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"Von außen eingespielt"Zu den Hausdurchsuchungen in Bielefeld und Göttingen wegen einer elektronischer Anleitung zu pyrotechnischen Experimenten und wer dahinter stecken könnte7. April 1994: In den Räumen der MailBox //BIONIC (betrieben von der mit dem CCC befreundeten Organisation FoeBuD e.V.) trafen pünktlich zum Beginn der Geschäftszeit Beamte der Staatsschutzabteilung der Bielefelder Polizei und Computerexperten des BKA ein. Sie hatten etwas Nettes für die Mieterin und den Mieter der ehemaligen FoeBuD-Räume mitgebracht: einen Hausdurchsuchungsbefehl."Der Verdacht, daß die Betroffenen Beweismittel, nämlich Unterlagen über die Druckschriften 'Der kleine Terrorist' und 'Eine Bewegung in Waffen, Band IIb, Handbuch für improvisierte Sprengtechnik, Hg.: Autorenkollektiv Werwolf' in ihrem Besitz haben, ergibt sich aus den vorgelegten Errnittlungsakten, insbesondere aus Zeugenaussagen / polizeilicher Spurensicherung und anderen Indizien", stand auf dem Blatt zum Ermittlungsverfahren wegen "Störung des öffentlichen Friedens". padeluun, Medienkünstler und einer der Betreiber der //BIONIC, auf den auch der Durchsuchungsbefehl ausgestellt war, begrüßte die Beamten freundlich und bat ihnen einen Stuhl an, Die Durchsuchung hatten eigentlich schon alle seit einem halben Jahr erwartet, Der Text "Der kleine Terrorist" war auf die Bitte des Autors in der //BIONIC schon gelöscht worden. Er beschrieb sorgfältig die Herstellung verschiedener militärischer Sprengstoffe, gab eine Anleitung zum Bau von Briefbomben und Tips zur Verarbeitung von brisanten Materialien aus dem Gärtnerbedarf zu Plastiksprengstoff. Information soll bekanntermaßen frei sein, Deshalb wurde auch letztes Jahr im MailBoxverbund Z-NETZ das Brett /T-NETZ/PYROTECHNIK eingerichtet, in dem allerdings im ersten Text auf bestehende Gesetze hingewiesen wurde, wenn auch mit einer Einschränkung: "Im Zweifelsfalle gilt die Hackerethik".
Weiterleitung: "Der kleine Terrorist" geht nach ThuleRichtig brenzlig wurde die Sache erst, als im Thule-Netz, einem von verschiedenen faschistischen Organisationen der "nationalrevolutionären" Prägung getragenen Netzwerk (unter den gestrengen Augen des Verfassungsschutzes) diese Anleitung von dem Thule-Teilnehmer NPD-BTX-ZEITUNG eingespielt wurde. Wie bei elektronischer Vernetzung üblich, geschah dies von außen, versehen mit dem nationaldemokratischen Zusatzvermerk "Seht mal, was die Linksrassisten [sic!] im ComLink da so machen!". Offenbar hatten die Deutschländerwürstchen mitbekommen, daß die //BIONIC auch im Frieden-, Umwelt- und Menschenrechte-Netzwerk /CL mitarbeitet (neben den GRUNEN, der SPD, der PDS, Greenpeace, dem BUND und von Zeit zu Zeit auch der CDU).Da diese NPD-Aktion in einer Zeit geschah, in der "Nazi-Vernetzung" auf allen Kanälen Medienaufmerksamkeit bekam, mußten die offiziellen Stellen wohl Ermittlungen einleiten und spielten das Spiel nach den von der NPD vorgegebenen Spielregeln mit. Besonders schön spielte hier das Oberlandesgericht Nürnberg in einer Presseerklärung im Januar: "Nach bisherigen Erkenntnissen wurde der Text [...] von außen in die Erlanger MailBox [gemeint ist das Thule-System WIDERSTAND von T. Hetzer, Herausgeber der Zeitschrift "Saufeder" der Jungen Nationaldemokraten] eingespielt; von wem, ist noch nicht abschließend geklärt," Der Absendername NPD-BTX-ZEITUNG im Nachrichtenkopf war fÜr die fränkischen Ermittler anscheinend nicht zu lesen...
Bitte recht freundlich!Zurück zur Hausdurchsuchung: Da für die neuen FoeBuD-Räume kein Durchsuchungsbefehl vorlag, gab es zunächst einige Schwierigkeiten, an die gewünschten Daten zu kommen (das "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik" der amerikanischen NSDAP/AO lag allerdings gleich griffbereit, es war durch die Redaktion der WDR-Sendung ZAK in den FoeBuD-Besitz gekommen, was den Beamten dann auch freundlich erklärt wurde).Nachdem seltsame Wünsche wie die Herausgabe aller Userdaten abgewendet werden konnten, wurde schließlich "Von außen eingespielt"Zu den Hausdurchsuchungen in Bielefeld und Göttingen wegen einer elektronischer Anleitung zu pyrotechnischen Experimenten und wer dahinter stecken könnte7. April 1994: In den Räumen der MailBox //BIONIC (betrieben von der mit dem CCC befreundeten Organisation FoeBuD e.V.) trafen pünktlich zum Beginn der Geschäftszeit Beamte der Staatsschutzabteilung der Bielefelder Polizei und Computerexperten des BKA ein. Sie hatten etwas Nettes für die Mieterin und den Mieter der ehemaligen FoeBuD-Räume mitgebracht: einen Hausdurchsuchungsbefehl."Der Verdacht, daß die Betroffenen Beweismittel, nämlich Unterlagen über die Druckschriften 'Der kleine Terrorist' und 'Eine Bewegung in Waffen, Band IIb, Handbuch für improvisierte Sprengtechnik, Hg.: Autorenkollektiv Werwolf' in ihrem Besitz haben, ergibt sich aus den vorgelegten Errnittlungsakten, insbesondere aus Zeugenaussagen / polizeilicher Spurensicherung und anderen Indizien", stand auf dem Blatt zum Ermittlungsverfahren wegen "Störung des öffentlichen Friedens". padeluun, Medienkünstler und einer der Betreiber der //BIONIC, auf den auch der Durchsuchungsbefehl ausgestellt war, begrüßte die Beamten freundlich und bat ihnen einen Stuhl an, Die Durchsuchung hatten eigentlich schon alle seit einem halben Jahr erwartet, Der Text "Der kleine Terrorist" war auf die Bitte des Autors in der //BIONIC schon gelöscht worden. Er beschrieb sorgfältig die Herstellung verschiedener militärischer Sprengstoffe, gab eine Anleitung zum Bau von Briefbomben und Tips zur Verarbeitung von brisanten Materialien aus dem Gärtnerbedarf zu Plastiksprengstoff. Information soll bekanntermaßen frei sein, Deshalb wurde auch letztes Jahr im MailBoxverbund Z-NETZ das Brett /T-NETZ/PYROTECHNIK eingerichtet, in dem allerdings im ersten Text auf bestehende Gesetze hingewiesen wurde, wenn auch mit einer Einschränkung: "Im Zweifelsfalle gilt die Hackerethik".
Weiterleitung: "Der kleine Terrorist" geht nach ThuleRichtig brenzlig wurde die Sache erst, als im Thule-Netz, einem von verschiedenen faschistischen Organisationen der "nationalrevolutionären" Prägung getragenen Netzwerk (unter den gestrengen Augen des Verfassungsschutzes) diese Anleitung von dem Thule-Teilnehmer NPD-BTX-ZEITUNG eingespielt wurde. Wie bei elektronischer Vernetzung üblich, geschah dies von außen, versehen mit dem nationaldemokratischen Zusatzvermerk "Seht mal, was die Linksrassisten [sic!] im ComLink da so machen!". Offenbar hatten die Deutschländerwürstchen mitbekommen, daß die //BIONIC auch im Frieden-, Umwelt- und Menschenrechte-Netzwerk /CL mitarbeitet (neben den GRUNEN, der SPD, der PDS, Greenpeace, dem BUND und von Zeit zu Zeit auch der CDU).Da diese NPD-Aktion in einer Zeit geschah, in der "Nazi-Vernetzung" auf allen Kanälen Medienaufmerksamkeit bekam, mußten die offiziellen Stellen wohl Ermittlungen einleiten und spielten das Spiel nach den von der NPD vorgegebenen Spielregeln mit. Besonders schön spielte hier das Oberlandesgericht Nürnberg in einer Presseerklärung im Januar: "Nach bisherigen Erkenntnissen wurde der Text [...] von außen in die Erlanger MailBox [gemeint ist das Thule-System WIDERSTAND von T. Hetzer, Herausgeber der Zeitschrift "Saufeder" der Jungen Nationaldemokraten] eingespielt; von wem, ist noch nicht abschließend geklärt," Der Absendername NPD-BTX-ZEITUNG im Nachrichtenkopf war fÜr die fränkischen Ermittler anscheinend nicht zu lesen...
Bitte recht freundlich!Zurück zur Hausdurchsuchung: Da für die neuen FoeBuD-Räume kein Durchsuchungsbefehl vorlag, gab es zunächst einige Schwierigkeiten, an die gewünschten Daten zu kommen (das "Handbuch für improvisierte Sprengtechnik" der amerikanischen NSDAP/AO lag allerdings gleich griffbereit, es war durch die Redaktion der WDR-Sendung ZAK in den FoeBuD-Besitz gekommen, was den Beamten dann auch freundlich erklärt wurde).Nachdem seltsame Wünsche wie die Herausgabe aller Userdaten abgewendet werden konnten, wurde schließlich der Inhalt des Brettes /T-NETZ/PYROTECHNIK auf Band kopiert. Die MailBox wurde nicht mitgenommen, was wohl der Tatsache zu verdanken ist, daß padeluun darauf hinwies, daß im arbeitenden Redaktionssystem //BIONIC ein solcher Eingriff nicht möglich ist und dies durch das Zücken seines Presseausweises unterstrich. Anschließend gab es noch eine kleine Führung durch die neuen FoeBuD-Räume. Staatsschutz und BKA waren sichtlich von der Ordentlichkeit beeindruckt, waren sie es doch schließlich gewohnt, sich bei MailBox-Durchsuchungen erst durch zugemüllte Hinterzimmer kämpfen zu müssen :) Der Staatsanwaltschaft teilten die Beamten telefonisch ihren Erfolg mit. Ja, die Daten seien ein Beweis, erklärte der Polizist; als padeluun rechtlich präzisierte: "Ein schwächerer Anscheinsbeweis!", waren die Ermittler dann doch relativ baff Dann mußte man auch schon wieder aufbrechen, schließlich sollte auch noch der Autor des "Kleinen Terroristen" besucht werden. Zum Glück blieben sowohl er als auch seine Eltern (der chemisch begabte Wunderknabe war zur Tatzeit 17 Jahre alt) sehr ruhig. Die Ermittler wollten zwar keinen Tee von ihm, aber sonst lief alles freundlich ab. "Eine Sache fehlte ja noch bei dem Text: die Quellenangabe. Hier ist sie!", sagte der junge Bastler und drückte dem Staatsschutz sein Schul-Chemiebuch in die Hand...
Es geht weiterDer Landesbeauftragte für Datenschutz der Hansestadt Bremen, Franz Werner Hülsmann, meldete sich gleich nach der Durchsuchung. In einem Rundschreiben an den Bundesbeauftragen und die Landesbeauftragten für Datenschutz sowie an seine zuständigen Senatoren wies er darauf hin, daß MailBoxen immerhin nach dem FAG dem Artikel 10 des GG unterliegen und somit nicht so ohne weiteres durchsucht werden können. Nur wenn die Vorrausetzungen des G1O-Gesetzes erfüllt werden, kann eine MailBox durchsucht werden, da die privaten Mails und Userdaten schützenswert sind.1ch möchte Sie daher- bitten", schrieb Hülsmann, "bei den zuständigen Stellen dauf hinzuwirken, daß künftig auch bei den privaten Betreibern und Betreiberinnen von MailBoxen sowie deren Benutzern und BenLitzerinnen das Fernmeldegeheimnis durch staatliche Stellen nicht verletzt wird". Es ist ein Unding, daß hier BetreiberInnen von MailBoxen als Angeklagte angesehen werden, nicht als Zeugen. Im politischen Raum ist weiterhin ernsthaft darüber nachzudenken, inwiefern MailBoxbetreiber einer Schweigepflicht --. vergleichbar mit Pfarrerinnen und Ärzten -- unterliegen sollten. Immerhin bekommen sie an diesen Schnittstellen der Kommunikation weitaus mehr mit, als Senderinnen und Sendern von elektronischen Botschaften lieb sein kann.
Hausbesuch wegen einer LiebesgeschichteNeben dem "Kleinen Terroristen" war im Thule-Netz noch eine andere Nachricht aus /T-NETZ/PYROTECHNIK weitergeleitet worden. Es handelte sich um eine Beschreibung von improvisierten Sprengstoffen für den nächsten Gefängnisaufenthalt, die aus Joints, Apfelmusgläsern, Abflussreiniger und ähnlichen Sachen hergestellt werden können. Diese Nachricht kam aus dem Göttinger /CL-System LINK-GOE.Am 3.5. 1994 schaute das BKA dann auch bei Chris Vogel, dem Betreiber der MailBox vorbei. Da Chris schon mit padeluun Kontakt aufgenommen hatte, verhielt er sich -- den guten Erfahrungen aus Bielefeld gemäß -- kooperativ gegenüber den Beamten. Der Durchsuchungsgrund war jedoch geradezu grotesk: Die erwähnte Nachricht bestand aus einem Zitat (mit Quellenangabe) aus dem frei zugänglichen Roman "Buntspecht. Sowas wie eine Liebesgeschichte von Tom Robbins", der im Rowohlt Verlag erschienen ist. Die Ermittler gaben gegenüber Chris' Anwalt an, sie hätten zwar nach dem Roman gesucht, könnten sich allerdings nicht erinnern, in welchem Buchladen sie gefragt hätten. Daß das Verfahren eingestellt wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt so gut wie sicher, Anderenfalls will Chris selbst rechtliche Schritte einleiten.
Paranoia und UngereimtheitenVöllig unklar ist in diesem Zusammenhang die Rolle des Verfassungsschutzes, Es ist bekannt, daß das Bundesamt für Verfassungsschutz im Thule-Netz zumindest mitliest. Auch im SpinnenNetz, einem Verbund von radikalen linken MailBoxen, war der VS durch Klaus Steinmetz, V-Mann und "Computerexperte" der RAF, beteiligt, Daß der VS beim Aufbau des SpinnenNetzes involviert war, gab der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Eckart Werthebach, Anfang dieses Jahres im Gespräch mit dem FoeBuD zu. Zitat Werthebach. "Ja, das ist doch unsere Aufgabe!"Es ist zumindest zu vermuten, daß auch das Thule-Netz vom BfV benutzt wird. Daß bei politisch progressiven Systemen wie der //BIONIC und der LINK-GOE Hausdurchsuchungen erfolgen, die rechtsextremen Boxen jedoch tabu bleiben, könnte dadurch erklärt werden, daß das Thule-Netz als Privatexperiment des VS für normale Polizeieinheiten nicht freigegeben wird. Im Vorwort der BfV-Broschüre "Befugnisse, Aufgaben, Grenzen" schreibt Werthebach: "Der Schein ist nicht immer das Sein -- und manchmal ist es schwer, hinter Schlagworten, politischen Konzepten, gutem Willen und falschen Absichten das herauszufiltern, was Tatsache ist." Wie wahr! Anekdote am Rande: Ein Saarbrücker FoeBuD-Mitglied fragte beim BfV an, was von dem Buch "Das RAF-Phantom" zu halten sei. Als Antwort kamen aus Köln zwei fotokopierte Zeitungsartikel, einer aus der taz, der andere aus dem Neuen Deutschland, die zeigen sollten, daß im "RAF-Phantom" nur zwei Journalisten ihre Verschwörungstheorien pflegen. Wenige Tage später erfolgte dann eine Hausdurchsuchung bei den Autoren wegen der Veröffentlichung von Geheimmnaterial... Die Geschichte geht weiter. Die Hausdurchsuchungen in Bielefeld und Göttingen sind erst der Anfang einer neuen Phase der Beschäftigung von staatlichen Stellen mit dem erwachsen gewordenen Hackermedium MailBox. To be continued....
(Jens Ohlig, Bielefeld) |
[Datenschleuder]
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"Von außen eingespielt"