STRAFPROZESSORDNUNG (StPO)
Erstes Buch - Allgemeine Vorschriften
§ 112
[Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft]
(1) Die Untersuchungshaft darf gegen den Beschuldigten angeordnet
werden, wenn er der Tat dringend verdächtig ist und ein Haftgrund
besteht. Sie darf nicht angeordnet werden, wenn sie zu der Bedeutung
der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der
Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(2) Ein Haftgrund besteht, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen
- festgestellt wird, daß der Beschuldigte flüchtig
ist oder sich verborgen hält,
- bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles die Gefahr
besteht, daß der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen
werde (Fluchtgefahr), oder
- das Verhalten des Beschuldigten den dringenden Verdacht begründet,
er werde
- Beweismittel vernichten, verändern, beiseite schaffen,
unterdrücken oder fälschen oder
- auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer
Weise einwirken oder
- andere zu solchem Verhalten veranlassen,
und wenn deshalb die Gefahr droht, daß die Ermittlung der
Wahrheit erschwert werde (Verdunkelungsgefahr).
(3) Gegen den Beschuldigten, der einer Straftat nach § 129a
Abs.1 oder nach den §§ 211, 212, 220a Abs.1 Nr.1,
§ 226, 306b oder 306c des Strafgesetzbuches oder, soweit
durch die Tat Leib oder Leben eines anderen gefährdet worden
ist, nach § 308 Abs.1 bis 3 des Strafgesetzbuches dringend
verdächtig ist, darf die Untersuchungshaft auch angeordnet
werden, wenn ein Haftgrund nach Absatz 2 nicht besteht.
§ 112a
[Wiederholungsgefahr als Haftgrund]
(1) Ein Haftgrund besteht auch, wenn der beschuldigte dringend
verdächtig ist,
- eine Straftat nach den §§ 174, 174a, 176, 177 oder § 179
des Strafgesetzbuches oder
- wiederholt oder fortgesetzt eine die Rechtsordnung schwerwiegend
beeinträchtigende Straftat nach § 125a, nach den §§
224 bis 227, nach den §§ 243, 244, 249 bis 255, 260,
nach § 263, nach den §§ 306 bis 306c oder §
316a des Strafgesetzbuches oder nach § 29 Abs.1 Nr.1, 4, 10 oder Abs.3, § 29a Abs.1, § 30a Abs.1 des Betäubungsmittelgesetzes
begangen zu haben, und bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen,
daß er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche
Straftaten gleicher Art begehen oder die Straftat fortsetzen werde,
die Haft zur Abwendung der drohenden Gefahr erforderlich und in
den Fällen der Nummer 2 eine Freiheitsstrafe von mehr als
einem Jahr zu erwarten ist.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen
für den Erlaß eines Haftbefehls nach § 112 vorliegen und die Voraussetzungen für die Aussetzung des Vollzugs des
Haftbefehls nach § 116 Abs.1, 2 nicht gegeben sind.
§ 113
[Beschränkte Zulassung der bei Vergehen]
(1) Ist die Tat nur mit, Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten
oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen
bedroht, so darf die Untersuchungshaft wegen Verdunkelungsgefahr
nicht angeordnet werden.
(2) In diesen Fällen darf die Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr
nur angeordnet werden, wenn der Beschuldigte
- sich dem Verfahren bereits einmal entzogen hatte oder Anstalten
zur Flucht getroffen hat,
- im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder
Aufenthalt hat oder
- sich über seine Person nicht ausweisen kann.
§ 114
[Anforderungen an den Haftbefehl]
(1) Die Untersuchungshaft wird durch schriftlichen Haftbefehl
des Richters angeordnet.
(2) In dem Haftbefehl sind anzuführen
- der Beschuldigte,
- die Tat, deren er dringend verdächtig ist, Zeit und Ort
ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Straftat und die
anzuwendenden Strafvorschriften,
- der Haftgrund sowie
- die Tatsachen, aus denen sich der dringende Tatverdacht und
der Haftgrund ergibt, soweit nicht dadurch die Staatssicherheit
gefährdet wird.
(3) Wenn die Anwendung des § 112 Abs.1 Satz 2 naheliegt
oder der Beschuldigte sich auf diese Vorschrift beruft, sind die
Gründe dafür anzugeben, daß sie nicht angewandt wurde.
§ 114a
[Bekanntgabe des Haftbefehls an Beschuldigten]
(1) Der Haftbefehl ist dem Beschuldigten bei der Verhaftung bekanntzugeben.
Ist dies nicht möglich, so ist ihm vorläufig mitzuteilen,
welcher Tat er verdächtig ist. Die Bekanntgabe des Haftbefehls
ist in diesem Fall unverzüglich nachzuholen.
(2) Der Beschuldigte erhält eine Abschrift des Haftbefehls.
§ 114b
[Benachrichtigung von Angehörigen über die Verhaftung]
(1) Von der Verhaftung und jeder weiteren Entscheidung über
die Fortdauer der Haft wird ein Angehöriger des Verhafteten
oder eine Person seines Vertrauens unverzüglich benachrichtigt.
Für die Anordnung ist der Richter zuständig.
(2) Außerdem ist dem Verhafteten selbst Gelegenheit zu geben,
einen Angehörigen oder eine Person seines Vertrauens von
der Verhaftung zu benachrichtigen, sofern der Zweck der Untersuchung
dadurch nicht gefährdet wird.
§ 115
[Unverzügliche Vorführung vor den zuständigen Richter]
(1) Wird der Beschuldigte auf Grund des Haftbefehls ergriffen,
so ist er unverzüglich dem zuständigen Richter vorzuführen.
(2) Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der
Vorführung, spätestens am nächsten Tage, über
den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen.
(3) Bei der Vernehmung ist der Beschuldigte auf die ihn belastenden
Umstände und sein Recht hinzuweisen, sich zur Beschuldigung
zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen. Ihm ist
Gelegenheit zu geben, die Verdachts- und Haftgründe zu entkräften
und die Tatsachen geltend zu machen, die zu seinen Gunsten sprechen.
(4) Wird die Haft aufrechterhalten, so ist der Beschuldigte über
das Recht der Beschwerde und die anderen Rechtsbehelfe (§
117 Abs.1, 2, § 118 Abs.1,2) zu belehren.
§ 115
[Vorführung am nächsten Tag]
(1) Kann der Beschuldigte nicht spätestens am Tage nach der
Ergreifung vor den zuständigen Richter gestellt werden, so
ist er unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung,
dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorzuführen.
(2) Der Richter hat den Beschuldigten unverzüglich nach der
Vorführung, spätestens am nächsten Tage, zu vernehmen.
Bei der Vernehmung wird, soweit möglich, § 115 Abs.3 angewandt. Ergibt sich bei der Vernehmung, daß der Haftbefehl aufgehoben oder der Ergriffene nicht die in dem Haftbefehl bezeichnete Person ist, so ist der Ergriffene freizulassen. Erhebt dieser sonst gegen den Haftbefehl oder dessen Vollzug Einwendungen, die nicht offensichtlich unbegründet sind, oder hat der Richter Bedenken gegen die Aufrechterhaltung der Haft, so teilt er sie dem zuständigen Richter unverzüglich und auf dem nach den Umständen angezeigten schnellsten Wege mit.
(3) Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er auf sein Verlangen dem zuständigen Richter zur Vernehmung nach § 115 vorzuführen. Der Beschuldigte ist auf dieses Recht hinzuweisen und gemäß § 115 Abs.4 zu belehren.
§ 116
[Vollzugsaussetzung des Haftbefehls]
(1) Der Richter setzt den Vollzug eines Haftbefehls, der lediglich
wegen Fluchtgefahr gerechtfertigt ist, aus, wenn weniger einschneidende
Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen, daß
der Zweck der Untersuchungshaft auch durch sie erreicht werden
kann. In Betracht kommen namentlich
- die Anweisung, sich zu bestimmten Zeiten bei dem Richter, der Strafverfolgungsbehörde oder einer von ihnen bestimmten Dienststelle
zu melden,
- die Anweisung, den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten
Bereich nicht ohne Erlaubnis des Richters oder der Strafverfolgungsbehörde
zu verlassen,
- die Anweisung, die Wohnung nur unter Aufsicht einer bestimmten
Person zu verlassen,
- die Leistung einer angemessenen Sicherheit durch den Beschuldigten
oder einen anderen.
(2) Der Richter kann auch den Vollzug eines Haftbefehls, der wegen
Verdunkelungsgefahr gerechtfertigt ist, aussetzen, wenn weniger
einschneidende Maßnahmen die Erwartung hinreichend begründen,
daß sie die Verdunkelungsgefahr erheblich vermindern werden.
In Betracht kommt namentlich die Anweisung, mit Mitbeschuldigten,
Zeugen oder Sachverständigen keine Verbindung aufzunehmen.
(3) Der Richter kann den Vollzug eines Haftbefehls, der nach §
112a erlassen worden ist, aussetzen, wenn die Erwartung hinreichend begründet ist, daß der Beschuldigte bestimmte Anweisungen
befolgen und daß dadurch der Zweck der Haft erreicht wird.
(4) Der Richter ordnet in den Fällen der Absätze 1 bis
3 den Vollzug des Haftbefehls an, wenn
- der Beschuldigte den ihm auferlegten Pflichten oder Beschränkungen
gröblich zuwiderhandelt,
- der Beschuldigte Anstalten zur Flucht trifft, auf ordnungsgemäße
Ladung ohne genügende Entschuldigung ausbleibt oder sich auf andere Weise zeigt, daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht gerechtfertigt war, oder
- neu hervorgetretene Umstände die Verhaftung erforderlich
machen.
§ 116a
[Sicherheitsleistung durch Hinterlegung]
(1) Die Sicherheit ist durch Hinterlegung in barem Geld, in Wertpapieren, durch Pfandbestellung oder durch Bürgschaft geeigneter Personen zu leisten.
(2) Der Richter setzt Höhe und Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest.
(3) Der Beschuldigte, der die Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls
gegen Sicherheitsleistung beantragt und nicht im Geltungsbereich
dieses Gesetzes wohnt, ist verpflichtet, eine im Bezirk des zuständigen
Gerichts wohnende Person zum Empfang von Zustellungen zu bevollmächtigen.
§ 117
[Antrag auf Haftprüfung]
(1) Solange der Beschuldigte in Untersuchungshaft ist, kann er jederzeit die gerichtliche Prüfung beantragen, ob der Haftbefehl aufzuheben oder dessen Vollzug nach § 116 auszusetzen ist (Haftprüfung).
(2) Neben dem Antrag auf Haftprüfung ist die Beschwerde unzulässig.
Das Recht der Beschwerde gegen die Entscheidung, die auf den Antrag
ergeht, wird dadurch nicht berührt.
(3) Der Richter kann einzelne Ermittlungen anordnen, die für
die künftige Entscheidung über die Aufrechterhaltung
der Untersuchungshaft von Bedeutung sind, und nach Durchführung
dieser Ermittlungen eine neue Prüfung vornehmen.
(4) Hat der Beschuldigte noch keinen Verteidiger, so wird ihm ein Verteidiger für die Dauer der Untersuchungshaft bestellt, wenn deren Vollzug mindestens drei Monate gedauert hat und die Staatsanwaltschaft oder der Beschuldigte oder sein gesetzlicher Vertreter es beantragt. Über das Antragsrecht ist der Beschuldigte zu belehren. Die §§ 142, 143 und 145 gelten entsprechend.
(5) Hat die Untersuchungshaft drei Monate gedauert, ohne daß
der Beschuldigte die Haftprüfung beantragt oder Haftbeschwerde
eingelegt hat, so findet die Haftprüfung von Amts wegen statt,
es sei denn, daß der Beschuldigte einen Verteidiger hat.
§ 118
[Verfahren der Haftprüfung]
(1) Bei der Haftprüfung wird auf Antrag des Beschuldigten oder nach dem Ermessen des Gerichts von Amts wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden.
(2) Ist gegen den Haftbefehl Beschwerde eingelegt, so kann auch
im Beschwerdeverfahren auf Antrag des Beschuldigten oder von Amts
wegen nach mündlicher Verhandlung entschieden werden.
(3) Ist die Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung
aufrechterhalten worden, so hat der Beschuldigte einen Anspruch
auf eine weitere mündliche Verhandlung nur, wenn die Untersuchungshaft
mindestens drei Monate und seit der letzten mündlichen Verhandlung
mindestens zwei Monate gedauert hat.
(4) Ein Anspruch auf mündliche Verhandlung besteht nicht,
solange die Hauptverhandlung andauert oder wenn ein Urteil ergangen
ist, das auf eine Freiheitsstrafe oder eine freiheitsentziehende
Maßregel der Besserung und Sicherung erkennt.
(5) Die mündliche Verhandlung ist unverzüglich durchzuführen;
sie darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht über zwei
Wochen nach dem Eingang des Antrags anberaumt werden.
§ 118a
[Verfahren der mündlichen Verhandlung]
(1) Von Ort und Zeit der mündlichen Verhandlung sind die Staatsanwaltschaft sowie der Beschuldigte und der Verteidiger zu benachrichtigen.
(2) Der Beschuldigte ist zu der Verhandlung vorzuführen, es sei denn, daß er auf die Anwesenheit in der Verhandlung verzichtet hat oder daß der Vorführung weite Entfernung oder Krankheit des Beschuldigten oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. Wird der Beschuldigte zur mündlichen Verhandlung nicht vorgeführt, so muß ein Verteidiger seine Rechte in der Verhandlung wahrnehmen. In diesem Falle ist ihm für die mündliche Verhandlung ein Verteidiger zu bestellen, wenn er noch keinen Verteidiger hat. Die §§ 142, 143 und 145 gelten entsprechend.
(3) In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten
zu hören. Art und Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das
Gericht. Über die Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen;
die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend.
(4) Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung
zu verkünden. Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung
spätestens binnen einer Woche zu erlassen.
§ 118b
[Rechtsmittelvorschriften für den Antrag]
Für den Antrag auf Haftprüfung (§ 117 Abs.1) und
den Antrag auf mündliche Verhandlung gelten die §§ 297 bis 300 und 302 Abs.2 entsprechend.
§ 119
[Bestimmungen für die Untersuchungshaft]
(1) Der Verhaftete darf nicht mit anderen Gefangenen in demselben
Raum untergebracht werden. Er ist auch sonst von Strafgefangenen,
soweit möglich, getrennt zu halten.
(2) Mit anderen Untersuchungsgefangenen darf er in demselben Raum
untergebracht werden, wenn er es ausdrücklich schriftlich
beantragt. Der Antrag kann jederzeit in gleicher Weise zurückgenommen
werden. Der Verhaftete darf auch dann mit anderen Gefangenen in
demselben Raum untergebracht werden, wenn sein körperlicher
oder geistiger Zustand es erfordert.
(3) Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen
auferlegt werden, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die
Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordert.
(4) Bequemlichkeiten und Beschäftigungen darf er sich auf
seine Kosten verschaffen, soweit sie mit dem Zweck der Haft vereinbar
sind und nicht die Ordnung in der Vollzugsanstalt stören.
(5) Der Verhaftete darf gefesselt werden, wenn
- die Gefahr besteht, daß er Gewalt gegen Personen oder
Sachen anwendet, oder wenn er Widerstand leistet,
- er zu fliehen versucht oder wenn bei Würdigung der Umstände
des Einzelfalles, namentlich der Verhältnisse des Beschuldigten
und der Umstände, die einer Flucht entgegenstehen, die Gefahr
besteht, daß er sich aus dem Gewahrsam befreien wird,
- die Gefahr des Selbstmordes oder der Selbstbeschädigung besteht
und wenn die Gefahr durch keine andere, weniger einschneidende Maßnahme abgewendet werden kann. Bei der Hauptverhandlung soll er ungefesselt sein.
(6) Die nach diesen Vorschriften erforderlichen Maßnahmen
ordnet der Richter an. In dringenden Fällen kann der Staatsanwalt,
der Anstaltsleiter oder ein anderer Beamter, unter dessen Aufsicht
der Verhaftete steht, vorläufige Maßnahmen treffen.
Sie bedürfen der Genehmigung des Richters.
§ 120 [Amtsaufhebung des Haftbefehls]
(1) Der Haftbefehl ist aufzuheben, sobald die Voraussetzungen
der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, daß
die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der
zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung
außer Verhältnis stehen würde. Er ist namentlich
aufzuheben, wenn der Beschuldigte freigesprochen oder die Eröffnung
des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nicht bloß
vorläufig eingestellt wird.
(2) Durch die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung
des Beschuldigten nicht aufgehalten werden.
(3) Der Haftbefehl ist auch aufzuheben, wenn die Staatsanwaltschaft
es vor Erhebung der öffentlichen Klage beantragt. Gleichzeitig
mit dem Antrag kann die Staatsanwaltschaft die Freilassung des
Beschuldigten anordnen.
§ 121 [Zeitliche Haftbegrenzung]
(1) Solange kein Urteil ergangen ist, das auf Freiheitsstrafe
oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und
Sicherung erkennt, darf der Vollzug der Untersuchungshaft wegen
derselben Tat über sechs Monate hinaus nur aufrechterhalten
werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der besondere Umfang
der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das Urteil noch
nicht zulassen und die Fortdauer der Haft rechtfertigen.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist der Haftbefehl nach
Ablauf der sechs Monate aufzuheben, wenn nicht der Vollzug des
Haftbefehls nach § 116 ausgesetzt wird oder das Oberlandesgericht
die Fortdauer der Untersuchungshaft anordnet.
(3) Werden die Akten dem Oberlandesgericht vor Ablauf der in Absatz
2 bezeichneten Frist vorgelegt, so ruht der Fristenlauf bis zu
dessen Entscheidung. Hat die Hauptverhandlung begonnen, bevor
die Frist abgelaufen ist, so ruht der Fristenlauf auch bis zur
Verkündung des Urteils. Wird die Hauptverhandlung ausgesetzt
und werden die Akten unverzüglich nach der Aussetzung dem
Oberlandesgericht vorgelegt, so ruht der Fristenlauf ebenfalls
bis zu dessen Entscheidung.
(4) In den Sachen, in denen eine Strafkammer nach § 74a des
Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig ist, entscheidet das
nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständige
Oberlandesgericht. In den Sachen, in denen ein Oberlandesgericht
nach § 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes zuständig
ist, tritt an dessen Stelle der Bundesgerichtshof.
§ 122 [Prüfung über Haftfortdauer
durch Oberlandesgericht]
(1) In den Fällen des § 121 legt das zuständige
Gericht die Akten durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vor, wenn es die Fortdauer
der Untersuchungshaft für erforderlich hält oder die
Staatsanwaltschaft es beantragt.
(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte und der Verteidiger
zu hören. Das Oberlandesgericht kann über die Fortdauer
der Untersuchungshaft nach mündlicher Verhandlung entscheiden;
geschieht dies, so gilt § 118a entsprechend.
(3) Ordnet das Oberlandesgericht die Fortdauer der Untersuchungshaft
an, so gilt § 114 Abs. 2 Nr. 4 entsprechend. Für die
weitere Haftprüfung (§ 117 Abs. 1) ist das Oberlandesgericht
zuständig, bis ein Urteil ergeht, das auf Freiheitsstrafe
oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und
Sicherung erkennt. Es kann die Haftprüfung dem Gericht, das
nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständig ist,
für die Zeit von jeweils höchstens drei Monaten übertragen.
In den Fällen des § 118 Abs. 1 entscheidet das Oberlandesgericht
über einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach seinem
Ermessen.
(4) Die Prüfung der Voraussetzungen nach § 121 Abs.
1 ist auch im weiteren Verfahren dem Oberlandesgericht vorbehalten.
Die Prüfung muß jeweils spätestens nach drei Monaten
wiederholt werden.
(5) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Haftbefehls nach
§ 116 aussetzen.
(6) Sind in derselben Sache mehrere Beschuldigte in Untersuchungshaft,
so kann das Oberlandesgericht über die Fortdauer der Untersuchungshaft
auch solcher Beschuldigter entscheiden, für die es nach §
121 und den vorstehenden Vorschriften noch nicht zuständig
wäre.
(7) Ist der Bundesgerichtshof zur Entscheidung zuständig,
so tritt dieser an die Stelle des Oberlandesgerichts.
§ 122 a [Untersuchshaft über
ein Jahr hinaus]
In den Fällen des § 121 Abs. 1 darf der Vollzug der
Haft nicht länger als ein Jahr aufrechterhalten werden, wenn
sie auf den Haftgrund des § 112a gestützt ist.
§ 123 [Aufhebung von milderen Maßnahmen;
freiwerden von Sicherheitsleistungen]
(1) Eine Maßnahme, die der Aussetzung des Haftvollzugs dient
(§ 116), ist aufzuheben, wenn
1. der Haftbefehl aufgehoben wird oder
2. die Untersuchungshaft oder die erkannte Freiheitsstrafe oder
freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung
vollzogen wird.
(2) Unter denselben Voraussetzungen wird eine noch nicht verfallene
Sicherheit frei.
(3) Wer für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, kann
deren Freigabe dadurch erlangen, daß er entweder binnen
einer vom Gericht zu bestimmenden Frist die Gestellung des Beschuldigten
bewirkt oder die Tatsachen, die den Verdacht einer vorn Beschuldigten
beabsichtigten Flucht begründen, so rechtzeitig mitteilt,
daß der Beschuldigte verhaftet werden kann.
§ 124 [Sicherheitsverfall]
(1) Eine noch nicht frei gewordene Sicherheit verfällt der
Staatskasse, wenn der Beschuldigte sich der Untersuchung oder
dem Antritt der erkannten Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehenden
Maßregel der Besserung und Sicherung entzieht.
(2) Vor der Entscheidung sind der Beschuldigte sowie derjenige,
welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, zu
einer Erklärung aufzufordern. Gegen die Entscheidung steht
ihnen nur die sofortige Beschwerde zu. Vor der Entscheidung über
die Beschwerde ist ihnen und der Staatsanwaltschaft Gelegenheit
zur mündlichen Begründung ihrer Anträge sowie zur
Erörterung über durchgeführte Ermittlungen zu geben.
(3) Die den Verfall aussprechende Entscheidung hat gegen denjenigen,
welcher für den Beschuldigten Sicherheit geleistet hat, die
Wirkungen eines von dem Zivilrichter erlassenen, für vorläufig
vollstreckbar erklärten Endurteils und nach Ablauf der Beschwerdefrist
die Wirkungen eines rechtskräftigen Zivilendurteils.
§ 125
[Zuständigkeit für den Haftbefehl]
(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage erläßt
der Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Gerichtsstand
begründet ist oder der Beschuldigte sich aufhält, auf
Antrag der Staatsanwaltschaft oder, wenn ein Staatsanwalt nicht
erreichbar und Gefahr im Verzug ist, von Amts wegen den Haftbefehl.
(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage erläßt
den Haftbefehl das Gericht, das mit der Sache befaßt ist,
und, wenn Revision eingelegt ist, das Gericht, dessen Urteil angefochten
ist. In dringenden Fällen kann auch der Vorsitzende den Haftbefehl erlassen.
§ 126
[Zuständiger Richter für weitere Maßnahmen]
(1) Vor Erhebung der öffentlichen Klage ist für die
weiteren richterlichen Entscheidungen und Maßnahmen, die
sich auf die Untersuchungshaft oder auf die Aussetzung des Haftvollzugs
(§ 116) beziehen, der Richter zuständig, der den Haftbefehl erlassen hat. Hat das Beschwerdegericht den Haftbefehl erlassen,
so ist der Richter zuständig, der die vorangegangene Entscheidung
erlassen hat. Wird das vorbereitende Verfahren an einem anderen
Ort geführt oder die Untersuchungshaft an einem anderen Ort
vollzogen, so kann der Richter, sofern die Staatsanwaltschaft
es beantragt, die Zuständigkeit dem Richter bei dem Amtsgericht
dieses Ortes übertragen. Ist der Ort in mehrere Gerichtsbezirke
geteilt, so bestimmt die Landesregierung durch Rechtsverordnung
das zuständige Amtsgericht. Die Landesregierung kann diese
Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltung übertragen.
(2) Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht
zuständig, das mit der Sache befaßt ist. Nach Einlegung
der Revision ist das Gericht zuständig, dessen Urteil angefochten
ist. Einzelne Maßnahmen, insbesondere nach § 119, ordnet der Vorsitzende an. In dringenden Fällen kann er auch den
Haftbefehl aufheben oder den Vollzug aussetzen (§ 116), wenn die Staatsanwaltschaft zustimmt; andernfalls ist unverzüglich
die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.
(3) Das Revisionsgericht kann den Haftbefehl aufheben, wenn es
das angefochtene Urteil aufhebt und sich bei dieser Entscheidung
ohne weiteres ergibt, daß die Voraussetzungen des §
120 Abs.1 vorliegen.
(4) Die §§ 121 und 122 bleiben unberührt.
§ 126a
[Einstweilige Unterbringung in Anstalten]
(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden,
daß jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit
oder verminderten Schuldfähigkeit (§§ 20, 21 des
Strafgesetzbuches) begangen hat und daß seine Unterbringung
in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt
angeordnet werden wird, so kann das Gericht durch Unterbringungsbefehl
die einstweilige Unterbringung in einer dieser Anstalten anordnen,
wenn die öffentliche Sicherheit es erfordert.
(2) Für die einstweilige Unterbringung gelten die §§
114 bis 115a, 117 bis 119, 125 und 126 entsprechend. Hat der Unterzubringende einen gesetzlichen Vertreter, so ist der Beschluß auch diesem
bekanntzugeben.
(3) Der Unterbringungsbefehl ist aufzuheben, wenn die Voraussetzungen
der einstweiligen Unterbringung nicht mehr vorliegen oder wenn
das Gericht im Urteil die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt nicht anordnet. Durch
die Einlegung eines Rechtsmittels darf die Freilassung nicht aufgehalten
werden. § 120 Abs.3 gilt entsprechend.
§ 127
[Recht zur vorläufige Festnahme]
(1) Wird jemand auf frischer Tat betroffen oder verfolgt, so ist,
wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität
nicht sofort festgestellt werden kann, jedermann befugt, ihn auch
ohne richterliche Anordnung vorläufig festzunehmen. Die Feststellung
der Identität einer Person durch die Staatsanwaltschaft oder
die Beamten des Polizeidienstes bestimmt sich nach § 163b Abs.1.
(2) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes
sind bei Gefahr im Verzug auch dann zur vorläufigen Festnahme
befugt, wenn die Voraussetzungen eines Haftbefehls oder eines
Unterbringungsbefehls vorliegen.
(3) Ist eine Straftat nur auf Antrag verfolgbar, so ist die vorläufige
Festnahme auch dann zulässig, wenn ein Antrag noch nicht
gestellt ist. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit
Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist.
§ 127a
[Absehen von der Anordnung der Festnahme]
(1) Hat der Beschuldigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen
festen Wohnsitz oder Aufenthalt und liegen die Voraussetzungen
eines Haftbefehls nur wegen Fluchtgefahr vor, so kann davon abgesehen
werden, seine Festnahme anzuordnen oder aufrechtzuerhalten, wenn
- nicht damit zu rechnen ist, daß wegen der Tat eine Freiheitsstrafe
verhängt oder eine freiheitsentziehende Maßregel der
Besserung und Sicherung angeordnet wird und
- der Beschuldigte eine angemessene Sicherheit für die zu
erwartende Geldstrafe und die Kosten des Verfahrens leistet.
(2) § 116a Abs.1 und 3 gilt entsprechend.
(1) Die Staatsanwaltschaft und die Beamten des Polizeidienstes sind zur vorläufigen Festnahme eines auf frischer Tat Betroffenen oder Verfolgten auch dann befugt, wenn
- eine unverzügliche Entscheidung im beschleunigten Verfahren wahrscheinlich ist und
- auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, daß der Festgenommene der Hauptverhandlung fernbleiben wird.
(2) Ein Haftbefehl (§ 128 Abs.2 Satz 2) darf aus den Gründen des Absatzes 1 gegen den der Tat dringend Verdächtigen nur ergehen, wenn die Durchführung der Hauptverhandlung binnen einer Woche nach der Festnahme zu erwarten ist. Der Haftbefehl ist auf höchstens eine Woche ab dem Tage der Festnahme zu befristen.
(3) Über den Erlaß des Haftbefehls soll der für die Durchführung des beschleunigten Verfahrens zuständige Richter entscheiden.
§ 128
[Vorführung des Beschuldigten]
(1) Der Festgenommene ist, sofern er nicht wieder in Freiheit
gesetzt wird, unverzüglich, spätestens am Tage nach
der Festnahme, dem Richter bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk
er festgenommen worden ist, vorzuführen. Der Richter vernimmt
den Vorgeführten gemäß § 115 Abs.3.
(2) Hält der Richter die Festnahme nicht für gerechtfertigt
oder ihre Gründe für beseitigt, so ordnet er die Freilassung
an. Andernfalls erläßt er auf Antrag der Staatsanwaltschaft
oder, wenn ein Staatsanwalt nicht erreichbar ist, von Amts wegen
einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl. § 115 Abs.4 gilt entsprechend.
§ 129
[Vorführung nach Anklageerhebung; Entscheidung]
Ist gegen den Festgenommenen bereits die öffentliche Klage
erhoben, so ist er entweder sofort oder auf Verfügung des
Richters, dem er zunächst vorgeführt worden ist, dem
zuständigen Gericht vorzuführen; dieses hat spätestens
am Tage nach der Festnahme über Freilassung, Verhaftung oder
einstweilige Unterbringung des Festgenommenen zu entscheiden.
§ 130 [Haftbefehl ohne Strafantrag]
Wird wegen Verdachts einer Straftat, die nur auf Antrag verfolgbar
ist, ein Haftbefehl erlassen, bevor der Antrag gestellt ist, so
ist der Antragsberechtigte, von mehreren wenigstens einer, sofort
von dem Erlaß des Haftbefehls in Kenntnis zu setzen und
davon zu unterrichten, daß der Haftbefehl aufgehoben werden
wird, wenn der Antrag nicht innerhalb einer vom Richter zu bestimmenden
Frist, die eine Woche nicht überschreiten soll, gestellt
wird. Wird innerhalb der Frist Strafantrag nicht gestellt, so
ist der Haftbefehl aufzuheben. Dies gilt entsprechend, wenn eine
Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar
ist. § 120 Abs. 3 ist anzuwenden.
§ 131 [Steckbriefliche Ermittlungen]
(1) Auf Grund eines Haftbefehls oder eines Unterbringungsbefehls
können die Staatsanwaltschaft oder der Richter einen Steckbrief
erlassen, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich verborgen
hält.
(2) Ohne Haft- oder Unterbringungsbefehl ist eine steckbriefliche
Verfolgung nur zulässig, wenn ein Festgenommener entweicht
oder sich sonst der Bewachung entzieht. In diesen Fällen
kann auch die Polizeibehörde einen Steckbrief erlassen.
(3) In dem Steckbrief ist der Verfolgte zu bezeichnen und soweit
möglich zu beschreiben. Die Tat, deren er verdächtig
ist, sowie Ort und Zeit ihrer Begehung sind anzugeben.
(4) Die §§ 115 und 115a gelten entsprechend.
|
Neunter-a Abschnitt:
Sonstige Maßnahmen zur Sicherstellung der Strafverfolgung und Strafvollstreckung |
§ 132 [Sicherheitsleistung bei Beschuldigten
ohne festen Wohnsitz; Zustellungsbevollmächtigter]
(1) Hat der Beschuldigte, der einer Straftat dringend verdächtig
ist, im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz
oder Aufenthalt, liegen aber die Voraussetzungen eines Haftbefehls
nicht vor, so kann, um die Durchführung des Strafverfahrens
sicherzustellen, angeordnet werden, daß der Beschuldigte
- eine angemessene Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe
und die Kosten des Verfahrens leistet und
- eine im Bezirk des zuständigen Gerichts wohnende Person
zum Empfang von Zustellungen bevollmächtigt.
§ 116a Abs.1 gilt entsprechend.
(2) Die Anordnung dürfen nur der Richter, bei Gefahr im Verzuge
auch die Staatsanwaltschaft und ihre Hilfsbeamten (§ 152
des Gerichtsverfassungsgesetzes) treffen.
(3) Befolgt der beschuldigte die Anordnung nicht, so können
Beförderungsmittel und andere Sachen, die der Beschuldigte
mit sich führt und die ihm gehören, beschlagnahmt werden.
Die §§ 94 und 98 gelten entsprechend.
§ 132a [Anordnung und Aufhebung
des vorläufigen Berufsverbot]
(1) Sind dringende Gründe für die Annahme vorhanden,
daß ein Berufsverbot angeordnet werden wird (§ 70 des
Strafgesetzbuches), so kann der Richter dem Beschuldigten durch
Beschluß die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes
oder Gewerbezweiges vorläufig verbieten. § 70 Abs.3
des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
(2) Das vorläufige Berufsverbot ist aufzuheben, wenn sein
Grund weggefallen ist oder wenn das Gericht im Urteil das Berufsverbot
nicht anordnet.
§ 133
[Schriftliche Ladung]
(1) Der Beschuldigte ist zur Vernehmung schriftlich zu laden.
(2) Die Ladung kann unter der Androhung geschehen, daß im
Falle des Ausbleibens seine Vorführung erfolgen werde.
§ 134
[Sofortige Vorführung]
(1) Die sofortige Vorführung des Beschuldigten kann verfügt
werden, wenn Gründe vorliegen, die den Erlaß eines
Haftbefehls rechtfertigen würden.
(2) In dem Vorführungsbefehl ist der Beschuldigte genau zu
bezeichnen und die ihm zur Last gelegte Straftat sowie der Grund
der Vorführung anzugeben.
§ 135
[Unverzügliche Vernehmung]
Der Beschuldigte ist unverzüglich dem Richter vorzuführen
und von diesem zu vernehmen. Er darf auf Grund des Vorführungsbefehls
nicht länger festgehalten werden als bis zum Ende des Tages,
der dem Beginn der Vorführung folgt.
§ 136
[Pflichten bei der erste Vernehmung]
(1) Bei Beginn der ersten Vernehmung ist dem Beschuldigten zu
eröffnen, welche Tat ihm zur Last gelegt wird und welche
Strafvorschriften in Betracht kommen. Er ist darauf hinzuweisen,
daß es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung
zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und jederzeit,
auch schon vor seiner Vernehmung, einen von ihm zu wählenden
Verteidiger zu befragen. Er ist ferner darüber zu belehren,
daß er zu seiner Entlastung einzelne Beweiserhebungen beantragen
kann. In geeigneten Fällen soll der Beschuldigte auch darauf
hingewiesen werden, daß er sich schriftlich äußern kann.
(2) Die Vernehmung soll dem Beschuldigten Gelegenheit geben, die
gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe zu beseitigen und
die zu seinen Gunsten sprechenden Tatsachen geltend zu machen.
(3) Bei der ersten Vernehmung des Beschuldigten ist zugleich auf
die Ermittlung seiner persönlichen Verhältnisse Bedacht
zu nehmen.
§ 136a
[Unzulässige Vernehmungsmethoden]
(1) Die Freiheit der Willensentschließung und der Willensbetätigung
des Beschuldigten darf nicht beeinträchtigt werden durch
Mißhandlung, durch Ermüdung, durch körperlichen
Eingriff;, durch Verabreichung von Mitteln, durch Quälerei,
durch Täuschung oder durch Hypnose. Zwang darf nur angewandt
werden, soweit das Strafverfahrensrecht dies zuläßt.
Die Drohung mit einer nach seinen Vorschriften unzulässigen
Maßnahme und das Versprechen eines gesetzlich nicht vorgesehenen
Vorteils sind verboten.
(2) Maßnahmen, die das Erinnerungsvermögen oder die
Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten beeinträchtigen,
sind nicht gestattet.
(3) Das Verbot der Absätze 1 und 2 gilt ohne Rücksicht
auf die Einwilligung des Beschuldigten. Aussagen, die unter Verletzung
dieses Verbots zustande gekommen sind, dürfen auch dann nicht
verwertet werden, wenn der Beschuldigte der Verwertung zustimmt.
§ 137
[Verteidiger]
(1) Der Beschuldigte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des
Beistandes eines Verteidigers bedienen. Die Zahl der gewählten
Verteidiger darf drei nicht übersteigen.
(2) Hat der Beschuldigte einen gesetzlichen Vertreter, so kann
auch dieser selbständig einen Verteidiger wählen. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.
§ 138
[Zulässige Verteidiger]
(1) Zu Verteidigern können die bei einem deutschen Gericht
zugelassenen Rechtsanwälte sowie die Rechtslehrer an deutschen
Hochschulen gewählt werden.
(2) Andere Personen können nur mit Genehmigung des Gerichts
und, wenn der Fall einer notwendigen Verteidigung vorliegt und
der Gewählte nicht zu den Personen gehört, die zu Verteidigern
bestellt werden dürfen, nur in Gemeinschaft mit einer solchen
als Wahlverteidiger zugelassen werden.
§ 138a
[Ausschließung von Verteidigern]
(1) Ein Verteidiger ist von der Mitwirkung in einem Verfahren
auszuschließen, wenn er dringend oder in einem die Eröffnung
des Hauptverfahrens rechtfertigenden Grade verdächtig ist, daß er
- an der Tat, die den Gegenstand der Untersuchung bildet, beteiligt ist,
- den Verkehr mit dem nicht auf freiem Fuß befindlichen Beschuldigten dazu mißbraucht, Straftaten zu begehen
oder die Sicherheit einer Vollzugsanstalt erheblich zu gefährden, oder
- eine Handlung begangen hat, die für den Faß der Verurteilung des Beschuldigten Begünstigung,
Strafvereitelung oder Hehlerei wäre.
(2) Von der Mitwirkung in einem Verfahren, das eine Straftat nach
§ 129a des Strafgesetzbuches zum Gegenstand hat, ist ein
Verteidiger auch auszuschließen, wenn bestimmte Tatsachen
den Verdacht begründen, daß er eine der in Absatz 1 Nr.1 und 2 bezeichneten Handlungen
begangen hat oder begeht.
(3) Die Ausschließung ist aufzuheben,
- sobald ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, jedoch nicht allein deshalb,
weil der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt worden ist,
- wenn der Verteidiger in einem wegen des Sachverhalts, der zur
Ausschließung geführt hat, eröffneten Hauptverfahren
freigesprochen oder wenn in einem Urteil des Ehren- oder Berufsgerichts
eine schuldhafte Verletzung der Berufspflichten im Hinblick auf
diesen Sachverhalt nicht festgestellt wird,
- wenn nicht spätestens ein Jahr nach der Ausschließung
wegen des Sachverhalts, der zur Ausschließung geführt
hat, das Hauptverfahren im Strafverfahren oder im ehren- oder
berufsgerichtlichen Verfahren eröffnet oder ein Strafbefehl erlassen worden ist.
Eine Ausschließung, die nach Nummer 3 aufzuheben ist, kann
befristet, längstens jedoch insgesamt für die Dauer
eines weiteren Jahres, aufrechterhalten werden, wenn die besondere
Schwierigkeit oder der besondere Umfang der Sache oder ein anderer
wichtiger Grund die Entscheidung über die Eröffnung
des Hauptverfahrens noch nicht zuläßt.
(4) Solange ein Verteidiger ausgeschlossen ist, kann er den Beschuldigten
auch in anderen gesetzlich geordneten Verfahren nicht verteidigen.
In sonstigen Angelegenheiten darf er den Beschuldigten, der sich
nicht auf freiem Fuß befindet, nicht aufsuchen.
(5) Andere Beschuldigte kann ein Verteidiger, solange er ausgeschlossen
ist, in demselben Verfahren nicht verteidigen, in anderen Verfahren
dann nicht, wenn diese eine Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches
zum Gegenstand haben und die Ausschließung in einem Verfahren
erfolgt ist, das ebenfalls eine solche Straftat zum Gegenstand hat. Absatz 4 gilt entsprechend.
§ 138b
[Weitere Ausschlußgründe für Strafverteidiger]
Von der Mitwirkung in einem Verfahren, das eine der in § 74a Abs.1 Nr.3 und § 120 Abs.1 Nr.3
des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Straftaten oder die Nichterfüllung der Pflichten nach § 138
des Strafgesetzbuches hinsichtlich der Straftaten des Landesverrates oder einer Gefährdung der äußeren
Sicherheit nach den §§ 94 bis 96, 97a und 100 des Strafgesetzbuches zum Gegenstand hat,
ist ein Verteidiger auch dann auszuschließen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme begründet ist,
daß seine Mitwirkung eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland herbeiführen würde.
§ 138a Abs.3 Satz 1 Nr.1 gilt entsprechend.
§ 138c
[Zuständigkeit für die Ausschließung]
(1) Die Entscheidungen nach den §§ 138a und 138b
trifft das Oberlandesgericht. Werden im vorbereitenden Verfahren die Ermittlungen vom Generalbundesanwalt geführt
oder ist das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof anhängig, so entscheidet der Bundesgerichtshof.
Ist das Verfahren vor einem Senat eines Oberlandesgerichtes oder des Bundesgerichtshofes anhängig,
so entscheidet ein anderer Senat.
(2) Das nach Absatz 1 zuständige Gericht entscheidet nach Erhebung der öffentlichen Klage
bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens auf Vorlage des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist,
sonst auf Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Vorlage erfolgt auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen
durch Vermittlung der Staatsanwaltschaft. Soll ein Verteidiger ausgeschlossen werden, der Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ist,
so ist eine Abschrift des Antrages der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 oder die Vorlage des Gerichts
dem Vorstand der zuständigen Rechtsanwaltskammer mitzuteilen. Der Verteidiger kann sich im Verfahren äußern.
(3) Das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, kann anordnen, daß die Rechte des Verteidigers
aus den §§ 147 und 148 bis zur Entscheidung
des nach Absatz 1 zuständigen Gerichts über die Ausschließung ruhen; es kann das Ruhen dieser Rechte
auch für die in § 138a Abs.4 und 5 bezeichneten Fälle anordnen.
Vor Erhebung der öffentlichen Klage und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens
trifft die Anordnung nach Satz 1 das Gericht, das über die Ausschließung der Verteidigers zu entscheiden hat.
Die Anordnung ergeht durch unanfechtbaren Beschluß. Für die Dauer der Anordnung hat das Gericht
zur Wahrnehmung der Rechte aus den §§ 147 und 148
einen anderen Verteidiger zu bestellen. § 142 gilt entsprechend.
(4) Legt das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, gemäß Absatz 2 während
der Hauptverhandlung vor, so hat es zugleich mit der Vorlage die Hauptverhandlung bis zur Entscheidung
durch das nach Absatz 1 zuständige Gericht zu unterbrechen oder auszusetzen. Die Hauptverhandlung kann bis zu
dreißig Tagen unterbrochen werden.
(5) Scheidet der Verteidiger aus eigenem Entschluß oder
auf Veranlassung des Beschuldigten von der Mitwirkung in einem
Verfahren aus, nachdem gemäß Absatz 2 der Antrag auf
Ausschließung gegen ihn gestellt oder die Sache dem zur
Entscheidung zuständigen Gericht vorgelegt worden ist, so
kann dieses Gericht das Ausschließungsverfahren weiterführen
mit dem Ziel der Feststellung, ob die Mitwirkung des ausgeschiedenen
Verteidigers in dem Verfahren zulässig ist. Die Feststellung der Unzulässigkeit steht im Sinne
der §§ 138a, 138b, 138d
der Ausschließung gleich.
(6) Ist der Verteidiger von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen
worden, so können ihm die durch die Aussetzung verursachten
Kosten auferlegt werden. Die Entscheidung hierüber trifft
das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist.
§ 138d
[Verfahren für die Auschließung]
(1) Über die Ausschließung des Verteidigers wird nach
mündlicher Verhandlung entschieden.
(2) Der Verteidiger ist zu dem Termin der mündlichen Verhandlung zu laden. Die Ladungsfrist beträgt eine Woche;
sie kann auf drei Tage verkürzt werden. Die Staatsanwaltschaft, der Beschuldigte und in den Fällen
des § 138c Abs.2 Satz 3 der Vorstand der Rechtsanwaltskammer
sind von dem Termin zur mündlichen Verhandlung zu benachrichtigen.
(3) Die mündliche Verhandlung kann ohne den Verteidiger durchgeführt
werden, wenn er ordnungsgemäß geladen und in der Ladung
darauf hingewiesen worden ist, daß in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann.
(4) In der mündlichen Verhandlung sind die anwesenden Beteiligten
zu hören. Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht
nach pflichtgemäßem Ermessen. Über die Verhandlung ist eine Niederschrift aufzunehmen;
die §§ 271 bis 273 gelten entsprechend.
(5) Die Entscheidung ist am Schluß der mündlichen Verhandlung
zu verkünden. Ist dies nicht möglich, so ist die Entscheidung
spätestens binnen einer Woche zu erlassen.
(6) Gegen die Entscheidung, durch die ein Verteidiger aus den
in § 138a genannten Gründen ausgeschlossen wird oder
die einen Fall des § 138b betrifft, ist sofortige Beschwerde zulässig.
Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer steht ein Beschwerderecht nicht zu. Eine die Ausschließung des Verteidigers
nach § 138a ablehnende Entscheidung ist nicht anfechtbar.
§ 139
[Übertragung der Verteidigung auf Rechtsreferendare]
Der als Verteidiger gewählte Rechtsanwalt kann mit Zustimmung
dessen, der ihn gewählt hat, die Verteidigung einem Rechtskundigen,
der die erste Prüfung für den Justizdienst bestanden
hat und darin seit mindestens einem Jahr und drei Monaten beschäftigt ist, übertragen.
§ 140
[Notwendige Mitwirkung von Verteidigern]
(1) Die Mitwirkung eines Verteidigers ist notwendig, wenn
- die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht
oder dem Landgericht stattfindet;
- dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
- das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
- (aufgehoben)
- der Beschuldigte sich mindestens drei Monate auf Grund richterlicher
Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befunden hat und nicht mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung entlassen wird;
- zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in
Frage kommt;
- ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
- der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung
in dem Verfahren ausgeschlossen ist.
(2) In anderen Fällen bestellt der Vorsitzende auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, daß sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann, namentlich, weil dem Verletzten nach den §§ 397a und 406g Abs.3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden
ist. Dem Antrag eines tauben oder stummen Beschuldigten ist zu entsprechen.
(3) Die Bestellung eines Verteidigers nach Absatz 1 Nr.5 kann aufgehoben werden, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Die Bestellung des Verteidigers nach § 117 Abs.4 bleibt unter den in Absatz 1 Nr.5 bezeichneten Voraussetzungen für das weitere Verfahren wirksam, wenn nicht ein anderer Verteidiger bestellt wird.
§ 141
[Verteidigerbestellung]
(1) In den Fällen des § 140 Abs.1 und 2 wird dem Angeschuldigten, der noch keinen Verteidiger hat, ein Verteidiger bestellt, sobald er gemäß § 201 zur Erklärung über die Anklageschrift aufgefordert worden ist.
(2) Ergibt sich erst später, daß ein Verteidiger notwendig ist, so wird er sofort bestellt.
(3) Der Verteidiger kann auch schon während des Vorverfahrens bestellt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragt dies, wenn nach ihrer Auffassung in dem gerichtlichen Verfahren die Mitwirkung eines Verteidigers nach § 140 Abs.1 oder 2 notwendig sein wird. Nach dem Abschluß der Ermittlungen (§ 169a) ist er auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu bestellen.
(4) Über die Bestellung entscheidet der Vorsitzende des Gerichts, das für das Hauptverfahren zuständig oder bei dem das Verfahren anhängig ist.
§ 142
[Wahl des Pflichtverteidigers]
(1) Der zu bestellende Verteidiger wird durch den Vorsitzenden des Gerichts möglichst aus der Zahl der bei einem Gericht des Gerichtsbezirks zugelassenen Rechtsanwälte ausgewählt. Dem Beschuldigten soll Gelegenheit gegeben werden, innerhalb einer
zu bestimmenden Frist einen Rechtsanwalt zu bezeichnen. Der Vorsitzende bestellt den vom Beschuldigten bezeichneten Verteidiger, wenn nicht wichtige Gründe entgegenstehen.
(2) In den Fällen des § 140 Abs.1 Nr.2 und 5 sowie
des § 140 Abs.2 können auch Rechtskundige, welche die vorgeschriebene erste Prüfung für den Justizdienst bestanden haben und darin seit mindestens einem Jahr und drei Monaten beschäftigt sind, für den ersten Rechtszug als Verteidiger bestellt werden, jedoch nicht bei dem Gericht, dessen Richter sie zur Ausbildung überwiesen sind.
§ 143
[Bestellungsrücknahme]
Die Bestellung ist zurückzunehmen, wenn demnächst ein
anderer Verteidiger gewählt wird und dieser die Wahl annimmt.
(weggefallen)
§ 145
[Weigerung des Verteidigers; Neubestellung]
(1) Wenn in einem Falle, in dem die Verteidigung notwendig ist, der Verteidiger in der Hauptverhandlung ausbleibt, sich unzeitig entfernt oder sich weigert, die Verteidigung zu führen, so hat der Vorsitzende dem Angeklagten sogleich einen anderen Verteidiger
zu bestellen. Das Gericht kann jedoch auch eine Aussetzung der Verhandlung beschließen.
(2) Wird der notwendige Verteidiger gemäß § 141
Abs.2 erst im Laufe der Hauptverhandlung bestellt, so kann das Gericht eine Aussetzung der Verhandlung beschließen.
(3) Erklärt der neu bestellte Verteidiger, daß ihm die zur Vorbereitung der Verteidigung erforderliche Zeit nicht verbleiben würde, so ist die Verhandlung zu unterbrechen oder auszusetzen.
(4) Wird durch die Schuld des Verteidigers eine Aussetzung erforderlich,
so sind ihm die hierdurch verursachten Kosten aufzuerlegen.
§ 145
[Empfangnahme von Zustellungen durch den Verteidiger]
(1) Der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet, sowie der bestellte Verteidiger gelten als ermächtigt, Zustellungen und sonstige Mitteilungen für den Beschuldigten in Empfang zu nehmen.
(2) Eine Ladung des Beschuldigten darf an den Verteidiger nur zugestellt werden, wenn er in einer bei den Akten befindlichen Vollmacht ausdrücklich zur Empfangnahme von Ladungen ermächtigt ist. § 116a Abs.3 bleibt unberührt.
(3) Wird eine Entscheidung dem Verteidiger nach Absatz 1 zugestellt, so wird der Beschuldigte hiervon unterrichtet; zugleich erhält er formlos eine Abschrift der Entscheidung. Wird eine Entscheidung dem Beschuldigten zugestellt, so wird der Verteidiger hiervon zugleich unterrichtet, auch wenn eine schriftliche Vollmacht bei den Akten nicht vorliegt; dabei erhält er formlos eine Abschrift der Entscheidung.
§ 146
[Gemeinschaftlicher Verteidigigung derselben Tat]
Ein Verteidiger kann nicht gleichzeitig mehrere derselben Tat
Beschuldigte verteidigen. In einem Verfahren kann er auch nicht
gleichzeitig mehrere verschiedener Taten Beschuldigte verteidigen.
§ 146a
[Zurückweisung von Wahlverteidigern]
(1) Ist jemand als Verteidiger gewählt worden, obwohl die Voraussetzungen des § 137 Abs.1 Satz 2 oder des § 146
vorliegen, so ist er als Verteidiger zurückzuweisen, sobald dies erkennbar wird; gleiches gilt, wenn die Voraussetzungen des § 146 nach der Wahl eintreten. Zeigen in den Fällen des § 137 Abs.1 Satz 2 mehrere Verteidiger gleichzeitig ihre Wahl an und wird dadurch die Höchstzahl der wählbaren Verteidiger überschritten, so sind sie alle zurückzuweisen.
Über die Zurückweisung entscheidet das Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist oder das für das Hauptverfahren zuständig wäre.
(2) Handlungen, die ein Verteidiger vor der Zurückweisung vorgenommen hat, sind nicht deshalb unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 137 Abs.1 Satz 2 oder des § 146 vorlagen.
§ 147
[Akteneinsicht]
(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen
oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären,
einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.
(2) Ist der Abschluß der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, so kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenstücke sowie die Besichtigung der amtlich verwahrten Beweisstücke versagt werden, wenn sie den Untersuchungszweck gefährden kann.
(3) Die Einsicht in die Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.
(4) Auf Antrag sollen dem Verteidiger, soweit nicht wichtige Gründe
entgegenstehen, die Akten mit Ausnahme der Beweisstücke zur
Einsichtnahme in seine Geschäftsräume oder in seine
Wohnung mitgegeben werden. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet
während des vorbereitenden Verfahrens die Staatsanwaltschaft,
im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befaßten Gerichts.
(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht
vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung
spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem
Verteidiger ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht
wieder uneingeschränkt besteht.
§ 148
[Treffen zwischen Beschuldigten und Verteidiger]
(1) Dem Beschuldigten ist, auch wenn er sich nicht auf freiem Fuß befindet, schriftlicher und mündlicher Verkehr mit dem Verteidiger gestattet.
(2) Befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß und ist Gegenstand der Untersuchung eine Straftat nach § 129a des Strafgesetzbuches, so sind Schriftstücke und andere Gegenstände zurückzuweisen, sofern sich der Absender nicht damit einverstanden erklärt, daß sie zunächst
einem Richter vorgelegt werden. Das gleiche gilt unter den Voraussetzungen
des Satzes 1 für den schriftlichen Verkehr zwischen dem Beschuldigten
und einem Verteidiger in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren.
Ist der schriftliche Verkehr nach Satz 1 oder 2 zu überwachen,
so sind für das Gespräch zwischen dem Beschuldigten
und dem Verteidiger Vorrichtungen vorzusehen, die die Übergabe
von Schriftstücken und anderen Gegenständen ausschließen.
§ 148a
[Zuständigkeit für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen]
(1) Für die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen
nach § 148 Abs.2 ist der Richter bei dem Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Vollzugsanstalt liegt. Ist eine Anzeige nach
§ 138 des Strafgesetzbuches zu erstatten, so sind Schriftstücke
oder andere Gegenstände, aus denen sich die Verpflichtung
zur Anzeige ergibt, vorläufig in Verwahrung zu nehmen; die
Vorschriften über die Beschlagnahme bleiben unberührt.
(2) Der Richter, der mit Überwachungsmaßnahmen betraut
ist, darf mit dem Gegenstand der Untersuchung weder befaßt
sein noch befaßt werden. Der Richter hat über Kenntnisse,
die er bei der Überwachung erlangt, Verschwiegenheit zu bewahren;
§ 138 des Strafgesetzbuches bleibt unberührt.
§ 149
[Zugelassene Beistände]
(1) Der Ehegatte eines Angeklagten ist in der Hauptverhandlung
als Beistand zuzulassen und auf sein Verlangen zu hören.
Zeit und Ort der Hauptverhandlung sollen ihm rechtzeitig mitgeteilt werden.
(2) Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten.
(3) Im Vorverfahren unterliegt die Zulassung solcher Beistände
dem richterlichen Ermessen.
(weggefallen)
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