Rechtsleitfaden zur Bluebox
Unter der Bluebox versteht man ein Gerät oder Programm, das solche Töne erzeugt, die zum Aufbau von
internationalen Verbindungen nach dem CCITT 5 Standard benutzt werden. Diese liegen augenscheinlicherweise
außerhalb der Bandbreite der normalen Touchtöne, die auch beim neuen ISDN-Netz verwendet werden
[Nee-ISDN is' digital, nix Touch-Tone im B-Kanal. d.S.].
Hat man ein solches Programm, deren es mittlerweile viele gibt, ist man aber noch nicht am Ziel, denn
zunächst benötigt man noch ' eine Leitung in die USA, bzw. zu einer Vermittlungstelle, die sich durch
die Bluebox beeinflussen läßt. Aus Kostengründen nimmt man dazu eine 0130-Nummer, da diese ja
bekanntlich den Angerufenen veranlassen die Kosten zu übernehmen.
Erst jetzt tritt die Bluebox in Aktion, die Töne werden gesendet und der Angerufene legt auf, die Leitung
dieser Nummer ist allerdings noch immer besetzt und verursacht dem Anbieter weiter Kosten. Der Anrufer
'befindet' sich nun in der Vermittlungsstelle und vermittelt sich per Bluebox weiter in alle Welt.
Da dieses Vorgehen für den Anrufer, der nun in alle Welt telefoniert, vollkommen kostenlos ist, stellt sich
nicht mehr die Frage ob, sondern in welcher Form dieses strafbar ist. Für diese Fälle wurde folgender
Paragraph vom Gesetzgeber maßgeschneidert:
§265a, Erschleichung von Leistungen.
I. Wer die Leistung eines Automaten oder eines öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldenetzes, die
Beförderung durch ein Verkehrsmittel oder den Zutritt zu einer Veranstaltung oder einer Einrichtung in der
Absicht erschleicht, das Entgelt nicht zu entrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit
Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
II. Der Versuch ist strafbar.
III. Die §§247 und 248a gelten entsprechend.
Das ergibt sich aus der Begründung des Gesetzgebers zur Einfügung der Passage "...oder eines
öffentlichen Zwecken dienenden Fernmeldenetzes..." in den §265:
"...Die fortschreitende Automatisierung des öffentlichen Fernmeldenetzes und sein Zusammenwachsen mit den
Auslandsverbindungen zu einem umfassenden internationalen Fernmeldesystems haben einen zunehmenden Anreiz
geschaffen, die Gebührenerfassungseinrichtungen der Fernmeldenetze durch technische Manipulationen zu
umgehen und dadurch Fernmeldedienstleistungen ohne Entrichtung des vorgesehenen Entgelts zu erschleichen. Eine
Tätergruppe neuen Typs hat - ausgehend von den USA und Großbritanien - Geräte und Methoden
entwickelt, mit deren Hilfe bei Ferngesprächen die Schaltsignale zur Steuerung der Übertragungs- und
Vermittlungssysteme simuliert werden können. ..." (Drucksache des Deutschen Bundestages - 7.Wahlperiode/3441
S.29)
Der §265a erfaßt allgemein das Erschleichen von Dienstleistungen, also auch das Schwarzfahren mit U-
und S-Bahnen und das Klettern über die Zäune des Volksparkstadions um den Eintritt zu sparen. Daran
läßt sich ablesen, auf welcher Ebene das Erschleichen gesehen wird, nämlich ebenso
strafwürdig wie das Schwarzfahren.
Dazu bleibt zu bemerken, daß seit Bestehen dieses §265a niemand wegen Erschleichung von
Dienstleistungen eines öffentlichen Fernmeldenetzes verurteilt worden ist, man kann sagen, daß dieser
Paragraph keine Rolle spielt.
Auch in der Literatur der Juristen (Wessels, Lackner, Leipziger, Haffner etc.) wird das Problem nicht
erörtert.
Allerdings ist die Palette des Strafjuristen damit noch nicht am Ende, so gibt es noch einige Möglichkeiten
bestraft zu werden:
§263a.Computerbetrug
I. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das
Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er das Ergebnis eines Datenverarbeitungsvorgangs
durch unrichtige Gestaltung des Programms, durch Verwendung unrichtiger oder unvollständiger Daten, durch
unbefugte Verwendung von Daten oder sonst durch unbefugte Einwirkung auf den Ablauf beeinflußt, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
II. §263 Abs.2 bis 5 gilt entsprechend.
und möglicherweise:
§268.Fälschung technischer Aufzeichnungen
I. Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr
1. eine unechte technische Aufzeichnung herstellt oder eine technische Aufzeichnung verfälscht oder
2. eine unechte oder verfälschte technische Aufzeichnung gebraucht, wird mit Freiheitstrafe bis zu fünf
Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
II. ...
III. Der Herstellung einer unechten technischen Aufzeichnung steht es gleich, wenn der Täter durch
störende Einwirkung auf den Aufzeichnungsvorgang das Ergebnis der Aufzeichnung beeinflußt.
IV. Der Versuch ist strafbar.
V. §267.III ist anzuwenden.
Hier ist die Strafandrohung schon wesentlich höher und liegt bei maximal fünf Jahren oder Geldstrafe.
Neben den strafrechtlichen stehen noch die zivilrechtlichen. Folgen, die sich als Schadensersatzansprüche
des 0130er-Nummernanbieters und evtl. der Telekom darstellen. Wie die Lage hier aussieht liegt nicht zuletzt
daran, wie ein Gericht den Schaden beurteilen wird, denn ob die Telekom wirklich einen Schaden hat soll an dieser
Stelle offen bleiben.
OHNE GEWÄHR
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