|
CCC und NASAViel Rauch um nichts (SZ) - Neulich saßen sie wieder zusammen, die Jungs vom Chaos-Computer-Club in Hamburg, spezialisiert auf Einbrüche in Elektronenhirne aller Art, und hackten und zapften/drahteten und kabelten/schalteten und walteten. Einer las gähnend Volkszählungsdaten eines Statistischen Landesamtes, der zweite schmuggelte mittels eines Ostberliner Redaktionssystems das Wort Glasnost in den Aufmacher des Neuen Deutschland vom nächsten Tag, der dritte versuchte die Ketchup-Formel eines internationalen Hamburger-Konzerns zu finden. Da rief der vierte. "Mööönsch, ich bin bei der NASA!" Die anderen sprangen herbei, und richtig, da stand auf dem Bildschirm: "Guten Tag, hier ist die amerikanische Raumfahrtbehörde." Zwar handelte es sich bloß, wie sich herausstellte, um den elektronischen Abfallkorb der NASA, in den man vorgedrungen war, aber man weiß ja, daß es die Abfallprodukte der Weltraumforschung in sich haben. "l) Teflonpfanne" stand da, "2) Schwerkraftunabhängiger Kugelschreiber". Dann kam es: "3) Rauchfreie Zigarette". Dem folgenden Text war zu entnehmen, daß sich in den Siebziger Jahren eine Forschungsgruppe mit der Frage beschäftigt hatte, wie man Astronauten auch während eines Weltraumfluges das Rauchen ermöglichen könnte. Die Zigarette dürfte, so hieß es, erstens keine Asche hinterlassen, weil in der Kapsel kein Platz für Aschenbecher sei, und sie dürfte zweitens keinen Rauch entwickeln, denn der Blick auf die Sterne müsse frei bleiben. Ein geheimer Forschungsauftrag wurde an die amerikanische Zigarettenfirma R.J. Reynolds vergeben, deren Technikern das unmöglich Erscheinende gelang: Tabak ersetzten sie durch Tabakextrakt, Geschmacksstoffe, Glyzerin und ähnliche Leckereien, ein Kohlestück an der Spitze sorgte für glühend heiße Luft zum Einatmen. Leider verschwand die Erfindung dann im NASA-Cornputer, weil der amerikanische Geheimdienst herausgekriegt hatte, daß die Russen Nichtraucher als Astronauten einsetzten, um sich einen Vorsprung im All zu verschaffen. Nun ist die Sache doch an die Öffentlichkeit gekommen. Als die NASA entdeckte, daß Hamburger Chaoten bei ihr eingedrungen waren, informierte sie sofort den Vorstandsvorsitzenden von R.J. Reynolds, der unverzüglich eine Pressekonferenz einberief und bekanntgab, seine Firma wolle mit einer rauchlosen Zigarette den von militanten Nichtrauchern bedrängten US-Markt erobern. Die NASA erwähnte er nicht. Das war am Montag, gerade ein Tag, bevor die Hacker aus Hamburg mit ihrer Pressekonferenz so weit waren, Wer sollte ihnen die Wahrheit noch glauben? Sie berichteten also bloß allgemein von einer geknackten NASA-Datenbank Namens Space Physics Analysis Network und erwähnten den Abfallkorb nicht. Aber Lesern, welche die Zusammenhänge hinter den Nachrichten des Tages suchen, verraten wir mehr: Es ist kein Zufall, daß - ebenfalls am Montag dieser Woche - das Batelle-Institut (Frankfurt) etwas hektisch die Erfindung einer schmelzfesten Schokolade für Kinder bekanntgab. Quelle: Süddeutsche Zeitung, 17.9.87 |
[HaBi 2]
CCC und NASA