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"Ausgesprochen suboptimal"

Datenschutz daheim und unterwegs

Wer garantiert die informationelle Selbstbestimmung einer französischen Stewardess, die bei einer griechischen Airline in Belgien angestellt ist?
Mitte 1995 könnte es sie endlich geben: eine EU-einheitliche Richtlinie in Sachen Datenschutz. Bisher Jedenfalls kommt das Thema in den voluminösen Dokumenten der Union fast überhaupt nicht vor, "das ist ausgesprochen suboptimal, da gibt es höchtens einen Halbsatz und eine Fußnote alle fünfhundert Seiten", stöhnt Berlins Datenschutzbeauftragter Hansjürgen Garsika.

Über 100 Läder auf der Welt haben noch überhaupt keine gesetzlichen Regelungen, etwa EU-Mitglied Griechenland, In Staaten wie Großbritannien hindern nur ausgesprochen laxe Vorschriften den Staat oder begehrliche Privatunternehmen am ungehemmten Zugriff auf die persönlichen Daten der Bürger. Im Nachbarland Belgien boomten wegen nicht vorhandener Datenschutz-Gesetze die aus Deutschland und Frankreich ausgelagerten Rechenzentren und Groß-EDV-Anlagen, bis der Druck der "vereinigten internationalen Front der Datenschützer" vor zwei Jahren dem bedenklichen Treiben ein Ende setzte.
Wenn alles nach dem Plan der Datenschntzer verläuft, wird in Zukunft EU-weit jede Zusammenführung von Daten (etwa bei der Rasterfahndung) verboten, sowie der Export von Daten in Länder, die nicht die von der Union übereinstimmend beschlossenen Mindeststandards im Datenschutz erfüllen -eine Lösung des eingangs angesprochenen Stewardessen-Problems, aber angesichts des ungebeiiiiiiten internationalen Datenfluß ein ehrgeiziges, vermutlich auch nicht vollständig zu realisiserendes Ziel.
Denn eventuell müßte dann sogar der Export von deutschen Telefonbüchern in die Schweiz unterbunden werden: ein Schweizer Verlag bietet inzwischen eine rechtlich bedenkliche Version der deutschen Telefonbücher auf CD-Rom an, bei der (anders als bei der deutschen Version der Telekom) auch mit Hilfe einer Telefonnummer Name und Adresse bestimmt werden können (und nicht ausschließlich umgekehrt).
Trotz des offensichtlichen Defizits an Kontrollmöglichkeiten war Garstka optimistisch, daß sich zunächst große transnationale- Unternehmen wie Banken oder die bereits angesprochenen Fluggesellschaften freiwillig den EU-Richtlinien unterordnen werden. Gegen Kleinvergehen sind die Datenschützer machtlos, gab Garstka zu, "wenn wir den Bürgern nicht beibringen, sich zu wehren, sobald sie einen Mißbrauch bemerken".

Fast hilflos wirkte der oberste Berliner Datenschützer bei seinem Apell an die versammelten Kongreßleilnehmer, "mit Hilfe der von Ihnen rechtmäßig genutzen Medien" bei der Bürgeraufklärung zu helfen. Seiner Behörde, die mit 10 Sachbearbeitern und einem PC-Experten unter anderem die 120.000köpfige Berliner Verwaltung kontrollieren soll, fehlt zu einer besseren Publikumsarbeit einfach das

Personal, und trotz der alljährlich liebevoll neu gestalteten DatenschutzAufkleber bleibt die Breitenwirkung aus. "Was wir da schreiben", gab Garstka in Bezug auf die jährlichen Datenschutzberichte und die Antwortbriefe seiner Mitarbeiter an die Burger zu, "versteht keine Sau, Das ist viel zu juristisch."
Der Trend zur Rationalisierung in der Verwaltung, bei dem ein Bürgerberater von der Autoanmeldung bis zur Sozialhilfevergabe alle Verwaltungsaufgaben übernimmt, sah Garstka eine neue Gefahrenquelle für Beeinträchtigungen der informationellen Selbstbestimmung. Eine mögliche Lösung ist hier eine technische Zugriffssperre, die dem Sachbearbeiter das Lesen der zentral gespeicherten persönliche Daten nur mit Hilfe einer Chipkarte erlaubt, die sich im Besitz des jeweiligen Bürgers befindet.

Martin Virtel <m.vlrtel@bionic.zer.de>

 

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