Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 5. November 1998

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"Datenschützer appellieren an neue Bundesregierung / Grundrecht auf Datenschutz
Fünf Landes-Datenschutzbeauftragte haben die rot-grüne Koalition aufgefordert, die Rechte der Bürger in der Informationsgesellschaft wirksamer zu schützen. In einem Zehn-Punkte-Papier verlangen sie, ein Grundrecht auf Datenschutz in das Grundgesetz aufzunehmen. Der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein, Helmut Bäumler, äußerte sich bei der Vorstellung des Forderungskatalogs am Mittwoch in Bonn unzufrieden mit den im Koalitionsvertrag beschlossenen Aussagen zum Datenschutz. ... Der Rechtsexperte der bündnisgrünen Fraktion, Volker Beck, sagte, eine Grundgesetzänderung sei nicht notwendig. Handlungsbedarf bestehe aber beim Datenschutz im privaten Bereich." SZ 5.11.98 S. 5

Kommentar:
"Der Datenschutz braucht neue Kraft
Der Datenschutz hat es auch deswegen schwer, weil er so heißt. In Wahrheit sollen nicht Daten geschützt werden, sondern die Privatsphäre. Und die ist fünfzehn Jahre nach dem berühmten Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichtes erheblich mehr gefährdet als 1983. ... Zu Recht haben deshalb die Datenschutzbeauftragten der SPD-regierten Bundesländer Alarm gerufen. Ihr Alarm gilt auch dem neuen Bundesinnenminister Otto Schily, der bisher für das Thema Datenschutz kein Ohr hat." SZ 5.11.98 S. 4

"''Weg von alten Ritualen' / Datenschützer sehen Chancen nach Regierungswechsel / Forderungskatalog vorgestellt
Deutschlands Datenschützer wittern Morgenluft. Jahrelang haben sie sich von der Bundesregierung nur als lästige Bedenkenträger behandelt gefühlt, die dem konservativen Verständnis von Innerer Sicherheit im Wege standen. Jetzt aber sehen fünf Landesdatenschützer, darunter der Berliner Beauftragte Hansjürgen Garstka, Chancen für einen Politikwechsel auch in ihrem Bereich." Tsp 5.11.98 S. 2

Kommentar:
"Bürgerschutz statt Staatsschutz
In der schönen neuen Elektrowelt ist Information Macht. Wer nicht Herr seiner Daten ist, ist anderen - dem Staat, Informationshändlern, ganzen Wirtschaftszweigen - ausgeliefert. Die Elektronisierung der Privatsphäre ist vielen geläufig, nicht aber das Ausmaß an elektronischen Datenspuren und persönlichen Bewegungsprofilen. ... ...offenbar ist es vielen in der Politik noch immer nicht bewußt: An der Qualität des Datenschutzes ermißt sich zunehmend das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, damit also der Zustand der Demokratie." Tsp 5.11.98 S. 9

"'Datenschutz ins Grundgesetz'
Datenschutzbeauftragte fordern ferner die Novellierung bestehender Datenschutzgesetze. 'Wildwuchs' bei Datenbanken der Privatwirtschaft ein Problem. Zehn Punkte für mehr Datensicherheit und einen besseren Schutz der Privatsphäre legten gestern die Datenschutzbeauftragten von Berlin, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Schleswig-Holstein und Brandenburg in Bonn vor. ... Helmut Bäumler, Landesbeauftragter für Datenschutz in Schleswig-Holstein, will einen Politikwechsel im Bereich Datenschutz, der die Interessen von 'vielen Millionen unbescholtenen Bürgern' stärker ins Blickfeld rückt. ... Eine 'Allianz von Datenschutz und Technik' forderte die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol. Der Bürger müsse seine Daten eigenverantwortlich und ohne staatliche Eingriffe schützen können. ... Private Firmen sollen stärker als bisher unter die Regie des Datenschutzes gestellt werden. Während staatliche Einrichtungen streng auf Datensicherheit zu achten hätten, entwickelten sich die Datenbanken in der Wirtschaft 'wildwüchsig'. Mit den vorhandenen Instrumenten seien Datenschützer der Entwicklung nicht gewachsen." taz 5.11.98 S. 7

"Experten fordern von Bonn besseren Datenschutz / Wahrung der Privatsphäre sollte Vorrang vor Interesse der Strafverfolger bekommen
Datenschutzbeauftragte der Länder drängen die Bundesregierung, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im Grundgesetz zu verankern. ... Offene Netze wie das Internet seien nur interessant, wenn Vertraulichkeit gesichert sei. Überlegungen, das Recht auf Verschlüsselung von Daten zugunsten der Sicherheitsbehörden einzuschränken, gingen fehl, so die Datenschützer. ... Das 'Regelungsgestrüpp' müsse zudem gelichtet werden. Die Sicherheitsbehörden verfügten über 'eine derartige Fülle von Befugnissen, daß es schwer geworden ist, den Überblick zu bewahren', rügten die Datenschützer. Viele Instrumente zur Terrorismusfahndung könnten 'ohne Sicherheitsverlust zurückgenommen werden.' Generell sei bei sensiblen Eingriffsregeln eine Evaluierung erforderlich. Das heißt, daß Erfahrungen dahingehend geprüft werden, wie viele Bürger in ihren Rechten beschnitten und welche Ermittlungserfolge ermöglicht wurden." FR 5.11.98 S. 4

"KOMMUNIKATION / Beauftragte gegen Verschlüsselung / Datenschutz muß sich dem Internet anpassen
Nach Meinung von Datenschutzbeauftragten aus fünf Bundesländern werden die bestehenden Datenschutzgesetze neuen Technologien wie etwa dem Internet nicht mehr gerecht. ... Ferner müsse die bislang vernachlässigte Datensicherheit verbessert werden. Die Verhältnisse im Internet bewiesen, daß auf diesem Sektor Nachholbedarf bestehe. Die Nutzung offener Netze für geschäftliche oder persönliche Zwecke stehe und falle mit dem Vertrauen in eine sichere Übertragung. Aus diesem Grunde seien auch wirksame Verschlüsselungsverfahren 'als zentrales Mittel des Datenschutzes' finanziell zu fördern, so die Beauftragten." HB 5.11.98

"Datenschutzbeauftragte halten Regelungen für unzulänglich / 'Bürger muß wissen, welche Daten gesammelt werden' / Überprüfung durch Parlamente / Zehn Punkte
... Grundsätzlich sind die Bundes- und Landesdatenschutzgesetze nach Auffassung der Länderbeauftragten zu sehr auf Großrechnertechnologien ausgerichtet und berücksichtigten nicht ausreichend die technischen Neuerungen. Es sei überfällig, diese Gesetze an die europäische Datenschutzrichtlinie anzupassen. Die Anpassung müsse zu einer Modernisierung genutzt werden. Die Länderbeauftragten plädieren dafür, ein allgemeines Informationszugangsrecht einzuführen: Deutschland könne auf diesem Feld mit anderen europäischen Staaten noch nicht Schritt halten." FAZ 5.11.98 S. 4

"Auch intime Details sind für Datenhändler nicht tabu / Experten fordern wirksamen Schutz der Privatsphäre
Die Datenschutzbeauftragten von fünf Bundesländern haben einen 'Politikwechsel zum wirksameren Schutz der Privatsphäre' gefordert. ... Die Experten, darunter der Berliner Hansjürgen Garstka, verlangen neben der Verankerung des Rechts auf  Datenschutz im Grundgesetz eine systematische Prüfung von Eingriffsrechten im Sicherheitsbereich auf Effektivität und Grundrechtsverträglichkeit. ... Die vielfältigen elektronischen Datenspuren durch die Nutzung von EC-Karten, Chipkarten oder elektronischer Medien seien für Sicherheitsbehörden ebenso von Interesse wie für Marketingabteilungen der Wirtschaft. Notwendig sei vor allem Datenvermeidung. ... Der Anspruch der Kontrollierbarkeit jeglicher elektronischer Kommunikation durch den Staat, warnen die Datenschützer, sei aber nicht aufrechtzuerhalten und im Internet illusorisch." BerlZtg 5.11.98 S. 6

"Politikwechsel / Datenschützer: Mehr Sicherheit für die Bürger / 'Regelungsorgie der Kohl-Ära' sollte keine Fortsetzung finden
... Die fünf Datenschutzbeauftragten aus Berlin, Brandenburg, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein hatten bereits in der Kampagne gegen den Lauschangriff zusammengearbeitet. Die gesetzlichen Grundlagen dafür waren am Ende der Kohl-Regierung in Zusammenarbeit mit der SPD geschaffen worden. Der damalige SPD-Unterhändler Otto Schily amtiert inzwischen als Innenminister in Bonn. Trotz negativer Erfahrungen wollen die Datenschützer dem neuen Minister kein Etikett umhängen. Sie fordern jedoch, daß der Lauschangriff in der Praxis überprüft wird." ND 5.11.98 S. 1

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"Datenschutz / Freier Fluß für Bits und Bytes / EU-Richtlinie harrt in Deutschland der Umsetzung
... Bereits 1995 legt die EU ein Gesetz zum Schutz persönlicher Daten vor, aber erst drei Jahre später, Ende Oktober 1998, trat es in Kraft. In Italien, Portugal, Griechenland, Schweden und Großbritannien. Die anderen Mitgliedstaaten, Deutschland eingeschlossen, haben die EU-Richtlinie 95/46/EC noch immer nicht in nationales Recht umgesetzt. Das Gesetz will zweierlei erreichen: Einerseits sollen Bürger vor dem Mißbrauch ihrer persönlichen Daten geschützt werden, andererseits sollen Daten auf legalen Wegen möglichst ungehindert fließen können. Letzteres vor allem, um wirtschaftliche Beziehungen zu befördern und die Entwicklung des elektronischen Handels (E-Commerce) voranzutreiben. ... Die alte Bundesregierung sei 'relativ spät aus den Puschen gekommen', so die vorsichtige Umschreibung der Sprecherin des Bundesdatenschutzbeauftragten, Frau Schumacher. Doch für die erste Hälfte 1999 sei eine Regelung anvisiert, die auch die ... unabhängigen Kontrollorgane installieren soll." ND 4.11.98 S. 10

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"Flugverbot für gewalttätige Passagiere?
Der Internationale Luftverkehrs-Verband (IATA) will möglicherweise eine Datenbank aufbauen, in der gewalttätige Fluggäste registriert werden. Wer auf dieser Schwarzen Liste stehe, würde von den Mitarbeitern der Fluggesellschaften dann nicht mehr an Bord gelassen, erklärte eine IATA-Sprecher in Genf." Welt 5.11.98 S. 12

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"Anwältin setzt auf Lügendetektor
Unschuld des Angeklagten soll vor Gericht bewiesen werden. In einem Prozeß um einen geplanten Sprengstoffanschlag auf ein kurdisches Cafe in Neukölln im März dieses Jahres will die Verteidigung einen Lügendetektortest fordern. ... Ziel sei es, die Unschuld ihres Mandanten zu beweisen. ... In Deutschland gilt der umstrittene Test seit 1955 als unzulässiges Beweismittel. Nach wie vor sind beim Bundesgerichtshof (BGH) zwei Verfahren anhängig, in denen es um den Einsatz von Lügendetektoren in Strafsachen geht. In den nächsten Monaten will der BGH über die Tauglichkeit des Lügendetektors in Strafprozessen entscheiden. In Berlin wäre dieser jetzt geforderte Test ein absolutes Novum." BerlZtg 5.11.98 S. 25

"Verteidigung will Lügendetektor einsetzen" taz 5.11.98 S. 22

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"PDS erhält Sitz im Bonner Geheimdienstgremium
Die PDS-Fraktion wird künftig in dem Gremium zur parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste vertreten sein. Darüber hätten sich die Koalitionsparteien SPD und Grüne verständigt, erklärte der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck." Tsp 5.11.98 S. 2

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"Gauck: Jeden Monat Tausende neue Anträge / Gegen Aufarbeitungs-Schlußstrich
Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Joachim Gauck, hat sich dagegen gewandt, schon jetzt einen Schlußstrich unter die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zu ziehen. Rund vier Millionen Anträge zur Akteneinsicht seien über die Tische seiner Behörde gegangen, sagte Gauck am Mittwoch bei dem traditionellen AP-Kundentreffen (APRK) in Berlin, und jeden Monat kämen Tausende weitere Anträge hinzu." Tsp 5.11.98 S. 4

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"SPD beantragt Untersuchungsausschuß / Der sächsische Wissenschaftsminister Meyer und die Stasi-Akten
Der mit neuen Vorwürfen ob seines Umgangs mit Akten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit der DDR konfrontierte sächsische Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Meyer (CDU) muß nunmehr damit rechnen, daß ein Untersuchungsausschuß des Landtags sein Vorgehen untersucht. ... Der Ausschuß soll unter anderem klären, ob der Minister Mitte Juli in einer Rede vor dem sächsischen Landtag wissentlich die Unwahrheit gesagt hat. Meyer hatte im Zusammenhang mit der Entlassung der stasi-belasteten Krankenschwester Monika S. aus dem Staatsdienst noch nach einem geschlossenen Vergleich Unterlagen der Gauck-Behörde angefordert und auch erhalten, obgleich er dazu nicht mehr berechtigt war. Dies jedenfalls war die Feststellung des sächsischen Datenschutzbeauftragten, der Meyers Vorgehen gerügt hatte. ... Der Fall hat zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Minister - der sich zu Unrecht angeprangert sieht - und dem Datenschutzbeauftragten des Landes geführt. ... Unterdessen ist dem sächsischen Wissenschaftsministerium abermals unkorrekter Umgang mit Stasi-Akten vorgeworfen worden. Bei einer datenschutzrechtlichen Kontrolle wurden, so ein entsprechender Bericht, schwerwiegende Mängel bei der Aktenführung und gravierende Verstöße gegen das Datenschutzgesetz festgestellt. Der Datenschutzbeauftragte des sächsischen Landtags fand bei seiner Überprüfung des Ministeriums etwa 2700 Personalakten mit Stasi-Bezug in einem unverschlossenen Raum vor, die in unverschlossenen Aktenschränkten lagerten. Bei einer Stichprobe wurde das Fehlen zahlreicher Akten festgestellt, deren Verbleib mangels Protokollierung vorerst nicht ermittelt werden konnte. ... Der Datenschutzbeauftragte stellt in seinem Bericht abschließend fest, daß er das Ministerium und den Minister persönlich bereits mehrfach, nämlich 1992 und 1994, auf entsprechende Mängel beim Umgang mit personenbezogenen Daten, insbesondere mit Akten der Gauck-Behörde, aufmerksam gemacht habe. 'Der Staatsminister hat damals das Fehlverhalten bedauert, eine Änderung des Verhaltens kann ich jedoch nicht feststellen.' Wissenschaftsminister Meyer hat seinerseits dem sächsischen Datenschutzbeauftragten vorgeworfen, er deute wenig spektakuläre Ergebnisse seiner Kontrolle mit überzogenem Formulieren in Schauergeschichten um. Die CDU-Fraktion im sächsischen Landtag hat Minister Meyer ihr Vertrauen ausgesprochen und in Erwägung gezogen, daß der Datenschutzbeauftragte möglicherweise seine Kompetenzen überschritten habe." FAZ 5.11.98 S. 6

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"Gauck kritisiert Schweriner Stopp der Stasi-Überprüfung / Bundesbeauftragter für Beibehaltung bisheriger Regelung
... Mit dieser Entscheidung, so Gauck zur 'Berliner Zeitung', betreibe die neue rot-rote Landesregierung eine Politik, die in Gefahr stehe, 'die Interessen der Minderheit der Stasi-Verstrickten wichtiger zu nehmen als die der Mehrheit der Nichtverstrickten, insbesonder der Opfer der SED-Diktatur.' ... Die Überprüfungen haben nach Auffassung Gaucks eine wichtige Schutzfunktion für die Mitarbeiter etwa des Öffentlichen Dienstes in Ostdeutschland. Die Dokumente zeigten, daß nur ein geringer Teil der DDR-Bürger dem Mielke-Apparat diente. Mit den Akten könne man sich gegen ungerechtfertigte Anschuldigungen wehren. ... Auch der Schweriner Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Jörn Mothes, lehnt die Neuregelung ab. Die PDS versuche offensichtlich, 'vor allem Kader aus verantwortlichen Posten in der DDR' wieder im Öffentlichen Dienst und im Parlament zu plazieren, sagte er der 'Berliner Zeitung'." BerlZtg 5.11.98 S. 6

"ANALYSE / Überprüfungen - absolut überflüssig?" BerlZtg 5.11.98 S. 4

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"1200 Fragebögen an Kunden der Hypo-Bank
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen angeblich zweifelhafter Immobilienfinanzierungen durch die frühere Hypotheken- und Wechselbank, München, gegen Bankmitarbeiter, Immobilienfirmen und Notare. 'Es besteht der Verdacht des Betrugs', bestätigte die Staatsanwaltschaft einen Bericht der Wirtschaftswoche. Die Staatsanwaltschaft habe Fragebögen an 1200 möglicherweise geschädigte Kunden verschickt, um den Sachverhalt aufzuklären." SZ 5.11.98 S. 23

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