Abgabenordnung (AO)
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Erster Teil - Einleitende Vorschriften |
§ 1
[Anwendungsbereich]
(1) Dieses Gesetz gilt für alle Steuern einschließlich der Steuervergütungen,
die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften geregelt sind,
soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden
verwaltet werden.
(2) Für die Realsteuern gelten, soweit ihre Verwaltung den Gemeinden übertragen worden ist,
die folgenden Vorschriften dieses Gesetzes entsprechend:
- die Vorschriften des Ersten, Zweiten und
Vierten Abschnitts des Ersten Teils (Anwendungsbereich,
Steuerliche Begriffsbestimmungen, Steuergeheimnis),
- die Vorschriften des Zweiten Teils (Steuerschuldrecht),
- die Vorschriften des Dritten Teils mit Ausnahme der
§§ 82 bis 84 (Allgemeine Verfahrensvorschriften),
- die Vorschriften des Vierten Teils (Durchführung der Besteuerung),
- die Vorschriften des Fünften Teils (Erhebungsverfahren),
- die §§ 351 und 361
Abs.1 Satz 2 und Abs.3, (Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren).
(3) Auf steuerliche Nebenleistungen sind die Vorschriften dieses Gesetzes sinngemäß
anzuwenden. Der Dritte bis Sechste Abschnitt des Vierten Teils
gilt jedoch nur, soweit dies besonders bestimmt wird.
§ 2 Vorrang völkerrechtlicher
Vereinbarungen
Verträge mit anderen Staaten im Sinne des Artikels 59 Abs.
2 Satz 1 des Grundgesetzes über die Besteuerung gehen, soweit
sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind,
den Steuergesetzen vor.
Zweiter Abschnitt: Steuerliche Begriffsbestimmungen
§ 3 Steuern, steuerliche Nebenleistungen
(1) Steuern sind Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung
für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen
Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden,
bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht
knüpft; die Erzielung von Einnahmen kann Nebenzweck sein.
Zölle und Abschöpfungen sind Steuern im Sinne dieses
Gesetzes.
(2) Realsteuern sind die Grundsteuer und die Gewerbesteuer.
(3) Steuerliche Nebenleistungen sind Verspätungszuschläge
(§ 152), Zinsen (§§ 233 bis 237), Säumniszuschläge
(§ 240), Zwangsgelder (§ 329) und Kosten (§ 178,
§§ 337 bis 345).
(4) Das Aufkommen der Zinsen steht den jeweils steuerberechtigten
Körperschaften zu. Die übrigen steuerlichen Nebenleistungen
fließen den verwaltenden Körperschaften zu.
§ 4 Gesetz
Gesetz ist jede Rechtsnorm.
§ 5 Ermessen
Ist die Finanzbehörde emmächtigt, nach ihrem Ermessen
zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung
auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.
§ 6 Behörden, Finanzbehörden
(1) Behörde ist jede Stelle, die Aufgaben er öffentlichen
Verwaltung wahrnimmt.
(2) Finanzbehörden im Sinne dieses Gesetzes sind die folgenden
im Gesetz über die Finanzverwaltung genannten Bundes- und
Landesfinanzbehörden:
1. das Bundesministerium der Finanzen und die für die Finanzverwaltung
zuständigen obersten Landesbehörden als oberste Behörden,
2. die Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, das Bundesamt
für Finanzen und das Zollkriminalamt als Bundesoberbehörden,
3. Rechenzentren als Landesoberbehörden,
4. die Oberfinanzdirektionen als Mittelbehörden und
5. die Hauptzollämter einschließlich ihrer Dienststellen,
die Zollfahndungsämter, die Finanzämter und die besonderen
Landesfinanzbehörden als örtliche Behörden und
6. Familienkassen.
§ 7 Amtsträger
Amtsträger ist, wer nach deutschem Recht
1. Beamter oder Richter (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 des Strafgesetzbuches)
ist,
2. in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis
steht oder
3. sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer
sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahrzunehmen.
§ 8 Wohnsitz
Einen Wohnsitz hat jemand dort, wo er eine Wohnung unter Umständen
innehat, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung
beibehalten und benutzen wird.
§ 9 Gewöhnlicher Aufenthalt
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter
Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er
an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend
verweilt. Als gewöhnlicher Aufenthalt im Geltungsbereich
dieses Gesetzes ist stets und von Beginn an ein zeitlich zusammenhängender
Aufenthalt von mehr als sechs Monaten Dauer anzusehen; kurzfristige
Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht,
wenn der Aufenthalt ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-,
Kur- oder ähnlichen privaten Zwecken genommen wird und nicht
länger als ein Jahr dauert.
§ 10 Geschäftsleitung
Geschäftsleitung ist der Mittelpunkt der geschäftlichen
Oberleitung.
Den Sitz hat eine Körperschaft, Personenvereinigung oder
Vermögensmasse an dem Ort, der durch Gesetz, Gesellschaftsvertrag,
Satzung, Stiftungsgeschäft oder dergleichen bestimmt ist.
§ 12 Betriebstätte
Betriebstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder
Anlage, die der Tätigkeit eines Untemehmens dient. Als Betriebstätten
sind insbesondere anzusehen:
1. die Stätte der Geschäftsleitung, 2. Zweigniederlassungen,
3. Geschäftsstellen,
4. Fabrikations- oder Werkstätten,
5. Warenlager,
6. Ein- oder Verkaufsstellen,
7. Bergwerke, Steinbrüche oder andere stehende, örtlich
fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von
Bodenschätzen,
8. Bauausführungen oder Montagen, auch örtlich fortschreitende
oder schwimmende, wenn
a) die einzelne Bauausführung oder Montage oder
b) eine von mehreren zeitlich nebeneinander bestehenden Bauausführungen
oder Montagen oder
c) mehrere ohne Unterbrechung aufeinander folgende
Bauausführungen oder Montagen
länger als sechs Monate dauern.
§ 13 Ständiger Vertreter
Ständiger Vertreter ist eine Person, die nachhaltig die Geschäfte
eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt.
Ständiger Vertreter ist insbesondere eine Person, die für
ein Unternehmen nachhaltig
1. Verträge abschließt oder vermittelt oder Aufträge
einholt oder
2. einen Bestand von Gütern oder Waren unterhält und
davon Auslieferungen vornimmt.
§ 14 Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige
nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche
Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung
hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich.
Eine Vermögensverwaltung liegt in der Regel vor, wenn Vermögen
genutzt, zum Beispiel Kapitalvermögen verzinslich angelegt
oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.
§ 15 Angehörige
(1) Angehörige sind:
1. der Verlobte,
2. der Ehegatte,
3. Verwandte und Verschwägerte gerader Linie,
4. Geschwister,
5. Kinder der Geschwister,
6. Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten,
7. Geschwister der Eltern,
8. Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes
Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern
und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
(2) Angehörige sind die in Absatz 1 aufgeführten Personen
auch dann, wenn
1. in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung
begründende Ehe nicht mehr besteht;
2. in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft
oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist;
3. im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht
mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind
miteinander verbunden sind.
Dritter Abschnitt: Zuständigkeit der Finanzbehörden
§ 16 Sachliche Zuständigkeit
Die sachliche Zuständigkeit der Finanzbehörden richtet
sich, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz über
die Finanzverwaltung.
§ 17 Örtliche Zuständigkeit
Die örtliche Zuständigkeit richtet sich, soweit nichts
anderes bestimmt ist, nach den folgenden Vorschriften.
§ 18 Gesonderte Feststellungen
(1) Für die gesonderten Feststellungen nach § 180 ist
örtlich zuständig:
1. bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft, bei Grundstücken,
Betriebsgrundstücken und Mineralgewinnungsrechten das Finanzamt,
in dessen Bezirk der Betrieb, das Grundstück, das Betriebsgrundstück,
das Mineralgewinnungsrecht oder, wenn sich der Betrieb, das
Grundstück, das Betriebsgrundstück oder das Mineralgewinnungsrecht
auf die Bezirke mehrerer Finanzämter erstreckt, der wertvollste
Teil liegt (Lagefinanzamt),
2. bei gewerblichen Betrieben mit Geschäftsleitung im Geltungsbereich
dieses Gesetzes das Finanzamt, in dessen Bezirk sich die Geschäftsleitung
befindet, bei gewerblichen Betrieben ohne Geschäftsleitung
im Geltungsbereich dieses Gesetzes das Finanzamt, in dessen Bezirk
eine Betriebsstätte
- bei mehreren Betriebsstätten die wirtschaftlich bedeutendste
- unterhalten wird (Betriebsfinanzamt),
3. bei freiberuflicher Tätigkeit das Finanzamt von dessen
Bezirk aus die Berufstätigkeit vorwiegend ausgeübt
wird,
4. bei einer Beteiligung mehrerer Personen an anderen Einkünften
als Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb
oder aus freiberuflicher Tätigkeit, die nach § 180
Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a gesondert festgestellt werden, das Finanzamt,
von dessen Bezirk die Verwaltung dieser Einkünfte ausgeht,
oder, wenn diese im Geltungsbereich dieses Gesetzes nicht feststellbar
ist, das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil
des Vermögens, aus dem die gemeinsamen Einkünfte fließen,
befindet. Dies gilt sinngemäß auch bei einer gesonderten
Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 3 oder nach § 180
Abs. 2.
(2) Ist eine gesonderte Feststellung mehreren Steuerpflichtigen
gegenüber vorzunehmen und läßt sich nach Absatz
1 die örtliche Zuständigkeit nicht bestimmen, so ist
jedes Finanzamt örtlich zuständig, das nach den §§
19 oder 20 für die Steuern vom Einkommen und Vermögen
eines Steuerpflichtigen zuständig ist, dem ein Anteil an
dem Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist. Soweit dieses
Finanzamt auf Grund einer Verordnung nach § 17 Abs. 2 Satz
3 und 4 des Finanzverwaltungsgesetzes sachlich nicht für
die gesonderte Feststellung zuständig ist, tritt an seine
Stelle das sachlich zuständige Finanzamt.
§ 19 Steuern vom Einkommen und Vermögen
natürlicher Personen
(1) Für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem
Einkommen und Vermögen ist das Finanzamt örtlich zuständig,
in dessen Bezirk der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder in
Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt
hat (Wohnsitzfinanzamt). Bei mehrfachem Wohnsitz im Geltungsbereich
des Gesetzes ist der Wohnsitz maßgebend, an dem sich der
Steuerpflichtige vorwiegend aufhält; bei mehrfachem Wohnsitz
eines verheirateten Steuerpflichtigen, der von seinem Ehegatten
nicht dauernd getrennt lebt, ist der Wohnsitz maßgebend,
an dem sich die Familie vorwiegend aufhält. Für die
nach § 1 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und nach
§ 1 Abs. 2 des Vermögensteuergesetzes unbeschränkt
steuerpflichtigen Personen ist das Finanzamt örtlich zuständig,
in dessen Bezirk sich die zahlende öffentliche Kasse befindet; das gleiche
gilt in den Fällen des § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes bei
Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des
Einkommensteuergesetzes erfüllen, und in den Fällen des § 1 a Abs. 2
des Einkommensteuergesetzes.
(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht vor, so ist
das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich
das Vermögen des Steuerpflichtigen und, wenn dies für
mehrere Finanzämter zutrifft, in dessen Bezirk sich der wertvollste
Teil des Vermögens befindet. Hat der Steuerpflichtige kein
Vermögen im Geltungsbereich des Gesetzes, so ist das Finanzamt
örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Tätigkeit
im Geltungsbereich des Gesetzes vorwiegend ausgeübt oder
verwertet wird oder worden ist.
(3) Gehören zum Bereich der Wohnsitzgemeinde mehrere Finanzämter
und übt ein Steuerpflichtiger mit Einkünften aus Land-
und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Tätigkeit
diese Tätigkeit innerhalb der Wohnsitzgemeinde, aber im Bezirk
eines anderen Finanzamts als dem des Wohnsitzfinanzamts aus, so
ist abweichend von Absatz 1 jenes Finanzamt zuständig, wenn
es nach § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 für eine gesonderte
Feststellung dieser Einkünfte zuständig wäre. Einkünfte
aus Gewinnanteilen sind bei Anwendung des Satzes 1 nur dann zu
berücksichtigen, wenn sie die einzigen Einkünfte des
Steuerpflichtigen im Sinne des Satzes 1 sind.
(4) Steuerpflichtige, die zusammen zu veranlagen sind oder zusammen
veranlagt werden können, sind bei Anwendung des Absatzes
3 so zu behandeln, als seien ihre Einkünfte von einem Steuerpflichtigen
bezogen worden.
(5) Durch Rechtsverordnung der Landesregierung kann bestimmt werden,
daß als Wohnsitzgemeinde im Sinne des Absatzes 3 ein Gebiet
gilt, das mehrere Gemeinden umfaßt, soweit dies mit Rücksicht
auf die Wirtschafts- oder Verkehrsverhältnisse, den Aufbau
der Verwaltungsbehörden oder andere örtliche Bedürfnisse
zweckmäßig erscheint. Die Landesregierung kann die
Ermächtigung auf die für die Finanzverwaltung zuständige
oberste Landesbehörde übertragen.
§ 20 Steuern vom Einkommen und Vermögen
der Körperschaften, Personenvereinigungen, Vermögensmassen
(1) Für die Besteuerung von Körperschaften, Personenvereinigungen
und Vermögensmassen nach dem Einkommen und Vermögen
ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk
sich die Geschäftsleitung befindet.
(2) Befindet sich die Geschäftsleitung nicht im Geltungsbereich
des Gesetzes oder läßt sich der Ort der Geschäftsleitung
nicht feststellen, so ist das Finanzamt örtlich zuständig,
in dessen Bezirk die Steuerpflichtige ihren Sitz hat.
(3) Ist weder die Geschäftsleitung noch der Sitz im Geltungsbereich
des Gesetzes, so ist das Finanzamt örtlich zuständig,
in dessen Bezirk sich Vermögen der Steuerpflichtigen und,
wenn dies für mehrere Finanzämter zutrifft, das Finanzamt,
in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens
befindet.
(4) Befindet sich weder die Geschäftsleitung noch der Sitz
noch Vermögen der Steuerpflichtigen im Geltungsbereich des
Gesetzes, so ist das Finanzamt örtlich zuständig, in
dessen Bezirk die Tätigkeit im Geltungsbereich des Gesetzes
vorwiegend ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist.
§ 21 Umsatzsteuer
(1) Für die Umsatzsteuer mit Ausnahme der Einfuhrumsatzsteuer
ist das Finanzamt zuständig, von dessen Bezirk aus der Unternehmer
sein Unternehmen im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder vorwiegend
betreibt. Wird das Unternehmen von einem nicht zum Geltungsbereich
des Gesetzes gehörenden Ort aus betrieben, so ist das Finanzamt
zuständig, in dessen Bezirk der Unternehmer seine Umsätze
im Geltungsbereich des Gesetzes ganz oder vorwiegend bewirkt.
Abweichend von Satz 2 kann das Bundesministerium der Finanzen
zur Sicherung der Besteuerung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung
des Bundesrates die örtliche Zuständigkeit einem Finanzamt
für den Geltungsbereich des Gesetzes übertragen.
(2) Für die Umsatzsteuer von Personen, die keine Unternehmer
sind, ist das Finanzamt zuständig, das auch für die
Besteuerung nach dem Einkommen zuständig ist (§§
19 und 20); in den Fällen des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe
a ist das Finanzamt für die Umsatzsteuer zuständig,
das auch für die gesonderte Feststellung zuständig ist
(§ 18).
§ 22 Realsteuern
(1) Für die Festsetzung und Zerlegung der Steuermeßbeträge
ist bei der Grundsteuer das Lagefinanzamt (§ 18 Abs. 1 Nr.
1) und bei der Gewerbesteuer das Betriebsfinanzamt (§ 18
Abs. 1 Nr. 2) örtlich zuständig.
(2) Soweit die Festsetzung, Erhebung und Beitreibung von Realsteuern
den Finanzämtern obliegt, ist dafür das Finanzamt örtlich
zuständig, zu dessen Bezirk die hebeberechtigte Gemeinde
gehört. Gehört eine hebeberechtigte Gemeinde zu den
Bezirken mehrerer Finanzämter, so ist von diesen Finanzämtern
das Finanzamt örtlich zuständig, das nach Absatz 1 zuständig
ist oder zuständig wäre, wenn im Geltungsbereich dieses
Gesetzes nur die in der hebeberechtigten Gemeinde liegenden Teile
des Betriebes, des Grundstückes oder des Betriebsgrundstückes
vorhanden wären.
(3) Absatz 2 gilt sinngemäß, soweit einem Land nach
Artikel 106 Abs.6 Satz 3 des Grundgesetzes das Aufkommen der Realsteuern
zusteht.
§ 23 Zölle und Verbrauchsteuern
(1) Für die Zölle und Verbrauchsteuern ist das Hauptzollamt
örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Tatbestand verwirklicht
wird, an den das Gesetz die Steuer knüpft
(2) Örtlich zuständig ist ferner das Hauptzollamt, von
dessen Bezirk aus der Steuerpflichtige sein Unternehmen betreibt.
§ 21 Abs. 1 Satz 2 gilt sinngemäß.
(3) Werden Zölle und Verbrauchsteuern im Zusammenhang mit
einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit geschuldet,
so ist auch das Hauptzollamt örtlich zuständig, das
für die Strafsache oder die Bußgeldsache zuständig
ist.
§ 24 Ersatzzuständigkeit
Ergibt sich die örtliche Zuständigkeit nicht aus anderen
Vorschriften, so ist die Finanzbehörde zuständig, in
deren Bezirk der Anlaß für die Amtshandlung hervortritt.
§ 25 Mehrfache örtliche Zuständigkeit
Sind mehrere Finanzbehörden zuständig, so entscheidet
die Finanzbehörde, die zuerst mit der Sache befaßt
worden ist, es sei denn, die zuständigen Finanzbehörden
einigen sich auf eine andere zuständige Finanzbehörde
oder die gemeinsame fachlich zustän- dige Aufsichtsbehörde
bestimmt, daß eine andere örtlich zuständige Finanzbehörde
zu entscheiden hat. Fehlt eine gemeinsame Aufsichtsbehörde,
so treffen die fachlich zuständigen Aufsichtsbehörden
die Entscheidung gemeinsam.
§ 26 Zuständigkeitswechsel
Geht die örtliche Zuständigkeit durch eine Veränderung
der sie begründenden Umstände von einer Finanzbehörde
auf eine andere Finanzbehörde über, so tritt der Wechsel
der Zuständigkeit in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden
Finanzbehörden hiervon erfährt. Die bisher zuständige
Finanzbehörde kann ein Verwaltungsverfahren fortführen,
wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen
und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient
und die nunmehr zuständige Finanzbehörde zustimmt.
§ 27 Zuständigkeitsvereinbarung
Im Einvernehmen mit der Finanzbehörde, die nach den Vorschriften
der Steuergesetze örtlich zuständig ist, kann eine andere
Finanzbehörde die Besteuerung übernehmen, wenn der Betroffene
zustimmt.
§ 28 Zuständigkeitsstreit
(1) Die gemeinsame fachlich zuständige Aufsichtsbehörde
entscheidet über die örtliche Zuständigkeit, wenn
sich mehrere Finanzbehörden für zuständig oder
für unzuständig halten oder wenn die Zuständigkeit
aus anderen Gründen zweifelhaft ist. § 25 Satz 2 gilt
entsprechend.
(2) § 5 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes über die Finanzverwaltung
bleibt unberührt.
§ 29 Gefahr im Verzug
Bei Gefahr im Verzug ist für unaufschiebbare Maßnahmen
jede Finanzbehörde örtlich zuständig, in deren
Bezirk der Anlaß für die Amtshandlung hervortritt.
Die sonst örtlich zuständige Behörde ist unverzüglich
zu unterrichten.
(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.
(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er
- Verhältnisse eines anderen, die ihm
- in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren
oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
- in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren
wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
- aus anderem Anlaß durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch
die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheides oder einer Bescheinigung
über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen
bekanntgeworden sind, oder
- ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1
genannten Verfahren bekanntgeworden ist, unbefugt offenbart oder verwertet, oder
- nach Nummer 1 oder Nummer 2 geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt
abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einer Datei gespeichert sind.
(3) Den Amtsträgern stehen gleich
- die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten
(§ 11 Abs.1 Nr.4 des Strafgesetzbuches),
1a. die in § 193 Abs.2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,
- amtlich zugezogene Sachverständige,
- die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften,
die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
(4) Die Offenbarung der nach Absatz 2 erlangten Kenntnisse ist zulässig, soweit
- sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr.1 Buchstabe a und b dient,
- sie durch Gesetz ausdrücklich iugelassen ist,
- der Betroffene zustimmt,
- sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse
- in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit
erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen,
die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens
oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits
vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens
im Besteuerungsverfahren bekanntgeworden sind, oder
- ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter
Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
- für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht;
ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn
- Verbrechen und vorsätzliche schwere Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen
den Staat und seine Einrichtungen verfolgt werden oder verfolgt werden sollen,
- Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden
sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs
des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche
Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit
auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf
die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der
öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttem,
oder
- die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der
Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet
sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern;
die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde
im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der
Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.
(5) Vorsätzlich falsche Angaben des Betroffenen dürfen
den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.
(6) Der automatisierte Abruf von Daten, die für eines der
in Absatz 2 Nr.1 genannten Verfahren in einer Datei gespeichert
sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines
Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr.1 Buchstaben a und b oder
der zulässigen Weitergabe von Daten dient. Zur Wahrung des
Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch
Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche
technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten
Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere
Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig
ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf
solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnungen bedürfen
nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie Zölle und
Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betreffen.
§ 30a
[Schutz von Bankkunden]
(1) Bei der Ermittlung des Sachverhalts (§ 88)
haben die Finanzbehörden auf das Vertrauensverhältnis zwischen
den Kreditinstituten und deren Kunden besonders Rücksicht zu nehmen.
(2) Die Finanzbehörden dürfen von den Kreditinstituten
zum Zwecke der allgemeinen Überwachung die einmalige oder
periodische Mitteilung von Konten bestimmter Art oder bestimmter Höhe nicht verlangen.
(3) Die Guthabenkonten oder Depots, bei deren Errichtung eine Legitimationsprüfung
nach § 154 Abs.2 vorgenommen worden ist,
dürfen anläßlich der Außenprüfung bei einem Kreditinstitut
nicht zwecks Nachprüfung der ordnungsmäßigen Versteuerung festgestellt
oder abgeschrieben werden. Die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen soll insoweit unterbleiben.
(4) In Vordrucken für Steuererklärungen soll die Angabe
der Nummern von Konten und Depots, die der Steuerpflichtige bei
Kreditinstituten unterhält, nicht verlangt werden, soweit
nicht steuermindernde Ausgaben oder Vergünstigungen geltend
gemacht werden oder die Abwicklung des Zahlungsverkehrs mit dem Finanzamt dies bedingt.
(5) Für Auskunftsersuchen an Kreditinstitute gilt § 93.
Ist die Person des Steuerpflichtigen bekannt und gegen ihn kein Verfahren wegen einer Steuerstraftat
oder einer Steuerordnungswidrigkeit eingeleitet, soll auch im Verfahren
nach § 208 Abs.1 Satz 1 ein Kreditinstitut erst
um Auskunft und Vorlage von Urkunden gebeten werden, wenn ein Auskunftsersuchen an den
Steuerpflichtigen nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht.
§ 31
[Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen]
(1) Die Finanzbehörden sind berechtigt, Besteuerungsgrundlagen,
Steuermeßbeträge und Steuerbeträge an Körperschaften
des öffentlichen Rechts einschließlich der Religionsgemeinschaften,
die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, zur
Festsetzung von solchen Abgaben mitzuteilen, die an diese Besteuerungsgrundlagen,
Steuermeßbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen.
(2) Die Finanzbehörden sind berechtigt, die nach § 30
geschützten Verhältnisse des Betroffenen der Künstlersozialkasse den Trägern
der gesetzlichen Sozialversicherung zum Zwecke der Festsetzung von Beiträgen mitzuteilen.
(3) Die für die Verwaltung der Grundsteuer zuständigen Behörden sind berechtigt,
die nach § 30 geschützten Namen und Anschriften
von Grundstückseigentümern, die bei der Verwaltung der Grundsteuer bekannt geworden
sind, zur Verwaltung anderer Abgaben sowie zur Erfüllung sonstiger öffentlicher Aufgaben
zu verwenden oder den hierfür zuständigen Gerichten, Behörden oder juristischen
Personen des öffentlichen Rechts auf Ersuchen mitzuteilen, soweit
nicht überwiegende schutzwürdige Interessen des Betroffenen entgegenstehen.
§ 31a
[Mitteilungen zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmißbrauchs]
(1) Die Offenbarung der nach § 30 geschützten
Verhältnisse des Betroffenen ist zulässig, soweit sie der Bekämpfung der Schwarzarbeit
dient und der Betroffene schuldhaft seine steuerlichen Pflichten verletzt hat. Gleiches gilt, wenn ein
Arbeitnehmer ohne die erforderliche Erlaubnis nach § 19 Abs.1 des Arbeitsförderungsgesetzes
beschäftigt oder tätig wird.
(2) Die Finanzbehörden sind berechtigt, der Bundesanstalt
für Arbeit Tatsachen mitzuteilen, die zu der Versagung, der
Rücknahme oder dem Widerruf einer Erlaubnis nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
führen können. Sie dürfen der Bundesanstalt Anhaltspunkte
für eine unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung mitteilen.
(3) Die Finanzbehörden sind berechtigt, den Sozialleistungsträgern
und Subventionsgebern Tatsachen mitzuteilen, die zur Aufhebung
eines Verwaltungsakts, auf Grund dessen Sozialleistungen erbracht
worden sind oder erbracht werden, zur Erstattung von Sozialleistungen
führen können oder subventionserheblich im Sinne des
§ 264 Abs.8 des Strafgesetzbuches sind. Eine Verwendung
der mitgeteilten Tatsachen für andere Zwecke ist nur unter
den Voraussetzungen des § 30 Abs.4 und 5 zulässig.
§ 32
[Haftungsbeschränkung für Amtsträger]
Wird infolge der Amts- oder Dienstpflichtverletzung eines Amtsträgers
- eine Steuer oder eine steuerliche Nebenleistung nicht, zu gering oder zu spät festgesetzt,
erhoben oder beigetrieben oder
- eine Steuererstattung oder Steuervergütung zu Unrecht gewährt oder
- eine Besteuerungsgrundlage oder eine Steuerbeteiligung nicht, zu niedrig oder zu spät
festgesetzt,
so kann er nur in Anspruch genommen werden, wenn die Amts- oder Dienstpflichtverletzung mit
einer Strafe bedroht ist.
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