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DER WUNDERRECHNER

Am Heidelberger Rechenzentrum war man im letzten Jahr begeistert Über ein Wunderwerk moderner Technologie mit dem Namen "Vector Facility". Hervorstechendste Eigenschaft: Viele Rechenoperationen werden vom ohnehin schon überaus leistungsfähigen Computer nun viermal so schnell vollzogen! Das Hochgefühl stieg abermals, als IBM gar die Schenkung des teuren Hardware-Zusatzes in Erwägung zog.

Der Pferdefuß dieser Geschichte. Die Vector Facility fällt als High-Tech-Gerät, in die Cocom-Liste der USA, auf der all diejenigen Waffen und Produkte stehen, die nicht ins sozialistische Ausland exportiert werden dürfen und somit unter Geheimhaltung stehen.
Die Konsequenz wäre der Ausschluß von rund hundert Studenten aus 17 sozialistischen Ländern von der Arbeit am HeideIberger Rechenzentrum. Sie sollten auf die Benutzung des Rechners per Unterschrift verzichten (im Falle des Kaufs des Zusatzgerätes), auch wenn sie den Rechner zur Anfertigung von Diplom- und Doktorarbeiten benötigten. Vier Monate, bis zum Februar '88 dauerte es, bis die studentischen Vertreter in den Universitätsgremien hellhörig wurden. Insbesondere Bernd Fix (studentischer Vertreter im universitären EDV-Ausschuß) sorgte dann für die notwendige Offentlichkeit.
Abgesehen von der verfassungswidrigen Benachteiligung einer bestimmten studentischen Gruppe wirke auch die Anwendung der Cocom-Bestimmungen im Heidelberger FaH geradezu grotesk. Denn eine Maschinenspionage kann alleine durch die Benutzung des Rechners nicht betrieben werden - Schaltpläne spuckt der Rechner nicht aus. So das gleichstimmende Urteil von Bernd Fix und Dr. Peter Sandner, dem Leiter des Rechenzentrums. Trotz dieser Argumente bestehen die Cocom-Bestimmungen, so daß die US-Ausfuhrbehörde auch im Heidelberger Fall auf die Einhaltung der Regelungen pochte. Die Universität befand sich nun in einer unangenehmen Situation, da sie bei einem Kauf der Vector Facility mit weitgehenden Protesten der Studentenschaft zu rechnen hatte. Die fast schon sichere Anschaffung wurde überdacht, einige Professoren bekundeten ihre Vorbehalte, und flugs wurde in den Universitätsgremien die Anschaffung der Vector Facility (vorläufig) aufs "Eis" gelegt.'
Auf Anfrage des AStA Heidelberg bestätigte der Rektor der Universität Heidelberg, Prof. Dr. Sellin, daß eine Entscheidung über den Kauf einer V. F. am Universitätsrechenzentrum jedenfalls im Haushaltsjahr 1988 nicht mehr ansteht!
Es bleibt abzuwarten, ob dies schon das Ende der Heidelberger Computer-Posse ist oder nicht vielmehr der Abgang von langwierigen Querelen zwischen Universität und Studenten.

DARIUS-OLIVER KIANZAD

 

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