STRAFGESETZBUCH (StGB)
ALLGEMEINER TEIL
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Dritter Abschnitt: Rechtsfolgen der Tat |
Erster Titel:
Strafen
Freiheitsstrafe
§ 38
[Dauer der Freiheitsstrafe]
(1) Die Freiheitsstrafe ist zeitig, wenn das Gesetz nicht
lebenslange Freiheitsstrafe androht.
(2) Das Höchstmaß der zeitigen Freiheitsstrafe
ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.
§ 39
[Bemessung der Freiheitsstrafe]
Freiheitsstrafe unter einem Jahr wird nach vollen Wochen und Monaten,
Freiheitsstrafe von längerer Dauer nach vollen Monaten und Jahren bemessen.
Geldstrafe
§ 40
[Verhängung von Tagessätzen
(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt.
Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts
anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.
(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter
Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel
von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich
an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf
mindestens zwei und höchstens zehntausend Deutsche Mark festgesetzt.
(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen
und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes
können geschätzt werden.
(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.
§ 41
[Geldstrafe neben Freiheitsstrafe]
Hat der Täter sich durch die Tat bereichert oder zu bereichern
versucht, so kann neben einer Freiheitsstrafe eine sonst nicht
oder nur wahlweise angedrohte Geldstrafe verhängt werden,
wenn dies auch unter Berücksichtigung der persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters angebracht ist.
Dies gilt nicht, wenn das Gericht nach § 43a eine Vermögensstrafe verhängt.
§ 42
[Zahlungserleichterungen]
Ist dem Verurteilten nach seinen persönlichen oder wirtschaftlichen
Verhältnissen nicht zuzumuten, die Geldstrafe sofort zu zahlen,
so bewilligt ihm das Gericht eine Zahlungsfrist oder gestattet
ihm, die Strafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen. Das
Gericht kann dabei anordnen, daß die Vergünstigung,
die Geldstrafe in bestimmten Teilbeträgen zu zahlen, entfällt,
wenn der Verurteilte einen Teilbetrag nicht rechtzeitig zahlt.
§ 43
[Ersatzfreiheitsstrafe]
An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe.
Einem Tagessatz entspricht ein Tag Freiheitsstrafe. Das Mindestmaß
der Ersatzfreiheitsstrafe ist ein Tag.
Vermögensstrafe
§ 43a
[Verhängung der Vermögensstrafe]
(1) Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so kann das
Gericht neben einer lebenslangen oder einer zeitigen Freiheitsstrafe
von mehr als zwei Jahren auf Zahlung eines Geldbetrages erkennen,
dessen Höhe durch den Wert des Vermögens des Täters
begrenzt ist (Vermögensstrafe). Vermögensvorteile, deren
Verfall angeordnet wird, bleiben bei der Bewertung des Vermögens
außer Ansatz. Der Wert des Vermögens kann geschätzt werden.
(2) § 42 gilt entsprechend.
(3) Das Gericht bestimmt eine Freiheitsstrafe, die im Fall der Uneinbringlichkeit an die Stelle der Vermögensstrafe tritt
(Ersatzfreiheitsstrafe). Das Höchstmaß der Ersatzfreiheitsstrafe ist zwei Jahre, ihr Mindestmaß ein Monat.
Nebenstrafe
§ 44
[Fahrverbot]
(1) Wird jemand wegen einer Straftat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder
unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, zu einer Freiheitsstrafe oder einer Geldstrafe verurteilt,
so kann ihm das Gericht für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten verbieten,
im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder oder einer bestimmten Art zu führen.
Ein Fahrverbot ist in der Regel anzuordnen, wenn in den Fällen einer Verurteilung nach
§ 315c Abs.1 Nr.1 Buchstabe a, Abs.3 oder
§ 316 die Entziehung der Fahrerlaubnis nach
§ 69 unterbleibt.
(2) Das Fahrverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam. Für seine Dauer werden von einer deutschen Behörde
ausgestellte nationale und internationale Führerscheine amtlich verwahrt. Dies gilt auch, wenn der Führerschein von
einer Behörde der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden ist, sofern der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hat.
In anderen ausländischen Führerscheinen wird das Fahrverbot vermerkt.
(3) Ist ein Führerschein amtlich zu verwahren oder das Fahrverbot in einem ausländischen Führerschein
zu vermerken, so wird die Verbotsfrist erst von dem Tage an gerechnet, an dem dies geschieht.
In die Verbotsfrist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung
in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Nebenfolgen
§ 45
[Verlust der Amtsfähigkeit, der Wählbarkeit und des Stimmrechts]
(1) Wer wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens
einem Jahr verurteilt wird, verliert für die Dauer von fünf
Jahren die Fähigkeit, öffentliche Ämter zu bekleiden
und Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von
zwei bis zu fünf Jahren die in Absatz 1 bezeichneten Fähigkeiten
aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
(3) Mit dem Verlust der Fähigkeit, öffentliche Ämter
zu bekleiden, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden
Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat.
(4) Mit dem Verlust der Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen
Wahlen zu erlangen, verliert der Verurteilte zugleich die entsprechenden
Rechtsstellungen und Rechte, die er innehat, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt.
(5) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer von
zwei bis zu fünf Jahren das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten
zu wählen oder zu stimmen, aberkennen, soweit das Gesetz es besonders vorsieht.
§ 45a
[Eintritt und Berechnung des Verlustes]
(1) Der Verlust der Fähigkeiten, Rechtsstellungen und
Rechte wird mit der Rechtskraft des Urteils wirksam.
(2) Die Dauer des Verlustes einer Fähigkeit oder eines
Rechts wird von dem Tage an gerechnet, an dem die Freiheitsstrafe
verbüßt, verjährt oder erlassen ist. Ist neben
der Freiheitsstrafe eine freiheitsentziehende Maßregel der
Besserung und Sicherung angeordnet worden, so wird die Frist erst
von dem Tage an gerechnet, an dem auch die Maßregel erledigt ist.
(3) War die Vollstreckung der Strafe, des Strafrestes oder
der Maßregel zur Bewährung oder im Gnadenweg ausgesetzt,
so wird in die Frist die Bewährungszeit eingerechnet, wenn
nach deren Ablauf die Strafe oder der Strafrest erlassen wird oder die Maßregel erledigt ist.
§ 45b
[Wiederverleihung von Fähigkeiten und Rechten]
(1) Das Gericht kann nach § 45 Abs.1 und 2 verlorene Fähigkeiten und
nach § 45 Abs.5 verlorene Rechte wiederverleihen, wenn
- der Verlust die Hälfte der Zeit, für die er dauern sollte, wirksam war und
- zu erwarten ist, daß der Verurteilte künftig keine vorsätzlichen Straftaten mehr begehen wird.
(2) In die Fristen wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Verurteilte
auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
§ 46
[Grundsätze der Strafzumessung]
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die
Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für
das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu
erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände,
die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander
ab. Dabei kommen namentlich in Betracht: die Beweggründe
und die Ziele des Täters, die Gesinnung, die aus der Tat
spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß
der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten
Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen
und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach
der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen,
sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem
Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes
sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
§ 46a
[Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung]
Hat der Täter
- in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich),
seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
- in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder
persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs.1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe
als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.
§ 47
[Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen]
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt
das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat
oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung
einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur
Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe
von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt
das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer
Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht
das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe
an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den
Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten
Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze
einem Monat Freiheitsstrafe.
§ 48 (weggefallen)
§ 49
[Besondere gesetzliche Milderungsgründe]
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben
oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
- Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden.
Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
- Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes
von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,
im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern,
so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen
oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
§ 50
[Zusammentreffen von Milderungsgründen]
Ein Umstand, der allein oder mit anderen Umständen die Annahme eines minder schweren Falles begründet und
der zugleich ein besonderer gesetzlicher Milderungsgrund nach § 49 ist,
darf nur einmal berücksichtigt werden.
§ 51
[Anrechnung]
(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand
des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine
andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe
und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen,
daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn
sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat
nicht gerechtfertigt ist.
(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in
einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt,
so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit
sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.
(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft
worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet,
soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene
Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.
(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe
entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine
ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet,
so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.
(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen
Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung)
auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend.
In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis
die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins
(§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
Dritter Titel:
Strafbemessung bei mehreren Gesetzesverletzungen
§ 52 Tateinheit
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe
Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe
nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie
darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es
zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen
des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Läßt eines der anwendbaren Gesetze die Vermögensstrafe
zu, so kann das Gericht auf sie neben einer lebenslangen oder
einer zeitigen Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren gesondert
erkennen. Im übrigen muß oder kann auf Nebenstrafen,
Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) erkannt
werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze sie vorschreibt oder
zuläßt.
§ 53 Tatmehrheit
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig
abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder
mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird
auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe
auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer
Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf
eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) Hat der Täter nach dem Gesetz, nach welchem §
43 a Anwendung findet, oder im Fall des § 52 Abs. 4 als Einzelstrafe
eine lebenslange oder eine zeitige Freiheitsstrafe von mehr als
zwei Jahren verwirkt, so kann das Gericht neben der nach Absatz
1 oder 2 zu bildenden Gesamtstrafe gesondert eine Vermögensstrafe
verhängen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten
Vermögensstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf
eine Gesamtvermögensstrafe erkannt. § 43 a Abs. 3 gilt
entsprechend.
(4) § 52 Abs. 3 und 4 Satz 2 gilt sinngemäß.
§ 54 Bildung der Gesamtstrafe
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe,
so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt.
In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch
Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen
verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten
Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die
einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht
erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn
Jahre, bei Vermögensstrafen den Wert des Vermögens des
Täters und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze
nicht übersteigen; § 43 a Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu
bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen
ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
§ 55 Nachträgliche Bildung der
Gesamtstrafe
(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn
ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte
Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer
anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren
Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt
das Urteil in dem früheren Verfahren in dem die zugrundeliegenden
tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden
konnten.
(2) Vermögensstrafen, Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen
(§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung
erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die
neue Entscheidung gegenstandslos werden. Dies gilt auch, wenn
die Höhe der Vermögensstrafe, auf die in der früheren
Entscheidung erkannt war, den Wert des Vermögens des Täters
zum Zeitpunkt der neuen Entscheidung übersteigt.
Vierter Titel:
Strafaussetzung zur Bewährung
§ 56
[Strafaussetzung]
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr
als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe
zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte
sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig
auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr
begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des
Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein
Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die
Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für
ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe,
die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen,
wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit
des Verurteilten besondere Umstände vorliegen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens
sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die
Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe
beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft
oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
§ 56a
[Bewährungszeit]
(1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit.
Sie darf fünf Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten.
(2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der
Entscheidung über die Strafaussetzung. Sie kann nachträglich
bis auf das Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf
bis auf das Höchstmaß verlängert werden.
§ 56b
[Auflagen]
(1) Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die
der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Dabei dürfen
an den Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten auferlegen,
- nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen,
- einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen oder
- sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen.
(3) Erbietet sich der Verurteilte zu angemessenen Leistungen,
die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht
das Gericht in der Regel von Auflagen vorläufig ab, wenn
die Erfüllung des Anerbietens zu erwarten ist.
§ 56c
[Weisungen]
(1) Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer
der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf,
um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die
Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Das Gericht kann den Verurteilten namentlich anweisen,
- Anordnungen zu befolgen, die sich auf Aufenthalt, Ausbildung,
Arbeit oder Freizeit oder auf die Ordnung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beziehen,
- sich zu bestimmten Zeiten bei Gericht oder einer anderen Stelle zu melden,
- mit bestimmten Personen oder mit Personen einer bestimmten
Gruppe, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten
bieten können, nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen,
auszubilden oder zu beherbergen,
- bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz
zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen,
bei sich zu führen oder verwahren zu lassen oder
- Unterhaltspflichten nachzukommen.
(3) Die Weisung,
- sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu
unterziehen oder
- in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt
Aufenthalt zu nehmen, darf nur mit Einwilligung des Verurteilten erteilt werden.
(4) Macht der Verurteilte entsprechende Zusagen für seine
künftige Lebensführung, so sieht das Gericht in der
Regel von Weisungen vorläufig ab, wenn die Einhaltung der Zusagen zu erwarten ist.
§ 56d
[Bewährungshilfe]
(1) Das Gericht unterstellt den Verurteilten für die
Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und
Leitung eines Bewährungshelfers, wenn dies angezeigt ist, um ihn von Straftaten abzuhalten.
(2) Eine Weisung nach Absatz 1 erteilt das Gericht in der
Regel, wenn es eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten
aussetzt und der Verurteilte noch nicht siebenundzwanzig Jahre alt ist.
(3) Der Bewährungshelfer steht dem Verurteilten helfend
und betreuend zur Seite. Er überwacht im Einvernehmen mit
dem Gericht die Erfüllung der Auflagen und Weisungen sowie
der Anerbieten und Zusagen. Er berichtet über die Lebensführung
des Verurteilten in Zeitabständen, die das Gericht bestimmt.
Gröbliche oder beharrliche Verstöße gegen Auflagen,
Weisungen, Anerbieten oder Zusagen teilt er dem Gericht mit.
(4) Der Bewährungshelfer wird vom Gericht bestellt. Es
kann ihm für seine Tätigkeit nach Absatz 3 Anweisungen erteilen.
(5) Die Tätigkeit des Bewährungshelfers wird haupt- oder ehrenamtlich ausgeübt.
§ 56e
[Nachträgliche Entscheidungen]
Das Gericht kann Entscheidungen nach den §§ 56b bis 56d auch nachträglich treffen,
ändern oder aufheben.
§ 56f
[Widerruf der Strafaussetzung]
(1) Das Gericht widerruft die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte
- in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch
zeigt, daß die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat,
- gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt
oder sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers
beharrlich entzieht und dadurch Anlaß zu der Besorgnis gibt,
daß er erneut Straftaten begehen wird, oder
- gegen Auflagen gröblich oder beharrlich verstößt.
Satz 1 Nr.1 gilt entsprechend, wenn die Tat in der Zeit zwischen
der Entscheidung über die Strafaussetzung und deren Rechtskraft begangen worden ist.
(2) Das Gericht sieht jedoch von dem Widerruf ab, wenn es ausreicht,
- weitere Auflagen oder Weisungen zu erteilen, namentlich
den Verurteilten einem Bewährungshelfer zu unterstellen, oder
- die Bewährungs- oder Unterstellungszeit zu verlängern.
In den Fällen der Nummer 2 darf die Bewährungszeit
nicht um mehr als die Hälfte der zunächst bestimmten
Bewährungszeit verlängert werden.
(3) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von
Auflagen, Anerbieten, Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden
nicht erstattet. Das Gericht kann jedoch, wenn es die Strafaussetzung
widerruft, Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung
von Auflagen nach § 56b Abs.2 Satz 1 Nr.2 bis 4 oder entsprechenden
Anerbieten nach § 56b Abs.3 erbracht hat, auf die Strafe anrechnen.
§ 56g
[Straferlaß]
(1) Widerruft das Gericht die Strafaussetzung nicht, so erläßt
es die Strafe nach Ablauf der Bewahrungszeit. § 56f Abs.3 Satz 1 ist anzuwenden.
(2) Das Gericht kann den Straferlaß widerrufen, wenn
der Verurteilte im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes
wegen einer in der Bewährungszeit begangenen vorsätzlichen
Straftat zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt
wird. Der Widerruf ist nur innerhalb von einem Jahr nach Ablauf
der Bewährungszeit und von sechs Monaten nach Rechtskraft
der Verurteilung zulässig. § 56f Abs.1 Satz 2 und
Abs.3 gilt entsprechend.
§ 57
[Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe]
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen
Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch
zwei Monate, verbüßt sind,
- dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
- der Verurteilte einwilligt.
Bei der Entscheidung sind namentlich die Persönlichkeit
des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts,
das Verhalten des Verurteilten im Vollzug, seine Lebensverhältnisse und die
Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer
zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten,
kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn
- der Verurteilte erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt
und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
- die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit des
Verurteilten und seiner Entwicklung während des Strafvollzugs
ergibt, daß besondere Umstände vorliegen, und die übrigen
Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.
(3) Die §§ 56a bis 56g gelten entsprechend; die
Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt
wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat der
Verurteilte mindestens ein Jahr seiner Strafe verbüßt,
bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, so unterstellt
ihn das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil
der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers.
(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt
ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.
(5) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des
Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen,
wenn der Verurteilte unzureichende oder falsche Angaben über
den Verbleib von Gegenständen macht, die dem Verfall unterliegen
oder nur deshalb nicht unterliegen, weil dem Verletzten aus der
Tat ein Anspruch der in § 73 Abs.1 Satz 2 bezeichneten Art erwachsen ist.
(6) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten
festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den
Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
§ 57a
[Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe]
(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen
Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn
- fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
- nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
- die Voraussetzungen des § 57 Abs.1 Satz 1 Nr.2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs.1 Satz 2 und Abs.5 gilt entsprechend.
(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr.1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte
aus Anlaß der Tat erlitten hat.
(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf
Jahre. § 56a Abs.2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g
und 57 Abs.3 Satz 2 gelten entsprechend.
(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren
festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den
Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.
§ 57b
[Aussetzung des Strafrestes bei lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe]
Ist auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt,
so werden bei der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld
(§ 57a Abs.1 Satz 1 Nr.2) die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
§ 58
[Gesamtstrafe und Strafaussetzung]
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so ist für
die Strafaussetzung nach § 56 die Höhe der Gesamtstrafe maßgebend.
(2) Ist in den Fallen des § 55 Abs.1 die Vollstreckung
der in der früheren Entscheidung verhängten Freiheitsstrafe
ganz oder für den Strafrest zur Bewährung ausgesetzt
und wird auch die Gesamtstrafe zur Bewährung ausgesetzt,
so verkürzt sich das Mindestmaß der neuen Bewährungszeit
um die bereits abgelaufene Bewährungszeit, jedoch nicht auf
weniger als ein Jahr. Wird die Gesamtstrafe nicht zur Bewährung
ausgesetzt, so gilt § 56f Abs.3 entsprechend.
Fünfter Titel:
Verwarnung mit Strafvorbehalt; Absehen von Strafe
§ 59 Voraussetzungen der Verwarnung
mit Strafvorbehalt
(1) Hat jemand Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen
verwirkt, so kann das Gericht ihn neben dem Schuldspruch verwarnen,
die Strafe bestimmen und die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten,
wenn
1. zu erwarten ist, daß der Täter künftig
auch ohne Verurteilung zu Strafe keine Straftaten mehr begehen
wird,
2. eine Gesamtwürdigung der Tat und der Persönlichkeit
des Täters besondere Umstände ergibt, nach denen es
angezeigt ist, ihn von der Verurteilung zu Strafe zu verschonen,
und
3. die Verteidigung der Rechtsordnung die Verurteilung zu
Strafe nicht gebietet.
§ 56 Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Verwarnung mit Strafvorbehalt ist in der Regel ausgeschlossen,
wenn der Täter während der letzten drei Jahre vor der
Tat mit Strafvorbehalt verwarnt oder zu Strafe verurteilt worden
ist.
(3) Neben der Verwarnung kann auf Verfall, Einziehung oder
Unbrauchbarmachung erkannt werden. Neben Maßregeln der Besserung
und Sicherung ist die Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht zulässig.
§ 59 a Bewährungszeit, Auflagen
und Weisungen
(1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit.
Sie darf drei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht
unterschreiten.
(2) Für die Erteilung von Auflagen gelten die §§
56 b und 56 e entsprechend.
(3) Das Gericht kann den Verwarnten anweisen,
1. Unterhaltspflichten nachzukommen oder
2. sich einer ambulanten Heilbehandlung oder einer ambulanten
Entziehungskur zu unterziehen.
§ 56 c Abs. 3 und 4 und § 56 e gelten entsprechend.
§ 59 b Verurteilung zu der vorbehaltenen
Strafe
(1) Für die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe
gilt § 56 f entsprechend.
(2) Wird der Verwarnte nicht zu der vorbehaltenen Strafe verurteilt,
so stellt das Gericht nach Ablauf der Bewährungszeit fest,
daß es bei der Verwarnung sein Bewenden hat.
§ 59 c Gesamtstrafe und Verwarnung
mit Strafvorbehalt
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, so sind bei der
Verwarnung mit Strafvorbehalt für die Bestimmung der Strafe
die §§ 53 bis 55 entsprechend anzuwenden.
(2) Wird der Verwarnte wegen einer vor der Verwarnung begangenen
Straftat nachträglich zu Strafe verurteilt, so sind die Vorschriften
über die Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53 bis
55 und 58) mit der Maßgabe anzuwenden, daß die vorbehaltene
Strafe in den Fällen des § 55 einer erkannten Strafe
gleichsteht.
§ 60 Absehen von Strafe
Das Gericht sieht von Strafe ab, wenn die Folgen der Tat,
die den Täter getroffen haben, so schwer sind, daß
die Verhängung einer Strafe offensichtlich verfehlt wäre.
Dies gilt nicht, wenn der Täter für die Tat eine Freiheitsstrafe
von mehr als einem Jahr verwirkt hat.
Sechster Titel:
Maßregeln der Besserung und Sicherung
§ 61 Übersicht
Maßregeln der Besserung und Sicherung sind
1. die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus,
2. die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt,
3. die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung,
4. die Führungsaufsicht,
5. die Entziehung der Fahrerlaubnis,
6. das Berufsverbot.
§ 62 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Eine Maßregel der Besserung und Sicherung darf nicht
angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der vom Täter begangenen
und zu erwartenden Taten sowie zu dem Grad der von ihm ausgehenden
Gefahr außer Verhältnis steht.
Freiheitsentziehende Maßregeln
§ 63 Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit
(§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§
21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung
des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge
seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind
und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist.
§ 64 Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
(1) Hat jemand den Hang, alkoholische Getränke oder andere
berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und
wird er wegen einer rechtswidrigen Tat, die er im Rausch begangen
hat oder die auf seinen Hang zurückgeht, verurteilt oder
nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit
erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so ordnet das Gericht
die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, wenn die Gefahr
besteht, daß er infolge seines Hanges erhebliche rechtswidrige
Taten begehen wird.
(2) Die Anordnung unterbleibt, wenn eine Entziehungskur von
vornherein aussichtslos erscheint.
§ 65 (weggefallen)
§ 66
[Unterbringung in der Sicherungsverwahrung]
(1) Wird jemand wegen einer vorsätzlichen Straftat zu
zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt,
so ordnet das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn
- der Täter wegen vorsätzlicher Straftaten, die
er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer
Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
- er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen
Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe
verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden
Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
- die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten
ergibt, daß er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten,
namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich
schwer geschädigt werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden
angerichtet wird, für die Allgemeinheit gefährlich ist.
(2) Hat jemand drei vorsätzliche Straftaten begangen,
durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten
zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt,
so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Nr.3 bezeichneten Voraussetzung
neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere
Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Nr.1 und 2) anordnen.
(3) Wird jemand egen eines Verbrechens oder wegen einer Straftat nach den §§ 174 bis 174c,
176, 179 Abs.1 bis 3, §§ 180,
182, 224, 225 Abs.1 oder 2 oder
nach § 323a,
soweit die im Rausch begangene Tat ein Verbrechen oder eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu zeitiger Freiheitsstreafe
von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherheitsverwahrung anordnen, wenn der Täter
wegen einer oder mehrerer solcher Staftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Feiheitsstrafe von mindestens
drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Nr.2 und 3 genannten Voraussetungen erfüllt sind. Hat
jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren
verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu zeitiger Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so
kann das Gericht unter den in Absatz 1 Nr.3 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherheitsverwahrung auch
ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Nr.1 und 2) anordnen. Die Absätze 1
und 2 bleiben unberühr.t
(4) Im Sinne des Absatzes 1 Nr.1 gilt eine Verurteilung zu
Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft
oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet,
so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Nr.2. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht,
wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet,
in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb
des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten
Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine vorsätzliche Tat, in den Fällen des Absatzes 3 eine der
Straftaten der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.
§ 67
[Reihenfolge der Vollstreckung]
(1) Wird die Unterbringung in einer Anstalt nach den §§ 63 und 64 neben einer Freiheitsstrafe
angeordnet, so wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen.
(2) Das Gericht bestimmt jedoch, daß die Strafe oder
ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist,
wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird.
(3) Das Gericht kann eine Anordnung nach Absatz 2 nachträglich
treffen, ändern oder aufheben, wenn Umstände in der
Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
(4) Wird die Maßregel ganz oder zum Teil vor der Strafe
vollzogen, so wird die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf
die Strafe angerechnet, bis zwei Drittel der Strafe erledigt sind.
Dies gilt nicht, wenn das Gericht eine Anordnung nach § 67d Abs.5 Satz 1 trifft.
(5) Wird die Maßregel vor der Strafe vollzogen, so kann
das Gericht die Vollstreckung des Strafrestes unter den Voraussetzungen
des § 57 Abs.1 Satz 1 Nr.2 und 3 zur Bewährung aussetzen,
wenn die Hälfte der Strafe erledigt ist. Wird der Strafrest
nicht ausgesetzt, so wird der Vollzug der Maßregel fortgesetzt;
das Gericht kann jedoch den Vollzug der Strafe anordnen, wenn
Umstände in der Person des Verurteilten es angezeigt erscheinen lassen.
§ 67a
[Überweisung in den Vollzug einer anderen Maßregel]
(1) Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
oder einer Entziehungsanstalt angeordnet worden, so kann das Gericht
nachträglich den Täter in den Vollzug der anderen Maßregel
überweisen, wenn die Resozialisierung des Täters dadurch
besser gefördert werden kann.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann das Gericht
nachträglich auch einen Täter, gegen den Sicherungsverwahrung
angeordnet worden ist, in den Vollzug einer der in Absatz 1 genannten
Maßregeln überweisen.
(3) Das Gericht kann eine Entscheidung nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben,
wenn sich nachträglich ergibt, daß die Resozialisierung des Täters dadurch besser gefördert werden kann.
Eine Entscheidung nach Absatz 2 kann das Gericht ferner aufheben, wenn sich nachträglich
ergibt, daß mit dem Vollzug der in Absatz 1 genannten Maßregeln kein Erfolg erzielt werden kann.
(4) Die Fristen für die Dauer der Unterbringung und die
Überprüfung richten sich nach den Vorschriften, die
für die im Urteil angeordnete Unterbringung gelten.
§ 67b
[Aussetzung zugleich mit der Anordnung]
(1) Ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen
Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt an, so setzt es zugleich
deren Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn besondere Umstände
die Erwartung rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel
auch dadurch erreicht werden kann. Die Aussetzung unterbleibt,
wenn der Täter noch Freiheitsstrafe zu verbüßen
hat, die gleichzeitig mit der Maßregel verhängt und
nicht zur Bewährung ausgesetzt wird.
(2) Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.
§ 67c
[Späterer Beginn der Unterbringung]
(1) Wird eine Freiheitsstrafe vor einer zugleich angeordneten
Unterbringung vollzogen, so prüft das Gericht vor dem Ende
des Vollzugs der Strafe, ob der Zweck der Maßregel die Unterbringung
noch erfordert. Ist das nicht der Fall, so setzt es die Vollstreckung
der Unterbringung zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt
Führungsaufsicht ein.
(2) Hat der Vollzug der Unterbringung drei Jahre nach Rechtskraft
ihrer Anordnung noch nicht begonnen und liegt ein Fall des Absatzes 1 oder des § 67b
nicht vor, so darf die Unterbringung nur noch vollzogen werden, wenn das Gericht es anordnet. In die Frist wird die Zeit nicht
eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Das Gericht ordnet den Vollzug an, wenn der Zweck der Maßregel die Unterbringung noch erfordert.
Ist der Zweck der Maßregel nicht erreicht, rechtfertigen aber besondere Umstände die
Erwartung, daß er auch durch die Aussetzung erreicht werden
kann, so setzt das Gericht die Vollstreckung der Unterbringung
zur Bewährung aus; mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht
ein. Ist der Zweck der Maßregel erreicht, so erklärt das Gericht sie für erledigt.
§ 67d
[Dauer der Unterbringung]
(1) Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt darf zwei Jahre nicht übersteigen. Die Frist läuft vom
Beginn der Unterbringung an. Wird vor einer Freiheitsstrafe eine
daneben angeordnete freiheitsentziehende Maßregel vollzogen,
so verlängert sich die Höchstfrist um die Dauer der
Freiheitsstrafe, soweit die Zeit des Vollzugs der Maßregel auf die Strafe angerechnet wird.
(2) Ist keine Höchstfrist vorgesehen oder ist die Frist
noch nicht abgelaufen, so setzt das Gericht die weitere Vollstreckung
der Unterbringung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb
des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen
wird. Mit der Aussetzung tritt Führungsaufsicht ein.
(3) Sind zehn Jahre der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollzogen worden, so erklärt das Gericht die Maßregel
für erledigt, wenn nicht die Gefahr besteht, daß der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftatenbegehen wird,
durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden. Mit der Erledigung tritt Führungsaufsicht ein.
(4) Ist die Höchstfrist abgelaufen, so wird der Untergebrachte
entlassen. Die Maßregel ist damit erledigt.
(5) Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mindestens
ein Jahr vollzogen worden, so kann das Gericht nachträglich
bestimmen, daß sie nicht weiter zu vollziehen ist, wenn
ihr Zweck aus Gründen, die in der Person des Untergebrachten
liegen, nicht erreicht werden kann. Mit der Entlassung aus dem
Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.
§ 67e
[Überprüfung]
(1) Das Gericht kann jederzeit prüfen, ob die weitere
Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen
ist. Es muß dies vor Ablauf bestimmter Fristen prüfen.
(2) Die Fristen betragen bei der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
sechs Monate, in einem psychiatrischen Krankenhaus ein Jahr, in
der Sicherungsverwahrung zwei Jahre.
(3) Das Gericht kann die Frist kürzen. Es kann im Rahmen
der gesetzlichen Prüfungsfristen auch Fristen festsetzen,
vor deren Ablauf ein Antrag auf Prüfung unzulässig ist.
(4) Die Fristen laufen vom Beginn der Unterbringung an. Lehnt
das Gericht die Aussetzung ab, so beginnen die Fristen mit der
Entscheidung von neuem.
§ 67f
[Mehrfache Anordnung der Maßregel]
Ordnet das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt
an, so ist eine frühere Anordnung der Maßregel erledigt.
§ 67g
[Widerruf der Aussetzung]
(1) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung, wenn der Verurteilte
- während der Dauer der Führungsaufsicht eine rechtswidrige Tat begeht,
- gegen Weisungen gröblich oder beharrlich verstößt oder
- sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers
oder der Aufsichtsstelle beharrlich entzieht und sich daraus ergibt,
daß der Zweck der Maßregel seine Unterbringung erfordert.
(2) Das Gericht widerruft die Aussetzung einer Unterbringung
nach den §§ 63 und 64 auch dann, wenn sich während
der Dauer der Führungsaufsicht ergibt, daß von dem Verurteilten infolge seines Zustandes rechtswidrige Taten
zu erwarten sind und deshalb der Zweck der Maßregel seine Unterbringung erfordert.
(3) Das Gericht widerruft die Aussetzung ferner, wenn Umstände,
die ihm während der Dauer der Führungsaufsicht bekannt
werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten,
zeigen, daß der Zweck der Maßregel die Unterbringung des Verurteilten erfordert.
(4) Die Dauer der Unterbringung vor und nach dem Widerruf
darf insgesamt die gesetzliche Höchstfrist der Maßregel nicht übersteigen.
(5) Widerruft das Gericht die Aussetzung der Unterbringung
nicht, so ist die Maßregel mit dem Ende der Führungsaufsicht erledigt.
(6) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von
Weisungen erbracht hat, werden nicht erstattet.
Führungsaufsicht
§ 68
[Voraussetzungen der Führungsaufsicht]
(1) Hat jemand wegen einer Straftat, bei der das Gesetz Führungsaufsicht
besonders vorsieht, zeitige Freiheitsstrafe von mindestens sechs
Monaten verwirkt, so kann das Gericht neben der Strafe Führungsaufsicht
anordnen, wenn die Gefahr besteht, daß er weitere Straftaten begehen wird.
(2) Die Vorschriften über die Führungsaufsicht kraft
Gesetzes (§§ 67b, 67c, 67d Abs.2, 3 und 5
und § 68f) bleiben unberührt.
§ 68a
[Aufsichtsstelle, Bewährungshelfer]
(1) Der Verurteilte untersteht einer Aufsichtsstelle; das
Gericht bestellt ihm für die Dauer der Führungsaufsicht einen Bewährungshelfer.
(2) Bewährungshelfer und Aufsichtsstelle stehen im Einvernehmen
miteinander dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite.
(3) Die Aufsichtsstelle überwacht im Einvernehmen mit
dem Gericht und mit Unterstützung des Bewährungshelfers
das Verhalten des Verurteilten und die Erfüllung der Weisungen.
(4) Besteht zwischen der Aufsichtsstelle und dem Bewährungshelfer
in Fragen, welche die Hilfe für den Verurteilten und seine
Betreuung berühren, kein Einvernehmen, so entscheidet das Gericht.
(5) Das Gericht kann der Aufsichtsstelle und dem Bewährungshelfer
für ihre Tätigkeit Anweisungen erteilen.
(6) Vor Stellung eines Antrags nach § 145a Satz 2 hört
die Aufsichtsstelle den Bewährungshelfer; Absatz 4 findet keine Anwendung.
§ 68b
[Weisungen]
(1) Das Gericht kann den Verurteilten für die Dauer der
Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit anweisen,
- den Wohn- oder Aufenthaltsort oder einen bestimmten Bereich
nicht ohne Erlaubnis der Aufsichtsstelle zu verlassen,
- sich nicht an bestimmten Orten aufzuhalten, die ihm Gelegenheit
oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können,
- bestimmte Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe,
die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten
können, nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen,
- bestimmte Tätigkeiten nicht auszuüben, die er
nach den Umständen zu Straftaten mißbrauchen kann,
- bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz
zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen,
bei sich zu führen oder verwahren zu lassen,
- Kraftfahrzeuge oder bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen
oder von anderen Fahrzeugen nicht zu halten oder zu führen,
die er nach den Umständen zu Straftaten mißbrauchen kann,
- sich zu bestimmten Zeiten bei der Aufsichtsstelle oder einer bestimmten Dienststelle zu melden,
- jeden Wechsel des Wohnorts oder des Arbeitsplatzes unverzüglich
der Aufsichtsstelle zu melden oder
- sich im Falle der Erwerbslosigkeit bei dem zuständigen
Arbeitsamt oder einer anderen zur Arbeitsvermittlung zugelassenen Stelle zu melden.
Das Gericht hat in seiner Weisung das verbotene oder verlangte Verhalten genau zu bestimmen.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten für die Dauer der
Führungsaufsicht oder für eine kürzere Zeit weitere
Weisungen erteilen, namentlich solche, die sich auf Ausbildung,
Arbeit, Freizeit, die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse
oder die Erfüllung von Unterhaltspflichten beziehen. § 56c Abs.3 ist anzuwenden.
(3) Bei den Weisungen dürfen an die Lebensführung
des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
§ 68c
[Dauer der Führungsaufsicht]
(1) Die Führungsaufsicht dauert mindestens zwei und höchstens
fünf Jahre. Das Gericht kann die Höchstdauer abkürzen.
(2) Das Gericht kann eine die Höchstdauer nach Absatz 1 Satz 1 überschreitende unbefristete
Führungsaufsicht anordnen, wenn der Verurteilte
- in eine Weisung nach § 56c Abs.3 Nr.1 nicht einwilligt oder
- einer Weisung, sich einer Heilbehandlung oder einer Entziehungskur zu unterziehen nicht nachkommt
und eine Gefährdung der Allgemeinheit durch die Begehung weiterer erheblicher Straftaten zu befürchten ist. Erklärt
der Verurteilte nachträglich seine Einwilligung, so setzt das Gericht die weitere Dauer der Führungsaufsicht fest.
Im übrigen gilt § 68e Abs.4 .
(3) Die Führungsaufsicht beginnt mit der Rechtskraft
der Anordnung. In ihre Dauer wird die Zeit nicht eingerechnet,
in welcher der Verurteilte flüchtig ist, sich verborgen hält
oder auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt wird.
§ 68d
[Nachträgliche Entscheidungen]
Das Gericht kann Entscheidungen nach § 68a Abs.1 und 5,
den §§ 68b und 68c Abs.1 Satz 2 und Abs.2
auch nachträglich treffen, ändern oder aufheben.
§ 68e
[Beendigung der Führungsaufsicht]
(1) Das Gericht hebt die Führungsaufsicht auf, wenn zu
erwarten ist, daß der Verurteilte auch ohne sie keine Straftaten
mehr begehen wird. Die Aufhebung ist frühestens nach Ablauf
der gesetzlichen Mindestdauer zulässig.
(2) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten
festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag auf Aufhebung der Führungsaufsicht unzulässig ist.
(3) Die Führungsaufsicht endet, wenn die Unterbringung
in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist und deren Vollzug beginnt.
(4) Hat das Gericht nach § 68c Abs.2 unbefristete Führungsaufsicht angeordnet,
so prüft es spätestens mit Verstreichen der Höchstfrist gemäß § 68c
Abs.1 Satz 1, ob eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 geboten ist. Lehnt das Gericht eine Aufhebung der
Führungsaufsicht ab, so beginnt die Frist mit der Entscheidung von neuem.
§ 68f
[Führungsaufsicht bei Nichtaussetzung des Strafrestes]
(1) Ist eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen
einer vorsätzlichen Straftat oder eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer in § 181b
genannten Straftat vollständig vollstreckt worden, so tritt mit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug
Führungsaufsicht ein. Dies gilt nicht, wenn im Anschluß an die Strafverbüßung eine
freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung vollzogen wird.
(2) Ist zu erwarten, daß der Verurteilte auch ohne die
Führungsaufsicht keine Straftaten mehr begehen wird, so ordnet
das Gericht an, daß die Maßregel entfällt.
§ 68g
[Führungsaufsicht und Aussetzung zur Bewährung]
(1) Ist die Strafaussetzung oder Aussetzung des Strafrestes
angeordnet oder das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt
und steht der Verurteilte wegen derselben oder einer anderen Tat
zugleich unter Führungsaufsicht, so gelten für die Aufsicht
und die Erteilung von Weisungen nur die §§ 68a und 68b.
Die Führungsaufsicht endet nicht vor Ablauf der Bewährungszeit.
(2) Sind die Aussetzung zur Bewährung und die Führungsaufsicht
auf Grund derselben Tat angeordnet, so kann das Gericht jedoch
bestimmen, daß die Führungsaufsicht bis zum Ablauf
der Bewährungszeit ruht. Die Bewährungszeit wird dann
in die Dauer der Führungsaufsicht nicht eingerechnet.
(3) Wird nach Ablauf der Bewährungszeit die Strafe oder
der Strafrest erlassen oder das Berufsverbot für erledigt
erklärt, so endet damit auch eine wegen derselben Tat angeordnete Führungsaufsicht.
Entziehung der Fahrerlaubnis
§ 69
[Entziehung der Fahrerlaubnis]
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder
unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt,
weil seine Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so entzieht ihm das Gericht die Fahrerlaubnis,
wenn sich aus der Tat ergibt, daß er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.
Einer weiteren Prüfung nach § 62 bedarf es nicht.
(2) Ist die rechtswidrige Tat in den Fällen des Absatzes 1 ein Vergehen
- der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c),
- der Trunkenheit im Verkehr (§ 316),
- des unerlaubten Entfernens vom Unfallort (§ 142), obwohl der Täter
weiß oder wissen kann, daß bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden oder
an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist, oder
- des Vollrausches (§ 323a),
das sich auf eine der Taten nach den Nummern 1 bis 3 bezieht, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet
zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen.
(3) Die Fahrerlaubnis erlischt mit der Rechtskraft des Urteils.
Ein von einer deutschen Behörde ausgestellter Führerschein wird im Urteil eingezogen.
§ 69a
[Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis]
(1) Entzieht das Gericht die Fahrerlaubnis, so bestimmt es zugleich, daß für die Dauer von sechs Monaten
bis zu fünf Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf (Sperre). Die Sperre kann für immer angeordnet werden,
wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.
Hat der Täter keine Fahrerlaubnis, so wird nur die Sperre angeordnet.
(2) Das Gericht kann von der Sperre bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen ausnehmen, wenn besondere Umstände
die Annahme rechtfertigen, daß der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird.
(3) Das Mindestmaß der Sperre beträgt ein Jahr, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat
bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist.
(4) War dem Täter die Fahrerlaubnis wegen der Tat vorläufig entzogen (§ 111a der Strafprozeßordnung),
so verkürzt sich das Mindestmaß der Sperre um die Zeit, in der die vorläufige Entziehung wirksam war.
Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(5) Die Sperre beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. In die Frist wird die Zeit einer wegen der Tat angeordneten vorläufigen
Entziehung eingerechnet, soweit sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die der Maßregel zugrunde
liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.
(6) Im Sinne der Absätze 4 und 5 steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder
Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.
(7) Ergibt sich Grund zu der Annahme, daß der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist,
so kann das Gericht die Sperre vorzeitig aufheben. Die Aufhebung ist frühestens zulässig, wenn die Sperre drei Monate,
in den Fällen des Absatzes 3 ein Jahr gedauert hat; Absatz 5 Satz 2 und Absatz 6 gelten entsprechend.
§ 69b
[Wirkung der Entziehung bei einer ausländischen Fahreerlaubnis]
(1) Darf der Täter auf Grund einer im Ausland erteilten Fahrerlaubnis im Inland Kraftfahrzeuge führen,
ohne daß ihm von einer deutschen Behörde eine Fahrerlaubnis erteilt worden ist, so hat die Entziehung
der Fahrerlaubnis die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen.
Mit der Rechtskraft der Entscheidung erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Während
der Sperre darf weder das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis wieder Gebrauch zu machen, noch
eine inländische Fahrerlaubnis erteilt werden.
(2) Ist der ausländische Führerschein von einer Behörde eines Mitgliedstaates der Europäischen Union
oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt worden
und hat der Inhaber seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland, so wird der Führerschein im Urteil eingezogen und an
die ausstellende Behörde zurückgesandt. In anderen Fällen werden die Entziehung der Fahrerlaubnis
und die Sperre in den ausländischen Führerscheinen vermerkt.
Berufsverbot
§ 70
[Anordnung des Berufsverbots]
(1) Wird jemand wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter
Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder unter grober
Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten begangen hat, verurteilt
oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit
erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so kann ihm das
Gericht die Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes
oder Gewerbezweiges für die Dauer von einem Jahr bis zu fünf
Jahren verbieten, wenn die Gesamtwürdigung des Täters
und der Tat die Gefahr erkennen läßt, daß er
bei weiterer Ausübung des Berufs, Berufszweiges, Gewerbes
oder Gewerbezweiges erhebliche rechtswidrige Taten der bezeichneten
Art begehen wird. Das Berufsverbot kann für immer angeordnet
werden, wenn zu erwarten ist, daß die gesetzliche Höchstfrist
zur Abwehr der von dem Täter drohenden Gefahr nicht ausreicht.
(2) War dem Täter die Ausübung des Berufs, Berufszweiges,
Gewerbes oder Gewerbezweiges vorläufig verboten (§ 132a der Strafprozeßordnung),
so verkürzt sich das Mindestmaß der Verbotsfrist um die Zeit, in der das vorläufige Berufsverbot
wirksam war. Es darf jedoch drei Monate nicht unterschreiten.
(3) Solange das Verbot wirksam ist, darf der Täter den
Beruf, den Berufszweig, das Gewerbe oder den Gewerbezweig auch
nicht für einen anderen ausüben oder durch eine von
seinen Weisungen abhängige Person für sich ausüben lassen.
(4) Das Berufsverbot wird mit der Rechtskraft des Urteils
wirksam. In die Verbotsfrist wird die Zeit eines wegen der Tat
angeordneten vorläufigen Berufsverbots eingerechnet, soweit
sie nach Verkündung des Urteils verstrichen ist, in dem die
der Maßregel zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen
letztmals geprüft werden konnten. Die Zeit, in welcher der
Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt
worden ist, wird nicht eingerechnet.
§ 70a
[Aussetzung des Berufsverbots]
(1) Ergibt sich nach Anordnung des Berufsverbots Grund zu
der Annahme, daß die Gefahr, der Täter werde erhebliche
rechtswidrige Taten der in § 70 Abs.1 bezeichneten Art begehen,
nicht mehr besteht, so kann das Gericht das Verbot zur Bewährung aussetzen.
(2) Die Anordnung ist frühestens zulässig, wenn das Verbot ein Jahr gedauert hat.
In die Frist wird im Rahmen des § 70 Abs.4 Satz 2 die Zeit eines vorläufigen
Berufsverbots eingerechnet. Die Zeit, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung
in einer Anstalt verwahrt worden ist, wird nicht eingerechnet.
(3) Wird das Berufsverbot zur Bewährung ausgesetzt, so gelten
die §§ 56a und 56c bis 56e entsprechend.
Die Bewährungszeit verlängert sich jedoch um die Zeit, in der eine Freiheitsstrafe oder
eine freiheitsentziehende Maßregel vollzogen wird, die gegen den Verurteilten wegen der Tat verhängt
oder angeordnet worden ist.
§ 70b
[Widerruf der Aussetzung und Erledigung des Berufsverbots]
(1) Das Gericht widerruft die Aussetzung eines Berufsverbots, wenn der Verurteilte
- während der Bewährungszeit unter Mißbrauch seines Berufs oder Gewerbes oder
unter grober Verletzung der mit ihnen verbundenen Pflichten eine rechtswidrige Tat begeht,
- gegen eine Weisung gröblich oder beharrlich verstößt oder
- sich der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers beharrlich entzieht und sich daraus ergibt,
daß der Zweck des Berufsverbots dessen weitere Anwendung erfordert.
(2) Das Gericht widerruft die Aussetzung des Berufsverbots
auch dann, wenn Umstände, die ihm während der Bewährungszeit
bekannt werden und zur Versagung der Aussetzung geführt hätten,
zeigen, daß der Zweck der Maßregel die weitere Anwendung
des Berufsverbots erfordert.
(3) Die Zeit der Aussetzung des Berufsverbots wird in die Verbotsfrist nicht eingerechnet.
(4) Leistungen, die der Verurteilte zur Erfüllung von
Weisungen oder Zusagen erbracht hat, werden nicht erstattet.
(5) Nach Ablauf der Bewährungszeit erklärt das Gericht das Berufsverbot für erledigt.
Gemeinsame Vorschriften
§ 71
[Selbständige Anordnung]
(1) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus
oder in einer Entziehungsanstalt kann das Gericht auch selbständig
anordnen, wenn das Strafverfahren wegen Schuldunfähigkeit
oder Verhandlungsunfähigkeit des Täters undurchführbar ist.
(2) Dasselbe gilt für die Entziehung der Fahrerlaubnis und das Berufsverbot.
§ 72
[Verbindung von Maßregeln]
(1) Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln
erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von
ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. Dabei ist unter
mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben,
die den Täter am wenigsten beschweren.
(2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander
angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt.
(3) Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung.
Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Gericht jeweils den Vollzug der nächsten an,
wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. § 67c Abs.2 Satz 4 und 5
ist anzuwenden.
§ 73
[Voraussetzungen des Verfalls]
(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden und hat der
Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr etwas
erlangt, so ordnet das Gericht dessen Verfall an. Dies gilt nicht,
soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist,
dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert
des aus der Tat Erlangten entziehen wurde.
(2) Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen
Nutzungen. Sie kann sich auch auf die Gegenstände erstrecken,
die der Täter oder Teilnehmer durch die Veräußerung
eines erlangten Gegenstandes oder als Ersatz für dessen Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung oder auf Grund eines erlangten Rechts erworben hat.
(3) Hat der Täter oder Teilnehmer für einen anderen
gehandelt und hat dadurch dieser etwas erlangt, so richtet sich
die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 gegen ihn.
(4) Der Verfall eines Gegenstandes wird auch angeordnet, wenn
er einem Dritten gehört oder zusteht, der ihn für die
Tat oder sonst in Kenntnis der Tatumstände gewährt hat.
§ 73a
[Verfall des Wertersatzes]
Soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde
nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach
§ 73 Abs.2 Satz 2 abgesehen wird, ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrags an,
der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben dem Verfall eines Gegenstandes,
soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.
§ 73b
[Schätzung]
Der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs,
dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Erlangte entziehen würde,
können geschätzt werden.
§ 73c
[Härtevorschrift]
(1) Der Verfall wird nicht angeordnet, soweit er für den Betroffenen eine unbillige Härte wäre.
Die Anordnung kann unterbleiben, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen
des Betroffenen nicht mehr vorhanden ist oder wenn das Erlangte nur einen geringen Wert hat.
(2) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42 entsprechend.
§ 73d
[Erweiterter Verfall]
(1) Ist eine rechtswidrige Tat nach einem Gesetz begangen
worden, das auf diese Vorschrift verweist, so ordnet das Gericht
den Verfall von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers
auch dann an, wenn die Umstände die Annahme rechtfertigen,
daß diese Gegenstände für rechtswidrige Taten
oder aus ihnen erlangt worden sind. Satz 1 ist auch anzuwenden,
wenn ein Gegenstand dem Täter oder Teilnehmer nur deshalb
nicht gehört oder zusteht, weil er den Gegenstand für
eine rechtswidrige Tat oder aus ihr erlangt hat. § 73 Abs.2 gilt entsprechend.
(2) Ist der Verfall eines bestimmten Gegenstandes nach der Tat ganz oder teilweise unmöglich geworden,
so finden insoweit die §§ 73a und 73b
sinngemäß Anwendung.
(3) Ist nach Anordnung des Verfalls nach Absatz 1 wegen einer
anderen rechtswidrigen Tat, die der Täter oder Teilnehmer
vor der Anordnung begangen hat, erneut über den Verfall von
Gegenständen des Täters oder Teilnehmers zu entscheiden,
so berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.
(4) § 73c entsprechend.
§ 73e
[Wirkung des Verfalls]
(1) Wird der Verfall eines Gegenstandes angeordnet, so geht
das Eigentum an der Sache oder das verfallene Recht mit der Rechtskraft
der Entscheidung auf den Staat über, wenn es dem von der
Anordnung Betroffenen zu dieser Zeit zusteht. Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen.
(2) Vor der Rechtskraft wirkt die Anordnung als Veräußerungsverbot
im Sinne des § 136 des Bürgerlichen Gesetzbuches; das
Verbot umfaßt auch andere Verfügungen als Veräußerungen.
§ 74
[Voraussetzungen der Einziehung]
(1) Ist eine vorsätzliche Straftat begangen worden, so
können Gegenstände, die durch sie hervorgebracht oder
zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt
gewesen sind, eingezogen werden.
(2) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn
- die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter
oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder
- die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen
die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, daß
sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr.2 ist die
Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat.
(4) Wird die Einziehung durch eine besondere Vorschrift über
Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen, so gelten die Absätze 2 und 3 entsprechend.
§ 74a
[Erweiterte Voraussetzungen der Einziehung]
Verweist das Gesetz auf diese Vorschrift, so dürfen die Gegenstände abweichend von § 74 Abs.2 Nr.1
auch dann eingezogen werden, wenn derjenige, dem sie zur Zeit der Entscheidung gehören oder zustehen,
- wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer
Vorbereitung gewesen ist, oder
- die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise
erworben hat.
§ 74b
[Grundsatz der Verhältnismäßigkeit]
(1) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so darf sie in den Fällen des § 74 Abs.2 Nr.1
und des § 74a nicht angeordnet werden, wenn sie zur Bedeutung der begangenen
Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung betroffenen Täter oder Teilnehmer oder in den Fallen
des § 74a den Dritten trifft, außer Verhältnis steht.
(2) Das Gericht ordnet in den Fällen der §§ 74 und 74a an,
daß die Einziehung vorbehalten bleibt, und trifft eine weniger einschneidende Maßnahme, wenn der Zweck der Einziehung
auch durch sie erreicht werden kann. In Betracht kommen namentlich die Anweisung,
- die Gegenstände unbrauchbar zu machen,
- an den Gegenständen bestimmte Einrichtungen oder Kennzeichen zu beseitigen oder die Gegenstände
sonst zu ändern oder
- über die Gegenstände in bestimmter Weise zu verfügen.
Wird die Anweisung befolgt, so wird der Vorbehalt der Einziehung aufgehoben; andernfalls ordnet das Gericht
die Einziehung nachträglich an.
(3) Ist die Einziehung nicht vorgeschrieben, so kann sie auf einen Teil der Gegenstände beschränkt werden.
§ 74c
[Einziehung des Wertersatzes]
(1) Hat der Täter oder Teilnehmer den Gegenstand, der ihm zur Zeit der Tat gehörte oder zustand und auf dessen
Einziehung hätte erkannt werden können, vor der Entscheidung über die Einziehung verwertet,
namentlich veräußert oder verbraucht, oder hat er die Einziehung des Gegenstandes sonst vereitelt,
so kann das Gericht die Einziehung eines Geldbetrags gegen den Täter oder Teilnehmer bis zu der Höhe anordnen,
die dem Wert des Gegenstandes entspricht.
(2) Eine solche Anordnung kann das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes oder an deren Stelle treffen, wenn
ihn der Täter oder Teilnehmer vor der Entscheidung über die Einziehung mit dem Recht eines Dritten belastet,
dessen Erlöschen ohne Entschädigung nicht angeordnet werden kann oder im Falle der Einziehung
nicht angeordnet werden könnte (§ 74e Abs.2 und § 74f);
trifft das Gericht die Anordnung neben der Einziehung, so bemißt sich die Höhe des Wertersatzes nach dem Wert
der Belastung des Gegenstandes.
(3) Der Wert des Gegenstandes und der Belastung kann geschätzt werden.
(4) Für die Bewilligung von Zahlungserleichterungen gilt § 42.
§ 74d
[Einziehung von Schriften und Unbrauchbarmachung]
(1) Schriften (§ 11 Abs.3), die einen solchen Inhalt haben, daß jede
vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde,
werden eingezogen, wenn mindestens ein Stück durch eine rechtswidrige Tat verbreitet oder zur Verbreitung bestimmt
worden ist. Zugleich wird angeordnet, daß die zur Herstellung der Schriften gebrauchten oder bestimmten Vorrichtungen,
wie Platten, Formen, Drucksätze, Druckstöcke, Negative oder Matrizen, unbrauchbar gemacht werden.
(2) Die Einziehung erstreckt sich nur auf die Stücke, die sich im Besitz der bei ihrer Verbreitung oder deren Vorbereitung
mitwirkenden Personen befinden oder öffentlich ausgelegt oder beim Verbreiten durch Versenden noch nicht
dem Empfänger ausgehändigt worden sind.
(3) Absatz 1 gilt entsprechend bei Schriften (§ 11 Abs.3), die einen solchen
Inhalt haben, daß die vorsätzliche Verbreitung in Kenntnis ihres Inhalts nur bei Hinzutreten weiterer Tatumstände
den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklichen würde. Die Einziehung und Unbrauchbarmachung werden jedoch nur
angeordnet, soweit
- die Stücke und die in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Gegenstände sich im Besitz des Täters, Teilnehmers oder
eines anderen befinden, für den der Täter oder Teilnehmer gehandelt hat, oder von diesen Personen zur Verbreitung
bestimmt sind und
- die Maßnahmen erforderlich sind, um ein gesetzwidriges Verbreiten durch diese Personen zu verhindern.
(4) Dem Verbreiten im Sinne der Absätze 1 bis 3 steht es gleich, wenn eine Schrift (§ 11
oder mindestens ein Stück der Schrift durch Ausstellen, Anschlagen, Vorführen oder in anderer Weise öffentlich
zugänglich gemacht wird.
(5) § 74b Abs.2 und 3 gilt entsprechend.
§ 74e
[Wirkung der Einziehung]
(1) Wird ein Gegenstand eingezogen, so geht das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht mit der Rechtskraft
der Entscheidung auf den Staat über.
(2) Rechte Dritter an dem Gegenstand bleiben bestehen. Das Gericht ordnet jedoch das Erlöschen dieser Rechte an,
wenn es die Einziehung darauf stützt, daß die Voraussetzungen des § 74 Abs.2 Nr.2
vorliegen. Es kann das Erlöschen des Rechts eines Dritten auch dann anordnen, wenn diesem eine Entschädigung
nach § 74f Abs.2 Nr.1 oder 2 nicht zu gewähren ist.
(3) § 73e Abs.2 gilt entsprechend für die Anordnung der Einziehung und
die Anordnung des Vorbehalts der Einziehung, auch wenn sie noch nicht rechtskräftig ist.
§ 74f
[Entschädigung]
(1) Stand das Eigentum an der Sache oder das eingezogene Recht zur Zeit der Rechtskraft der Entscheidung über die Einziehung
oder Unbrauchbarmachung einem Dritten zu oder war der Gegenstand mit dem Recht eines Dritten belastet, das durch die Entscheidung
erloschen oder beeinträchtigt ist, so wird der Dritte aus der Staatskasse unter Berücksichtigung des Verkehrswertes
angemessen in Geld entschädigt.
(2) Eine Entschädigung wird nicht gewährt, wenn
- der Dritte wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, daß die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der
Tat oder ihrer Vorbereitung gewesen ist,
- der Dritte den Gegenstand oder das Recht an dem Gegenstand in Kenntnis der Umstände, welche die Einziehung
oder Unbrauchbarmachung zulassen, in verwerflicher Weise erworben hat oder
- es nach den Umständen, welche die Einziehung oder Unbrauchbarmachung begründet haben,
auf Grund von Rechtsvorschriften außerhalb des Strafrechts zulässig wäre, den Gegenstand
dem Dritten ohne Entschädigung dauernd zu entziehen.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann eine Entschädigung gewährt werden,
soweit es eine unbillige Härte wäre, sie zu versagen.
§ 75
[Sondervorschrift für Organe und Vertreter]
Hat jemand
- als vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person oder als Mitglied eines solchen Organs,
- als Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins oder als Mitglied eines solchen Vorstandes,
- als vertretungsberechtigter Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft oder
- als Generalbevollmächtigter oder in leitender Stellung als Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter
einer juristischen Person oder einer in Nummer 2 oder 3 genannten Personenvereinigung eine Handlung vorgenommen,
die ihm gegenüber unter den übrigen Voraussetzungen der §§ 74 bis 74c
und 74f die Einziehung eines Gegenstandes oder des Wertersatzes zulassen oder
den Ausschluß der Entschädigung begründen würde, so wird seine Handlung bei Anwendung
dieser Vorschriften dem Vertretenen zugerechnet. § 14 Abs.3 gilt entsprechend.
Gemeinsame Vorschriften
§ 76
[Nachträgliche Anordnung von Verfall oder Einziehung des Wertersatzes]
Ist die Anordnung des Verfalls oder der Einziehung eines Gegenstandes nicht ausführbar oder unzureichend,
weil nach der Anforderung eine der in §§ 73a, 73d Abs.2
oder § 74c bezeichneten Voraussetzungen eingetreten oder bekanntgeworden ist, so kann
das Gericht den Verfall oder die Einziehung des Wertersatzes nachträglich anordnen.
§ 76a
[Selbständige Anordnung]
(1) Kann wegen der Straftat aus tatsächlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden,
so muß oder kann auf Verfall oder Einziehung des Gegenstandes oder des Wertersatzes oder auf Unbrauchbarmachung
selbständig erkannt werden, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben oder zugelassen ist,
im übrigen vorliegen.
(2) Unter den Voraussetzungen des § 74 Abs.2 Nr.2, Abs.3 und des
§ 74d ist Absatz 1 auch dann anzuwenden, wenn
- die Verfolgung der Straftat verjährt ist oder
- sonst aus rechtlichen Gründen keine bestimmte Person verfolgt werden kann und das Gesetz nichts anderes bestimmt.
Einziehung oder Unbrauchbarmachung dürfen jedoch nicht angeordnet werden,
wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen.
(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt
wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zuläßt.
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