============== Page 1/1 ============== SOLIDARITÄTSPREI S 2 -DM 401, 7 m 0 E., ee =ft Y' VOM DER F R E I E N R A D I O - U T O P I E ZUR FREIEM R A D I O P R A X I S - Entstehungsgeschichte - Freie Radiopraxis - Info-Material Freundeskreis Radio Dreyeckland e.V. Habsburgerstr. 9 • Tel. 0761 / 55128C 7800 Freiburg i. Br. Karlheinz Grieger ie vorgesehen h a t R a d i o Vene Fessenheim a m früen Samstagabend f ü r die Umgebung von Mühlhausen gesendet. Die in d r e i Sprachen ausgestrahlte Sendung (französisch, elsässisch, deutsch) a u f 101 Megahertz scheint w e g e n d e r geringen Reichweite des Senders n u r wenige Hörer erreicht z u haben. W e n n m a n d e r B o t schaft, die über den Äther ging, Glauben schenken d a r f , sollen dieser Nullsendung weitere folgen." (Liberation, 6. Juni 1977) Ja u n d m a n d u r f t e dieser Botschaft Glauben schenken. R a d i o Ve n e Fessenheim existiert heute als Radio Dreyeckland schon fast sieben Jahre. Über die Nationalgrenzen hinweg hat das Freie Regionalradio seinen Platz im Äther auf über 100 Megahertz behauptet; entgegen allen Widerständen der Nationalregierungen in Frankreich, der Schweiz und der Bundesrepublik. I m Elsaß existieren heute vier Lokalredaktionen mit Sendern, eine Redaktion gibt es in Basel und eine auf der badischen Seite i n Freiburg. Die Radiopraxis wurde in allen drei Ländern ein (ge-)wichtiges Argument f ü r die Realis' :rungsmöglichkeiten der Utopie des Freien Radios — des Radios, das H ö r e r machen, unabhängig ist und unzensiert sendet. W h Was ich weiß, macht mich heiß Aber das ist so einfach dahingesagt: sieben Jahre Radio Dreyeckland, Redaktionen in . . . , h a t sich behauptet, e i n Radiotraum wird wahr D a h i n t e r stecken Ent wicklungen, Widersprüche, Verzweigungen, unterschiedliche Versuche Radio zu machen, und darum soll es mir in diesem Artikel gehen. Deshalb nochmal zurück zu den A n fängen: Hier in der Region gab es die ersten Platzbesetzungen gegen ein geplanten Bleichemiewerk in Marckolsheim im Elsaß. Direkt auf d e r gegenüberliegenden badischen Rheinseite wurde das Baugelände f ü r das K K W Wyhl besetzt. Über die Grenzen hinweg wurde auch das K K W Kaiscraugst bei Basel bekämpft. Die Umweltschützer hatten Erfolge, nur die Inbetriebnahme des K K W Fessenheim i m Elsaß konnte nicht verhindert werden. Der erste Reaktor ging in B e trieb, als eine Gruppe von sieben Personen sich seit 25 Tagen im Hungerstreik befand. Die Demonstrationen, d i e Geländcbesetzungen, der Hungerstreik, alles sollte umsonst gewesen sein? Der Widerstand vergrößerte sich nicht n u r zahlenmäßig, er wird härter. Strommasten fallen, Sirenen fangen nachts an zu heulen, es gibt alle möglichen kleinen Widcrstandsaktionen. D i e Regionalpresse, das Fernsehen berichten n i c h t mehr, verfälschen die Nachrichten, wenn sie berichten, und verurteilen konsequent die Aktionen der Umweltschützer. Aus dieser Situation heraus, die Öffentlichkeit fast nicht mehr erreichen zu können, verfälscht oder totgeschwiegen zu werden, entscheiden sich vier Leute aus dem Elsaß und Baden, einen kleinen eigenen R a diosender in Betrieb zu nehmen. Aus Notwehr sozusagen — unterdrückte Nachrichten, Ereignisse öffentlich machen zu können — baut man das eigene Radio, ist es Mittel im eigenen Kampf für das Leben, gegen die Umweltzerstörung in der Region. Sophie, d i e d e n Sender mitgegründet hat: „Es muß auch gesagt werden, daß sich unser Kampf von Anfang an auf drei Länder erstreckt hat. Das Elsaß, Baden und die Nordschweiz hatten früher eine Geschichte, eine Kultur und eine Sprache, das Alemannische des alten Heimatlandes. Diese drei Regionen leiden heute unter dem Zentralismus ihrer Regierungen, die Entscheidungen fällen, ohne dabei die Bevölkerung zu berücksichtigen. Heute sind sie sowohl von der Zerstörung ihrer kulturellen Identität, ihrer Sprache und ihrer Umgebung und der Invasion der internationalen großen Trusts, die die Stellen verringern und die Arbeitsbedingungen verschlechtern, als auch der Zerstörung des Rheintales durch die Entwicklung der chemischen und der Atomindustrie bedroht." Die Rückbesinnung auf die gemeinsame Vom Freien Stimmchen der Region zum täglichen Lokalsender Kommune &1984 23 dem — Radio Verte Fe,rsenheim jedenfalls konnte nie auf frischer Ta t ertappt werden und sendete k o n t i n u i e r l i c h weiter. „Für Friedensgedusel den Arsch abfrieren?" Tradition, a u f das Reden „ w i e einem der Schnabel gewachsen ist", das „Nichtanerkennen" der nationalen, künstlichen Grenzen b e i Widerstandsaktionen, d a s alles machte das wachsende Dreyeckland-Bewußtsein in der Region aus. Die Lieder im Freundschaftshaus in Wyhl oder in Kaiseraugst, die Reden auf den besetzten Plätzen werden von Bauern, Winzern, Hausfrauen gemacht und gehalten, und wie selbstverständlich sprechen und singen sie dabei in ihrer Sprache, dem Alemannischen, so wie es in den jeweiligen Dörfern immer wieder in unterschiedlicher W e i s e gesprochen wird. Und so hört man bei Radio Dreyeckland auch genau das, was „ v o r O r t " gemacht und gesprochen wird. U n d diese Sprache, die so aus dem Äther zu hören ist, ist eben lebendig, authentisch, h a t was zu sagen, spiegelt sowohl von der Form wie vom Inhalt etwas wider, was i m offiziellen Rundfunk durch scharfe Schnitte glattgebügelt, sprachlich „bereinigt" und pflegeleicht serviert jeder ursprünglichen authentischen, lebendigen Sprechweise beraubt ist. Sozusagen nichts mehr „zu sagen" hat. Radio Ve r t e Fessenheim/Dreyeckland war und ist somit ein wichtiger Trager des „Regionalen Selbstbewußtseins", verstärkte es einerseits u n d spiegelte andererseits eben die „Resultate", die praktischen Taten und Aktionen wider. Dieses Radio wurde verfolgt — natürlich! Denn in Frankreich, wie in der Bundesrepublik gestatteten d i e Regierenden niemandem, selbst Rundfunk zu machen. „Rundfunkmonopol" nennt man das, was die Mächtigen jeweils alleine behalten wollen, um zu bestimmen, was, wo, wie gesagt wird. Nur gut, daß es hier die Vogesen und die hohen Schwarzwaldberge gibt. Und um den jeweiligen Peilern der D B P u n d der PTT zu entgehen, wechselten die Radioleute die jeweilige Grenzseite wie ihr Hemd. Es kam zu dramatischen, aufwendigen Suchaktionen, selbst Hubschraubereinsätzen; da und dort irrten Hundertschaften der baden-württembergischen Bereitschaftspolizei im Kaiserstuhl herum; tatsächlich wurde auch schon einmal ein klitzekleiner Sender gefunden, i m Elsaß wurde schon mal eine Hausdurchsuchung gemacht — trotz alle- 24 Winter 1981. E s l i e g t v i e l Schnee i n den Vogesen. M i k e f ü l l t seinen Tee mit Rum in die- Thermosflasche, zieht sich zwei paar Unterhosen unter die Jeans, dicker Pullover u n d wasserdichter Parka, Zipfelmütze und Wollhandschuhe ins A u to. U m 17.30 Uhr t r i ff t er sich m i t Charly in Freiburg vor dem Buchladen. „ H a s t du die Kassette dabei? Wie lang ist sie denn?" „Was, eine dreiviertel Stunde? U n d fast nur Friedensgedusel? D a frier ich m i r den Arsch ab für sowas!" Sie fahren los nach Breisach zur Grenze. Dann den Rucksack m i t den Sendeutensilien aus dem verschneiten Vogesendörfchen abholen und hoch bis zur 1000 m-Grenze; es lauft wie geschmiert. Antenne aufbauen, Batterie, Recorder und Sender zusammenschließen u n d los gehts: „ H i e r ist Radio Dreyeckland a u f 102 Megahertz, S t u d i o Freiburg, Kaiserstuhl und Markgräflerland mit der Donnerstagssendung . . . " Charly u n d M i k e sitzen unter dichten Tannenästen a u f Plastiktüten i n Decken eingehüllt i m Schnee. Sie haben rund 2,5 Stunden Anfahrt hinter sich, einen zehnminütigen steilen A n s t i e g z u m Sendeplatz über den verharschten Waldhang. S o u m die 10 Grad minus sind angesagt. Sie müssen aushalten, bis die vorproduzierte Kassette ihr Ende findet, u n d das kann unter solchen Bedingungen unendlich lang sein. Dann wartet der Rückweg auf sie. Das w a r e n h a r t e Sendebedingungen, wenn auch im Sommer ein Picknick im frischen Vogesenwind mit Rotwein und Käse durchaus seine Reize hatte. Trotzdem hatte sich f ü r das Radio viel getan. Der Sozialist Mitterand war an die Macht in Frankreich gekommen und hatte die Verfolgung der Freien/ Privaten Radios eingestellt. R a d i o Ve r t e Fessenheim bestand auch nicht mehr n u r aus den vier Gründungsmitgliedern, d i e , u m d e n P e i l e r n nicht ins Messer zu laufen, nur ein paar M i nuten freie Wellen über den Äther rauschen lassen konnten. Es gab jetzt so um die 200 Mitarbeiter, die sich auf verschiedene lokale Sendegruppen und Redaktionen verteilten. Jede Gruppe arbeitete relativ a u t o nom. Und aus Radio Verte Fessenheim war Radio Dreyeckland geworden. Der jetzige Name des Sendern beschreibt, was das Radio als „ R a d i o Verte" sowieso recht bald ausmachte: ein Radio, das sich mit dem ge- samten L e b e n i m Dreyeckland auseinandersetzte; die Umweltzerstörung blieb dabei e i n gewichtiges Feld, aber eben nicht das einzige. Es gab also in Frankreich keine Verfolgung mehr — vorerst! Die badische Gruppe aus Freiburg nahm zwar jede Woche einen mühevollen Anfahrtsweg in Kauf, handelte sich dafür aber keinerlei Kriminalisierung mehr ein. Für das Radio eine enorme Entlastung und Entkrampfung. Die elsässischen Gruppen fingen an, feste Sendestudios einzurichten. J e n a c h Energievorrat (Batterien) konnte jetzt auch die badische Gruppe die Länge ihrer Sendungen bestimmen. Der Gesichtspunkt, d a ß d i e Anpeilgeschwindigkeit der Staatsorgane die Lange der Sendungen bestimmte, konnte entfallen. „Sprachlosen" das Sprechen lernen In Freiburg hatte sich im Lauf der Zeit eine eigene Redaktion mit eigener Sendegruppe entwickelt. Wurde die erste Phase von Radio Verte Fessenheim auch in Freiburg von der A n t i -AKW-Bewegung getragen, vor allen i n d e n Kämpfen gegen das geplante K K W Whyl, so erlebte der Sender mit dem Häuserkampf 1982 seine zweite große Bewegung, die ihn vorwärtstrug. Wieder ging es drum, Lügen der bürgerlichen Medien aufzudecken; authentisch Betroffenen berichten zu lassen. Unterdrückte Nachrichten zu senden, f ü r den Häuserkampf und gegen Spekulationen zu mobilisieren — ein Stuck weit Sprachrohr d e r Bewegung zu sein. Die Bewegungen kamen und vergingen. einige andere Wellen schwappten hoch unc fielen wieder schnell in sich zusammen — irgendwie u n d irgendwo existierte d a n r weiterhin das Freie Radio. Unterdrückte Nachrichten w a r e n v e t breitet worden, Bewegungen hatte man al Sprachrohr gedient, auch einige Konflikt der Bewegung mit angerührt und ausgetra gen, zu Auseinandersetzungen beigetragen Aber die Radiomacher, gerade diejenigen die ü b e r Jahre hinweg Erfahrungen m i dem Medium sammeln konnten, fingen neue Fragestellungen, andere Sende-, Prc gramm u n d Arbeitsstrukturen zu suchcr Überlegungen z u r weiteren Entwicklun des Radios aufgrund der bisherigen prakt schen Erfahrungen. Aber diese Überlegur gen fielen nicht aus der hohlen Denkerstirt der theoretischen Reflexion über das Med um R a d i o , sondern resultierten aus de Umständen vor Ort, den gemachten erle! ten Radioerfahrungen. I m Elsaß war jetzt möglich, ein Studio einzurichten, d. heißt v o n einem festen Platz aus i m m wieder zu senden. Damit konnte ein Tel fon abgeschlossen werden. Die Sendung Kommune konnten live gefahren werden und die Hö- aus der vertrauten, aber auch aufgezwunge- Hörer i n den ländlichen Gebieten des rer konnten direkt in die Sendung hinein nen Konspirativität der Eingeweihten ver- Markgiaflerlandes und des Kaiserstuhls zuanrufen. Möglichkeiten zum Radiomachen änderte das Radio wieder. Viele neuen Leu- geschnitten sein. Im Radio gab es Befürchboten sich, die weit über das Abspielen vor- te, vor allem aus Freiburg, fanden den Weg tungen, daß es zu stark zu einer Zentraliin die Redaktionssitzungen, engagierten sierung des Radios in Freiburg und zu einer produzierter Kassetten hinausgingen! Wie schrieb Bertolt Brecht Ende der sich in dcr Redaktion oder kamen von poli- Dominierung des Radios durch Leute aus zwanziger Jahre: „Die Resultate des Radios tischen, kulturellen Gruppen, um Sendun- der Stadt kqmmen könnte. Die Befürchsind beschämend, seine Möglichkeiten sind gen vorzuschlagen, Kassetten vorbeizubrin- tungen äußerten die Radioleute, die auf ‚unbegrenzt'. Also ist das Radio eine gute gen. dem Land lebten oder frühere Mitarbeiter Blick in den Winter 1982: Sache." Er bemerkte weiter: „Der Rundvon Radio Verte Fessenheirn waren, eine Mike und Charly sind wieder unterwegs zeitlang ausgestiegen waren und jetzt mit funk wäre der denkbar großartigste Kornmunikationsapparat des öffentlichen Le- im Elsaß. Diesmal nicht alleine. Im Auto der neuen, jungen, größeren und auch vielbens . . . das heißt, er wäre es, wenn er es sitzen drei Mitglieder der Schwulengruppe fältigenRadgruppe aus der Stadt nicht verstünde, nicht nur auszusenden, sondern aus dem Autonomen Zentrum Freiburg. viel Kontakatten. Eine dezentrale Orgaauch zu empfangen, also den Zuhörer nicht Sie fahren auch nicht in den Wald, sondern nisation, möglichst viele autonome, lokale nur hören,_ sondern auch sprechen zu ma- in ein kleines Dörfchen bei Colmar. Sie Antennen in der Region zu haben, entchen und ihn nicht zu isolieren, sondern ihn fahren auch nur 1,5 Stunden, und Schnee- sprach auch den Zielen des Freien Radios. in Beziehung zu setzen. Der Rundfunk ketten sind nicht mehr erforderlich, obwohl In der Sonntagssendung sollte auch von müßte demnach aus dem Lieferantentum oben in den Bergen mächtig Schnee liegt. Sprache und Inhalt mehr die „ländliche" herausgehen und den Hörer als Lieferanten Sie landen in einer umgebauten Waschkü- Lebensweise ich im Radio niederschlagen che. Das ist jetzt der Studioraum für Radio und ausdrücken können. Es gab im Markorganisieren." Um das Hörerradio kreisten jetzt inten- Dreyeckland, das heißt für Colmarer und gräflerland, am Kaiserstuhl, in Emmendinsiv die Gedanken in der Freiburger Redak- die badische Regionalgruppe. Kalt ist es gen auf verschiedenste Weise immer wieder tion. Um das Radio als Medium, Mittel dort im Winter immer noch, wenn nicht Versuche, lokale Redaktionen aufzubauen. zum Zweck, nicht alleine nur unterdrückte frühzeitig der etwas verrottete Kohleofen Letztendlich scheiterten auf lange Sicht alle Nachrichten zu verbreiten, Kämpfe zu un- angeheizt werden kann. Mike sitzt jetzt am diese Versuche. Warum? Einmal sicher, terstützen, sondern auch emanzipatorisch Mischpult, bedient Recorder, Plattenspie- weil es eine enorme Arbeit kontinuierlich zu wirken. Teilnahme, Aneignung des Me- ler und Sender. Charly moderiert die Sen- erfordert, wöchentlich Radiosendungen zu diums durch den Hörer zu ermöglichen. dung, spielt Diskussionsleiter. Die drei erstellen. Das heißt, es müssen zumindest Wie können „Sprachlose" bei uns sprechen Schwulen erzählen von ihrem Leben. Über ein paar Leute da sein, die überproprotiolernen? Wie erreichen wir die Hörer? Wie das Telefon beteiligen sich Hörer an der nal Arbeitskraft in den Sender stecken könlernen wir erstmal zuhören, andere spre- Diskussion. Die Sendung dauert fast zwei nen. Arbeitslose, Teilzeitarbeiter und StuStunden. denten sind es letztlich in Freiburg, die über chen lassen, wie sie sprechen . . . ? Jahre hinweg die umfangreiche Mehrarbeit Ein „anderes Radio" auch in der Sendefür die Sendungen und die Organisationsform und der Sendeerstellung sollte ge12 Uhr mittags — basis des Radios aufbringen müssen. Zweimacht werden. die Sendung fürs Land tens sind die, Lebens- und ArbeitszusamDie Freiburger Gruppe ging in die Öfmenhänge auf dem Land schwieriger. Einfentlichkeit. Raus aus dem toten Briefkasten und dem intimen Radiomacherkreis, Die Öffnung und die aktive Auseinander- facher ausgedrückt: Es ist einfach aufwender sich anonym trifft. Jeder soll zum Ra- setzung mit der Möglichkeit, jetzt ohne diger slch zu treffen, es gibt insgetamt wedio kommen können, auf einer wöchentli- Verfolgung Freies Radio zu machen, hatte niger Leute, die dicht zusammenwohnen, es chen, öffentlichen Redaktionssitzung An- in der Freiburger Gruppe dazu geführt, ab gibt weniger politische Gruppierungen und regungen geben können, Kassetten vorbei- Pfingsten 1982 einen zweiten Sendetermin damit auch nicht die Fülle und Dichte an bringen, an der Programmplanung und ins Programm der Woche aufzunehmen, „Ereignissen". Eine ländliche Redaktion die 12 Uhr Mittags-Sendung am Sonntag, muß noch mehr selbst recherchieren, noch Sendeerstellung beteiligt werden. Dieser Schritt in die Öffentlichkeit, raus Diese Sendung sollte vor allem auf die intensiver arbeiten als in der Stadt. In Frei. Aus den Anfängen von Radio Verte Fessenheim: Eine einfache Dipotkabelantenne ist an elnem Fotostativ „ausgefahren". Die Post im Hintergrund arbeitet a n ders. Die Höhe ist beiden recht. Kommune ei1964 25 zialen und politischen Erfahrungen, unt( schiedlichsten Alters i n d e r inzwisch 25köpfigen Redaktion in einer kontinuier chen Zusammensetzung seit fast eine Jahr um den richtigen Weg zum ander Radio bemühen, streiten, zanken, sich w der vertragen und immer mehr Radiopr gramm machen. Natürlich hat sich das sicht des Radios im Wandel der Zeit, d, Leuten, die Radio machen, bestimme verändert. Zum Beispiel ist der Dialekt a dieser Region hier im Sender nicht mehr d vorherrschende Sprache — jedenfalls vc der Redaktion her gesehen. Moderiert wi eben in Hochdeutsch, etwas rheinisch. B cholter oder sonst einem Akzent. D heißt, zur Zeit spiegelt sich auch wieder d Sprache derjenigen im Radio hauptsächli wider, die sich dessen bedienen; sich dat engagieren. Und das ist ja auch kein Radi phänomen allein in Freiburg. Mit als sog nanntem Einheimischen passierte es ja c genug in der Gruppe, in der Kneipe, rr dem Alemannischen z u einer radikal4 Minderheit zu gehören. A u f diese Wei WECHSELWIRKUNG berichtet über politischer setzte sich zwar auch das „Sprechen wie e Aktivitäten' naturwiuenschaftlichdechni-v nem der Schnabel gewachsen ist" durch, i schen Bereick. Gewerkschaftscubeit und. so- s aber durch die vielfaltigen städtisch :hole Konflikte.. WECHSELVVIRKUNG, analysierts dire soziale,.. Strukturen und die Leute, die darin lebe politische und ökonomische Funktion der Wis.... mehr bestimmt. senschaft und- Technik. und- zeigt derer Pee., Aber nicht nur die Redaktion hat sic spektivers und Alternativen auf.. verändert, vor allem auch das „Radiom WECHSELWIRKUNG ist ein Diskussionsforurrer_ chen" selbst. für, Naturwissenschaftler., Ingenieuren un Freie Radio fast ausschließlich dort geführt werden. Ein großer Denkfehler war auch stets, die Freiburger Radiogruppe als homogener Verband, sozusagen geradlinig „chaotisch/ freakisch" ausgerichtet anzusehen. Ta t sächlich ist die Gruppe total heterogen. burg findet schon in dem Sinne eine A t Finden sich darin „alte Hasen" mit der erbeitsentlastung statt, daß inzwischen viele lebten neueren Dreyecklandgeschichte im Gruppen ihre Sendungen selbst in die Hand Bauch und Kopf sagen wir seit Marckolsnehmen und dies auch können. heim, wie junge, zugezogene Menschen aus Die Grunde für das Scheitern der Land- dem Ruhrpott mit Oskar Negts „Theorien redaktionen sind sicher nicht erschöpfend der proletarischen Öffentlichkeit" i m genannt; ich glaube aber vom Kern her ge- Rucksack, Leute aus Bis, dem Autonomen Zentrum und auch nur aus dem Germanitroffen. Das Resultat ist jedenfalls, daß Radio stikseminar E i n e Aufzählung ist eh fehl Dreyeckland i n alleiniger redaktioneller am Platze, ein Einordnung in die eine oder Verantwortung von Freiburg aus gemacht andere Schubalde auch. Tatsache ist, daß wird. Die Auseinandersetzungen über das sich Leute aus den unterschiedlichsten so- Techniker.WECHSELWIRKUNG erscheint Professionelle Amateure oder amateurhafte Profis? LIEFERBAREHEFTEUNCITITEC:-- Jetzt bemühe ich Mike und Charly zu letzten Mal: Winter 1983/84. Jetzt ist d Nee 5/ Mak 80r, Naturwissenschaft in der Schufen No.- 6/Aug-80r Humanisiert angeschmiert: Das staatliche Programm zur Humanisierungtz.4'. Raum, von dem aus gesendet wird, sch( ein „richtiges" Studio. Drinnen steht e des ArbeitsfebeneNra 7/Now, 80: Datenverarbeitung- Ein Mittel gesellschaftlicher Kontrolle-• moderner Ofen, der sofort warm wirdl E Nr.,117/Aug.81t-Sand- cider Rädchen - Erfahrungen im Getriebe von Wissenschaft unci;' Technik ist in einen zweiten kleinen Rat Technik, hinter eine Glasscheibe verbannt. Der NI Nr:.11/Ncno.81tBiotechnologie- Leben als Produktivkraft: derationsraum schallgedämpft. Das Abr Nr: 12/Feb: 82: China- Widersprüche zwischen Gesellschaft und Natur. schen der Sendung ist jetzt schon Spezi: Nr: 13/Mai- 82:. Science Rction- Aufbruch ins Nichtsstensache geworden. Aus zwei kleinen Nr 14/Aug.82:. Technische Kommunikotion- Kanalisierung der SinneNr. 1.5i Nov. 82:-.Mothomatitr- Mot hematisierung, sammengeschlossenen Mischpulten wui Nri.16/Feb. 83r EDV: Vandalismus & Sabotage: Jetzt ein großes mit hundert Knopf Nr-.17i Mai 83::. Technik ins Neu:halt, Charly darf sich nicht mehr an der Tech Nr.18/Aug.83:.--Das Meer • Die letzte Kolonie vergreifen — jedenfalls nicht bevor er eir 19/Nov.83r; Industriekultur- Den Dingen lauschen Übungskurs absolviert hat. Dafür sitzt Nr. 20/Fels. 84e 1984: Die Tolle Vereinfachung. Ni'. 21/Mai 84r- Technologie und Wissenschaftsverständnis der Grünerr mit Kopfhörer im Moderationsraum, Nr. 22/Aug.84.: Sackgassentechnologie und Technologiefolgeraverantwortlicher Redakteur, g i b t ü Nr. 23/Nov.84:- Chemie und Technik in der Landwirtschaft. Lichtzeichen Anweisungen, wann web Bestellungen an: WECHSELWIRKUNG,Sonderpreis: Gneisenaustr. 2.1000 Berlin 61 Hefter Nr.5/6/7 für 8... (inek.Versemdkosten> OM S.- Einzelheft Versandkosten}. Mee Hefte von Nr..10 bis Nr.15 noch freier DM 20.- Abonnement für 4 Heft* incl. Vet.- Wahl für 15.- (inst. VersandkostenjsandkostenWECHSELWIRKUNG erscheint vierteljährlich:- • Kassette, Platte angefahren. eingesp oder ausgeblendet wird, wann er auf S dung will. Ein rotes Lämpchen siganilis ihm, wann sein Mikro auf ist. Durch e Gegensprechanlage kann er mit dem Te niker Mike Kontakt aufnehmen. Ohne Telefonhörer in der Hand zu haben, k. er sich in Telefongespräche einmischen • 26 Kommune ! Eine kleine Besichtigung beim R a d i o Dreyeckland. Noch aus Zeiten, als i n der Wa s c h küche die Sendungen p r o d u z i e r t wurden. Alles ist radiogerechter geworden. A b e r auch d a richtet sich d i e Ausstattung des Studios nicht nach einem abstrakten Rundfunkstudio-Aufbau, sondern a u c h n a c h den Erfahrungen mit der vorhergegangenen Stufe des Studiobetriebs i n der Waschküche. Man versucht zu verbessern, Mängel auszugleichen. Sicher wird dadurch vieles perfektionistischer, birgt es irgendwie die Gefahr, sich z u entfremden, z u stark z u spezialisieren, Normen anzupeilen, die vielleicht schon wieder ein ganz anderes Radio prägen können. Aber die harte Kritik und die Fähigkeit dazu im Sender ist irgendwie ein Garant dafür, die einzelnen Entscheidungen, Entwicklungsphasen zu reflektieren und wenn nötig zu korrigieren. Auch d i e Redaktionsarbeit verändert sich. Es werden Projektgruppen gebildet. Zumindest zeitweise sollen einzelne T h e men von den gleichen Leuten sachkundig bearbeitet werden. Kontinuität in Kontakten z u anderen Gruppen s o l l hergestellt werden. Zum 1.1.1984 entschied sich die Redaktion, einen dritten Sendetermin pro Woche aufzunehmen. Ein weiterer Schritt zum aktuellen Lokalradio für Freiburg und Umgebung. Das Programm wird jetzt einen Monat im voraus geplant und in einem Sendeplan veröffentlicht. D i e Sendezeiten werden auf den frühen Abend verlegt. Die Sendung selber erhält ein Zeitgerüst: A b 17.30 eine halbe Stunde Musik, ab 18 U h r eine aktuelle halbe. Stunde m i t neuesten I n f o r mationen vom Tage — meist über Telefonberichte und ab 18.30 bis 19.00 U h r eine meist vorproduzierte Magazinsendung m i t einem Schwerpunktthema, das hintergrilndig sein soll. Sonntag 12 Uhr Mittag bleibt vor allem live-Debatten vorbehalten. Dieser Entwicklungsschritt l i e g t t i n e r - Kornenunt 811981 seits in den unbegrenzten Sendemöglichkeiten (von der Technik her gesehen: es gibt jetzt genug Strom für den Sender, das Studio usw.) begründet; andererseits aber auch in der Tatsache, daß die Produktionspotenz der Freiburger Radiogruppe (politisch, journalistisch) und das wöchentlich anfallende Sendematerial längst die bisherigen zwei Wochentermine sprengt. Aber vor allem, und das scheint mir das Wichtigste, ist es ein bewußter Schritt, das Radio weiterzuentwickeln, die Möglichkeiten des Mediums zu nutzen, mit den bisherigen eigenen Erfahrungen zu füllen — einfach einen weiteren Schritt zum realen, lokalen Freien Radio zu machen. Nicht stehen zu bleiben, sondern das Risiko einzugehen, d i e eigenen Anforderungen an A u s dauer und Arbeitskraft auch überzustrapazieren. I m Moment ist die Gruppe sowohl inhaltlich, vom technischen Stand her, wie vom Grad der politischen und redaktionellen Auseinandersetzung aus einfach i n der Lage vorwärtszuschreiten. Parallel und nicht ohne Einfluß a u f das Radio Dreyeckland geht die Installierung für eine lokale „ C i t y -Welle" in Freiburg in Zusammenarbeit m i t d e m Südwestfunk und südbadischen Zeitungsverlegern v o n statten. Dieser Lokalsender soll f ü r eine zweijährige Übergangszeit bis zum neuen Landesmediengesetz m i t dem Scheinargument, d i e Bürgernähe z u erproben, Z e i tungsverlegern den Einstieg in die kommerzielle Nutzung des Radios ermöglichen. Der Anspruch dieser „ C i t y -Welle", L o kalradio für Freiburg zu sein, ist für Radio Dreyeckland auch eine Herausforderung. Oder treffender vielleicht: Radio Dreyeckland ist das schon praktizierende bürgernahe Lokalradio Freiburg. D a m i t steht es trotzig als lebendiger Widerspruch z u den kommerziellen Medienplänen im Land und in Freiburg. Und natürlich will Radio Dreyeckland gerade auch in der Auseinandersetzung m i t der geplanten City-Welle als gewichtiges Argument sozusagen seine eigene Praxis d e m entgegensetzen — und somit diese Praxis auch so gut wie möglich ausbauen. Dies ist eine Entwicklung, die sich auch gegenseitig bedingt: Die Ansprüche der Radiohörer, von denen ja wirklich nicht alle Radiomacher sind, steigen natürlich m i t der inhaltlichen wie technischen Verbesserung. War man vor zwei Jahren froh, den Sender überhaupt einigermaßen klar in den Transistor z u bekommen, können heute schon größere Übersteuerungen oder f a l sche Übergänge von Platte zu M i k r o den Hörerunmut hervorrufen. Das Radio, wie es heute funktioniert, hat eine größere Spezialisierung und Arbeitsteilung hervorgerufen. Längst müssen d e m „Cheftechniker", urn die enorme Arbeitsbelastung überhaupt auszugleichen, einige Mark i m Monat rübergeschoben werden. Ware der Freundeskreis finanziell dazu in der Lage, stünden noch zwei, drei Leute an, die weit über die üblichen Belastungen der Redaktionsarbeit im organisatorischen, planerischen u n d Öffentlichkeitsbereich des Senders stecken und unbedingt einige Märker notwendig hätten, um diese Arbeit weiterführen zu können. Das Radio w i r d besser, technisch, vom Inhalt her . . . Trotzdem stellen sich immer wieder die alten Fragen: Was ist besseres Radio? Für welche Leute senden? Wie können wir den Hörerkreis und die Beteiligung am Radio vergrößern? W i e können w i r dazu beitragen, politische K ä m p f e voranzutreiben? Wo sind die Grenzen in unserer Entwicklung? Wie bewahren wir unsere Identität als 27 Freier Sender, m i t billiger, überschaubarer Technik — trotz aller Verbesserungen? Wie können wir in Freiburg legal senden, ohne uns selbst aufzugeben? Tausende Fragen — fast so viele Antworten. Aber das Radio lebt, indem es sich genau damit immer wieder beschäftigt. K o n t i n u i t ä t alleine reicht n i c h t — b r i n g t der tägliche Sendebetrieb den D u r c h b r u c h ? Jetzt befinde ich mich im Sommer 1984 und die Entwicklungsschritte von Radio Dreyeckland überholen schon die „Geschichtsschreibung"! D e r Redaktion scheint d i e „Zeit davon zu laufen". Bis zum Juli 1984 intensivierte sich die Diskussion in der Redaktion, w i e das Radio weiter entwickelt werden kann. I n Frankreich wackelt der Exilsendeplatz für den Sender. D.h. sobald das Lizenzierungsverfahren i m Elsaß f ü r Privatradios abgeschlossen ist, wird wahrscheinlich f ü r d i e Freiburger Redaktion Colmar als Sendeort wegfallen. Bei uns in Baden herrscht eine rege Diskussion u m die Medienpolitik i m Lande. Ober unseren Freundeskreis schieben w i r uns zunehmend den Parteien als Freies Radio ins Gedächtnis. W i r setzen uns in Freiburg mit der kommenden öffentlich-rechtlichen-kommerziellen City-Welle auseinander. Aber vor allem setzen wir uns mit unserer Sendepraxis und den Erfahrungen auseinander. „ D i e Kontinuität der Arbeitsweise" ist i n der Ta t eine Voraussetzung f ü r die „Herstellung kontinuierlicher Kontakte zu den Hörern." (Negt) W i r sind ja auch dreimal die Woche kontinuierlich, technisch zuverlässig i m Ä t h e r präsent. A b e r eben nur a n drei Tagen, a n ganz bestimmten Terminen, die dann bewußt „eingeschaltet" werden müssen. Radio Dreyeckland hören heißt immer noch sowas wie zu einer Veranstaltung zu gehen. Man muß dran denken, sich erinnern, sich Zeit nehmen, den Te r m i n und 28 Zeitpunkt wahlen und einschalte W i r stoßen also auch m i t unserer K o n : . int.tt t a Barrieren, die im Hörerverhalten, l o r gewohnheiten liegen. Mann/ Frau hurt eben Radio, indem man inschaltet und dann kesrnmt was. A u f unserer Frequenz rauechz. e b e n in der Zeit, in der ‘.ir ticht senden. W i r haben zwar mit den drei Sendeterminen schon die Mitarbeit am Sender erhöhen können, wohl auch einige Hörer dazugewonnen; daß aber unser Sender sozusagen als „ R a d i o normal" genutzt werden kann, dazu bedarf es einer täglichen Gegenwärtigkeit i m Ä t h e r. Das Medium Radio unterscheidet sich in seinem Gebrauchswert entscheidend v o n anderen Medien wie z.B. Zeitungen oder Büchern. Radio erlaubt schnelle, aktuelle Berichterstattung, authentische unmittelbare sprachliche Wiedergabe von „Leben, Erlebtem". Dazu kommt, daß wir mit den drei Sendeterminen seit einem halben Jahr die Erfahrung machen, daß die Info-Materialfülle so zunimmt, daß wir die Sendungen total mit Informationen überfrachten müssen — um alles zu senden, was bei uns landet und wichtig ist — und so die Sendungen sehr streng, anstrengend werden — zum zuhören. Kurzum wir glauben, das wir einen großen Sprung machen müssen. W i r wollen ab Oktober einen täglichen Sendebetrieb f ü r Freiburg u n d U m g e b u n g wagen. E b e n durch die tägliche Präsenz, einerseits dem Hörerverhalten (Radio, Frequenz einschalten und dann kommt zumindest in einer gewissen Zeitspanne täglich was) entgegenzukommen, andererseits durch die vorhandene Infrastruktur an Gruppen / Einzelkontakten / Ereignisvielfalt täglich das „ L e ben" lokal / regional aus dem offiziös unterbelichteten Blickwinkel widerzuspiegeln, Anstöße zu liefern. W i r hoffen damit nach dem „Schneeballsystem" d i e Hörerschaft zu vergrößern, den Gebrauchswert des Radios zu vergrößern, damit mehr Mitglieder, Mitarbeiter zu gewinnen, sich das Freie Radio konkreter und breiter entfalten zu lassen. Der vorhandene P l a t z i n d e m A r t i k e l reicht nicht aus, u m diese Absichten und die Widersprüche ausführlicher z u b e schreiben. Klar ist, daß die Redaktion diesen Sprung machen will und muß; in Freiburg eine breite Diskussion bei vielen Gruppen und a u f Hörerversammlungen (60 bis 70 Leute, meist Vertreter von Mieterinitiativen ü b e r DGB-Jugend, Jusos, G r ü n e , Friedensgruppen, Dritte-Welt-, AusländerGruppen b i s z u m A u t o n o m e n -Zentrum . . . ) stattfand. Letztlich bedeutet der Versuch, täglich i m Äther präsent zu sein, die günstigen, ungestörten Sendemöglichkeiten aus dem Elsaß so optimal wie es nur geht zu nutzen — solange sie eben noch bestehen um alle Chancen, die in einem Freie, stecken, auszuprobieren. Allerdings bedeutet das auch einen opti malen Einsatz aller Kräfte in der Redaktion und bei allen Unterstützern. Wieweit dii bisherigen Unterstützungszusagen sich in der Praxis realisieren lassen, muß die Zu kunft zeigen. Mit diesem K r a f t a k t h o f f t das Radir Dreyeckland v o r allem f ü r die Auscinan dersetzung u m eine Sendemöglichkeit i r Freiburg eine potente, breite Basis zu errei chen. Einfach das Freie Radio schon sowei wie möglich real zu machen, als Fakt zu set zen, um davon aus dann starker kämpfet zu können. Zurück nochmal zum roten Faden de, Radioentwicklung: Alles, was das Radii Dreyeckland i n Freiburg heute ausmacht ist das Resultat der Radiopraxis der vergan genen Jahre. Es waren immer wieder d i praktischen Erfahrungen, die uns zu weite ren Überlegungen zwangen oder diese er möglichten. W i r , also d i e Radiomacher lernten i m Umgang m i t dem Sender die Möglichkeiten R a d i o anders z u machen kennen, eigneten uns das Medium Schrit für Schritt immer mehr an und stießen da mit zu neuen Radioformen vor. In Freiburg beschreibt das einen Prozeß, in dem die aktive Redaktion permanent da! Programm und das Handwerkszeug andere Radio z u machen ausbaut, u n d einer Freundeskreis, der zunehmend medienpoli• tisch eingreift, f ü r das Freie Radio Parte ergreift, die praktischen Ergebnisse diese. Radios versucht in politischen Forderunger umzusetzen. Deshalb, w e i l w i t Freies R a d i o e n t wickeln konnten, wissen wir auch, was wii zu verlieren haben. Deshalb wollen wir vor Freiburg aus legal senden können. Forderr wir eine Sondergenehmigung f ü r uns al! Lokalradio. Zurück zu einem „behinder ten" Freien Radio, das nur ein paar Minu ten aktiv gegen das Rundfunkmonopol ver stößt, aus Sicherheitsgründen nur so kur: und unberechenbar senden kann, daß e kaum einen H ö r e r erreicht, möchten w i nicht mehr. Das heißt das Radio Dreyeck land bleibt auch Aktions- u n d Interven tionsradio. M i t dem Studio und dem live Betrieb konnten w i r jetzt noch besser al früher Demonstrationen, Blockaden, W i derstandsaktionen begleiten, mobilisieren eingreifen. Beim Schreiben dieses Artikels denke icl gerade, daß ich ganz schön viel vergesse oder zu wenig pointiert ausgeführt habe Unser politisches Bewußtsein, mit dem Sen der gegen die herrschenden Strukturen z kämpfen. Dann die anderen Dreyecklanc stationen i m Elsaß. D e r eine Sender i Strasbourg liebäugelt m i t Werbung, u r über die Runden zu kommen. Bei dem ar Kommune 8119 deren Sender, der auch schon täglich sen- det, t u m m e l n s i c h i n d e r Zwischenzeit hauptsächlich Leute, die Radio als Hobby betreiben, kaum noch politische Botschaften transportieren wollen. Die Basler Dreyecklandsleute wollen das und sollen deshalb keine Lizenz bekommen. Wie anfangs angedeutet: Radio Dreyeckland i s t längst k e i n einheitliches R a d i o mehr. Es gibt viele autonome Stationen, e i nen lockeren Infoaustausch und, wie bei uns im Fall Colmar, auch mal enge technische Zusammenarbeit — ansonsten aber sehr unterschiedliche Radioentwicklungen. Kleinster gemeinsamer Nenner ist o f t nur der Name und die Entstehungsgeschichte. Und einen Weg m i t seinen vielen E n t wicklungsstufen habe ich versucht am Beispiel der badischen Redaktion in Freiburg aufzuzeigen. Die Krux dabei bleibt: Freies Radio ist eigentlich nicht zu beschreiben, man muß es hören, u m über Strukturen und Entwicklungen hinweg das Eigentliche zu erfahren. Für Freie Radios in dieser Republik Wie sagte Brecht zum Radio: „ . . . seine Möglichkeiten s i n d u n b e g r e n z t . " E s kommt darauf an, sie zu nutzen, und die „Möglichkeiten" eines Gesellschaftsrundfunkes bestehen in den Freien Radios (die sich in der BRD ja bisher wegen der Kriminalisierung i n ihrer Praxis n u r behindert entwickeln konnten). Brechts Forderung, das Radio von einem Distributionsapparat in einen Kommunikationsapparat z u verwandeln, h a t i n den Freien Radios den Versuch einer praktischen Umsetzung erfahren. Angesichts der Entwicklung, w o neue Kommunikationstechnologien das Leben noch mehr zu entfremden d r o h e n , d i e Menschen i m m e r mehr i n e i n „Gehäuse" d e r „ H ö r i g k e i t " einsperren, weitere passive Privatisierung der Menschen ansteht, ist Freies Radio lebendiger Widerspruch. . Der drohenden Sprachlosigkeit — lebendige Verständigungsmöglichkeit entgegenzusetzen. Passivität, Anpassung die Möglichkeit lokaler, unmittelbarer Kommunikation als Anstoß dafür entgegen zu halte r:. Kommune 13/1984 Mit dem Freien Radio eine Wiederaneignung von durchschaubarer, handhabbarer Technik zu ermöglichen in einer Entwicklung, in der nur noch Spezialisten partiellen Zugang und Verständnis f ü r Technik entwickeln werden können. Für Widerstand i n dieser Gesellschaft, für die Suche nach Möglichkeiten emanzipatorischen R u n d f u n k z u entwickeln i s t Freies Radio ein Medium, daß das Selbstbewußtsein, den Widerstandwillen a l l derer, die es benutzen, besitzen, ganz erheblich stützt. W i r besitzen die Verfügungsgewalt darüber, es ist ein Medium, das verständigungsorientiertes politisches H a n deln, eine emanzipatorische Öffentlichkeit ermöglichen könnte. Darin liegt auch ein springender Punkt / Widerspruch z u Reformplänen i m Rundfunkbereich, die von den Grünen i n verschiedenen Ländern und i m Bund darauf abzielen, Freie Radios im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem zu etablieren, integrieren. A u f lokaler Ebene Freie Radios unter öffentlich-rechtlicher Verantwortung zu installieren. Freies Radio ist untrennbar i n der U n mittelbarkeit des „radiomachens" und an die dazugehörige Organisationsstruktur in direkter Demokratie gebunden. Freies Radio muß frei sein von Stellvertretung und Kontrolle v o n o b e n . (Strukturmerkmale der öffentlich-rechtlichen Anstalten) Deshalb thesenartig nochmals e i n i g e Strukturmerkmale/Prinzipien für Freie Radios, wie sie auch in der Praxis von Radio Dreyeckland zu erkennen sind: Freier Zugang statt Stellvertretung Freier Zugang zu den Entscheidungen, M i krofonen und Studios des Radios. Dadurch entstehen Möglichkeiten direkter medialer Kommunikation. Anregungen und Wiederbelebung d e s d i r e k t e n mitmenschlichen Umganges in einem überschaubaren lokalen Bereich können erreicht werden. Direkte, spontane Austragung von Kontroversen s t a t t formalisierter Staatskonsens. Gelebtes Engagement statt Parteienproporz. Begrenzung der Reichweite Die Bindung an einen überschaubaren lokalen Bereich ist die Grundvoraussetzung für die Annäherung von Sender und Empfänger, I n f o r m a n t u n d Informierten u n d den Freien Zugang zum Radio. (Ermöglicht „Außenpluralismus" — durch lokale B e schränkung können mehrere Sender a u f den brachliegenden Frequenzen zwischen 100 bis 108 Mhz ermöglicht werden.) Kleine, überschaubare, billige, leicht handhabbare Technik Sowohl Studio-Aufnahme wie Sendetechnik bleibt beim Freien Radio f u r jeden erlernbar. Freies Radio ist damit das Gegenteil v o n zentralistischen, großtechnischen Medienstrukturen. Freies Radio i s t auch der Versuch — wenn auch noch kleinformatig — eine Wiederaneignung der technischen Kommunikationsmittel i m Interesse der Menschen. Selbstverwaltung — Selbstorganisation Das Radio selbst — Programm, Sendung erstellen — wie die Organisationsform des Senders sind Ausdruck direkter Demokratie, selbstverantwortlichen Handelns d e r Menschen. Trägermodelle direkter Demokratie (Genossenschaft, Verein) müssen eine private Verfügung über das Radio, seine kommerzielle Nutzung, w i e partei/staatspolitische Gängelung ausschließen. Kein Kommerz — Mitgliedsbeiträge finanzieren das Freie Radio Werbung i s t Programm. Gesendet w i r d , um zu verkaufen. Diesen Zwängen unterwirft sich das Freie Radio nicht. Freies Radio fordert auch finanziell eine klare Stellungnahme v o m H ö r e r / i n , der Mitgliedsbeitrag ist damit auch eine erste Aktivierung, soziale Bindung ans eigene Radio. Unabhängig von dem Zustand der Öffentlich-rechtlichen Anstalten / notwendigen Reformansätzen dazu, müssen Freie Radios als Ergänzung neben den Öffentlich-rechtlichen Anstalten gefordert werden. Zum Schluß: Wenn I h r Euch i m Dreyeckland aufhaltet, o d e r durchs Dreyeckland i n den Süden donnert. A u f 102 M h z sind wir ab Oktober zusammen mit unseren Elsässischen Radiofreunden/innen v o n 12 bis 24 Uhr im Ather zu hören. ❑ 29