Jahresbericht 1998
|
4.1 Sicherheit |
4.2 |
Ordnungsverwaltung |
|
4.2.1 |
Gesetzgebung zur Verwaltungsreform |
Das Zweite Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung vom 25. Juni 1998 (2.Verwaltungsreformgesetz - 2.VerwrefG)[100] sieht Änderungen zum Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz (AZG) und zum Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) vor, die jeweils die gegenseitigen Informationspflichten von Behörden untereinander betreffen. Im Geltungsbereich des AZG betrifft dies die Senatsverwaltungen, Bezirksämter, Sonderbehörden und nichtrechtsfähigen Anstalten, im Geltungsbereich des ASOG gilt dies für die Ordnungsbehörden, nachgeordneten Ordnungsbehörden, die Polizei und die zuständigen Aufsichtsbehörden. Damit soll außerhalb der im Rahmen der Fachaufsicht (gewissermaßen "von unten nach oben") bestehenden Informationspflicht ein darüber hinausgehender Informationsaustausch erfolgen und auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Wir haben im Rahmen der parlamentarischen Beratungen darauf hingewiesen, dass eine Weitergabe personenbezogener Daten von diesen Vorschriften nicht gedeckt und die Zulässigkeit nach den jeweils geltenden Befugnisregelungen zu beurteilen sei, und entsprechende Formulierungsvorschläge zur Ergänzung des Gesetzentwurfs unterbreitet. In der gemeinsamen Sitzung des Rechtsausschusses mit dem Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung wurde festgestellt, dass unsere Ergänzungsvorschläge die (ohnehin geltende) Rechtslage wiedergeben, auf die im Gesetz selbst nicht nochmals hingewiesen werden müsse. Unsere Empfehlung wurde als Hinweis des Berliner Datenschutzbeauftragten auf die geltende Rechtslage als Protokollnotiz aufgenommen und von den Ausschussmitgliedern "ausdrücklich zur Kenntnis genommen".
Ein zwischenzeitlich vorgelegter Entwurf über ein "Drittes Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung" (Verwaltungsreform-Grundsätze-Gesetz - VGG) wird derzeit in den parlamentarischen Ausschüssen behandelt. Die dort genannten Reformmaßnahmen sollen die Basis für eine grundlegende Reorganisation der Berliner Verwaltung sein zur Verbesserung ihrer Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit. Wesentliche Konzeption des Gesetzentwurfs ist u.a. die stärkere Berücksichtigung der Bedürfnisse des Bürgers als Adressat des Verwaltungshandelns. Geplant ist, diese Bedürfnisse z.B. mit Kundenbefragungen zu analysieren. Da die vorgesehene Bestimmung offen ließ, ob diese Befragungen anonym oder personenbezogen durchgeführt werden sollen, haben wir empfohlen, eine Ergänzung dahingehend vorzunehmen, dass die Adressaten auf die Freiwilligkeit und die Möglichkeit der anonymen Beantwortung hinzuweisen sind.
Der Entwurf des VGG sieht auch eine Änderung des Bezirksverwaltungsgesetzes vor, nach der die Bezirksämter neu strukturiert werden sollen. Publikumsintensive Leistungen verschiedener Fachämter werden künftig gebündelt und dem Bürger in einem Bürgeramt angeboten. Unsere Anregung, die Übertragung hoheitlicher Befugnisse vom Fachamt auf das neue Bürgeramt auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, ist im Gesetzentwurf ebenso berücksichtigt worden wie unsere Empfehlung, eine spezialgesetzliche Befugnisnorm vorzusehen, die einerseits die Datenverarbeitung ausserhalb der fachlich zuständigen Organisationseinheit zulässt, anderseits aber klarstellt, dass die Datenverarbeitung nicht über dasjenige hinausgehen darf, was für die jeweilige Organisationseinheit nach den jeweils geltenden Befugnisregelungen zulässig ist. In dem im neuen Jahr in das Abgeordnetenhaus eingebrachten Entwurf ist überraschenderweise zusätzlich vorgesehen, dass im Rahmen einer "Experimentierklausel" eine Reihe von Aufgaben des Landeseinwohneramtes (LEA) auf die Bürgerämter übertragen werden soll. Umgekehrt sollen Mitarbeiter des LEA mit einzelnen bezirklichen Aufgaben betraut werden. Inwieweit dies mit dem Datenschutzrecht vereinbar ist, ist noch offen.
Bei der im VGG vorgesehenen "übergreifenden Personalplanung" haben wir empfohlen klarzustellen, dass der hierfür zuständigen Senatsverwaltung von den jeweiligen Organisationseinheiten aggregierte (also nicht personenbezogene) Informationen zur Verfügung gestellt werden.
Durch eine Änderung der Landeshaushaltsordnung soll die Senatsverwaltung für Finanzen "unter Beachtung datenschutzrechtlicher Vorschriften" von allen Stellen der Berliner Verwaltung Auskünfte und die Vorlage von Unterlagen verlangen können. Wir haben darauf hingewiesen, dass wegen der Verweisung auf spezialrechtliche Regelungen in § 6 Abs.1 Berliner Datenschutzgesetz die LHO selbst den Umfang der Daten bestimmen muss und darüber hinaus ein klarer Hinweis erforderlich ist, dass die Bestimmung nur für die eigenen Aufgaben der Senatsverwaltung für Finanzen gelten soll. Da entsprechende Befugnisse auch der für die Personalwirtschaft und die Stellenpläne zuständigen Senatsverwaltung zustehen sollen, hielten wir einen Verweis auf die speziellen datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes (§§ 56 f.) für erforderlich.
Der lange angekündigte Entwurf eines Meldegesetzes, der die Änderung des Melderechtsrahmengesetzes umsetzt und die von uns seit langem geforderten Klarstellungen im bestehenden Melderecht berücksichtigt[101], wurde wiederum nicht vorgelegt. Nachdem auch in Brandenburg ein Gesetzentwurf im Landtag eingebracht wurde, bildet Berlin hinsichtlich der Fortentwicklung des Melderechtes nun das Schlusslicht.
Empörung hat auch in Berlin ausgelöst, dass in den Landestagswahlkämpfen in Hamburg und Sachsen-Anhalt eine rechtsradikale Partei in massiver Weise die Wählerlisten genutzt hat, die ihr nach dem dortigen Meldegesetz übergeben worden waren.
Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen[102], das Melderechtsrahmengesetz und das Meldegesetz dahingehend zu ändern, dass Auskünfte aus dem Melderegister zum Zweck der Wahlwerbung an die Parteien, Wählergemeinschaften und Einzelbewerber im Vorfeld von Wahlen nur noch nach ausdrücklicher Einwilligung der Betroffenen zulässig sind, wurden vom Abgeordnetenhaus abgelehnt. Damit würde verhindert werden, dass bei den Parteien umfangreiche Datenbestände entstehen. Zwar haben die Parteien diese Daten eine Woche nach der Wahl zu löschen und entsprechende Verpflichtungserklärungen abzugeben, kontrollieren kann das die Aufsichtsbehörde allerdings nur schwer. Nach § 38 Abs.1 BDSG müssen hinreichende Anhaltspunkte für eine Datenschutzverletzung vorliegen. Eine Überprüfung ohne Anlass ist hier nicht möglich.
Nicht zuletzt aus diesem Grund hat auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder den gesetzgebenden Körperschaften empfohlen, die Einwilligungslösung vorzuziehen[103].
Am 1. Juli 1998 ist das Gesetz zur Neuordnung des Eheschließungsrechtes in Kraft[104] getreten, das verschiedene datenschutzrechtlich relevante Änderungen enthält. Nach dem neu gefassten § 1314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig waren, dass sie keine eheliche Lebensgemeinschaft begründen wollen. Wenn für eine derartige "Scheinehe" konkrete Anhaltspunkte bestehen, hat der Standesbeamte das Recht, die Verlobten zu befragen (§ 5 Abs.4 Personenstandsgesetz (PStG)). Er kann die Beibringung geeigneter Nachweise und notfalls eine eidesstattliche Versicherung über Tatsachen verlangen, die für die Feststellung, ob eine "Scheinehe" vorliegt, von Bedeutung sind. Diese Neuregelungen zielen darauf ab, "Scheinehen" von ausländischen Staatsangehörigen zu verhindern, die zum Erwerb eines Aufenthaltsrechtes geschlossen werden.
Der Standesbeamte darf die Verlobten nur befragen, wenn Tatsachen vorliegen, die konkret den Verdacht einer Scheinehe begründen. Vermutungen sind nicht ausreichend. Der Standesbeamte darf nicht die Motive der Eheschließenden von sich aus inquisitorisch erforschen und ihnen peinliche und entwürdigende Fragen stellen und ihnen den Eindruck vermitteln, sie müssten vorbehaltlos darlegen, dass es sich bei ihrer Ehe nicht um eine Scheinehe handelt[105].
Bei der Frage, ob konkrete Anhaltspunkte für eine "Scheinehe" vorliegen, sind die unterschiedlichen Lebensformen zu berücksichtigen. Ein großer Altersunterschied reicht ebenso wenig aus wie das Fehlen einer häuslichen Gemeinschaft. Eine lebenslange Partnerschaft kann ersichtlich auch von verschieden alten Partnern angestrebt werden; auch die bestehende häusliche Gemeinschaft sagt nichts über die Ernsthaftigkeit der Partnerschaft aus. Der Wille zu einer lebenslangen Beziehung setzt keinen gemeinsamen Wohnsitz voraus. Das Verwaltungsgericht Berlin hat dazu ausgeführt, dass es so sein mag, dass die häusliche Gemeinschaft zu dem in der Regel vorkommenden Merkmal ehelicher Lebensführung in der Gesellschaft zählt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft ohne häusliche Gemeinschaft nicht mehr die sittlichen und gesellschaftlichen Merkmale des Ehestandes aufweise[106].
Auch das Fehlen einer Aufenthaltsgenehmigung kann die Ermittlungsbefugnisse des Standesbeamten nicht auslösen, denn eine lebenslange Partnerschaft kann auch dann gewollt sein, wenn einem Partner eine ausländerrechtliche Genehmigung zur Zeit der Eheschließung fehlt.
Konkrete Anhaltspunkte liegen z.B. vor, wenn der Standesbeamte erfahren hat, dass die Eheleute keine partnerschaftliche Beziehungen pflegen wollen, insbesondere wenn der eine Teil dies erklärt hat. Dies kann sich daraus ergeben, dass der eine Partner den anderen praktisch nicht kennt, für seine Bereitschaft zur Eheschließung Geld gefordert oder genommen hat oder sich überhaupt nicht mit dem anderen verständigen kann. Nur in derartigen Fällen hat der Standesbeamte auch das Recht, weitere Ermittlungen anzustellen und auch den Aufenthaltsstatus zu ermitteln. Ansonsten ist für seine Amtsgeschäfte lediglich der Nachweis der Staatsangehörigkeit nötig, der durch Passvorlage oder Beibringung einer entsprechenden Urkunde geleistet werden kann (§ 11 Abs.2 PStG).
Das Bezirksamt Spandau hat ein eigenes DV-Programm "Einbürgerung" entwickelt. Damit werden verschiedene Statistiken als personenbezogene Auflistungen erstellt, die wahlweise auch nach dem Namen des Antragstellers sortiert werden können.
Die Grundlage für diese Datenaufbereitung ist ein Schreiben der Senatsverwaltung für Inneres, wonach von den Standesämtern personenbezogene Eingangs-, Erledigungs- und Gesamtstatistiken als Auflistungen von Einzeldatensätzen mit festgelegten personenbezogenen Merkmalen wie Name, Herkunftsland und Aktenzeichen zu führen und diese quartalsweise der Senatsverwaltung für Inneres zu übersenden sind. Diese Listen werden durch das Programm "Einbürgerung" erstellt und gedruckt.
Hier wurde allerdings weder eine Statistik erstellt noch eine solche an die Senatsverwaltung für Inneres übermittelt. Der Begriff "Statistik" ist an dieser Stelle irreführend. Das Bezirksamt hat in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten - als Bezirksaufgaben unter Fachaufsicht - die Zuständigkeit für Anspruchseinbürgerungen sowie Mitwirkung bei Ermessenseinbürgerungen. Hierfür können von dem Bezirksamt personenbezogene Daten erhoben und gespeichert werden. Personenbezogene Daten dürfen nach §§ 11, 12 BlnDSG grundsätzlich nur zu dem Zweck weiterverarbeitet werden, zu dem sie erhoben oder gespeichert worden sind. Sollen personenbezogene Daten zu Zwecken weiterverarbeitet werden, für die sie nicht erhoben oder gespeichert wurden, so ist dies außer im Fall der Einwilligung nur zulässig, wenn eine ausdrückliche Rechtsgrundlage hierfür vorliegt. Da dies nicht der Fall ist, hat das Standesamt personenbezogene Einzeldaten aus der Vorgangsbearbeitung zu Staatsangehörigkeitsangelegenheiten rechtswidrigerweise an die Senatsverwaltung für Inneres übermittelt. Wir haben das Verfahren beanstandet. Die personenbezogenen Übermittlungen sind inzwischen eingestellt worden. Die Senatsverwaltung für Inneres hat mit Rundschreiben die Einbürgerungsbehörden angewiesen, keine Indexkarten, Schlussmitteilungen oder sonstige Verfahrensabschlüsse und Übernahme- oder Abgabenachrichten dorthin zu senden.
Der Gastgeber eines ausländischen Besuchers hat sich zu verpflichten, für alle Kosten aufzukommen, die durch den Aufenthalt seines Gastes entstehen (§ 84 Ausländergesetz (AuslG)). Bereits im vergangenen Jahr[107] haben wir über die erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken berichtet, die gegen das bundeseinheitliche Formular - mit dem umfangreiche Daten zur Person der Gastgeber erhoben werden - bestehen.
Diese Bedenken wurden zum Teil bei der Neufassung der "Hinweise zur Verwendung des bundeseinheitlichen Formulars der Verpflichtungserklärung" berücksichtigt. Eine Umgestaltung des Formulars für die Abgabe einer Verpflichtungserklärung wird derzeit überprüft.
Der Empfehlung, die Angabe des Berufes und des Arbeitgebers zu streichen, wurde nicht gefolgt. Der Verzicht auf eine Eintragung im Feld "Bemerkungen", dass gegen die Einreise des Ausländers keine Bedenken bestehen - wodurch deutlich wird, dass es sich bei dem Einladenden um einen Sozialhilfeempfänger handelt -, wurde ebenfalls nicht umgesetzt. Missverständlich ist der Hinweis, dass zukünftig auf Detailangaben zu Wohn-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Gastgebers im Regelfall verzichtet werden sollte. Hier hätte der Hinweis erfolgen müssen, dass auf Detailangaben in jedem Fall zu verzichten ist.
Wir haben empfohlen, beim Ausfüllen des Vordruckes auf Eintragungen in den Rubriken
Auskunftsersuchen der Ausländerbehörde an die Hochschulen zur Abgabe einer Studienprognose
Zur Verlängerung von Aufenthaltsbewilligungen ausländischer Studenten bittet die Ausländerbehörde die Berliner Hochschulen um die Abgabe einer Studienprognose.
Die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung wird nach § 28 Abs.1 AuslG erteilt, wenn der Ausländer nur für einen bestimmten, seiner Natur nach nur einen vorübergehenden Aufenthalt erfordernden Zweck die Genehmigung begehrt. § 28 Abs.2 Satz 2 AuslG bestimmt, dass die Verlängerung erteilt werden kann, wenn der Aufenthaltszweck noch nicht erreicht ist und in einem angemessenen Zeitraum noch erreicht werden kann. Dazu ist bei Studierenden eine Prognose der Ausländerbehörde nötig, die sich an dem erkennbaren Bemühen des Ausländers, das Ziel seines Aufenthaltes in einem überschaubaren Zeitraum zu erreichen, auszurichten hat, so dass die Erwartung gerechtfertigt ist, dass er in absehbarer Zeit wieder in sein Heimatland zurückkehren kann. Für diese Prognose ist es offensichtlich notwendig, Aufschluss über den Studienverlauf des Ausländers zu erlangen. Damit erfolgt die beabsichtigte Datenerhebung zu einem zulässigen Zweck nach § 75 Abs.1 AuslG.
Die Daten sind grundsätzlich bei dem Betroffenen zu erheben (§ 75 Abs.2 Satz 2 Nr.3 erste Alt. AuslG). Ohne Mitwirkung des Betroffenen dürfen Daten über ihn erhoben werden, wenn die Mitwirkung des Betroffenen nicht ausreicht (§ 75 Abs.2 Satz 2 Nr.3 erste Alt. AuslG). Der Betroffene kann die erforderlichen Informationen selbst erbringen. Die Vorlage des Studienbuches gibt Aufschluss über Semesteranzahl, Veranstaltungen usw. Leistungsnachweise können das Erreichen von Studienzielen dokumentieren. Ein Abgleich mit einem Studienplan und der Regelstudienzeit kann der Ausländerbehörde das Verhältnis des individuellen Studiengangs zu den allgemeinen Anforderungen erschließen.
Die Anforderung einer Studienprognose erscheint nur sinnvoll, wenn in einem Ausnahmefall Regelstudienzeiten überschritten oder Ausbildungsziele nicht erreicht wurden, um nachzuweisen, dass ein Erreichen des Ausbildungszieles dennoch möglich ist. In diesen Fällen kann die Studienprognose jedoch vom Betroffenen selbst beantragt und beigebracht werden. Eine entsprechende Beibringungspflicht regelt § 70 AuslG.
Die Mitwirkung des Betroffenen stellt auch keinen unverhältnismäßigen Aufwand dar (§ 75 Abs.2 Satz 2 Nr.3 zweite Alt. AuslG). Dazu muss ein markantes Missverhältnis zwischen Aufwand der Datenerlangung und der Bedeutung der Sache bestehen. Bloße Arbeitserschwernis, Umständlichkeit des Verfahrens oder geringfügige Verzögerungen im Ablauf reichen hier nicht aus. Es ist nicht ersichtlich, warum die genannten Unterlagen vom Betroffenen nicht schnell und ohne Aufwand beigebracht werden könnten.
Mitwirkung der Ausländerbehörde bei der Erteilung von iranischen Reisepässen
Einem ausreisewilligen iranischen Asylbewerber wurde durch die Ausländerbehörde eines anderen Bundeslandes zur Beschaffung von Ausreisepapieren (Passbeschaffung) ein Erhebungsbogen der Iranischen Botschaft in Bonn zum Ausfüllen vorgelegt, der Fragen enthält, die nach deutschem Recht als bedenklich anzusehen sind. Dies erfolgte, obwohl die Iranische Botschaft auch einen Fragebogen zur Ausstellung eines Rückreisescheines (Passierscheines) für die Einreise in den Iran bereithält, der nur noch Fragen enthält, die auch mit dem deutschen Recht zu vereinbaren sind.
Mit der Erteilung eines derartigen Rückreisescheines wird bereits die von der Ausländerbehörde angeordnete Ausreise des Ausländers ermöglicht. Die Beantragung eines Reisepasses und die damit verbundene unzulässige Befragung ist für die Ausreise iranischer Bürger somit nicht erforderlich.
Unsere Nachfrage zur Berliner Vorgehensweise ergab, dass die Berliner Ausländerbehörde in den genannten Fällen ein Antragsformular verwendet, das dem "Fragebogen für die Ausstellung eines Rückreisescheines" der Iranischen Botschaft inhaltlich weitgehend entspricht und das nur Daten enthält, die keinen datenschutzrechtlichen Bedenken begegnen.
Am 1.1.1999 ist das Gesetz zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes und anderer Gesetze in Kraft[108] getreten. Über den jeweiligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens und die wesentlichen datenschutzrelevanten Änderungen haben wir seit 1993 kontinuierlich berichtet[109]. Als wesentliche Neuerungen nochmals hervorzuheben sind die Regelungen über den Umgang mit Daten in der Führerscheinakte, insbesondere über die Vernichtung von Unterlagen (z.B. Registerauskünften, Führungszeugnissen, Gutachten und Gesundheitszeugnissen). Spätestens fünfzehn Jahre nach In-Kraft-Treten des Gesetzes sollen alle Akten "auf Vernichtenswertes" überprüft sein.
Wir haben seit Monaten darauf hingewiesen, dass die Berliner Führerscheinstelle als diejenige Stelle, die die Bereinigung der Führerscheinakten vorzunehmen hat, angesichts der Vielzahl dieser Akten frühzeitig - und nicht erst bei In-Kraft-Treten des Gesetzes - mit der Umsetzung der neuen Bestimmungen beginnt. Der Unterausschuss "Datenschutz" des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung ist unserer Auffassung gefolgt und hat bereits Ende 1997 den Senat aufgefordert, die vom Bundestag schon beschlossenen Aktenbereinigungsfristen umzusetzen. Der Senat ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen, er hat die vom Gesetzgeber vorgesehene Frist von acht Monaten bis zum In-Kraft-Treten des Gesetzes ungenutzt verstreichen lassen und keinen allgemeinen Verfahrensvorschlag dafür vorgesehen, wie der einzelne Mitarbeiter in der Führerscheinstelle die Bereinigung einer Akte im Einzelfall vorzunehmen hat.
In der erneut anberaumten Sitzung des Unterausschusses "Datenschutz" Ende 1998 haben die Fraktionen übereinstimmend die "völlig unzulängliche Vorbereitung der Verwaltung auf die neue Rechtslage" kritisiert, die "schon seit Monaten so erwartet worden" sei. Der Ausschuss hält - ebenso wie wir - eine Arbeitsanweisung zur Umsetzung der neuen Tilgungsfristen im Interesse eines einheitlichen Verwaltungshandelns für unerlässlich und bezeichnet es als "nicht nachvollziehbar, dass die Verwaltung auf ein solches Papier offenbar verzichten wolle".
In einer weiteren Sitzung des Unterausschusses im neuen Jahr sicherte die Senatsverwaltung daraufhin zu, die Umsetzung der neuen Rechtslage unverzüglich in Angriff zu nehmen und eine entsprechende Arbeitsanweisung zu erstellen.
4.3 Justiz und Finanzen |