erinnerte scher Mentalität, das hier vorgeMlut Kassette; anbei eine zwölfseitige Liste, Flugzeuge, UFOs und unseres worauf Titel, Inhalt, Produzenten und Fans genervter Ausnif "Alter Scheiß", wird. Aber das kennt, wer sich je eine Sendedauer aufgefiihn waren. d a ihm die tclgenen Flugobjekte zum Goldene Hochzeit zugemutet hat. Die Und dann ging's Inc. In rasender Abfolge circa 500sten Male vorgeführt wurden. Oma-Generation rührend oder verkalkt, rauschten 38 Ausschnitte, keiner länger B e i „Treffpunkt Marktplatz" (IS Mini° gelegentlich eine graue Pantherin damnals 30 Sekunden, an den verwunderten ten von Jugendlichen aus einem Vats* ter; die ältere Vätergeneration peinlich und erstarrt; die 20- bis 40jährigen frühZuschauern vorbei. Kaum war es mögvergreist oder (die Minderheit) alternalich, durch einen raschen Blick ins Betivkulturell angehaucht und zum Identifigleitheft aufindig zu machen, um was es zieren Mr uns als Zuschauergnsppe gesich handelt, schon war man mitten in der eignet, die Jüngeren auf dem Musikclipnächsten Einstellung. Trip — dies alles zusammen, die GeneraNach kanpp 20 Minuten war der Spuk tionen und Kulturen gnadenlos überspanvorüber und die gehetzten Betrachter ratnend, ist nur sinnvoll und erträglich anzulos. Ein lined abzugeben über diesen sehen, wenn man sagen kann: ich bin daQuerschnitt schien nahezu unmöglich. beigewesen, das sind WIR. Einigewenige Beiträge, darüber war man sich einig, wirkten interessant, die hätte man gerne ausMulicher gesehen. Ansonsten, so kommentiene einer trocken, .in dieser Kürze kann man's ganz gut aushaltee. e Das waren sie also, die sonst im Fernse- Mitteilung ohne Miteinanderkleben. Fast hen nicht gezeigt werden? Die den Offe- alles, was wir im Offenen Kanal sehen, nen Kanal zur „Vielfaltreserve" machen? wirkt peinlich: entweder well es das Vielfaltreserve der Einfalt vielleicht. In „große Fernsehen` nachahmt, AmateursWirklichkeit geht es um etwas anderes: grilien mit napoleonischer Geste andie urige Kommunikation, die von Stadt- preist, oder weil es die Familienvorfühtedvätern veranstaltet wird, zu der noch rung nach außen trägt, ohne sich zu vet, die Mundpropaganda der Zuschauer un- gewissem, ob es da irgendjemand sehen tereinander gehört. Alles andere würde, will. mehr Sendezeit vorausgesetzt, auch ins Als spürten siedas, bilden die Adressaten offiziellen Fernsehprogramm unterkom- solcher Darstellungen unangemessener men. Näheeine Ideine Gemeinschaft, die intensiv miteinander und aufeinander reagiert. Peinliche Nähe Nicht nur weil der Offene Kanal einern Eines ist klar: vieles von dem, was wir großen Jux, einer "Modernen Narretei" gesehen haben, steht quer zu unserer gleicht (Helmut Reinicke), also einer Vorstellung von Öffentlichkeit im Unter- Veranstaltung, in der die Grenzen zwischied zur Privatheit. Wenn die schwim- schen Öffentlichem und Privatem aufmenden Lebensretter zum ersten Mal un- dringlich, eindringlich oder peinlich verter Wasser gefilmt haben, so zeigten sie wischt sein können. Sondern dieses Zuweb gegenseitig begeistert ihre Resultate sammenrücken signalisiert auch, daß die vor — wir aber denken, sie sollen's für Herstellung von kleinen und dem;och mosich behalten und uns damit verschonen. dernenOffentfichkeiten, um die es im0fBei Nachbars Dia-Schau mit Frau Lore, fenen Kanal geht, auch unser Problem in. zum fünften Mal vor dem Familien-Opel Kleine Öffentlichkeiten sind die Antwort auf der Zugspitze fotografiert, schläft ja auf die grollindustrielle, unverschämt auch jeder ein. Nur Nachbar und Frau entpersönlichten Darbietungen etwa der Lore schauen verzückt immer wieder hin, für Millionen weltweit übertragenen Aber so einfach ist die Sache nicht. Es Sport-, Musik-und Staatsereignisse Mogibt nicht die traditionellen Gruppen und derti müssen auch die kleinen OffentlichGemeinschaften, es gibt auch das diffuse keiten sein, weil wir die traditionellen Gemeinschaftsbedürfnis isolierter Ein- Gemeutschaftserlebrüsse der Dorflinde, zelner. Daß in den Vereinigten Staaten unter der jeder jeden kennt, weder zudas Kabel-MiMiach-Nahsehen seinen be- rückholen wollen noch können. Daß aten Erfolg in der Vernetzung von Alters- Anonymität nicht nur krank, sondern heimen, pardon Seniorenresidenzen auch frei macht — an dieser urbanen ErKane, soßte zu denken gaben. Diese Alten fahrung kommt keine neue Form von Öfsind wahrscheinlich gnadenlos modern: fentlichkeit vorbei. sie suchen Wärme ohne Nähe, Kommuni. Klaus Nissen, Richard Herding, Bille kation ohne gemeinsame Geschichte, Barscher (iD/Projekt Allrag, Frankfurt)