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Die Sowjetunion geht an die internationalen Datennetze

Die Sowjetunion verfuegt nicht nur ueber ein funktionierendes Packet-Switching Network, sondern auch ueber ein Electronic Mail- und Computer-Konferenzsystem, das von Moskau aus betrieben wird. Das Insititut fuer Fortschrittliche Systeme IFS (Moskau), das sich speziell mit der Verbreitung von Netzwerk-Systemen in den Ostblocklaendern beschaeftigt, setzte juengst das ADOMIS- Electronic Mailing- und Konferenz-System in Betrieb, dessen Moeglichkeiten etwa 300 Wissenschaftler und Universitaetsmitarbeiter nutzen koennen.

VORAUSSCHAU AUF DAS NCHSTE JAHR

Nach Aussage von Sprecher Vladimir Sergeut soll das IFS-Netz im Lauf des naechsten Jahres in Hinsicht auf Akademien und 'oeffentliche Programme', wie auch in Hinsicht auf internationalen Waren- und Geld-Handel erweitert werden. Zu den vordringlichsten Aufgaben des Insitituts, so Sergeut, gehoere der Aufbau von Verbindungen des Systems mit den anderen Paket-Netzen der Erde.

Einer der ersten westlichen Systembetreiber, der die Oeffnung des IFS-Netzes nutzt, ist Telenet Communications (Reston, VA). Telenet benutzt einen internationalen Satellitenkanal von Western Union Worldcom, um einen IFS- Netzknoten in Moskau mit einem Telenet-Knoten in New York zu verbinden. Damit koennen angeschlossene Hosts in beiden Laendern einander nun mit Uebertragungsraten von 9600 Bits pro Sekunde austauschen.

Die Kosten fuer die Verbindung New York - Moskau werden um die 10 Dollar pro Stunde und 12 Dollar pro Kilosegment liegen, was den Durchschnittspreisen fuer Telenet-Dienste ins Ausland entspricht. Die Kosten fuer die Verbindung Moskau - New York werden bei 0.25 Rubel pro Minute und 0.45 Rubel pro Kilocharacter liegen (10 Rubel sind etwas weniger als 6 Dollar). IFS-Netzkosten fuer auslaendische Benutzer muessen in harter Whrung wie US-Dollars bezahlt werden.

Die neue Zweiwege-Mglichkeit ersetzt eine ineffiziente Einweg-Verbindung, die sowjetische Wissenschaftler jahrelang benutzt haben, um Telenet-Hosts zu erreichen. "Wir wissen, dass seit einigen Jahren User in der Sowjetunion sich ueber Links in Finnland (DataPak) und Oesterreich (Radaus / Radio Austria) ins Telenet gewaehlt haben. Kunden haben angerufen und sich an uns als Verantwortliche gewandt." Da mit den Laendern keine Geschaeftsvereinbarungen bestanden, wurde Telenet nur durch informelle Gesprche mit Usern und PTTs auf den Datenverkehr aufmerksam.

Die Verbindung von Moskau ueber Finnland ist auch an guten Tagen teuer und ineffizient. Vor einigen Jahren gelang es den sowjetischen Daennetz-Benutzern, die UDSSR-Behoerde fuer Telekommunikation dazu zu bewegen, fuer sie eine Verbindung €zu DataPak in Finnland zu installieren, um einige der Durchwahl-Probleme zu eliminieren. Trotz allem funktionierte die Verbindung auf einer unzulaenglichen Basis, da die Sowjets keinen Data Network Identification Code (DNIC) hatten, der den Leuten die Moeglichkeit gibt, sich einzuwaehlen.

Nun gibt es ein X.25 Paket-Netzwerk mit X.3, X.28 und X.29- Protokollen fuer Verbindungen zu externen PADs, als auch zur asynchronen Kommunikation mit 300, 1 und 2400 bps. Innerhalb Moskaus sind bestimmte Verbindungslinien verfuegbar, die Synchronisationsraten zwischen 2400, 4800 und 9600 bps leisten. Ueberraschenderweise hat das IFS- Netzwerk volle X.75 Gateway-Faehigkeit, was bedeutet, dass das Netwerk vollen Interconnect mit den Systemen in jedem anderen Land machen kann.

Hinzugefuegt wurde, dass jeder Link zwischen dem neuen sowjetischen E-Mail-System und Telemail nach der Fertigstellung entsprechend X.400 funktionieren wuerde, was derzeit noch fehlt. Im Moment, hiess es, wuerden User dadurch einen saubereren Zugriffsweg haben, um ihre Mailboxen aus der Sowjetunion zu erreichen.

Sergeut steckte voller Ueberraschungen. "Telemail ist nur eins von 20 E-Mail-Systemen, das wir benutzen", sagte er. Ueber die oeffentlichen Systeme in Amerika: "Wir benutzen auch The Source und Dialcom." Ob er moeglicherweise die Dialcom-Lizenz in Finnland meine? "Nein, wir benutzen nicht Telebox. Wir benutzen Dialcom."

DIALCOM-USER IN RUSSLAND?

Dialcom-Sprecher David Burd bestaetigte, dass zu den Dialcom-Kunden tatsaechlich auch sowjetische Wissenschaftler und Doktoren zaehlen. Allerdings war er unsicher ueber das Netzwerk, das sie benutzen, da Dialcom-Hosts sowohl ueber Telenet als auch ueber Tymnet erreichbar sind. Dialcom beabsichtigt vorderhand nicht, formale Geschaeftsbeziehungen zu den Sowjets aufzunehmen, da es gegenwaertig keine Voraussagen ueber einen abschaetzbaren Bedarf gibt.

Es besteht auch die, wenngleich geringe, Moeglichkeit, dass sowjetische User sich entweder direkt oder ueber Telenet bei CompuServe eingelogt haben. Sergeout widersprach auch Namen wie Minitel, Telecom Gold, MCI Mail oder Easylink nicht, wiewohl er hervorhob, nicht zur Auskunft befugt zu sein, welche Systeme IFS nutzt und welche nicht. Telemail, Dialcom und The Source kenne er aus persoenlicher Erfahrung.

Derlei ist ueberraschend, aber in keiner Weise illegal. Keiner der E-Mail-Betreiber verlangt Treueschwuere, ehe ein Vertrag unterzeichnet ist. Wichtiger ist, ob auslaendische Benutzer, ob Kommunisten oder Kapitalisten, ihre Rechnung bezahlen. Was die Sicherheit betrifft, ist die Aussicht auf Privatheit auf dem IFS-Telenet-Link aehnlich gering, wie sie fuer Leute ist, die durch den Grenzzoll muessen. Wie bei jedem Telefonanruf aus Moskau besteht die Moeglichkeit, dass der KGB zu jeder Zeit mithoert. Und wie es in den USA seit €langem mit internationalen Telexen Routine ist, prueft moeglicherweise irgend jemand in Langley, VA, den Text, auf der Suche nach Leuten, die bestimmte Worte zu oft verwenden.

Quelle: EMMS Vol. 12, no 16, 15.7.88 Originaltitel: "E-Mail reaches Sowjetunion" Scouted by: padeluun, GTC-Mailbox, Stuttgart Uebersetzung: LABOR Translation Service

 

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