In einer Billstedter Küche kommt NDR 2 aus einem Topfdeckel
Kopfschüttelnd steht Christian Wolany (42) in seiner blitzblanken Einbauküche.
"Ich habe einen ganz normalen E-Herd - und aus dem kommt Musik" sagt er.
Tatsächlich.
Obwohl nirgendwo in der Wohnung ein Radiogerät eingeschaltet ist, ertönt leise Musik.
Sie schallt aus einem Topfdeckel, der auf dem Rand zwischen Herd und Edelstahlspüle liegt.
Ach hab' in meinem Leben ja schon viel erlebt, nun glaube ich aber bald an Gespenster", sagt der Hausherr.
Seit Mai 1987 leben Christian Wolany und seine Lebensgefährtin Brigitte Winterlich (40) in der Dreizimmer-Wohnung
am Rantumer Weg in Billstedt.
Unerklärliehe Dinge waren ihnen noch nie aufgefallen.
Doch nun scheint es im zweiten Stock des Neubaus zu spuken,
Hobbykoch Wolany hatte seiner Freundin versprochen, das Abendessen zu bereiten.
Bratwurst mit Brokkoli und Kartoffeln standen auf dem Speisezettel.
"Ich arbeitete wie immer am Herd und habe alles vorbereitet.
Als ich dann die Kartoffeln abgießen wollte, dachte ich:
Entweder bist du bekloppt, oder so was gibt es wirklich", sagt Christian Wolany.
...Aus dem Deckel des Kartoffeltopfes, den ich auf den Herd gelegt hatte, ertönte klar das Programm von NDR 2 -
Auch seine Freundin und herbeigerufene Nachbarin wollten ihren Ohren nicht trauen,
Deutlich konnten sie die Sendung aus dem weißen Emailledeckel hören.
Ein Scherz war es auch nicht, denn weder im Herd noch in der Spüle oder einem der Schränke war ein
Radiogerät versteckt.
Wie aber kann das funktionieren?
Eine Antwort hat die Sendetechnik des NDR.
Sie lautet: Unter bestimmten Bedingungen kann es vorkommen,
daß sich in Haushalten ein sogenanntes Ersatzschaltbild aufbaut.
Irgendein Metallener Gegenstand wird dabei zur Antenne, ein
modernes Möbelstück aus Metall Übernimmt die Aufgaben eines Gleichrichters,
ein drittes Teil schließlich schwingt wie die Membran einen Lautsprechers.
Bei Christian Wolany spukt es also nicht.
Sein Herd oder die Spüle empfangen als Antenne das Mittelwellenprogramm des NDR
vom nur etwa drei Kilometer entfernten Sender Moorfeld.
Eines der beiden Küchenmöbel wandelt die Hochfrequenzwellen um, der Topfdeckel
spielt schließlich den Lautsprecher.
Ein ausgesprochen seltener Vorgang, physikalisch aber zu erklären.
HO
Quelle: Hamburger Abendblatt
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