InterTalk
Eine "stimmungsvolle" Mailbox
Voice-Mail-Systeme? Viele Computer-Anwender halten sie für bessere Anrufbeantworter; die Telekom hat mit
Einführung des 'Sprachspeicherdienstes' eher ein negatives Image geschaffen.
"Hier ist das Stöhn-Menü: Vorspuln mit dr eins, zurück mit dr zwei, selber stöhnen
gönnse mit dr 9 un de Iebersicht hamse mit dr 0". Auf sächsisch präsentiert sich das sogenannte
Stöhn-Forum im Audiotex-System InterTalk-Hamburg.
Teilnehmer können Sprachnachrichten zwischen privaten Voice-Boxen senden oder eine Nachricht in einem
'Audio Forum' hinterlassen. Das MIK-Magazin ist wöchentlich mit ca. 6-10 gesprochenen Meldungen
abrufbar, ein 'Stöhn-Forum' lädt zum lustvollen Mitstöhnen ein, die Party-Info-Line eines lokalen
Hamburger Rundfunksenders ermöglicht die Suche nach Partyangeboten.
Aus Freakkreisen kam die Idee, eine öffentliche Sprachmailbox zu Experimentalzwecken ins Leben zu rufen.
Mit 'InterTalk' wurde eine Basisstruktur für Audiotex-Systeme geschaffen. Unter (040) 38 54 47 kann
jedermensch mit einem Telefon mit Tonwahl (Umschalten eines Telefons mit Speichertaste*Speichertaste insofern
Vermittlungsstelle dies unterstützt) oder einem Touchtone-Geber Befehle eingeben, Export-Anrufbeantworter
oder Hayes-Modems lassen sich ebenso auf Tonwahl umschalten.
Ca. 40 Teilnehmer testen seit August spielerisch die US-Hard- und Software von Talking Technologies, die für
900,- DM bei einem Hamburger Distributor erhältlich ist. Die Technik besteht aus einer 'BigmouthSteckkarte'
für IBM & kompatible Systeme, die mit dem Telefonnetz gekoppelt wird. Die Karte hat einen Mikrofoneingang
und den Anschluß an eine Alarmanlage vorgesehen. Mit der mitgefieferten Software können minimale,
DOS-Batch-ähnliche Scripts geschrieben werden. Die Grundstruktur besteht aus Voice-Mailboxen und
sogenannten 'Teleboxen', denen beliebige Funktionen zugewiesen werden können. BigMouth digitalisiert
Sprache mit ca. 4 KB/Sekunde. Eine schnelle und große Platte ist zwingend notwendig, InterTalk läuft
mit einer 105 MB Filecard, die mit Chache eine Zugriffszeit von 9ms hat. Die Systemprompts können alternativ
von einer Ramdisk gestartet werden.
Folgende Funktionen sind vorhanden:
- Stellvertreterschaltungen auf andere Rufnummern oder Pager
- Ansagefunktion für Voice-Mailboxen
- Anschluß von Alarmanlagen, z.B. mit Bewegungssensoren sowie Anruffunktion, z.B. bei Polizeinotruf
- Zeitgesteuerter Nachrichtenversand, z.B. Weckanrufe für DM 0,23
- Message Distribution, z.B. Rundfragen/Rufe
- Dialogboxen für Fragen und Interviews
- Spezialboxen für geschlossene Nutzergruppen
- DOS-Calls von Teleboxen, z.B. für den Start einer Fax-Software
- Direkte Antwortmöglichkeit auf eintreffende Nachrichten
- Weiterleitung von Sprachnachrichten
Im Jahre 1992 will die Telekorn den "umgekehrten" 0130 Service freigeben und ermöglicht so die vereinfachte
Gebührenerhebung solcher Audiotex-Systeme. PID (persönlicher Informationsdienst) nennt sich das neue
Baby der Telekom, das als 0190 Service vermarktet werden soll. Hier werden dem Anrufer durch die Erhöhung
des Zeittaktes Gebühren berechnet, die über die monatliche Telefonrechnung eingezogen werden. Der
Anbieter erhält einen Teil der Gebühren (wie BTX-Anbieter), die Telekom den Löwenanteil. Im
Feldversuch hat die Telekom keine "gegen gute Sitten" verstossende Angebote zugelassen. Durch einen extrem hohen
Mindestverbrauch und den geringen Anteil für die Anbieter zwingt sie diese jedoch ein gegen die "guten
Sitten verstossendes" Angebot, z.B. Telefonsex, zu unterhalten. Nur daß bringt die Kohle wieder rein.
Nähere Informationen zur Technik unter Telefon (040) 51 92 02. Oder in InterTalk-Hamburg eine Nachricht an
den Operator, Box #0 hinterlassen.
Jürgen Christ
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