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Telekom-Satire und Folgen

So begab es sich also im Frühjahr 1995, daß an einem Dienstag-Treff des Berliner Erfa-Kreises des CCC's die Gesprächsthemenkarten ausgingen und nach Inspiration geforscht wurde. Es war die Zeit, wenige Wochen vor der Cebit, die jüngste Ausgabe des "Telekorn-Monitor" - der Mitarbeiterzeitung der Telekom -, in dem ihr neues Corporate Identity haargenau beschrieben war just verdaut, die Hirne dementsprechend wirr und die Stimmung gut und laut. Nach soviel Gelese über "PerspekTive", "lnnovaTion" und überhaupt "Tolle Telekom" und einige Kilobyte sTuss, war der Hang zur Satire nicht weit: So ward die Idee geboren, mit ITC-Century und den entsprechenden Farben doch die eigne Sicht der Dinge von die Telekom-Geringe unters Volk zu bringen, so seltsam das auch klingen mag. Der "Telekom-Skandal" lag nicht weit zurück, die letzte Telefonrechnung auch nicht, so war man schnell bei "Betrug" und "Teuer" und "Null-Tarif" als Forderung wohl eh' klar, als Bestandsaufnahme reichte "KapuTt".
Die Liste der potentiellen Motive war sehr viel länger, schließlich hat die "T" jede Menge Unterfirmen wie die DeTeDebil und sogar eine eigene Versicherungsgesellschaft - die DeTeArroganz. So entschloß man sich denn an Ort und Stelle, T-Shirts zu drucken so es denn die bescheidene Erfa-Kreis-Kasse erlaube.
Diese erlaubte - nach dem Einholen von Angeboten bei etlichen Druckereien - nur den Druck von 3 Motiven und einer eher bescheidenen Anzahl von T-Shirts, ausreichend jedoch um die Familie auf der Cebit damit halbwegs zu beglücken. Um die T-Shirts auch extern anbieten zu künnen, wurde eine Werbeanzeige in die Datenschleuder gesetzt um zunächst von der Anzahl der eingehenden Bestellungen abhängig zu machen, wieviel produziert werden sollten. Daher auch der Zusatz, von der 4 wöchigen Lieferzeit.
Zur Cebit lagen dann also"Teuer", "Null-Tarif' und "BeTrug" vor und auf dem legendären Dienstagstreff am größten Telekom-Stand wurde dann auch der Standleiter Herr Sollich mit einem "Null-Tarif' und der Datenschleuder beglückt - bedient er uns doch brav seit Jahren mit Orangen-Saft undWerbegeschenken zwecks Aufrechterhaltung der diplomatischen Beziehungen ("und wenn Sie so nett wären, dieses Jahr den Stand nicht auseinanderzuschrauben...").
Ob's das Exemplar von Herrn Sollich oder ein anderes war: Wenige Wochen nach der Cebit ging per Fax ein Schreiben einer Anwaltskanzlei ein, deren Liste der Kanzlei' Standorte und Mitarbeiter kaum aufs Briefpapier paßte und uns schriftlich den Erhalt der Datenschleuder bei der Generaldirektion der Telekom in Bonn bestätigte.
Die T-Shirts erfreuten sich dort offenbar einiger Beliebtheit, so daß die Generaldirektion sich entschlossen hatte bei einem Streitwert von 500.000 DM (fünfhunderttausend) den CCC e.V. aufzufordern, den Vertrieb und die Bewerbung zu unterlassen und dies schriftlich zu bestätigen. Die bescheidenen Kosten dieser Unterlassung nach Brago von rund 4000.- DM hätten wir natürlich auch zu tragen.
Diese Unterlassungs-Erklärungs-Aufforderung erreichte uns am Mittwoch dem 5. April per Telefax und führte - vorsichtig ausgedrückt - zu einigen internen Querelen.
Der Leser möge an dieser Stelle beachten, daß dieser Artikel eine Darstellung des Produzenten und keine Äußerung des CCC e.V. oder dessen Vorstandes ist.
Die Vorstandsmitglieder des CCC e.V. wurden vom Problem in Kenntnis gesetzt und ihnen - soweit möglich - auch die Unterlassungsaufforderung zugefaxt. Klar schien für den Produzenten, daß eine rechtliche Variante, gefunden werden sollte, die einen Vertrieb der T-Shirts ermöglichte und so unserem Recht auf Meinungsäußerung durchzusetzen half. Eine Veröffentlichung der Geschichte schien dem nicht abkömmlich - auch und vor allem, um etwaige Unterstützung auch außerhalb der Vorstandskreise zu mobilisieren.
Der in Chaos-Kreisen nicht unumstrittene Anwalt Gravenreuth, der dem Produzenten vor der T-Shirt-Produktion als beratende Instanz zur Verfügung stand - schlicht aus Gründen der Verfügbarkeit, Sachkenntnis und Kooperationsbereitschaft ohne finanzielle Interessen - wurde kontaktiert und ihm die Unterlassungsaufforderung zugefaxt. Ein rechtliches Vorgehen beim Auftreten etwaiger Probleme war vorher angesprochen worden und die Argumentation sozusagen schon festgelegt (freie Meinungsäußerung, Sachgehalts-Feststellung), die Höhe des Streitwertes stellte uns allerdings vor das Problem, dieses "Recht" in einem nichtfinanzierbaren Rechtsstreit erkämpfen zu müssen.
So wurde im groben als Strategie erkoren, die Unterlassungserklärung zwar zu leisten (um einen Prozeß mit der entsprechenden Streitwerthöhe zu vermeiden), die Kosten der Unterlassungserklärung jedoch mit Verweis auf deren Unberechtigtheit nicht zu leisten. Daraufhin hätte die "T" zwei Möglichkeiten: In einem öffentlichen Prozeß mit entsprechender Pressebegleitung um diese Kosten von rund 4000.-DM zu streiten - oder es sein zu lassen.
Als Wau, dem die Unterlassungserklärungsaufforderung und die internen Faxe ebenfalls zugeschickt worden waren, sich schließlich am Samstag mit in die Koordination einschaltete, (vorher war er nicht erreichbar) meinte er - so wie er es Ansatzweise ja auch schon im Editorial schrieb - daß hier ja offenbar eine ungeheure und vor allem unabgesprochene Koordination eines Einzelgängers u.a. zu einer Pressemeldung wie auch der Beauftragung eines CCC-intern nicht unumstrittenen Anwalts geführt hatte.
Die Ereignisse der kommenden Tage - vor allem die internen Streitereien - seien dem Leser an dieser Stelle erspart, sie werden auf der Mitgliederversammlung noch hinreichend breitgetreten werden. Unterm Strich kommt jedenfalls dabei raus, daß einige Vorstandsmitglieder es nicht einsahen, daß der CCC e.V. hier für die Aktion in Haftung treten müsse bzw. als sie es einsahen, es so darstellten, daß der e.V hier für Sachen haften müsse, die die Mitglieder eines Erfa-Kreises verbrochen hätten. Das die Mitglieder des Erfa-Kreises auch Mitglieder des CCC e.V. sind, wurde an dieser Stelle offenbar vergessen. Aber hierzu - wie schon gesagt - auf der Mitgliedsversammlung mehr.
Wie dem auch immer wurde - schlicht, weil es nicht anders möglich war - die Unterlassungserklärung geleistet und ob wir die Streitkosten jetzt zahlen müssen oder nicht wird bereits wieder auf dem Weg diplomatischer Beziehungen geklärt.
Trotzdem hat die Geschichte aufgezeigt, daß die Zustände des CCC e.V. dringender struktureller Änderungen bedürfen, und daß zumindest das Selbstverständnis, mit dem der Schreiber dieses Artikels im CCC agiert, nicht unbedingt dem anderer Vorstandsmitglieder entspricht.
Andy M.-M.

 

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