Geschichte des CCC und des Hackertums in Deutschland
Vortrag: Wau Holland <wau@ccc.de>
Bericht: Jörg Steinhauer <steinhauer@gmx.de>
Wau Holand begann mit Ausführungen über die ersten Hackversuche, die auf einer spielerischen Ebene entstanden. Dazu gehörten z.B. der Mißbrauch des Bahntelefonnetzes gegen 1960, um Ferngesprächsgebühren zu sparen, indem man sich in Stadt A aus dem Bundestelefonnetz in das sogenannte Basanetz einwählten, in Stadt B wieder rauswählte und somit nur Ortstarif bezahlte.
Er erläuterte die Grundvoraussetzungen, die für einen richtigen Hack gegeben sein müssen:
1. Kommunikationsübertragungstechnik,
2. Speichertechnik und
3. ein Netz.
In Deutschland wurde das Computerhacking für ihn ab 1979 möglich, nachdem er sich aus den USA und derer zu diesem Zeitpunkt schon wesentlich weiterentwickelten Hackerszene Literatur diesbezüglich organisiert hatte. Durch eine amerikanische Computerzeitschrift knüpfte er Kontakte zu Hackern in Kiel, und mit der Zeit bildeten sich Interessensgruppen zum Thema Hacken. In diesen gab es einerseits Leute, die nur den technischen Aspekt ihres Handelns sahen, aber auch schon andere, die sich auch mit Gesellschaftsfragen auseinandersetzten und Visionen hatten, wie z.B. "Wie sähe die Welt wohl aus, wenn jeder einen elektronischen Briefkasten besäße?!"
Wau schrieb zu dieser Zeit auch für die taz (natürlich zum Thema). Da diese bei den Lesern eine starke Resonanz hervorriefen, kam die Idee der Institionalisierung auf, d.h. einen Namen finden, sich selbst organisieren, mit dem Ziel überregionale Kontakte zu knüpfen. So entstand 1981 über eine Anzeige in der taz der "Chaos Computer Club", der sich anfangs sogar in den Räumlichkeiten der taz traf. Als er den Willen zur Gründung einer Computerzeitschrift in einem taz-Artikel bekundete, meldeten sich 80 Leute, um ein Exemplar schon im voraus zu bestellen. Somit entstand die "Datenschleuder 1", in der schon der Satz: "Der Computer ist nicht nur ein Spielzeug und Werkzeug, sondern auch ein neues Medium.", geschrieben stand, den nach Waus Meinung leider auch heute noch nicht jeder begriffen hat. Die "Datenschleuder" hatte schon damals viele "Beobachter", da einige Institutionen sehr daran interessiert waren, Hacker zu kriminalisieren.
Mit dem BTX entstand ein neuer "Spielplatz" für die Mitglieder des CCC: Erst einmal ließ ein Mitglied in einer Einzeltat den Speicher überlaufen, indem er ihn endlos vollkopierte. Dies entsprach jedoch nicht ganz dem Geist des CCC, der lieber auf Fehler hinweist, als destruktiv die Dinge zu zerstören. Als der CCC feststellte, daß eine E-Mail per BTX noch veränderbar war, nachdem sie schon gelesen wurde, wendeten sie sich gleich an eine Stelle, bei der man davon ausging, daß sie sich ordnungsgemäß darum kümmern würde und nicht wie sonst Fehler im System entweder abstreiten oder als schon lange bekannt abtun würde. Sie hackten sich in den Polizeicomputer, um den Polizisten den Fehler im BTX anschaulich zu beweisen, indem sie eine von ihnen geschickte Mail während eines Telefonates mit ihnen, sozusagen vor den Augen der Beamten, veränderten. Daraufhin bekam die Post von den Datenschutzbeauftragten Druck diesen Fehler zu beseitigen, womit der CCC sein Ziel erreicht hatte, da er der Meinung war, daß ein Kommunikationssystem, für das man auch noch horrende Summen zahlt, doch wenigstens so sicher wie möglich sein sollte.
Ein anderer großer Hack mit Folgen gelang ihnen bei einem Hamburger Kreditinstitut, bei dem sie durch einen Systemfehler innerhalb einer Nacht 100.000 DM abbuchten, dies publik machten, worauf sie tags drauf das ZDF im Haus hatten. Dadurch wurden sie plötzlich mit einem neuen Problem, den Medien, konfrontiert. Problem primär deshalb, da mit der Publikation ihres Handelns durch die Medien die Auswirkung ihres Handelns, und somit auch ihre Verantwortung um ein Vielfaches stieg.
Als 1985 Teile des CCC die Grünen zum Thema der Einführung von vernetzten Computern zur Vereinfachung der Kommunikation berieten, warfen diese dem CCC vor, der verlängerte Arm der Industrie zu sein. Auch andere Parteien, bis auf die CDU, die sich 1985 vernetzen ließ, gaben ähnlich seltsame Dinge von sich, was beim CCC eine allgemeine Skepsis gegenüber der Politik hervorrief. Die von ihr erzeugten Gesetze trägt der CCC stets mit Fassung und auch ein wenig Humor und nutzte sie z.B. mit der Gründung des "Vereins zur Förderung der freien Telekommunikation", um das Bundesposttelekommunikationsmonopol langsam aber sicher zerbröckeln zu lassen.
Der Hack, der die Öffentlichkeit wohl am meisten berührte, war das Einbrechen in über 100 Computer der NASA, was durch einen Fehler im Betriebssystem und das Einschleusen eines "Trojanischen Pferdes" möglich wurde. Der CCC saugte sich Kennwortlisten heraus und stieß überraschenderweise auf Kennwörter aus Deutschland, England, Frankreich und Italien, wodurch die Sache dem CCC zu heiß wurde und er sich ans Innenministerium wandte, damit die Amis von diesem Vorfall nicht aus den Medien erfahren müßten. Die Sache lief letztenendes auch relativ glimpflich ab, da die Hacker des CCC ungesunde Ideen wie z.B. den Festplatteninhalt von NASA und ESA auszutauschen nicht in die Praxis umsetzten. Der Spagat zwischen Industrie/Politik und dem kleinen Hacker hat bisher eigentlich immer recht gut geklappt. Dieser soll an diesem Kongress teilhaben und nicht nur teilnehmen, d.h. nicht nur nehmen, sondern auch geben. Dieser Kongress soll den Austausch fördern und die Veranstalter hoffen, daß dieser und das familiäre Verhältnis nicht unter den neuen, wesentlich größeren Räumlichkeiten, in denen der Kongress dieses Jahr stattfindet, leidet.
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