|
Abgabenordnung (AO)
|
Dritter Teil - Allgemeine Verfahrensvorschriften |
1. Unterabschnitt Beteiligung am Verfahren
§ 78
[Beteiligte]
Beteiligte sind
- Antragsteller und Antragsgegner,
- diejenigen, an die die Finanzbehörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat,
- diejenigen, mit denen die Finanzbehörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat.
§ 79 Handlungsfähigkeit
(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind:
1. natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht
geschäftsfähig sind,
2. natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den
Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts
als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen
Rechts als handlungsfähig anerkannt sind,
3. juristische Personen, Vereinigungen oder Vermögensmassen durch ihre
gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte,
4. Behörden durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte.
(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein
geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von
Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des
bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder
durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt
ist.
(3) Die §§ 53 und 55 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.
§ 80 Bevollmächtigte und Beistände
(1) Ein Beteiligter kann sich durch einen Bevollmächtigten vertreten
lassen. Die Vollmacht ermächtigt zu allen das Verwaltungsverfahren
betreffenden Verfahrenshandlungen, sofern sich aus ihrem Inhalt nicht etwas
anderes ergibt; sie ermächtigt nicht zum Empfang von Steuererstattungen
und Steuervergütungen. Der Bevollmächtigte hat auf Verlangen seine
Vollmacht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf der Vollmacht wird der
Behörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.
(2) Die Vollmacht wird weder durch den Tod des Vollmachtgebers noch durch
eine Veränderung in seiner Handlungspflicht oder seiner gesetzlichen
Vertretung aufgehoben; der Bevollmächtigte hat jedoch, wenn er für
den Rechtsnachfolger im Verwaltungsverfahren auftritt, dessen Vollmacht auf
Verlangen schriftlich beizubringen.
(3) Ist für das Verfahren ein Bevollmächtigter bestellt, so soll
sich die Behörde an ihn wenden. Sie kann sich an den Beteiligten selbst
wenden, soweit er zur Mitwirkung verpflichtet ist. Wendet sich die
Finanzbehörde an den Beteiligten, so soll der Bevollmächtigte
verständigt werden.
(4) Ein Beteiligter kann zu Verhandlungen und Besprechungen mit einem Beistand
erscheinen. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten
vorgebracht, soweit dieser nicht unverzüglich widerspricht.
(5) Bevollmächtigte und Beistände sind zurückzuweisen, wenn
sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu
befugt zu sein; dies gilt nicht für Notare und Patentanwälte.
(6) Bevollmächtigte und Beistände können vom schriftlichen
Vortrag zurückgewiesen werden, wenn sie hierzu ungeeignet sind; vom
mündlichen Vortrag können sie zurückgewiesen werden, wenn
sie zum sachgemäßen Vortrag nicht fähig sind. Dies gilt nicht
für die in § 3 und in § 4 Nr. 1 und 2 des Steuerberatungsgesetzes
bezeichneten natürlichen Personen.
(7) Die Zurückweisung nach den Absätzen S und 6 ist auch dem
Beteiligten, dessen Bevollmächtigter oder Beistand zurückgewiesen
wird, mitzuteilen. Verfahrenshandlungen des zurückgewiesenen
Bevollmächtigten oder Beistandes, die dieser nach der Zurückweisung
vornimmt, sind unwirksam.
§ 81 Bestellung eines Vertreters von Amts wegen
(1) Ist ein Vertreter nicht vorhanden, so hat das Vormundschaftsgericht auf
Ersuchen der Finanzbehörde einen geeigneten Vertreter zu bestellen
1. für einen Beteiligten, dessen Person unbekannt ist,
2. für einen abwesenden Beteiligten, dessen Aufenthalt unbekannt ist
oder der an der Besorgung seiner Angelegenheiten verhindert ist,
3. für einen Beteiligten ohne Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes,
wenn er der Aufforderung der Finanzbehörde, einen Vertreter zu bestellen,
innerhalb der ihm gesetzen Frist nicht nachgekommen ist,
4. für einen Beteiligten, der infolge einer psychischen Krankheit oder
körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht in der Lage
ist, in dem Verwaltungsverfahren selbst tätig zu werden,
5. bei herrenlosen Sachen, auf die sich das Verfahren bezieht, zur Wahrung
der sich in bezug auf die Sache ergebenden Rechte und Pflichten.
(2) Für die Bestellung des Vertreters ist in den Fällen des Absatzes
1 Nr. 4 das Vormundschaftsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beteiligte
seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 65 Abs. 1 des Gesetzes über
die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) hat; im übrigen
ist das Vormundschaftsgericht zuständig, in dessen Bezirk die ersuchende
Finanzbehörde ihren Sitz hat.
(3) Der Vertreter hat gegen den Rechtsträger der Finanzbehörde,
die um seine Bestellung ersucht hat, Anspruch auf eine angemessene
Vergütung und auf die Erstattung seiner baren Auslagen. Die
Finanzbehörde kann von dem Vertretenen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen.
Sie bestimmt die Vergütung und stellt die Auslagen und Aufwendungen
fest.
(4) Im übrigen gelten für die Bestellung und für das Amt des
Vertreters in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 4 die Vorschriften über
die Betreuung, in den übrigen Fällen die Vorschriften über
die Pflegschaft entsprechend.
2. Unterabschnitt: Ausschließung und Ablehnung von Amtsträgern
und anderen Personen
§ 82 Ausgeschlossene Personen
(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Finanzbehörde nicht
tätig werden,
1. wer selbst Beteiligter ist,
2. wer Angehöriger (§ 15) eines Beteiligten ist,
3. wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in
diesem Verfahren vertritt,
4. wer Angehöriger (§ 15) einer Person ist, die für einen
Beteiligten in diesem Verfahren Hilfe in Steuersachen leistet,
5. wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei
ihm als Mitglied des Vorstandes, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen
Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen
Anstellungskörperschaft Beteiligte ist,
6. wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit
ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
Dem Beteiligten steht gleich, wer durch die Tätigkeit oder durch die
Entscheidung einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil erlangen kann. Dies
gilt nicht, wenn der Vor- oder Nachteil nur darauf beruht, daß jemand
einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe angehört, deren gemeinsame
Interessen durch die Angelegenheit berührt werden.
(2) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzuge
unaufschiebbare Maßnahmen treffen.
(3) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses für ausgeschlossen
oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind,
ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuß
entscheidet über den Ausschluß. Der Betroffene darf an dieser
Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren
Beratung und Beschlußfassung nicht zugegen sein.
§ 83 Besorgnis der Befangenheit
(1) Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die
Unparteilichkeit des Amtsträgers zu rechtfertigen oder wird von einem
Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat der
Amtsträger den Leiter der Behörde oder den von ihm Beauftragten
zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten.
Betrift die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft
diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter
nicht selbst einer Mitwirkung enthält.
(2) Bei Mitgliedern eines Ausschusses ist sinngemäß nach §
82 Abs. 3 zu verfahren.
§ 84 Ablehnung von Mitgliedern eines Ausschusses
Jeder Beteiligte kann ein Mitglied eines in einem Verwaltungsverfahren
tätigen Ausschusses ablehnen, das in diesem Verwaltungsverfahren nicht
tätig werden darf (§ 82) oder bei dem die Besorgnis der Befangenheit
besteht (§ 83). Eine Ablehnung vor einer mündlichen Verhandlung
ist schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären. Die Erklärung
ist unzulässig, wenn sich der Beteiligte ohne den ihm bekannten
Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine mündliche Verhandlung eingelassen
hat. Für die Entscheidung über die Ablehnung gilt § 82 Abs.
3 Sätze 2 bis 4. Die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch kann
nur zusammen mit der Entscheidung angefochten werden, die das Verfahren vor
dem Ausschuß abschließt.
3. Unterabschnitt: Besteuerungsgrundsätze, Beweismittel
I. Allgemeines
§ 85 Besteuerungsgrundsätze
Die Finanzbehörden haben die Steuern nach Maßgabe der Gesetze
gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. lnsbesondere haben sie
sicherzustellen, daß Steuern nicht verkürzt, zu Unrecht erhoben
oder Steuererstattungen und Steuervergütungen nicht zu Unrecht gewährt
oder versagt werden.
§ 86 Beginn des Verfahrens
Die Finanzbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen,
ob und wann sie ein Verwaltungsverfahren durchführt. Dies gilt nicht,
wenn die Finanzbehörde auf Grund von Rechtsvorschriften
1. von Amts wegen oder auf Antrag tätig werden muß,
2. nur auf Antrag tätig werden darf und ein Antrag nicht vorliegt.
§ 87 Amtssprache
(1) Die Amtssprache ist deutsch.
(2) Werden bei einer Finanzbehörde in einer fremden Sprache Anträge
gestellt oder Eingaben, Belege, Urkunden oder sonstige Schriftstücke
vorgelegt, kann die Finanzbehörde verlangen, daß unverzüglich
eine Übersetzung vorgelegt wird. In begründeten Fällen kann
die Vorlage einer beglaubigten oder von einem öffentlich bestellten
oder beeidigten Dolmetscher oder Übersetzer angefertigten Übersetzung
verlangt werden. Wird die verlangte Übersetzung nicht unverzüglich
vorgelegt, so kann die Finanzbehörde auf Kosten des Beteiligten selbst
eine Übersetzung beschaffen. Hat die Finanzbehörde Dolmetscher
oder Übersetzer herangezogen, werden diese in entsprechender Anwendung
des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und
Sachverständigen entschädigt.
(3) Soll durch eine Anzeige, einen Antrag oder die Abgabe einer
Willenserklärung eine Frist in Lauf gesetzt werden, innerhalb deren
die Finanzbehörde in einer bestimmten Weise tätig werden muß,
und gehen diese in einer fremden Sprache ein, so beginnt der Lauf der Frist
erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Finanzbehörde eine Übersetzung
vorliegt.
(4) Soll durch eine Anzeige, einen Antrag oder eine Willenserklärung,
die in fremder Sprache eingehen, zugunsten eines Beteiligten eine Frist
gegenüber der Finanzbehörde gewahrt, ein öffentlich-rechtlicher
Anspruch geltend gemacht oder eine Leistung begehrt werden, so gelten die
Anzeige, der Antrag oder die Willenserklärung als zum Zeitpunkt des
Eingangs bei der Finanzbehörde abgegeben, wenn auf Verlangen der
Finanzbehörde innerhalb einer von dieser zu setzenden angemessenen Frist
eine Übersetzung vorgelegt wird. Andernfalls ist der Zeitpunkt des Eingangs
der Übersetzung maßgebend, soweit sich nicht aus zwischenstaatlichen
Vereinbarungen etwas anderes ergibt. Auf diese Rechtsfolge ist bei der
Fristsetzung hinzuweisen.
§ 88
[Untersuchungsgrundsatz]
(1) Die Finanzbehörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie
bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbnngen und an die
Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Der Umfang dieser
Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
(2) Die Finanzbehörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen,
auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.
§ 88a
[Sammlung von geschützten Daten]
Soweit es zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Festsetzung und
Erhebung der Steuern erforderlich ist, dürfen die Finanzbehörden
nach § 30 geschützte Daten auch für Zwecke
künftiger Verfahren im Sinne des § 30 Abs.2 Nr.1
Buchstabe a und b, insbesondere zur Gewinnung von Vergleichswerten, in Dateien oder
Akten sammeln und verwenden. Eine Verwendung ist nur für Verfahren im Sinne
des § 30 Abs.2 Nr.1 Buchstabe a und b zulässig.
§ 89
[Beratung, Auskunft]
Die Finanzbehörde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung
von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen
anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis
unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt,
soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im
Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.
§ 90 Mitwirkungspflichten der Beteiligten
(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhaltes
verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach,
daß sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen
vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten
Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den
Umständen des Einzelfalles.
(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der
sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes
bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und
die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für
sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten
auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, daß
er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann,
wenn er sich nach Lage des Falles bei der Gestaltung seiner Verhältnisse
die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen
können.
§ 91 Anhörung Beteiligter
(l) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten
eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die
Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere,
wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten
des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den
Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, insbesondere wenn
1. eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen
Interesse notwendig erscheint,
2. durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung
maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3. von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem
Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten
abgewichen werden soll,
4. die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige
Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe
automatischer Einrichtungen erlassen will,
5. Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches
Interesse entgegensteht.
§ 92 Beweismittel
Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach
pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhaltes für
erforderlich hält. Sie kann insbesondere
1. Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen,
2. Sachverständige zuziehen,
3. Urkunden und Akten beiziehen,
4. den Augenschein einnehmen.
II. Beweis durch Auskünfte und Sachverständigengutachten
§ 93 Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer
Personen
(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die
zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes
erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht
rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und
Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten
werden, wenn die Sachver haltsaufklärung durch die Beteiligten nicht
zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht.
(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt
werden sollen und ob die Auskunft über die Besteuerung des
Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert
wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich
zu ergehen.
(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen
und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis
Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen,
Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen,
einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.
(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskünfte schriftlich, mündlich
oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, daß
der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich
ist.
(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, daß der Auskunftspflichtige
eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere
dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt
worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des
Sachverhaltes geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.
(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche
Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift
soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen
Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die
mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben
werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.
§ 93a Allgemeine Mitteilungspflichten
(1) Zur Sicherung der Besteuerung (§ 85) kann die Bundesregierung durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Behörden verpflichten,
1. Verwaltungsakte, die die Versagung oder Einschränkung einer steuerlichen
Vergünstigung zur Folge haben oder dem Betroffenen steuerpflichtige
Einnahmen ermöglichen,
2. Subventionen und ähnliche Förderungsmaßnahmen sowie
3. Anhaltspunkte für Schwarzarbeit, unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung
oder unerlaubte Ausländerbeschäftigung
den Finanzbehörden mitzuteilen. Durch Rechtsverordnung kann auch bestimmt
werden, daß bei Zahlungen von Behörden und
öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Zahlungsempfänger
zur Erleichterung seiner steuerlichen Aufzeichnungs- und
Erklärungspflichten über die Summe der jährlichen Zahlungen
sowie über die Auffassung der Finanzbehörden zu den daraus entstehenden
Steuerpflichten zu unterrichten ist; der zuständigen Finanzbehörde
sind der Empfänger, der Rechtsgrund, die Höhe und der Zeitpunkt
der Zahlungen mitzuteilen. Die Verpflichtung der Behörden und der
Rundfunkanstalten zu Mitteilungen, Auskünften, Anzeigen und zur Amtshilfe
auf Grund anderer Vorschriften bleibt unberührt.
(2) Schuldenverwaltungen, Kreditinstitute, Betriebe gewerblicher Art von
juristischen Personen des öffentlichen Rechts im Sinne des
Körperschaftsteuergesetzes, Berufskammern und Versicherungsunternehmen
sind von der Mitteilungspflicht ausgenommen.
(3) In der Rechtsverordnung sind die mitteilenden Stellen, die Verpflichtung
zur Unterrichtung der Betroffenen, die mitzuteilenden Angaben und die für
die Entgegennahme der Mitteilungen zuständigen Finanzbehörden
näher zu bestimmen sowie der Umfang, der Zeitpunkt und das Verfahren
der Mitteilung zu regeln. In der Rechtsverordnung können Ausnahmen von
der Mitteilungspflicht, insbesondere für Fälle geringer steuerlicher
Bedeutung, zugelassen werden.
§ 94 Eidliche Vernehmung
(1) Hält die Finanzbehörde mit Rücksicht auf die Bedeutung
der Auskunft oder zur Herbeiführung einer wahrheitsgemäßen
Auskunft die Beeidigung einer anderen Person als eines Beteiligten für
geboten, so kann sie das für den Wohnsitz oder den Aufenthaltsort der
zu beeidigenden Person zuständige Finanzgericht um die eidliche Vernehmung
ersuchen. Befindet sich der Wohnsitz oder der Aufenthaltsort der zu beeidigenden
Person nicht am Sitz eines Finanzgerichts oder eines besonders errichteten
Senates, so kann auch das zuständige Amtsgericht um die eidliche Vernehmung
ersucht werden.
(2) In dem Ersuchen hat die Finanzbehörde den Gegenstand der Vernehmung
sowie die Namen und Anschnften der Beteiligten anzugeben. Das Gericht hat
die Beteiligten und die ersuchende Finanzbehörde von den Terminen zu
benachrichtigen. Die Beteiligten und die ersuchende Finanzbehörde sind
berechtigt, während der Vernehmung Fragen zu stellen.
(3) Das Gericht entscheidet über die Rechtmäßigkeit der
Verweigerung des Zeugnisses oder der Eidesleistung.
§ 95 Versicherung an Eides Statt
(1) Die Finanzbehörde kann den Beteiligten auffordern, daß er
die Richtigkeit von Tatsachen, die er behauptet, an Eides Statt versichert.
Eine Versicherung an Eides Statt soll nur geforden werden, wenn andere Mittel
zur Erforschung der Wherheit nicht vorhanden sind, zu keinem Ergebnis
geführt haben oder einen unverhältnismäßigen Aufwand
erfordern. Von eidesunfähigen Personen im Sinne des § 393 der
Zivilprozeßordnung darf eine eidesstattliche Versicherung nicht verlangt
werden.
(2) Die Versicherung an Eides Statt wird von der Finanzbehörde zur
Niederschrift aufgenommen. Zur Aufnahme sind der Behördenleiter, sein
ständiger Vertreter sowie Angehönge des öffentlichen Dienstes
befugt, welche die Befähigung zum Richteramt haben oder die Voraussetzungen
des § 110 Satz 1 des Deutschen Richtergesetzes erfüllen. Andere
Angehönge des öffentlichen Dienstes kann der Behördenleiter
oder sein ständiger Vertreter hierzu allgemein oder im Einzelfall
schriftlich ermächtigen.
(3) Die Angaben, deren Richtigkeit versichert werden soll, sind schriftlich
festzustellen und dem Beteiligten mindestens eine Woche vor Aufnahme der
Versicherung mitzuteilen. Die Versicherung besteht darin, daß der
Beteiligte unter Wiederholung der behaupteten Tatsache erklärt: »Ich
versichere an Eides Statt, daß ich nach bestem Wissen die reine Wahrheit
gesagt und nichts verschwiegen habe.« Bevollmächtigte und
Beistände des Beteiligten sind berechtigt, an der Aufnahme der Versicherung
an Eides Statt teilzunehmen.
(4) Vor der Aufnahme der Versicherung an Eides Statt ist der Beteiligte
über die Bedeutung der eidesstattlichen Versicherung und die
strafrechtlichen Folgen einer unrichtigen oder unvollständigen
eidesstattlichen Versicherung zu belehren. Die Belehrung ist in der Niederschrift
zu vermerken.
(5) Die Niederschrift hat ferner die Namen der anwesenden Personen sowie
den Ort und den Tag der Niederschrift zu enthalten. Die Niederschrift ist
dem Beteiligten, der die eidesstattliche Versicherung abgibt, zur Genehmigung
vorzulesen oder auf Verlangen zur Durchsicht vorzulegen. Die erteilte Genehmigung
ist zu vermerken und von dem Beteiligten zu unterschreiben. Die Niederschrift
ist sodann von dem Amtsträger, der die Versicherung an Eides Statt
aufgenommen hat, sowie von dem Schriftführer zu unterschreiben.
(6) Die Versicherung an Eides Statt kann nicht nach § 328 erzwungen
werden.
§ 96 Hinzuziehung von Sachverständigen
(1) Die Finanzbehörde bestimmt, ob ein Sachverständiger zuzuziehen
ist. Soweit nicht Gefahr im Verzug vorliegt, hat sie die Person, die sie
zum Sachverständigen ernennen will, den Beteiligten vorher bekanntzugeben.
(2) Die Beteiligten können einen Sachverständigen wegen Besorgnis
der Befangenheit ablehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Zweifel
an seiner Unparteilichkeit zu rechtfertigen oder wenn von seiner Tätigkeit
die Verletzung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses oder Schaden
für die geschäftliche Tätigkeit eines Beteiligten zu
befürchten ist. Die Ablehnung ist der Finanzbehörde gegenüber
unverzüglich nach Bekanntgabe der Person des Sachverständigen,
jedoch spätestens innerhalb von zwei Wochen unter Glaubhaftmachung der
Ablehnungsgründe geltend zu machen. Nach diesem Zeitpunkt ist die Ablehnung
nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, daß der Ablehnungsgrund
vorher nicht geltend gemacht werden konnte. Über die Ablehnung entscheidet
die Finanzbehörde, die den Sachverständigen ernannt hat oder ernennen
will. Das Ablehnungsgesuch hat keine aufschiebende Wirkung.
(3) Der zum Sachverständigen Ernannte hat der Ernennung Folge zu leisten,
wenn er zur Erstattung von Gutachten der erforderlichen Art öffentlich
bestellt ist oder wenn er die Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren
Kenntnis Voraussetzung der Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerb
ausübt oder wenn er zur Ausübung derselben öffentlich bestellt
oder ermächtigt ist. Zur Erstattung des Gutachtens ist auch derjenige
verpflichtet, der sich hierzu der Finanzbehörde gegenüber bereit
erklärt hat.
(4) Der Sachverständige kann die Erstattung des Gutachtens unter Angabe
der Gründe wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen.
(5) Angehörige des öffentlichen Dienstes sind als Sachverständige
nur dann zuzuziehen, wenn sie die nach dem Dienstrecht erforderliche Genehmigung
erhalten.
(6) Die Sachverständigen sind auf die Vorschriften über die Wahrung
des Steuergeheimnisses hinzuweisen.
(7) Das Gutachten ist regelmäßig schriftlich zu erstatten. Die
mündliche Erstattung des Gutachtens kann zugelassen werden. Die Beeidigung
des Gutachtens darf nur gefordert werden, wenn die Finanzbehörde dies
mit Rücksicht auf die Bedeutung des Gutachtens für geboten hält.
Ist der Sachverständige für die Erstattung von Gutachten der
betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf
den geleisteten Eid; sie kann auch in einem schriftlichen Gutachten erklärt
werden. Anderenfalls gilt für die Beeidigung § 94
sinngemäß.
III. Beweis durch Urkunden und Augenschein
§ 97 Vorlage von Urkunden
(1) Die Finanzbehörde kann von den Beteiligten und anderen Personen
die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren und
anderen Urkunden zur Einsicht und Prüfung verlangen. Dabei ist anzugeben,
ob die Urkunden für die Besteuerung des zur Vorlage Aufgeforderten oder
für die Besteuerung anderer Personen benötigt werden. § 93
Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.
(2) Die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen, Geschäftspapieren
und anderen Urkunden soll in der Regel erst dann verlangt werden, wenn der
Vorlagepflichtige eine Auskunft nicht erteilt hat, wenn die Auskunft unzureichend
ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen. Diese Einschränkungen
gelten nicht gegenüber dem Beteiligten, soweit dieser eine steuerliche
Vergünstigung geltend macht, oder wenn die Finanzbehörde eine
Außenprüfung nicht durchführen will oder wegen der erheblichen
steuerlichen Auswirkungen eine baldige Klärung für geboten hält.
(3) Die Finanzbehörde kann die Vorlage der in Absatz 1 genannten Urkunden
an Amtsstelle verlangen oder sie bei dem Vorlagepflichtigen einsehen, wenn
dieser einverstanden ist oder die Urkunden für eine Vorlage an Amtsstelle
ungeeignet sind. § 147 Abs. 5 gilt entsprechend.
§ 98 Einnahme des Augenscheins
(1) Führt die Finanzbehörde einen Augenschein durch, so ist das
Ergebnis aktenkundig zu machen.
(2) Bei der Einnahme des Augenscheins konnen Sachverständige zugezogen
werden.
§ 99 Betreten von Grundstücken und Räumen
(1) Die von der Finanzbehörde mit der Einnahme des Augenscheins betrauten
Amtsträger und die nach den §§ 96 und 98 zugezogenen
Sachverständigen sind berechtigt, Grundstücke, Räume, Schiffe,
umschlossene Betriebsvorrichtungen und ähnliche Einrichtungen während
der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeit zu betreten, soweit dies
erforderlich ist, um im Besteuerungsinteresse Feststellungen zu treffen.
Die betroffenen Personen sollen angemessene Zeit vorher benachrichtigt werden.
Wohnräume dürfen gegen den Willen des Inhabers nur zur Verhütung
dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
betreten werden.
(2) Maßnahmen nach Absatz 1 dürfen nicht zu dem Zweck angeordnet
werden, nach unbekannten Gegenständen zu forschen.
§ 100 Vorlage von Wertsachen
(1) Der Beteiligtc und andere Personen haben der Finanzbehörde auf Verlangen
Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) vorzulegen, soweit dies
erforderlich ist, um im Besteuerungsinteresse Feststellungen über ihre
Beschaffenheit und ihren Wert zu treffen. § 98 Abs. 2 ist anzuwenden.
(2) Die Vorlage von Wertsachen darf nicht angeordnet werden, um nach unbekannten
Gegenständen zu forschen.
IV. Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrechte
§ 101
[Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht der Angehörigen]
(1) Die Angehörigen (§ 15) eines Beteiligten
können die Auskunft verweigern, soweit sie nicht selbst als Beteiligte über ihre eigenen
steüerlichen Verhältnisse auskunftspflichtig sind oder die
Auskunftspflicht für einen Beteiligten zu erfüllen haben. Die Angehörigen sind
über das Auskunftsverweigerungsrecht zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.
(2) Die in Absatz 1 genannten Personen haben ferner das Recht, die Beeidigung
ihrer Auskunft zu verweigern. Absatz 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.
§ 102
[Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse]
(1) Die Auskunft können ferner verweigern:
- Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger
anvertraut worden oder bekanntgeworden ist,
- Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer über Personen,
die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft
Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst,
-
- Verteidiger,
- Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,
Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer,
- Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten,
Apotheker und Hebammen,
über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekanntgeworden ist,
- Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von
periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken
oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder
Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen
im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich
um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen
Teil handelt; § 160 bleibt unberührt.
(2) Den im Absatz 1 Nr.1 bis 3 genannten Personen stehen ihre Gehilfen und
die Personen gleich, die zur Vorbereitung auf den Beruf an der
berufsmäßigen Tätigkeit teilnehmen. Über die Ausübung
des Rechts dieser Hilfspersonen, die Auskunft zu verweigern, entscheiden
die im Absatz 1 Nr.1 bis 3 genannten Personen, es sei denn, daß diese
Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann.
(3) Die in Absatz 1 Nr.3 genannten Personen dürfen die Auskunft nicht
verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden
sind. Die Entbindung von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit gilt auch für die Hilfspersonen.
(4) Die gesetzlichen Anzeigepflichten der Notare bleiben unberührt.
Soweit die Anzeigepflichten bestehen, sind die Notare auch zur Vorlage von
Urkunden und zur Erteilung weiterer Auskünfte verpflichtet.
§ 103
[Auskunftsverweigerungsrecht bei Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit]
Personen, die nicht Beteiligte und nicht für einen Beteiligten auskunftspflichtig sind, können
die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen
(§ 15) der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder
eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Über
das Recht, die Auskunft zu verweigern, sind sie zu belehren. Die Belehrung ist aktenkundig zu machen.
§ 104 Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens
und der Vorlage von Urkunden
(1) Soweit die Auskunft verweigert werden darf, kann auch die Erstattung
eines Gutachtens und die Vorlage von Urkunden oder Wertsachen verweigert
werden. § 102 Abs. 4 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Nicht verweigert werden kann die Vorlage von Urkunden und Wertsachen,
die für den Beteiligten aufbewahrt werden, soweit der Beteiligte bei
eigenem Gewahrsam zur Vorlage verpflichtet wäre. Für den Beteiligten
aufbewahrt werden auch die für ihn geführten
Geschäftsbücher und sonstigen Aufzeichnungen.
§ 105 Verhältnis der Auskunfts- und Vorlagepflicht
zur Schweigepflicht öffentlicher Stellen
(1) Die Verpflichtung der Behörden oder sonstiger öffentlicher
Stellen einschließlich der Deutschen Bundesbank, der Staatsbanken,
der Schuldenverwaltungen sowie der Organe und Bediensteten dieser Stellen
zur Verschwiegenheit gilt nicht für ihre Auskunfts- und Vorlagepflicht
gegenüber den Finanzbehörden .
(2) Absatz 1 gilt nicht, soweit die Behörden und die mit postdienstlichen
Verrichtungen betrauten Personen gesetzlich verpflichtet sind, das Brief-,
Post- und Fernmeldegeheimnis zu wahren.
§ 106 Beschränkung der Auskunfts- und
Vorlagepflicht bei Beeinträchtigung des staatlichen Wohls
Eine Auskunft oder die Vorlage von Urkunden darf nicht gefordert werden,
wenn die zuständige oberste Bundes- oder Landesbehörde erklärt,
daß die Auskunft oder Vorlage dem Wohle des Bundes oder eines Landes
erhebliche Nachteile bereiten würde.
V. Entschädigung der Auskunftspflichtigen und der Sachverständigen
§ 107 Entschädigung der Auskunftspflichtigen
und der Sachverständigen
Auskunftspflichtige und Sachverständige, die die Finanzbehörde
zu Beweiszwecken herangezogen hat, werden auf Antrag in entsprechender Anwendung
des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und
Sachverständigen entschädigt. Dies gilt nicht für die Beteiligten
und für die Personen, die für die Beteiligten die Auskunftspflicht
zu erfüllen haben.
4. Unterabschnitt: Fristen, Termine, Wiedereinsetzung
§ 108 Fristen und Termine
(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen
gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuches
entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt
ist.
(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt
mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn dem
Betroffenen etwas anderes mitgeteilt wird.
(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen
Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des
nächstfolgenden Werktages.
(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum
zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten
Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen
Sonnabend fällt.
(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten,
wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.
(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche
Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.
§ 109 Verlängerung von Fristen
(1) Fristen zur Einreichung von Steuererklärungen und Fristen, die von
einer Finanzbehörde gesetzt sind, können verlängert werden.
Sind solche Fristen bereits abgelaufen, so können sie rückwirkend
verlängert werden, insbesondere wenn es unbillig wäre, die durch
den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen bestehen zu lassen.
(2) Die Finanzbehörde kann die Verlängerung der Frist von einer
Sicherheitsleistung abhängig machen oder sonst nach § 120 mit einer
Nebenbestimmung verbinden.
§ 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten,
so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu
stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrages sind bei der
Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.
Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist
dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.
(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die
Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versaumte Handlung nicht mehr
nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge
höherer Gewalt unmöglich war.
(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die
Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden
hat.
5. Unterabschnitt: Rechts- und Amtshilfe
§ 111 Amtshilfepflicht
(1) Alle Gerichte und Behörden haben die zur Durchführung der
Besteuerung erforderliche Amtshilfe zu leisten. § 102 bleibt
unberührt.
(2) Amtshilfe liegt nicht vor, wenn
1. Behörden einander innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses
Hilfe leisten,
2. die Hilfeleistung in Handlungen besteht, die der ersuchten Behörde
als eigene Aufgabe obliegen.
(3) Schuldenverwaltungen, Kreditinstitute sowie Betriebe gewerblicher Art
der Körperschaften des öffentlichen Rechts fallen nicht unter diese
Vorschrift.
(4) Auf dem Gebiet der Zollverwaltung erstreckt sich die Amtshilfepflicht
auch auf diejenigen dem öffentlichen Verkehr oder dem öffentlichen
Warenumschlag dienenden Untemehmen, die das Bundesministerium der Finanzen
als Zollhilfsorgane besonders bestellt hat, und auf die Bediensteten dieser
Untemehmen.
(5) Die §§ 105 und 106 sind entsprechend anzuwenden.
§ 112 Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe
(1) Eine Finanzbehörde kann um Amtshilfe insbesondere dann ersuchen,
wenn sie
1. aus rechtlichen Gründen die Amtshandlung nicht selbst vomehmen kann,
2. aus tatsächlichen Gründen, besonders weil die zur Vornahme der
Amtshandlung erforderlichen Dienstkräfte oder Einnchtungen fehlen, die
Amtshandlung nicht selbst vomehmen kann,
3. zur Durchführung ihrer Aufgaben auf die Kenntnis von Tatsachen angewiesen
ist, die ihr unbekannt sind und die sie selbst nicht ermitteln kann,
4. zur Durchführung ihrer Aufgaben Urkunden oder sonstige Beweismittel
benötigt, die sich im Besitz der ersuchten Behörde befinden,
5. die Amtshandlung nur mit wesentlich größerem Aufwand vornehmen
könnte als die ersuchte Behörde.
(2) Die ersuchte Behörde darf Hilfe nicht leisten, wenn sie
hierzu aus rechtlichen Gründen nicht in der Lage ist.
(3) Die ersuchte Behörde braucht Hilfe nicht zu leisten, wenn
1. eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich
geringerem Aufwand leisten kann,
2. sie die Hilfe nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand
leisten könnte,
3. sie unter Berücksichtigung der Aufgaben der ersuchenden
Finanzbehörde durch den Umfang der Hilfeleistung die Erfüllung
ihrer eigenen Aufgaben ernstlich gefährden würde.
(4) Die ersuchte Behörde darf die Hilfe nicht deshalb verweigern, weil
sie das Ersuchen aus anderen als den in Absatz 3 genannten Gründen oder
weil sie die mit der Amtshilfe zu verwirklichende Maßnahme für
unzweckmäßig hält.
(5) Hält die ersuchte Behörde sich zur Hilfe nicht für
verpflichtet, so teilt sie der ersuchenden Finanzbehörde ihre Auffassung
mit. Besteht diese auf der Amtshilfe, so entscheidet über die Verpflichtung
zur Amtshilfe die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde
oder, sofern eine solche nicht besteht, die für die ersuchte Behörde
fachlich zuständige Aufsichtsbehörde.
§ 113 Auswahl der Behörde
Kommen für die Amtshilfe mehrere Behörden in Betracht, so soll
nach Möglichkeit eine Behörde der untersten Verwaltungsstufe des
Verwaltungszweiges ersucht werden, dem die ersuchende Finanzbehörde
angehört.
§ 114 Durchführung der Amtshilfe
(1) Die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Amtshilfe
verwirklicht werden soll, richtet sich nach dem für die ersuchende
Finanzbehörde, die Durchführung der Amtshilfe nach dem für
die ersuchte Behörde geltenden Recht.
(2) Die ersuchende Finanzbehörde trägt gegenüber der ersuchten
Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit der
zu treffenden Maßnahme. Die ersuchte Behörde ist für die
Durchführung der Amtshilfe verantwortlich.
§ 115 Kosten der Amtshilfe
(1) Die ersuchende Finanzbehörde hat der ersuchten Behörde für
die Amtshilfe keine Verwaltungsgebühr zu entrichten. Auslagen hat sie
der ersuchten Behörde auf Anforderung zu erstatten, wenn sie im Einzelfall
fünfzig Deutsche Mark übersteigen. Leisten Behörden desselben
Rechtsträgers einander Amtshilfe, so werden die Auslagen nicht erstattet.
(2) Nimmt die ersuchte Behörde zur Durchführung der Amtshilfe eine
kostenpflichtige Amtshandlung vor, so stehen ihr die von einem Dritten
hierfür geschuldeten Kosten (Verwaltungsgebühren,
Benutzungsgebühren und Auslagen) zu.
§ 116 Anzeige von Steuerstraftaten
(1) Gerichte und die Behörden von Bund, Ländern und kommunalen
Trägern der öffentlichen Verwaltung haben Tatsachen, die sie dienstlich
erfahren und die den Verdacht einer Steuerstraftat begründen, der
Finanzbehörde mitzuteilen.
(2) § 105 Abs. 2 gilt entsprechend.
§ 117 Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in
Steuersachen
(1) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe
nach Maßgabe des deutschen Rechts in Anspruch nehmen.
(2) Die Finanzbehörden können zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe
auf Grund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen,
innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften
sowie des EG-Amtshilfe-Gesetzes leisten.
(3) Die Finanzbehörden können nach pflichtgemäßem Ermessen
zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe auf Ersuchen auch in anderen
Fällen leisten, wenn
1. die Gegenseitigkeit verbürgt ist,
2. der ersuchende Staat gewährleistet, daß die übermittelten
Auskünfte und Unterlagen nur für Zwecke seines Besteuerungs- oder
Steuerstrafverfahrens (einschließlich Ordnungswidrigkeitenverfahren)
verwendet werden, und daß die übermittelten Auskünfte und
Unterlagen nur solchen Personen, Behörden oder Gerichten zugänglich
gemacht werden, die mit der Bearbeitung der Steuersache oder Verfolgung der
Steuerstraftat befaßt sind,
3. der ersuchende Staat zusichert, daß er bereit ist, bei den Steuern
vom Einkommen, Ertrag und Vermögen eine mögliche Doppelbesteuerung
im Verständigungswege durch eine sachgerechte Abgrenzung der
Besteuerungsgrundlagen zu vermeiden und
4. die Erledigung des Ersuchens die Souveränität, die Sicherheit,
die öffentliche Ordnung oder andere wesentliche Interessen des Bundes
oder seiner Gebietskörperschaften nicht beeinträchtigt und keine
Gefahr besteht, daß dem inländischen Beteiligten ein mit dem Zweck
der Rechts- und Amtshilfe nicht zu vereinbarender Schaden entsteht, falls
ein Handels-, Industrie-, Gewerbe- oder Berufsgeheimnis oder ein
Geschäftsverfahren, das auf Grund des Ersuchens offenbart werden soll,
preisgegeben wird.
Soweit die zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilte Steuern betrifft, die
von den Landesfinanzbehörden verwaltet werden, entscheidet das
Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten
Landesbehörde.
(4) Bei der Durchführung der Rechts- und Amtshilfe richten sich die
Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten
und anderer Personen nach den für Steuern im Sinne von § 1 Abs.
1 geltenden Vorschriften. § 114 findet entsprechende Anwendung. Bei
der Übermittlung von Auskünften und Unterlagen gilt für
inländische Beteiligte § 91 entsprechend; soweit die Rechts- und
Amtshilfe Steuern betrifft, die von den Landesfinanzbehörden verwaltet
werden, hat eine Anhörung des inländischen Beteiligten abweichend
von § 91 Abs. 1 stets stattzufinden, wenn nicht eine Ausnahme nach §
91 Abs. 2 oder 3 vorliegt.
(5) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Förderung
der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates völkerrechtliche Vereinbarungen über die gegenseitige
Rechts- und Amtshilfe auf dem Gebiete des Zollwesens in Kraft zu setzen,
wenn sich die darin übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der nach
diesem Gesetz zulässigen zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfe halten.
Zweiter Abschnitt: Verwaltungsakte
§ 118 Begriff des Verwaltungsaktes
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche
Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf
dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare
Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist
ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten
oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche
Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
§ 119 Bestimmtheit und Form des Verwaltungsaktes
(1) Ein Verwaltungsakt muß inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, mündlich oder in anderer Weise
erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu
bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der
Betroffene dies unverzüglich verlangt.
(3) Ein schriftlicher Verwaltungsakt muß die erlassende Behörde
erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des
Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten
enthalten.
(4) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der formularmäßig
oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend
von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe
können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für
den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf
Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes
eindeutig erkennen kann.
§ 120 Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer
Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen
ist oder wenn sie sicherstellen soll, daß die gesetzlichen Voraussetzungen
des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach
pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
1. einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem
bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum
gilt (Befristung),
2. einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer
Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines
zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3. einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4. einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder
Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5. einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder
Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
§ 121 Begründung des Verwaltungsaktes
(1) Ein schriftlicher oder schriftlich bestätigter Verwaltungsakt ist
schriftlich zu begründen, soweit dies zu seinem Verständnis
erforderlich ist.
(2) Einer Begrüdung bedarf es nicht,
1. soweit die Finanzbehörde einem Antrag entspricht oder einer
Erklärung folgt und ihr Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen
eingreift,
2. soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der
von ihm betroffen wird, die Auffassung der Finanzbehörde über die
Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung
für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3. wenn die Finanzbehörde gleichartige Verwaltungsakte in
größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer
Einrichtungen erläßt und die Begründung nach den Umständen
des Einzelfalles nicht geboten ist,
4. wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5. wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekanntgegeben wird.
§ 122 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes
(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekanntzugeben, für
den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist
entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem
Bevollmächtigten bekanntgegeben werden.
(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt
wird, gilt als bekanntgegeben
1. bei einer Übermittlung im Geltungsbereich dieses Gesetzes am dritten
Tage nach der Aufgabe zur Post,
2. bei einer Übermittlung an einen Beteiligten außerhalb des
Geltungsbereichs dieses Gesetzes einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen
ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und
den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.
(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekanntgegeben werden, wenn dies
durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf
auch dann öffentlich bekanntgegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an
die Beteiligten untunlich ist.
(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen Verwaltungsaktes
wird dadurch bewirkt, daß sein verfügender Teil ortsüblich
bekanntgemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben,
wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können.
Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tage der ortsüblichen
Bekanntmachung als bekanntgegeben. In einer Allgemeinverfügung kann
ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung
folgende Tag bestimmt werden.
(5) Ein schriftlicher Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich
vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet
sich nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes.
§ 123 Bestellung eines Empfangsbevollmächtigten
Ein Beteiligter ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder
Geschäftsleitung im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat der
Finanzbehörde auf Verlangen innerhalb einer angemessenen Frist einen
Empfangsbevollmächtigten im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu benennen.
Unterläßt er dies, so gilt ein an ihn gerichtetes Schriftstück
einen Monat nach der Aufgabe zur Post als zugegangen, es sei denn, daß
feststeht, daß das Schriftstück den Empfänger nicht oder
zu einem späteren Zeitpunkt erreicht hat. Auf die Rechtsfolgen der
Unterlassung ist der Beteiligte hinzuweisen.
§ 124 Wirksamkeit des Verwaltungsaktes
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt
ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er
ihm bekanntgegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam,
mit dem er bekanntgegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht
zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf
oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
§ 125 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden
Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht
kommenden Umstände offenkundig ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes
1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
1. der schriftlich erlassen worden ist, die erlassende Finanzbehörde
aber nicht erkennen läßt,
2. den aus tatsächlichen Gründen niemand befolgen kann,
3. der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder
Bußgeldtatbestand verwirklicht,
4. der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
1. Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten
worden sind,
2. eine nach § 82 Abs. 1 Satz l Nr. 2 bis 6 und Satz 2 ausgeschlossene
Person mitgewirkt hat,
3. ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuß den
für den Erlaß des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluß
nicht gefaßt hat oder nicht beschlußfähig war,
4. die nach einer Rechtsvorschnft erforderliche Mitwirkung einer anderen
Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist
er im ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, daß
die Finanzbehörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen
hätte.
(5) Die Finanzbehörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen
feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran
ein berechtigtes Interesse hat.
§ 126 Heilung von Verfahrens- und Formfehlern
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den
Verwaltungsakt nach § 125 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
1. der für den Verwaltungsakt erforderliche Antrag nachträglich
gestellt wird,
2. die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird,
3. die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird,
4. der Beschluß eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den
Erlaß des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefaßt
wird,
5. die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen des Absatzes 1 Nr. 2 bis 5 dürfen nur bis Abschluß
eines Einspruchsverfahrens oder, falls ein Einspruchsverfahren nicht stattfindet,
bis zur Erhebung der finanzgerichtlichen Klage nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlaß des
Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung
des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der
Einspruchsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist
nach § 110 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der
Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
§ 127 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern
Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 125 nichtig ist,
kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von
Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche
Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn keine andere Entscheidung
in der Sache hätte getroffen werden können.
§ 128 Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt
umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der
erlassenden Finanzbehörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form
rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die
Voraussetzungen für dessen Erlaß erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte
Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden
Finanzbehörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den
Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften
Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte
Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen
kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 91 ist entsprechend anzuwenden .
§ 129 Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlaß
eines Verwaltungsaktes
Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche
offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlaß eines Verwaltungsaktes
unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des
Beteiligten ist zu berichtigen. Die Finanzbehörde ist berechtigt, die
Vorlage des Schriftstückes zu verlangen, das berichtigt werden soll.
§ 130 Rücknahme eines rechtswidrigen
Verwaltungsaktes
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil
begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt),
darf nur dann zurückgenommen werden, wenn
1. er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden
ist,
2. er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder
Bestechung erwirkt worden ist,
3. ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4. seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober
Fahrlässigkeit nicht bekannt war.
(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die
Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes
rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit
dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des
Absatzes 2 Nr. 2.
(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des
Verwaltungsaktes die nach den Vorschriften über die örtliche
Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann,
wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen
Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.
§ 131 Widerruf eines rechtmäßigen
Verwaltungsaktes
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt
kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit
Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein
Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müßte oder
aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung
für die Zukunft nur widerrufen werden,
1. wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt
vorbehalten ist,
2. wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der
Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm
gesetzten Frist erfüllt hat,
3. wenn die Finanzbehörde auf Grund nachträglich eingetretener
Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und
wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefahrdet würde.
§ 130 Abs. 3 gilt entsprechend.
(3) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs
unwirksam, wenn die Finanzbehörde keinen späteren Zeitpunkt bestimmt.
(4) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes
die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit
zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende
Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist.
§ 132 Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und
Änderung im Rechtsbehelfsverfahren
Die Vorschriften über Rücknahme, Widerruf, Aufhebung und Änderung
von Verwaltungsakten gelten auch während eines Einspruchsverfahrens
und während eines finanzgerichtlichen Verfahrens. § 130 Abs. 2
und 3 und § 131 Abs. 2 und 3 stehen der Rücknahme und dem Widerruf
eines von einem Dritten angefochtenen begünstigenden Verwaltungsaktes
während des Einspruchsverfahrens oder des finanzgerichtlichen Verfahrens
nicht entgegen, soweit dadurch dem Einspruch oder der Klage abgeholfen wird.
§ 133
[Rückgabe von Urkunden und Sachen]
Ist ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ist seine Wirksamkeit
aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben, so kann die Finanzbehörde die auf Grund
dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem
Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Der Inhaber und
sofern er nicht der Besitzer ist, auch der Besitzer dieser Urkunden oder Sachen sind zu ihrer Herausgabe
verpflichtet. Der Inhaber oder der Besitzer kann jedoch verlangen, daß ihm die Urkunden oder Sachen
wieder ausgehändigt werden, nachdem sie von der Finanzbehörde als ungültig
gekennzeichnet sind; dies gilt nicht bei Sachen, bei denen eine solche Kennzeichnung nicht oder nicht
mit der erforderlichen Offensichtlichkeit oder Dauerhaftigkeit möglich ist.
|