All rights reversed

Datenschleuder DDR

Vortrag: Jens Asche <JensAsche@planet-interkom.de>

Bericht: Dirk Steinhauer <moose@uni.de>

In der Deutschen Demokratischen Republik bekam jeder Bürger zu Beginn seines Lebens eine Personenkennzahl (z.B. 31.12.65.412765). Dabei handelt es sich bei den ersten sechs Stellen um das Geburtsdatum, die siebte Ziffer steht für das Geschlecht (4= Männer, 5=Frauen, 3=Asexuelle bzw. Leute die vor 1900 geboren wurden), und die restlichen Ziffern geben die eindeutige Zuordnung an.

Diese Personenkennziffer begleitete einen das ganze Leben (die bei den Männern der Hundemarkennummer entsprach) mußte bei Besuchen ins Hausbuch eingetragen werden, und war auf fast jedem offiziellen Formular zu finden.

Ein anderes schönes Beispiel für den Umgang mit Daten im Arbeiter und Bauernstaat ist das Sozialversicherungsbuch, in das jegliche Verdienste und alle Krankheitsfälle eingetragen wurden. Das war zwar ganz nett, weil man so in 15 Minuten die Rente berechnen konnte, aber so konnte auch jeder neue Arbeitgeber sehen, was man vorher verdient hat und welche Krankheit man wann gehabt hat.

Da die Telefonleitungen extrem knapp waren, wurden sie doppelt belegt. Man hatte also einen Zweierpartner, der eine Telefonnummer besaß, die sich um 200 von der eigenen unterschied. Natürlich konnte man diese Person nicht anrufen oder telefonieren, wenn der Zweierparter dies tat. Das war natürlich besonders ärgerlich, wenn es sich um eine Telefonzelle handelte.

Um damals auf Kosten des anderen zu telefonieren, mußte man nur das Telefon aufmachen und ein kleines Modul, das für die Polarisation zuständig war, umdrehen. Bis 1980 konnte man noch mit Hilfe einer Stimmgabel in Telefonzellen kostenlos telefonieren, da das Fräulein vom Amt nicht die eingebaute Gabel von einer mitgebrachten unterscheiden konnte. Telefonzellen in der DDR waren bei Stromausfall kostenlos, was jedesmal für einen heftigen Andrang auf das Telefonnetz sorgte. Es kam aber auch durchaus vor, daß bei einzelnen Telefonzellen von der Stasi extra der Strom abgedreht wurde, um subversive Elemente und deren Gespräche abzuhören.

Da selbst die Stasi fast keine Computer besaß, gab es eine riesige Kerblochdatei, in der alle verdächtigen Personen festgehalten waren und in der für bestimmte Eigenarten Bits mit einer Lochzange gesetzt wurden. Auch gab es eine Duftdatenbank, in der Schweißproben in Einweckgläsern konserviert wurden. Das mag lächerlich klingen, aber dank speziell trainierter Schäferhunde wurden so tatsächlich z.B. die Hersteller und Verteiler von Flugblättern geschnappt.

Jens berichtete darüber, wie er in seiner WG damals abgehört wurde und wieviel Aufwand die Stasi sich dafür gemacht hat. Das reichte von dem Telefonhörer, der bereits ab Werk mit Wanze produziert wurde, über eine Wohnung im Haus gegenüber, die zum Observieren benutzt wurde, bis hin zu Abhörprotokollen, die erst handschriftlich, dann getippt, und schließlich noch als Exzerpt erstellt wurden. Meistens versuchte die Stasi nicht, subversive Gruppen von außen zu zerstören, sondern sie eher durch Gerüchte und Unterwanderung von innen zu sprengen. So nah wie die DDR dem perfekten Orwellstaat kam, ist es ein Glück, daß sie nicht Zugang zu mehr Rechnerleistung hatten.

Wer weitere Impressionen zum Thema haben möchte, sollte mal in der Normannenstraße vorbeischauen und sich dort die ständige Ausstellung der Stasi ansehen.