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Chipkarten-Workshop 1993

Referenten: Marcus Janke, Peter Laackmann

Im Chipkarten-Workshop ging es um die neuesten Entwicklungen im Bereich der Chipkarten. Während die altbekannten Karten bisher immer das Problem des Verschleißes hatten (beispielsweise nicht lesbare Kreditkarten etc.) arbeiten die neuen Karten auf kontaktloser Basis, d.h. die Daten werden per Infrarot, Mikrowellen usw. ausgelesen. Der Unterschied liegt in der Reichweite (2cm bis zu 10m) und im Bandbereich. Bei einigen Techniken muß der Anwender noch nicht einmal die Karte aus der Brieftasche holen, das Passieren des Kartenlesers genügt. Chipkarten werden z.Z. schon eingesetzt zur Zugangskontrolle und zu Abrechungszwecken, in Zukunft wäre aber auch an den Ersatz des herkömmlichen Personalausweises, der Kredit- und Krankenversicherungskarte und des Personalausweises durch einen einzige Chipkarte zu denken. Da auf diesem kleinen Raum ein kompletter Computer mit CPU, RAM, ROM und Ein-/Ausgabemöglichkeiten untergebracht ist, sind die Möglichkeiten quasi unbegrenzt. Die daraus entstehenden Datenschutzprobleme wurden in diesem Workshop jedoch nur kurz angerissen.

Nach der weiten Verbreitung der Telefonkarten wurde vor einigen Jahren die Frage nach der verwendeten Technik aktuell. Die Autoren begannen daraufhin mit der Entwicklung eines vielseitig verwendbaren Chipkartenlesers.

In den Jahren 1991 und 1992 wurden dann die gewonnenen Resultate im Rahmen des Chipkartenworkshops des Chaos Communication Congresses vorgestellt. 1991 konnte der erste auf einem handelsüblichen PC basierende Telefonkartenleser dann der Öffentlichkeit präsentiert werden. Das Gerät wurde bewußt mit wenig externen Komponenten gefertigt, so daß es von jedermann für ca. 10,-DM nachzubauen war. Eine verbesserte Version dieses Lesegerätes wurde in jüngster Zeit in diversen Fachzeitschriften (z.B. c't 9/1993) publiziert.

Im aktuellen Chipkartenworkshop 1993 sollen nun nach der umfassenden Vorstellung der Telefonkartentechnik in den letzten Jahren ausschließlich die sehr modernen kontaklosen Chipkarten (äcontactless chipcardsô) unter die Lupe genommen werden.

Diese Systeme wurden entwickelt, um die Nachteile herkömmlicher Karten zu umgehen. Die größten Probleme, die sich aus der Nutzung der Chipkarten mit Kontaktfeld ergeben, sind Kontaktierungs- und Verschleißprobleme sowie ein sehr eingeschränkter Nutzungsbereich. Gerader in agressiver Umgebung (hohe Luftfeuchtigkeit, Salzwasser) wird die Lebensdauer selbst bei vergoldeten Pads stark begrenzt.

Kontaktlose Chipkarten enthalten als wichtigstes Element eine Anordnung von Hochfrequenzspulen, die sowohl die Stromversorgung als auch den Informationsaustausch mit der Umgebung gewährleisten. Weiterhin enthält jede kontaklose Chipkarte einen Microprozessor mit ROM (Festprogrammspeicher), RAM (Arbeitsspeicher), EEPROM (nichtflüchtiger Datenspeicher), sowie einen Quarzoscillator, der den Takt der Karte intern erzeugt.

Zur Übertragung der Daten steuert eine Input/Output-Logik einen Funkmodemschaltkreis innerhalb der Karte an, der je nach benötigter Leistung durch externe HF-Energie oder durch eine in der Karte einlaminierte Dünnstrukturbatterie mit Strom versorgt wird.

Grundsätzlich gibt es fünf Medien, die sich für eine Informationsübertragung eignen:

-	Langwellenbereich, 100kHz-500kHz
-	Mittelwellenbereich, 500kHz-2MHz
-	Kurzwellenbereich, 2MHz-5MHz
-	Microwellen, ca. 2,45 GHz
-	Licht, bevorzugt Infrarot

Der Lang-bis Kurzwellenbereich eignet sich bei der Verwendung von Antennensystemen für eine Maximaldistanz von nur ca zwei Zentimetern. Nutzt man die Induktivwirkung solcher Frequenzen mittels geeigneter Spulen, so kann man die Distanz auf ca. 50 Zentimeter erhöhen. Moderne Mikrowellenapplikationen ermöglichen schon die Übertragung von Daten über mehr als drei Meter.

Als Vorteil dieser Technik wird gesehen, daß der Benutzer die Karte zwecks Auslesevorgang nicht mehr in das Lesegerät einschieben muß, sondern im Extremfall mit der Chipkarte in der Tasche eine Induktionsschranke passiert, wobei innerhalb von 200ms das Auslesen der Karte erfolgt ist. Diese Anwendung eignet sich für Anwendungen in sicherheitsrelevanten Bereichen, sowie z.B. als Eintritts- bzw. Debitkarte für öffentliche Verkehrssysteme. In London ist z.B. ein Feldversuch mit einer ähnlichen Technik mit Erfolg durchgeführt worden. Es handelt sich um eine kontaktlose Chipkarte, die die Busfahrscheine des London Transports ablösen soll. Diese kontaktlosen Chipkarten enthalten einen nichtflüchtigen Speicher mit einem Guthaben, von dem bei Benutzung der entsprechende Betrag abgebucht wird. Die Karte kann aus Umweltschutz- und Kostengründen wieder aufgeladen werden, wobei der Benutzer zwischen mehreren Füllbeträgen wählen kann. Damit ähnelt dieses Konzept sehr der deutschen vorausbezahlten Telefonkarte.

Die Karten des London Transport Unternehmens sind auch als Buchungskarten vorgesehen, wobei man jedoch die Risiken solcher Technologien nicht außer Acht lassen sollte. Das Busunternehmen muß zur Abrechnung elektronisch über jede Fahrt des Kunden Buch führen. Damit besteht bei Speicherung und Analyse die Gefahr der Überwachung der Kunden. Werden solche Karten verteilt, so sind die Träger dieser Chipkarten aus einer Entfernung von drei Metern elektronisch identifizierbar. Das bedeutet, daß auch Privatpersonen, die über die entsprechenden Lesegeräte verfügen, Zugang zu solchen Daten bekommen. Die daraus entstehenden Gefahren sind zur Zeit nur schwer abschätzbar.

Im Rahmen des Workshop stehen dieses Jahr ein Vortrag über neueste Chipkartentechnologie sowie eine Diskussionsrunde im Vordergrund. Um dem Publikum Einblicke in die Grundlagen der Kartentechnologie zu ermöglichen sowie eventuelle Risiken dieser neuen Systeme aufzuzeigen, wurde aus Archivfilmmaterial ein Informationsvideofilm zusammengestellt, der interessierten Besuchern vorgeführt wird. Hier sollen als wichtige Punkte Eigenschaften, Risiken und Manipulationsmöglichkeiten von EC-Karten, Kreditkarten, D-Netz-Karten usw. erläutert werden.

Autor: Henne

 

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