Das Privacy Magazine "prima" wird vom Berliner Datenschutzbeauftragten zusammengestellt und herausgegeben. Die regelmäßigen - an Wochentagen täglichen - Ausgaben enthalten eine Übersicht von datenschutzrelevanten Berichten der (von uns) ausgewählten Berliner und überregionalen (deutschen) Presse.

Abkürzungen der ausgewerteten Tageszeitungen

Ausgabe vom 18. September 1998

*

"Chipkarten gegen Schwarzarbeit
Der Senat will die Einführung von Chipkarten zur Bekämpfung der Schwarzarbeit auf Baustellen prüfen. ... Für eine rechtverbindliche Chipkarte ist ein Bundesgesetz nötig." MoPo 18.9.98 S. 10

"Per Chipkarte besser die Schwarzarbeit bekämpfen" Tsp 18.9.98 S. 11

"CHIPKARTE ERWOGEN" BerlZtg 18.9.98 S. 19

"Senat prüft Chipkarte gegen Schwarzarbeit" taz 18.9.98 S. 22

*

"Mißbilligungsantrag gescheitert
Nur die Opposition stimmte wegen der Verfassungsschutzaffäre gegen Innensenator Schönbohm und Staatssekretär Böse" ... Fraktionssprecherin der Grünen, Renate Künast ... warf Schönbohm und seinem Staatssekretär Kuno Böse vor, zu wenig geprüft zu haben, wie das Behördenzeugnis zustande kam, in dem der Polizist Otto D. zur Unrecht als Scientology-Mitglied beschuldigt wurde." taz 18.9.98 S. 21

Kommentar:
"Auf Bewährung" taz 18.9.98 S. 21

"Parlamentarier kritisieren Verfassungsschutz
Grüne wollen Schönbohm Vertrauen entziehen. ... Die Grünen und die PDS verurteilten den Einsatz von Ex-Stasi-Leuten. 'Der Zweck heiligt nicht alle Mittel', sagte Renate Künast. PDS-Fraktionschef Harald Wolf sagte: 'Geheimdienste, der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel und demokratische Prinzipien stehen in einem unversöhnlichen Gegensatz zueinander.' Wie die Opposition übte auch die SPD Kritik. Es sei nichts Neues, daß sich das Amt 'dubiosester Informanten' bedienen und deren Erkenntnisse unkritisch verwende, sagte Hans-Georg Lorenz." BerlZtg 18.9.98 S. 19

"Mißbilligungsantrag gegen Schönbohm gescheitert" Welt 18.9.98 S. 25

"Schönbohm lehnt Rücktritt ab
Parlamentsdebatte zur Verfassungsschutz-Affäre / Morgen Abstimmung über Mißtrauensantrag. ... Schönbohm verteidigte erneut den Einsatz ehemaliger MfS-Mitarbeiter: 'Im Falle einer Gefährdung kann ich doch nicht auf eine Information deswegen verzichten, weil mir der Informant nicht gefällt.'" Tsp 18.9.98 S. 11

"Schönbohm weist Rücktrittsforderung zurück" Tsp 18.9.98 S. 1

Kommentar:
"Schönbohms Blindflug
... Nein, das ist widersinng, paradox: Die PDS mit Geheimdienstmitteln beobachten wollen, aber Stasi-Spitzel dafür bezahlen, einem verdienten Polizisten die Würde zu nehmen, von den Republikanern nicht mehr zu haben als ein altes Parteiprogramm - und der zuständige Senator will seine Verantwortung vollständig wahrgenommen haben? ... Ein Stück aus dem Tollhaus sieht die SPD - am Spielplan aber will sie nichts ändern. Sie schäumt - und schluckt. Sie fordert Reformen und bleibt auf dem Weg des Widersinns: Wer hat je einen Geheimdienst gesehen, der mit bekannten Informanten und offenen Karten spielt?" Tsp 18.9.98 S. 11

"Schönbohms Crux mit den Schlapphüten
Schon lange bereitet die Kontrolle des Berliner Verfassungsschutzes den politisch Verantwortlichen Probleme. ... Forderungen der SPD, nur noch im Ausnahmefall solle der Verfassungsschutz wie ein Nachrichtendienst arbeiten, sind jedoch abwegig. Auch in Zukunft ist der Verfassungsschutz auf die Observierung extremistischer Gruppen durch Agenten angewiesen. Doch bei der Auswahl der Zuträger und der Bewertung ihrer Informationen muß der Innensenator künftig genauer prüfen." Welt 18.9.98 S. 4

"Berlin Schönbohm schließt Rücktritt aus
Debatte um Pleiten des Verfassungsschutzes" ND 18.9.98 S. 4

"Innensenator sieht sich als Schildträger
Mitregierende SPD geht mild mit Schönbohm um. ... Die Losung 'Stasi in die Produktion' griff die Fraktionschefin der Bündnisgrünen, Renate Künast auf. Diese heißte nun 'Stasi in die Produktion von Falschmeldungen'. Nach Meinung des Innensenators solle ein 'Ex-Stasi nicht mal beim Gartenbauamt Tulpenzwiebeln setzen dürfen', könne aber Leute bespitzeln, sagte sie." ND 18.9.98 S. 17

*

"Amoklauf mit Filzstift
Ein Wähler ertrug die CDU-Werbung nicht mehr und wurde erkennungsdienstlich behandelt. ... Er verzierte eine Reihe von Plakaten mit Sprüchen wie 'tralalala', 'Intrigant' oder 'Kinder und Frauen aufgepaßt'. ... Zwei Polizisten ... stellten den Kunsthändler, ... beschlagnahmten den Filzstift und nahmen (ihn) zur erkennungsdienstlichen Behandlung mit. ... Doch jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, sinnt er über das weitere Vorgehen nach. Denn: 'Ich habe ein Recht auf Sachbeschädigung, ohne erkennungsdienstlich behandelt zu werden.'" taz 18.9.98 S. 28

*

"25 Briefwahlunterlagen verschwanden auf dem Weg zum Empfänger
Panne im Amt: Zusteller fühlen sich schuldlos / Ersatzscheine ausgestellt. ... 'Wir können überhaupt niemandem etwas beweisen oder unterstellen', sagt Wahlamtsleiter Schreiber. Eine Erklärung für die verschwundenen Briefe hat er nicht. Es könne aber sein, daß Wähler die Unterlagen mit Werbung verwechselt und in den Müll geworfen haben. ... Seit 9. September befördert die Deutsche Post AG nun wieder die Wahlbriefe für das Bezirksamt Mitte. Sie ist laut Pressesprecherin Kathrin Zabel nicht schuld an der Panne. 'Wir können uns die Zahl der verschwundenen Sendungen nicht erklären.'" BerlZtg 18.9.98 S. 23

*

"Zentrale Datei soll Geldwäsche erschweren
Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) will im Bundeskriminalamt (BKA) eine zentrale Geldwäsche-Datei einrichten lassen. Damit könnte die Geldwäsche effektiver bekämpft werden als jetzt, sagte Kanther in Bonn. Nach einer Untersuchung des BKA werde nur etwa jeder zweite Geldwäsche-Fall in einer bundesweit zugänglichen Spezialdatei für Organisierte Kriminalität erfaßt. ... Nach Angaben Kanthers gingen im vergangenen Jahr bei den Geldwäsche-Dezernaten der Polizei 3420 Verdachtsmeldungen ein. In 2930 Fällen hätten die zuständigen Staatsanwälte Ermittlungsverfahren eingeleitet." SZ 18.9.98 S. 5

"INNERE SICHERHEIT / Kanther will regionale Informationen zusammenführen
Zentrale Datei über Geldwäsche
... Er wolle mit seinen Länderkollegen unverzüglich die mit einer Geldwäschedatei verbundenen Rechtsfragen klären. Die Datensammlung solle mit entsprechenden Zentraldateien der anderen Industriestaaten vernetzt werden, um auch auf internationaler Ebene die Bekämpfung der Geldwäsche zu verbessern, sagte Kanther. Nach der Studie des Bundeskriminalamtes, so berichtete das Bundes-Innenministerium, werden derzeit nur etwa 53,5 Prozent der Verdachtsanzeigen in die bundesweit genutzte Datei APOK (Arbeitsdatei PIOS - Organisierte Kriminalität) eingestellt. Grund für diese niedrige Quote seien unterschiedliche Interpretationen der Bundesländer hinsichtlich der Zugangskriterien zu APOK. Dennoch habe die Auswertung des Bundeskriminalamtes ergeben, daß in etwa einem Viertel der Fälle Verbindungen zu anderen Verdachtsanzeigen erkennbar seien. ... Kanther kündigte an, er werde sich dafür einsetzen, daß alle G7-Staaten entsprechende Zentraldateien einrichten sollten. 'Auf europäischer Ebene sollte Europol bei der Zusammenführung von Informationen über verdächtige finanzielle Transaktionen eine zentrale Rolle spielen.'" HB 18./19.9.98 S. 4

"Kanther will zentrale Geldwäschedatei beim BKA" HB 18./19.9.98 S. 1

"Kanther plant zentrale Geldwäsche-Datei" Welt 18.9.98 S. 2

*

"Druck auf US-Präsidenten wächst weiter" Welt 18.9.98 S. 1

"Schlammschlacht in Washington
Bericht über Affäre des Justizausschuß-Vorsitzenden Hyde - Clinton will das Land weiter regieren" Welt 18.9.98 S. 8

"USA / Schnüffelei im Privatleben von US-Politikern
Schmutz, Heuchelei und moralische Entrüstung
" HB 18./19.9.98 S. 48

"Schlammschlacht in Washington
Immer mehr Verfehlungen von Politikern kommen ans Licht. ... Der Vorsitzende des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, Henry Hyde, räumte nach einem entsprechenden Bericht im Internet eine außereheliche Affäre ein. ... Zuvor hatte Hyde den Justizausschuß darauf hingewiesen, einige Anhänger des Präsidenten, möglicherweise auch Mitarbeiter des Weißen Hauses, könnten 'schädliche private Informationen über Kongreßmitglieder' sammeln und verbreiten, besonders über Mitglieder des Justizausschusses. Er behauptete, Clinton habe zwei Anwaltsfirmen beauftragt, Erkundigungen über Republikaner einzuholen. Der Sprecher des Weißen Hauses, Mike McCurry, wies Hydes Verdächtigungen zurück. Sollte ein Mitarbeiter an der Enthüllung über Hyde beteiligt sein, würde dieser entlassen. ... Der Rechtsausschuß wollte am Donnerstag entscheiden, ob die Videoaufzeichnung von Clintons Aussage vor der Anklagekammer veröffentlicht wird." SZ 18.9.98 S. 6

*

"Kohl will Lauschangriff auf alle ausdehnen
Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) will nach einem Sieg der Union bei der Bundestagswahl die Regelungen zum Großen Lauschangriff verschärfen. Kohl sagte der 'Sächsischen Zeitung', er wolle 'sofort nach einem Wahlsieg die Hürden beseitigen, die SPD, Grüne und PDS gemeinsam gegen das Abhören von Gangsterwohnungen errichtet haben.' Der Bundestag hatte im März einem Vorschlag der SPD zugestimmt, wonach Berufsgruppen mit Zeugnisverweigerungsrecht wie Rechtsanwälte, Journalisten, Geistliche, Ärzte oder Hebammen von der elektronischen Wohnraumüberwachung ausgenommen werden." SZ 18.9.98 S. 1

"Union will künftig mehr lauschen lassen
FDP noch skeptisch / Kritik an geplanter Gesetzesverschärfung." Tsp 18.9.98 S. 2

Kommentar:
"Innere Unsicherheit" Tsp 18.9.98 S. 8

"Kanzler blitzt mit Vorstoß zum Lauschangriff ab
FDP und Oppositionsparteien gegen Verschärfung / Polizeigewerkschaft reagiert positiv." FR 18.9.98 S. 4

"Lauschangriff sorgt für neuen Streit in der Koalition
FDP lehnt Kohls Vorschlag einer Verschärfung ab." BerlZtg 18.9.98 S. 1

"Kohl will leichteres Lauschen
Bundeskanzler Helmut Kohl will nach gewonnener Wahl das Gesetz zum Großen Lauschangriff verschärfen. Kritik der FDP, Zustimmung vom Chef der Gewerkschaft der Polizei." taz 18.9.98 S. 5

Kommentar:
"Ein Programm für die Große Koalition
... Es bleibt, was die Kritiker des Großen Lauschangriffs befürchten: Die Debatte um den Großen Lauschangriff bleibt auf der Tagesordnung. Zumal für den Fall, daß es in Bonn nach der Wahl zu einer Großen Koalition kommt. In einem möglichen sozialdemokratischen Innenminister Otto Schily werden Gewerkschafter wie Spinrath wohl einen verständnisvollen Zuhörer finden. Denn Schily war es, der zusammen mit der Union am Gesetzestext zum Großen Lauschangriff bastelte. Erst spät, sehr spät - und nach einer Kampagne großer deutscher Verlage und Magazine - setzte er sich für die Ausnahmeregelung ein." taz 18.9.98 S. 12

"Polizeigewerkschaft: Nulltoleranz zieht an.
Auch nach dem Kongreß: Keine klaren Vorstellungen von 'Sicherheit und Ordnung' ... Der Bundesvorstand soll sich künftig für ein 'Grundrecht auf Sicherheit' einsetzen. Nachdem gegen erhebliche Bedenken von Datenschutzbeauftragten Gentests unter bestimmten Bedingungen zulässig sind, möchte die GdP demnächst ein Ausweitung der Möglichkeiten." ND 18.9.98 S. 5

Kommentar:
"Kanzlerhürden" ND 18.9.98 S. 2

*

"Vier Pakete voller Gespräche
Telekom verschickte Rechnungen gleich im Tausenderpack. ... Vier Telekom-Kunden in und um Frankfurt erhielten dieser Tage eine Rechnung, die sie wohl so schnell nicht vergessen werden. Also, eigentlich bekamen sie eher ein Telekom-Paket: Jeweils 1273 Seiten stark. Fein säuberlich aufgezählt waren da immer die einzelnen Telefonverbindungen aus der Zeit vom 28. Mai bis zum 7. Juli. Freilich nicht die der Empfänger. Die erstaunten Kunden konnten nachlesen, wo und wann und mit welchem Ziel 16 andere Telekom-Nutzer den Telefonhörer abgehoben hatten. Der gesamte Datenschatz addierte sich auf nicht weniger als 55 000 angewählte Telefonnummern samt Dauer und Kosten der Gespräche. ... Da gibt es also eine unterirdische Druckerei - deren Ort wir an dieser Stelle schon aus Datenschutz-Gründen nicht verraten dürfen. Pro Tag mehr als zwei Millionen Rechnungen werden dort ausgefertigt. Die Computer sind dabei mehr oder weniger unter sich. 'Die Druckstraße', erzählt Lissek, 'wurde abends angehalten, aber es waren noch Datensätze drin, die nicht ausgedruckt worden waren.' Irgendwer - also ein Mensch! - hätte diesen Datenübersatz 'löschen müssen'. Aber dazu kam es aus unbekannten Gründen nicht. Am nächsten Tag, 'beim Wiederhochfahren der Anlage', entledigte sich der Druck-Computer in einer Art Amoklauf der angestauten Daten, die vom Computer ohne viel Federlesens kuvertiert wurden. ... AP meldet, daß der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob, einen 'schweren Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen' sieht. 'Da standen gar keine Namen, nur Telefonnummern', verteidigt Sprecher Lissek seine Telekom. Der postpolitische Sprecher der Grünen in Bonn, Manuel Kiper, sieht einen Fall für den Staatsanwalt. Da fällt Ulrich Lissek, dem Mann von der Telekom, nur noch eines ein. 'Das ist doch reiner Wahlkampf.'" FR 18.9.98 S. 23

*

"Scientologen dürfen nicht in die GdP
... Die GdP faßte gestern auf ihrem Bundeskongreß in Bremen einen entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschluß. Gleichzeitig soll die Aufklärungsarbeit über Scientology verstärkt und die Arbeit der Gruppe stärker überwacht werden. 'Wir wollen erreichen, daß die Scientology-Sekte als verfassungswidrig eingestuft wird', sagte der neugewählte GdP-Vorsitzende Spinrath." taz 18.9.98 S. 7

*

"Blaumacher müssen Detektivkosten zahlen
Arbeitnehmer, die blaumachen, müssen Detektivkosten des Arbeitgebers tragen. Wie das Bundesarbeitsgericht gestern entschied, kann der Arbeitgeber Schadenersatz verlangen, wenn sich ein 'begründeter Verdacht' bestätigt und es keine billigeren Mittel gab, diesen Anfangsverdacht zu klären. Im vorliegenden Fall war ein Kraftfahrer für neun Tage krankgeschrieben. Danach erklärte er, er werde überhaupt nicht mehr zur Arbeit kommen. Als er kündigte und ein weiteres Attest einreichte, beauftragte die Spedition Detektive. Die fanden heraus, daß der Mann bereits für ein anderes Fuhrunternehmen tätig war." taz 18.9.98 S. 4

"'Blaumacher soll Detektiv bezahlen'" BerlZtg 18.9.98 S. 29

*

"Nachweis über Einzeltelefonate soll gratis sein
Regulierungsbehörde verpflichtet die Anbieter zu detaillierten Rechnungen. ... Die Regulierungsbehörde stellte einen Katalog auf, in dem sie ihre Anforderungen detailliert aufführt. So müssen die Unternehmen für jedes Telefonat das Datum, Beginn, Dauer und Ende der Verbindung sowie die angefallenen Tarifeinheiten oder das berechnete Entgeld ausweisen. Außerdem muß aus der Aufstellung hervorgehen, zu welcher Rufnummer das Gespräch ging und von welcher Anschlußnummer aus es geführt wurde. Allerdings müssen die Gesellschaften die angewählte Rufnummer nicht in jedem Fall vollsändig aufführen. Dazu sind die Firmen nur verflichtet, wenn der Kunde die vollständige Speicherung seiner Gesprächsdaten beantragt und diesen Wunsch auch für den Einzelverbindungsnachweis geäußert hat. Über die Standardaufstellungen hinaus darf jede Telefonfirma gegen Bezahlung noch umfassendere Nachweise anbieten." BerlZtg 18.9.98 S. 31

*

"Widerstand gegen Schlüsselsammler
Industrie und Rexrodt ärgerlich über Internet-Politik der USA. ... 'Für den Handel im Internet ist die Verschlüsselung lebenswichtig', sagte Jörg Harms, Oberlobbyist der US-Informationstechnik-Industrie. ... Die böse Bremserin war gestern auf einem Informationstechnik-Kongreß in Berlin die US-Regierung. Sie will, daß Behörden jederzeit Zugriff auf alle Daten im Netz haben. Nach einem vorerst befristeten Gesetz müssen die Schlüssel für jeden Code bei staaatlichen Stellen bereitliegen. Im Zweifelsfall muß beispielsweise die CIA in zwei Stunden auf einen Schlüssel zugreifen können. Die Unternehmen fürchten, daß dies zur Industriespionage genutzt wird. Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) kündigte gestern Widerstand gegen diese Haltung der USA an. Der Versuch, Verschlüsselungstechnik weltweit unter Kontrolle eines einzigen Staates zu bringen, sei nicht akzeptabel. Seine Haltung, sagte Rexrodt, sei mit Innenminister Manfred Kanther (CDU) abgestimmt. Dem wurde bisher nachgesagt, er wolle am liebsten genauso wie die USA alle Codes in den Behördenschubladen sehen. Der Streit soll im Rahmen eines internationalen Abkommens zum Internet-Handel diskutiert werden, das Anfang Oktober auf einer Ministerkonferenz im kandischen Ottawa entwickelt werden soll." taz 18.9.98 S. 8

"Freie  Verschlüsselung sichern" FAZ 18.9.98 S. 17

"Streit um Sicherheit im Internet" Welt 18.9.98 S. 14

"USA fordern globalen Datenzugriff" Tsp 18.9.98 S. 1

Kommentar:
"Internet-Anarchie kommt teuer
... die Internet-Wirtschaft entwickelt sich in Technik und Umfang so schnell, daß jedes politische Regel- und Gesetzeswerk schon im Zeitpunkt der Veröffentlichung Makulatur ist. Umstritten ist ohnedies, ob Internet-Gesetze überhaupt nötig sind: Was offline verboten ist, ist auch online verboten. So wäre es vermutlich vernünftiger, auf einheitliche gesetzliche Standards auf internationaler Ebene zu verzichten - zumal die ohnehin kaum durchsetzbar und kontrollierbar sind. Sicherheit im Netz läßt sich auch technisch verwicklichen, ohne neue Gesetze. Ist die Regulierungswut der Politiker erst einmal entbrannt, werden die zu erwartenden Standards, Gesetze und Vorschriften ohnehin nur die kleinen Anbieter ausgrenzen." Tsp 18.9.98 S. 17

*

"Professionelle Tatplanung, präzise Ausrichtung am Markt
Zwischen der organisierten Kriminalität und der Kriminalität in der Finanzwirtschaft lassen sich viele Bezüge herstellen / Von Professor Dr. Hans Zachert." FAZ 18.9.98 S. 14

*

"Grenzen: Scharping begrüßt Schengen-Aktionsplan
Grünen-Kritik an verschärften Personenkontrollen. ... Die Grünen dagegen kritisierten die neuen Leitlinien für die Verschärfung der Personenkontrollen an den europäischen Außengrenzen stark." ND 18.9.98 S. 4

*

"Im Namen des Meisers
Klagen Prominente gegen die Presse, bekommen sie oft recht - die Richter ahnen nicht einmal, in welchem Spiel sie mitwirken. ... Wolfgang Neuschild. Er ist der Vorsitzende Richter der Pressekammer am Landgericht Hamburg. ... Gäste, die auf Einladung des Deutschen Presserats in Bonn über ein Problem diskutieren, das keiner so schnell lösen kann: Wo hört in der Unterhaltungsbranche die Pressefreiheit auf, wo fängt das Privatleben Prominenter an? ... Photos sind durch das Kunsturhebergesetz geschützt. Das Recht am eigenen Bild bedeutet, daß der Photographierte einverstanden sein muß - es sei denn, er ist eine sogenannte 'Person der Zeitgeschichte' und somit von öffentlichem Interesse. Caroline von Monaco gehört dazu, ebenso Boris Becker oder Franz Beckenbauer. Wer zu den Personen der Zeitgeschichte gehört, liegt oft im Ermessen des Gerichts. Richter Neuschild kritisert aber weniger Journalisten und Prominente, sondern vor allem die Gesetzgeber und den Bundesgerichtshof. 'Der Gesetzgeber tut nichts, der läßt uns völlig alleine.' Neuschild fordert die Abschaffung des Kunsturhebergesetzes, das Bilder stärker schützt als Texte. Schließlich entscheide er eh jedesmal im Einzelfall, und alle Ansprüche von Prominenten könnten auch über den Persönlichkeitsschutz geregelt werden. 'Das traut sich aber kein Politiker, keiner will sich mit der Prese anlegen.' Am heftigsten aber kritisiert der Richter seinen Kollegen Manfred Lepa, der beim Bundesgerichtshof (BGH) arbeitet und für ein Urteil verantwortlich ist, das Neuschild als 'Katastrophe' bezeichnet. Die Bunte wurde zu einer Gegendarstellung auf der Titelseite veruteilt, weil das Blatt ein frei erfundenes Interview mit Caroline gedruckt hat. Außerdem verurteilte der BGH den Burda-Verlag zu 180 000 Mark, die er Prinzessin Caroline als Entschädigung zahlen mußte - eine bis dahin einmalige Entscheidung. Die Geldstrafe habe eine vorbeugende Funktion, so Lepa, 'um Fälle von brutalen, vorsätzlichen Rechtsverletzungen in Zukunft zu verhindern.' Er wisse, daß dies der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln sei, nach dem Motto: Warum bekommt eine Prinzessin 180 000 Mark und ein Vergewaltigungsopfer nur ein paar tausend Mark? Die Summe habe aber nichts mit Schmerzensgeld zu tun, sondern soll eine abschreckende Wirkung haben. 'Dieses Urteil kann ich niemandem verkaufen', sagt Neuschild, 'das versteht kein Mensch, außerdem ist diese Geldentschädigung nicht nötig.' Der Marburger Rechtsprofessor Georgios Gounalakis stimmt ihm zu: 'Das ist ein völlig falsches Signal für die Gerichte. Denn die übersehen immer häufer, daß die Lösung des Bundesgerichtshofs nur für absolute Ausnahmefälle gedacht ist, und lassen sich dazu verleiten, mehr und mehr einen Präventivbonus auf den Entscheidungsbetrag aufzuschlagen.' ... Besser wäre es gewesen, so Gounalakis, wenn der Bundesgerichtshof es zugelasen hätte, daß die Gegendarstellung genauso groß auf der Titelseite erscheint wir die falsche Geschichte: 'Das trifft die Verlage wirklich ins Mark.' Das aber wollte BGH-Richter Lepa nicht: 'Das macht den Blättern die Titelseite kaputt, das kann man mit Artikel 5, der die Pressefreiheit garantiert, nicht vereinbaren.' Daß die derzeitige Rechtsprechung oft komische Züge trägt, weiß Burda-Jurist Robert Schweizer: Die FAZ habe eine Glosse über Caroline und Ernst August veröffentlicht, dazu druckte die Zeitung in Bild der beiden, das sie von dpa bekam. Anwalt Matthias Prinz setzte daraufhin durch, daß die Veröffentlichung des Photos unteragt wurde. ... Warum Gerichte oft im Sinne der Prominenten urteilen, erklärt der Hamburger Richter Neuschild. Zum einen wissen er und seine Kolllegen oft nichts vom gegenseitigen Spiel Medien- Prominenten, zum anderen gebe es ein grundsäztliches Problem: 'Die Richter kommen alle aus dem Bildungsbürgertum und verstehen oft nicht, was so interessant sein soll an Hans Meiser oder einem Prinzen.' Daß auch BGH-Mann Lepa nicht viel mit Prinzen und Prominenten anfangen kann, belegt der Satz: Er wisse wirklich nicht, wer Hans Meiser sei, 'den Namen habe ich noch nie gehört'. Und auf die Frage, ob er denn - bei der derzeitigen Rechtsunsicherheit - ein Photo von Ernst August eher veröffentlichen würde oder nicht, sagt er: 'Ich würde es eher nicht veröffentlichen, denn es gehört im Prinzip nicht in die Pressefreiheit, wenn ein Prinz hinter Caroline hertrampelt.' SZ 18.9.98 S. 23

"Anwälte und Prominente in Goldgräberstimmung
Journalisten warnen vor Einschränkung der Pressefreiheit durch eine prominentenfreundliche Rechtsprechung. ...Expertenanhörung des Deutschen Presserats in Bonn ... Klage des Chefredakteurs von 'Bild am Sonntag', Michael Spreng: Die Anwaltskanzleien arbeiteten wie 'Abmahnungsvereine'. Nach dem Prinzip 'Hahn auf, Hahn zu' nähmen Prominente wie Hans Meiser, Ulrich Wickert und Claudia Schiffer ihr Recht auf den Schutz der Persönlichkeit in Anspruch. Mal ließen sie sich exklusiv von einer Zeitschrift zu Hause besuchen, dann wieder untersagten sie die Veröffentlichung von Fotos und privaten Geschichten. Und die Gerichte, so der 'BamS'-Chef, ließen sich für die 'Marketinginteressen' der Prominenten 'instrumentalisieren'. Schon Rechercheanfragen würden inzwischen mit Unterlassungserklärungen beantwortet. ... Die Bonner Experten waren sich weitgehend einig: Die Pressefreiheit, die sich am Informationsinteresse der Allgemeinheit orientiert, gerät in Gefahr, wenn Journalisten quasi durch Geldstrafen eingeschüchtert werden." BerlZtg 18.9.98 S. 16

*

"Gericht hilft Boenisch gegen BND-Buch
Der Ex-Bild-Chefredakteur Peter Boenisch hat vor dem Berliner Landgericht eine einstweilige Verfügung gegen das Buch 'Undercover' durchgesetzt. Dem Kölner Verlag Kiepenheuer und Witsch wird damit untersagt, daß Buch des Autors Erich Schmidt-Eenboom über die BND-Kontakte deutscher Journalisten in der jetzigen Druckfassung zu verbreiten. ... Boenisch wehrt sich gegen die im Buch vertretene Behauptung, er habe wissentlich Kontakt zum BND unterhalten." tz 18.9.98 S. 7

"Boenisch stoppt umstrittenes Buch" BerlZtg 18.9.98 S. 16

*


Zur Übersicht vorheriger Ausgaben des Privacy Magazine  Zur Übersicht vorheriger Ausgaben des Privacy Magazine