CCC-Presseerklärung 31. Juli 1996
Hacker amüsiert über staatliche geforderte Sicherheitslücken
Der Chaos Computer Club berichtet über eine Begeisterungswelle unter Hackern über das jüngst verabschiedete Telekommunikationsgesetz. Das am 5. Juli vom Bundesrat bestätigte Gesetz verpflichtet die Netzbetreiber, eine geheime Datenschnittstelle für die Behördenabfrage der Kundendateien einzurichten. Gleichzeitig verbietet das Gesetz den Netzbetreibern, Abfragen auf dieser Leitung festzustellen.
"Diese Situation ist der Traum eines jeden Hackers", erklärte CCC Sprecher Andy Müller-Maguhn den ungewöhnlichen Zuspruch, "der Systembetreiber darf nicht einmal feststellen, wer sich in seinem Computer tummelt".
Im Paragraphen 90 des Gesetzes heisst es, daß eine Behörde die Datensätze aller Kunden, ihrer Anschriften und Rufnummern abfragen darf. Auch sind die Netzbetreiber bzw. "Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen" vom Gesetzgeber verpflichtet keinerlei Ueberprüfung durchzuführen, ob die Datenabfrage überhaupt rechtmäßig ist. "Der Verpflichtete hat durch technische und organisatorische Massnahmen sicherzustellen, daß ihm Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen können." heißt es wörtlich im Gesetz. Das eröffnet nicht nur der Regulierungsbehörde, sondern auch der Konkurrenz und ausländischen Geheimdiensten alle Möglichkeiten.
Unverständlich ist dem Chaos Computer Club eher, wozu diese Möglichkeit geschaffen wird. "Daß Behörden den Zugriff auf die Kundendaten von Netzbetreibern haben wollen ist eine Sache", kommentiert der Chaos Club Sprecher ironisch, "aber warum eine geheime Leitung ohne Zugriffskontrolle? Dann könnte man gleich die Netzbetreiber verpflichten, ihre Kundendateien ins Internet zu stellen."
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