All rights reversed

Dummheit in Netzen - Teil 15

Vortrag: padeluun <congress98@padeluun.de>
www.foebud.org
Bericht: Anke Scholz und padeluun <anke@wohnt.in-berlin.de>

padeluun stellt sich, die Reihe "Dummheit in Netzen" und die Moluske, Dr. med. paed. Schneck (med. paed. wie 'Medienpaedagogik') - eine Schnecke, vor. Der Titel von Dummheit in Netzen 15: "Seit wir Weinbergschnecken Internet im Haus haben, kommen wir gar nicht mehr raus", ist zugleich Signal: Dieser Vortrag soll sich gar nicht so angestrengt ernsthaft mit "NetGain" beschäftigen und es soll trotz des serioesen Hintergrunds lustig werden.

padeluun erklärt, daß die Co-Referentin oder der Co-Referent (das Geschlecht von Schnecken wechselt staendig), der/die ihm noch assistieren soll, per Inline-Skates vom anderen Ende Berlins geholt werden musste. Allerdings ist das Referent - bei der Bezeichnung bleibe ich jetzt einfach mal - bisher noch nicht aufgetaucht. padeluun schaut hin und wieder mal in die mitgebrachten Unterlagen... während der Suche nach dem Referent schaltet er als Unterhaltung für die Zuhörenden den Congressfunk der Projektleitung auf die Lautsprecheranlage - demnach scheint Dr. med. paed Schneck gerade das Haus verlassen zu haben. Grosse Heiterkeit im Saal....

Die ersten fünf Minuten also Aufbau-Chaos: Sprechprobe, Aufbau, Co-Referentaufweckung. Zwischendurch kleine babbelig verpackte Infobithaeppchen, die nur die Gedankenschnellsten auffangen und verspeisen können.

Dann der Moment: das Referent taucht auf!

Es ist eine Handpuppen-Schnecke, Dr. med. paed. Schneck, "Spezialist für Salat - auch Kabelsalat". padeluun stellt sich als, "Spezialexperte" vor. Eine Bezeichnung, die eine Zusammenziehung der beliebtesten Berufsbezeichnungen diverser Magazinformate des Eventfernsehens darstellt. Zum Beispiel "Computerexperte" - sehr beliebt bei Untertitelungen, bei Sendungen, wo ein Mensch acht Sekunden lang was zu Computern sagen soll. "Was ist denn ein Computerexperte?" fragt padeluun das Publikum. Die Antwort läßt nicht lange auf sich warten: "Ein Mensch, der billige Computer einkaufen kann." Lacher - und padeluun präzisiert: "Also ein Mensch, der ComputerBild lesen, rezipieren und des Gelernte in Kaufentsscheidungen umsetzen kann." Das anwesende Journalistenteam von ComputerBild kann sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Schneck startet den Vortrag - erst allerdings rücken allerdings ca. hundertfünfzig Zuhörende ein Stück näher nach vorne zu padeluun, um Schneck auf dem Beamer sitzend besser sehen zu können - daß er jetzt ein "Spezialgeschäft für Digitalitäten" aufmachen möchte. Er suche nur noch Finanzpartner. Jungunternehmertum, Business on the Internet, das scheint sich als Thema dieses Vortrags herauszukristallisieren.

"Bist Du schon mal mit einem Geschäft so richtig gut pleite gegangen?", wird Schneck gefragt. "Nein." Schneck streitet das rundweg ab. "Voraussetzung für Business scheint zu sein," so padeluun mit einem Seitenblick auf Schneck: "Man muss lügen können." Stichwort Lügen: Lügen sollte sich wenigstens lohnen: "Mindestens ein Eigenheim sollte dabei herausspringen." Nicht wegen entsetzlich kleinen Dingen lügen. Das sei doch peinlich.

Internetbusiness - zwei Arbeitsplätze sind geschaffen, wenn ein junger Enthusiast sein Gewerbe anmeldet. Allerdings klappt das nur, "solange die Freundin einen guten Job hat".

Ansonsten beruhigt padeluun: Es sei für jeden normal, wenn man am Lebensende feststelle, daß "alles Scheisse" war. Immer gäbe es jemanden, der besser sei. Es gäbe immer Leute, die mehr Ahnung haben.

"Förderung für den eigenen Weg" sei auch non-existent, so padeluun. Angenommen, mensch sucht Fördergelder, um 2 Millionen Arbeitsplätze bis zum Jahr 2001 neu zu erschaffen, findet er heraus, daß es vielleicht gerade Gelder gibt, um die Gefährlichkeit von Tabakbeimischungen beim Rauchen zu erforschen. Damit kann Schneck zum Beispiel nichts anfangen. Gehirn wegkicken geht bei Schnecken nicht! Und die Überlegung, daß man nun das Projekt "Tabakbeimischung" durchzieht, um mit dem verdienten Geld dann das, was man eigentlich machen wollte, durchzuziehen, das funktioniert eben auch nie. So machen dann alle das, was keinen Spass macht und niemanden richtig was bringt... und die Klügeren suchen sich dann wenigstens ein nettes Fleckchen, um der Welt beim Untergehen besser zusehen zu können. Im Zweifelsfall ist nun der Zeitpunkt, seinen Enkeln zu erzählen, wie toll es ist, mit besten Ideen und viel Anstrengung pleite zu gehen.

"Bedenke, daß Du sterblich bist, auf dass Du klug werdest." Dieses Bibelzitat gibt padeluun den Zuhörern als generelles Motto auf den Weg, falls sie daran denken, sich selbständig zu machen. Heißt auch: Mach keine faulen Kompromisse; das Leben ist zu kurz für unnötige Umleitungen mitten hinein in die Sackgasse. (Nur weil kein Sackgassenschild vorne dran steht, heißt das noch lange nicht, daß da keine Sackgasse ist.)

Schneck meint dazu, mit dem Internet sei das wie mit dem Punk: "Alles ist gut, solange man independent ist." Dann geht der Erste zu den Großen, verkauft dann mal kurz ein paar die Platten und dann ist der Ruhm auch schnell wieder vorbei. Lieber heute ein bißchen, als morgen alles. Das heimliche Motte der Jugend. Oder kurz: NO PRESENTS - Das Motto der Jugend ohne Gegewart, die nichts geschenkt kriegt oder geschenkt kriegen will.

Eigentlich war das Internet ja gedacht für so etwas wie Völkerverständigung, Kommunikations- nicht Infogesellschaft, wirft padeluun dann wieder ein. Moslem und Christen sollten miteinander reden und nicht jeder auf dem eigenen Berg sitzen und sagen: "Guck mal auf meine Homepage!" Als einzige Interaktion werden dann ein paar Marschflugkörper ausgetauscht. Wir lernen: Homepages allein machen einsam.

Auch ein Jungunternehmer sollte also Sachen machen, die Sinn machen, nicht nur Kernel kompilieren. Beim ersten Mal tue es noch weh, nach fünf Jahren und nach dem Ende des Studiums sollte man sich dann doch langsam überlegen, wozu man eigentlich das alles macht.

Wir sollten die Gesellschaft weiter aufbauen. Wir, die wir mittlerweile selber die Staatsmacht darstellen (oder habt Ihr etwa nicht die Regierung mitgewählt). Vielleicht noch den Film "Staatsfeind Nummer Eins" ansehen, erkennen, warum der Film gut oder andersrum, warum er schlecht ist und den anderen 599 Kinobesuchern erklären, worum es im Film geht. Interessant an dem Film, sagte Schneck, sei es, daß immer noch der Staat der Böse sei. Dabei sind die "bösen Sachen" heutzutage alle in privater Hand. Der Staat könne kontrolliert werden, die Privatwirtschaft nicht wirklich. Das Seltsame ist, daß wir, die wir uns als Anarchisten verstehen ("demokratische Anarchisten" wirft an dieser Stelle Dr. med. päd. Schneck ein), wir müssen dafür sorgen, dass es an wichtigen Stellen weiterhin Staat gibt. Dass weiterhin Regelungen das freie Spiel der Kräfte ermöglichen und wir nicht einen - von allen ungewollten - Totalitarismus erschaffen.

Das Motto ist daher: "Bedenket, daß Ihr sterblich seid, auf dass ihr klug werdet."

Ach so, zwei Dinge habe ich noch vergessen:

Das Symbol unserer Zeit ist die Schnecke (Informationen sind schnell - Wahrheit braucht Zeit).

Kein Urlaubsort, wo Schneckenmord!