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ErfahrungsberichtTelefonieren in Ost-BerlinUnter dem Einfluß der deprimierenden Tatsache, daß wir 1/2 Stunde nach einem aktiven Münzer in Berlin/Ost gesucht haben und schließlich gegen Mitternacht nur einen weiteren defekten Münzer fanden, entschlossen wir uns zur Selbsthilfe und klemmten einen präparierten Wählknochen krokodilhaft an freischwebende Kupferenden. Mit Erfolg. Dummerweise kam bald drauf eine Kutsche mit 3 Zivilbullen einher um uns mit vorgehaltener Win-chester auf frischer Tat zu ertappen. Mal abgesehen von einem Lachkrampf meinerseits schlug die Geschichte hier ins Nega-tive um. Beschlagnahme eines Wunderknochens, Aufnahme von Personalien. Keine zwei Monate später flattert eine Vorladung von den Bullen ins Haus, die wir, dem Rat erfahrener Berliner folgend, ignoriert haben (was rechtlich ok ist).Das nächste Schreiben vom Staat kam vom Amtsgericht und nannte sich Strafbefehl, das heißt etwa: "Wir sparen uns die Verhandlung und Sie bekennen sich schuldig und zahlen!". Und zwar 1500.- bzw. 1000.- (Tat bzw. Beihilfe). Da uns in dem Schreiben allerdings auch zur Last gelegt wurde, wir hätten ein Kabel herausgerissen (Sachbeschädigung, Schadensersatzvorderung vom Gilb), haben wir Widerspruch eingelegt, und uns von bekannten Aktivisten - zugegebenerweise terminknapp - eine Woche vor der sodann angesetzten Hauptverhandlung - einen Rechtsanwalt empfehlen lassen. Was sich zweifelsohne als vorteilhaft erwies. Zu dieser Verhandlung waren neben uns und den drei Bullen noch ein Sachverständiger von der Telekom geladen. Eine Einsicht in die Akte vor Verhandlungsbeginn ergab: 1) Die Telekom kann aufgrund mangelnder Technik im Osten nicht sagen, ob und wieviel Einheiten verpulvert worden sind, 2) Das Prüfkommando von der Telekom (Sachverständiger) hat nach der Tat bei Inspektion des fraglichen Münzers keinen Schaden festgestellt, auch kein raushängiges Kabel! Da also außer Zeugen keine Sachbeweise gegen uns vorlagen (immerhin hätten wir nun behaupten können, die Störung und diverse 0130er angerufen zu haben), da jedoch Leistungserschleichung schon durch atypische Nutzung der Kabel vorliegen könne, wurde nun zwischen Verteidiger und Richter in einem wahrhaft sehenswerten Kuhhandel kompromißhaft beschlossen: Das Verfahren wird eingestellt (keine Vorstrafe), der Laberknochen wird einbehalten (der war tatsächlich Gegenstand des Kuhhandels) und die Delinquenten blechen je 500.- an einen gemeinnützigen Organismus (als Auflage). Fazit: Glimpflich davongekommen. Dem CCC ist zu empfehlen, sich bei einschlägigen Gerichten als gemeinnützig zu melden, offenbar fließen von Gerichten die höchsten Spendengelder. Ne, die fließen woanders, die Party Nach der Verhandlung hat uns der Postler noch ganz interessiert gefragt, wie wir da Leistung erschlichen hätten, ohne ein Kabel anzuzapfen. Die Verwirrung legte sich erst, nachdem festgestellt wurde, daß ein drittes Telekomteam direkt nach der Tatnacht das Gerät repariert haben muß. gestatten: Tuttle - Heizungsmonteur Autor: Ulrich Unbekannt
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[Datenschleuder]
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