Telefax von RA Gravenreuth an Dr.
Samer (Telekom Anwalt)
Sehr geehrter Herr Kollege Dr, Samer ......
........ Unabhängig von der Sach- und Rechtslage ist meine Mandantschaft wirtschaftlich
nicht in der Lage einen möglicherweise über drei
Instanzen gehenden Rechtsstreit zu führen. Es
wird daher ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht jedoch rechtsverbindlich folgende Erklärung abgegeben:
Der Chaos Computer Club e.V. Hamburg,
Schwenckestr. 85, 20255 Hamburg, vertr. durch
den Vorstand, verpflichtet sich gegenüber der
Deutschen Telekom AG, GodesbergerAllee 8791, 5 3175 Bonn bei Meidung einer Vertragsstrafe, die im Falle der Zuwiderhandlung gegen diese Unterlassungverpflichtung durch die Deutsche Telekom AG zu bestimmen und im Streitfall durch das Amts- oder Landgericht Hamburg
festzusetzen ist, unter Ausschluß der Einrede des
Fortsetzungszusammenhangs, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr
T-Shirts mit der Aufschrift BETRUG und/oder
NULL-TARIF und/oder TEUER und/oder KAPUTT herzustellen, anzubieten, zu vertreiben
und/oder hierfür zu werben, wenn bei diesen
Aufschriften das nachfolgend abgebildete
"Telekom - T" verwendet wird: insbesondere,
wenn das "T" in Magenta und die quadratischen
Punkte in grau gehalten sind. In der Sache selbst
ist anzumerken: Die Deutsche Telekom AG geht
offensichtlich selbst davon aus, daß keine eingetragene Marke existiert. Sie geht daher
wohl davon aus, daß die von Ihnen als
"Telekom - T" bezeichneten Logograrmme innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke
Verkehrsgeltung erworben hat (Par. 4 11
MarkenG). Die Deutsche Telekom AG wurde
bekanntlich erst Anfang des Jahres geschäftlich
aktiv. An anderer Stelle betont sie hartnäckig,
daß sie ein Wirtschaftsunternehmen sei und mit
der Behörde "Deutsche Bundespost"nichts gemein hätte. Insoweit kann sie sich auch nicht
auf einen Bekanntheitsgrad, welchen möglicherweise die Deutsche Bundespost für dieses Logo
erworben hat, berufenŽ. Die Deutsche Telekom
AG möge einmal dartun, wieso innerhalb von
1/4 Jahr eine eigene Verkehrsgeltung erreicht
wurde.
Unsere Mandantschaft ist ein Idealverein, so
daß insoweit bereits Bedenken bestehen, ob sie
"im geschäftlichen Verkehr" tätig ist. Darüber
hinaus darf ich zu bedenken geben, daß selbst
dann, wenn Ihre Mandantschaft im Bereich der
Telekommunikation eine Verkehrsgeltung erworben haben sollte, diese nicht unbedingt für
den Textilbereich gilt. Zwischen Tätigkeiten im
Telekommunikationsbereich und Textilien besteht keine Warengleichartigkeit. Selbst wenn
in einer Branche eine starke Verkehrsgeltung
besteht, so bedeutet dies nicht zwingend, daß
ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich branchenfremder Produkte besteht (BGH GRUR
1991, 465 "Salomon"). Entscheidend ist es, ob
eine Rufübertragung im Bereich der Telekommunikation auf den Bereich der Textilien erfolgen könnte. Dies ist nach unserer Ansicht nicht
gegeben. Die von Ihnen angesprochen Entscheidungen "Markenverunglimpfung" sind im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Sowohl die
Mars- als auch die Niveaentscheidung betrafen
mehr oder weniger geschmackvolle Sprüche
ohne eigene inhaltlich qualifizierte Aussage. Es
besteht wohl Einigkeit darüber, daß die Deutsche Telekom AG die Worte BETRUG NULLTARIF TEUER KAPUTT für sich nicht monopolisieren kann. Das in dem fraglichen Logo
verwendete "T" ist eine gängige Darstellung
dieses Buchstaben im grafischen Gewerbe. Dieser Buchstabe wird in dieser Form ebenfalls beispielsweise von der Lebensmittelkette
"Tengelmann" verwendet. Auch ist mir bekannt,
daß in München das fragliche "T" in Alleinstellung ebenfalls in roter Farbe verwendet wird.
Die Deutsche Telekom AG kann daher auch
nicht einzelne Buchstaben einer gängigen
Schriftart monopolisieren . Die Gamierung des
"T" durch einzelne Punkte mögen die Beamten
der Telekom als besonders fantasiereich angesehen haben, diesseitig bestehen jedoch Zweifel daran, ob hierin eine wettbewerbsrechtliche
Eigenart besteht. Darüberhinaus müßten die
beteiligten Verkehrskreise in einem zweiten
Schritt die fraglichen Wörter in Verbindung mit
dem "T" zu einer sinngemäßen Zuordnung zu
ihrer Mandantschaft verbinden, um dann in einem 3. Schritt inhaltliche Aussagen hierin zu
erkennen. Selbst wenn man zugunsten Ihrer
Mandantschaft davon ausgeht, daß die beteiligten Verkehrskreise diese drei Schritte vollziehen, so ist im einzelnen immer noch folgendes
zu bedenken. Aussagen wie: "Die Deutsche
Telekom AG ist zu teuer" sind jedoch von dem
Recht auf freie Meineungsäußerung gedeckt.
Die Verwendung des fraglichen Logos würde,
wenn man Ihrer dreistufigen Überlegung folgt,
insoweit nur eine aus Verkürzungsgründen gebotene Komprimierung der vorgenannten Aussage darstellen. Für die Einzellogo ist ... anzumerken: "TEUER": Es kann wohl nicht in Abrede gestellt werden, daß die Deutsche Telekom
AG im internationalen Preisvergleich extrem
teuer ist. Ein Telefongespräch von Deutschland
in die USA ist z.B. um ca. 30% teurer als umgekehrt. Somit liegt eineTatsachenbehauptung vor.
"KAPUTT": Allein deswegen, weil aus einer
kopflastigen, strukturell veralteten und im internationalen Vergleich unflexiblen Behörde
drei Aktiengesellschaften gemacht werden, entstehen noch keine wirschaftlich gesunden Unternehmen. Die sogenannte"Postreform" hat lediglich eine Privatisierung zur Folge gehabt,
nicht jedoch eine wirtschaftlich erforderliche
grundlegende Strukturveränderung. Die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Markt kann man nicht
dadurch erzielen, daß man im internationalen
Vergleich überhöhte Preise verlangt, etwas Personal entläßt und im Bereich des Postdienstes
in ländlichen Gebieten "Tante Emma Läden"
einbezieht, wenn gleichzeitig die grundlegenden behördenmäßigen Strukturen noch beibehalten werden. Man braucht in soweit nur beispielhaft die COMPUTERZEITUNG und die
COMPUTERWOCHE der letzten Woche zu lesen. Laut COMPUTERWOCHE (7.4.95, S.5) übt
die DeutscheTelekom AG bereits Kritik an dem
düiftigen Liberalisierungskurs der Bundesregierung. Man möchte offensichtlich weiter im alten Behörden-Trott arbeiten. Die COMPUTERZEITUNG (6.4.95) hat den Streit um den Vorstandsvorsitzenden der Telekom AG (einschl.
des Versuchs der Einflußnahme durch den Bundeskanzler und Graf Lambsdorff) mit der
Titelseitenüberschrift "Keine Chance für die
Telekom-Quotenfrau" beschrieben. Diese
Beispielkette läßt sich beliebig verlängern. Eine
"Behörden-AG", die weiterhin am Steuersäckel
hängt, ist kein gesundes Wirtschaftsunternehmen, d.h. sie ist wirtschatlich "kaputt". In soweit ist auch diese Aussage ... von der freien
Meinungsäußerung gedeckt. "NULL-TARIF":
Diese Forderung wird sogar von einem Geschäftspartner Ihrer Mandantschaft, der Firma
Intel aufgestellt. Die Forderung nach Nulltarif
auf allen Telekommunikationswegen vertritt
unter anderem auch der Gründer der Intel
Cooperation Andy Groves (free mips and free
bauds") z.B. in "Datennetze und Multimedia
bestimmen die Comdex Trends" (VDI-Nachrichten vorn 25.11.94). In privaten
Telekommunikationsnetzen in den USA und UK
gibt es beispielsweise die Möglichkeit unter
gewissen Voraussetzungen kostenlose Ortsgespräche zu führen. ... "BETRUG": Ihre
Mandantschaft müßte am besten wissen, in welchem Umfang ihre Mitarbeiter Telefonrechnungen zu lasten Dritter produziert haben.
Wenn vor ca. einem Jahr aus dem Vorstand Ihrer Mandantschaft noch zu hören war, daß entsprechende Manipulationen technisch nicht
möglich sind, bzw. wenn sie doch technisch
möglich wären, Telekom-Mitarbeiter so etwas
nicht tun würden, so war es zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Verschließen der Augen vor
der Realität. Es liegt ein Organisationsverschulden vor, wenn es beispielsweise möglich ist daß ein Leiter einer Störungsstelle der
Deutschen Telekom AG über seinen privaten
Keller einen "offiziell nicht bekannten Zugang"
zu einer Telekom-Verteilerzentrale hatte und
hierüber "Free-Lines" schalten konnte. Bereits
dies würde die Meinungsäußerung des Betruges am Steuerzahler rechtfertigen. Darüber hinaus sei in Erinnerung gerufen, daß in Rechtsstreitigkeiten über überhöhte Gebührenrechnungen die Telekom eigene Aufzeichnungen bekanntermaßen zurückgehalten hat und
die volle Beweislast dafür, daß die in Rechnung
gestellten Telefoneinheiten nicht vom Beklagten verursacht wurden, auf den Beklagten abwälzte. Auch dies rechtfertigt eineWertung "BETRUG" ...... Der Verkauf der beanstandeten TShirts hat nach unseren Informationen noch
nicht eingesetzt, so daß in soweit Ihrer Mandantschaft auch kein Schaden entstanden ist. Bisher
liegt nach unseren Informationen nur die Werbeanzeige des CCC-Berlin vor. In wieweit der Versuch Ihrer Mandantschaft, das grundgesetzlich
garantierte Recht auf freie Meinungsäußerung
zu beschneiden den eigenen Ruf schädigt, entzieht sich unserer Kenntnis. Die Zahlung der
Abmahnkosten wird abgelehnt, da keine
Markenverletzung vorliegt. Im übrigen ist der
angesetzte Gegenstandswert weit überhöht. Die
Öffentlichkeit wird zumindest mit großem Interesse einen möglichen Rechtsstreit vor dem
Amtsgericht Hamburg hinsichtlich der Abmahnkosten verfolgen. Bezüglich Rücksprachen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen, kollegialen Grüßen G FvG
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