Tätigkeitsbericht 1998
Startseite

Wir über uns und Impressum
Berlin
Deutschland
Europa
International
Recht
Technisch-Organisatorische Maßnahmen
Aktuelles
Adressen von Datenschutzbehörden
Materialien
Service und Verweise
Datenschutz nach Themen

Jahresbericht 1998
des Berliner Datenschutzbeauftragten

Zum vorherigen Kapitel 3.5 Biometrie - Sesam öffne Dich?


Zur Inhaltsübersicht

3.6

Der schwere Stand der behördlichen Datenschutzbeauftragten

Für die Anpassung der deutschen Datenschutzgesetze an die EU-Datenschutzrichtlinie sind den Gesetzgebern im Hinblick auf die Kontrolle der Datenverarbeitung und die Transparenz für den Bürger zwei Alternativen gewiesen worden (Art. 18): Entweder erhalten die Kontrollstellen - das sind die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder - Meldungen über die automatisierten Verfahren, die einen definierten Mindestinhalt haben (Art.19) und von jedem einsehbar sind, oder es werden Datenschutzbeauftragte von den verantwortlichen Stellen bestellt, die die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen unabhängig überwachen und ein Verfahrensverzeichnis führen, das seinerseits der Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden muss. Im letzteren Falle entfällt die Meldung an die Kontrollstelle oder sie wird wesentlich vereinfacht.

Nach dem derzeitig erkennbaren Trend der Novellierung des Bundes- und der Landesdatenschutzgesetze dürfte der zweite Weg gegangen werden. Dies bedeutet, dass für alle öffentlichen und privaten Stellen in Deutschland, die personenbezogene Daten verarbeiten, die Bestellung eines behördlichen oder betrieblichen Datenschutzbeauftragten verbindlich vorgeschrieben wird, sofern die Anzahl der Mitarbeiter, die mit der Verarbeitung der Daten zu tun haben, eine bestimmte Grenze überschritten hat.

Nach der derzeitigen Rechtssituation sind in der privaten Wirtschaft betriebliche Datenschutzbeauftragte zu bestellen, wenn mindestens fünf Mitarbeiter mit der automatisierten oder mindestens zwanzig Mitarbeiter bei der nichtautomatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind.

Im öffentlichen Bereich ist die Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter schon jetzt für Behörden bundesweit vorgeschrieben, die Sozialdaten verarbeiten. Außerdem bestimmen einige Landesdatenschutzgesetze, so auch das Berliner Datenschutzgesetz, dass alle öffentliche Stellen des Landes behördliche Datenschutzbeauftragte zu bestellen haben. Ihre Rechtsstellung wird durch einen Verweis auf die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu den betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestimmt.

Bei der Durchsetzung der Bestellung des internen Datenschutzbeauftragten gibt es deutliche Unterschiede zwischen der privaten Wirtschaft und der öffentlichen Verwaltung. Wird in einem Unternehmen ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter nicht oder nicht rechtzeitig bestellt, kann die zuständige Aufsichtsbehörde Bußgelder bis zu fünfzigtausend Deutsche Mark verhängen. Im öffentlichen Bereich kommt es vor, dass selbst große Behörden, die intensiv mit den Daten der Bürger arbeiten, trotz eindeutiger entgegenstehender Rechtslage behördliche Datenschutzbeauftragte für überflüssig erklären und gelassen den Beanstandungen des Landesdatenschutzbeauftragten entgegensehen. Berlin stellt insoweit keine Ausnahme dar.

Mit der Anpassung an die EU-Datenschutzrichtlinie wird sich auch in Berlin die rechtliche Situation der behördlichen Datenschutzbeauftragten insoweit ändern, als sie zusätzliche Aufgaben zu erfüllen und zusätzliche Verantwortlichkeiten für den Datenschutz zu übernehmen haben werden. Die bisher schon gesetzlich vorgeschriebenen internen Verzeichnisse und Beschreibungen werden voraussichtlich modifiziert und öffentlich zugänglich gemacht werden. Bei sensiblen Verfahren werden von ihnen Vorabkontrollen durchzuführen sein. Die Unabhängigkeit der behördlichen Datenschutzbeauftragten wird damit ebenso verbreitert werden müssen wie die Bereitstellung personeller und sachlicher Ressourcen.

Um festzustellen, wieweit in den Berliner Behörden die behördlichen Datenschutzbeauftragten auf die bevorstehenden Rechtsänderungen vorbereitet sind, haben wir eine Befragung bei einer Auswahl von behördlichen Datenschutzbeauftragten durchgeführt. Wir wollten festzustellen, welchen Umfang ihr Aufgabenspektrum hat, wie stark die Unterstützung in der eigenen Dienststelle ausgeprägt ist und insbesondere auch wie viel Zeit ihnen zur Verfügung steht. Die folgende Zusammenfassung der Ergebnisse stützt sich auf die Befragung von 42 behördlichen Datenschutzbeauftragten in ausgewählten Behörden des Landes Berlins (Senatsverwaltungen und nachgeordnete Behörden, Bezirksämter). In zwei Stellen, die kontaktiert worden waren, waren z u dem Zeitpunkt keine behördlichen Datenschutzbeauftragten bestellt worden.

Bestellung

Die Einbindung der behördlichen Datenschutzbeauftragten in die Behördenstruktur ist uneinheitlich. Es bleibt der Daten verarbeitenden Stelle überlassen, aus welchem Bereich sie ihren Datenschutzbeauftragten rekrutiert. In der Regel kommt er aus einem Arbeitsgebiet, das entweder dem Rechts- bzw. Verwaltungsbereich (Rechtsamt, Organisationsamt, zentrale Verwaltung) oder einem Bereich mit informationstechnischem Zuschnitt (IT-Stelle, EDV-Abteilung, Innenrevision) zuzuordnen ist. Nur in wenigen Fällen ist der Datenschutzbeauftragte in einer Stabsstelle der Behördenleitung angesiedelt. Aber auch aus anderen Bereichen wie z.B. Bürgerberatung, Ausbildung, Jugend oder Bauwesen wurden Datenschutzbeauftragte bestellt.

Es gibt auch Überlegungen, den Posten des behördlichen Datenschutzbeauftragten mit anderen Beauftragtenstellen, z.B. IT-Sicherheitsbeauftragter, Geheimschutzbeauftragter, Korruptionsbeauftragter, Frauenbeauftragte, zu kombinieren, um so der angespannten Haushaltssituation zu begegnen. Hierbei können jedoch Interessenkonflikte zwischen den verschiedenen Funktionen auftreten, die die Zuverlässigkeit beeinträchtigen können. Diesen Interessenkonflikten können hinreichend große Behörden natürlich dadurch begegnen, dass sie Datenschutzbeauftragte bestellen, die sich ausschließlich dieser Aufgabe widmen können. Dies ist bisher nur in verschwindend wenigen Behörden geschehen.

Die Einstellung zum Datenschutz drückt sich in manchen Behörden bzw. Ämtern bereits in der Art und Weise aus, wie die Bestellung des Datenschutzbeauftragten im Hause bekannt gemacht wird. Einige Stellen versäumten die Unterrichtung der Mitarbeiter und überließen es dem Zufall, ob diese es dem Telefonverzeichnis oder dem Geschäftsverteilungsplan entnehmen, dass es einen behördlichen Datenschutzbeauftragten gibt und um wen es sich handelt. In wenigen Fällen machte sich der Datenschutzbeauftragte selbst mit einem Informationsblatt im Hause bekannt.

Der überwiegende Teil der Daten verarbeitenden Stellen konnte kein Datenschutzkonzept oder zumindest eine Sammlung aller den Datenschutz betreffenden Richtlinien, Dienstanweisungen und sonstiger Datenschutzregelungen vorweisen. Die vereinzelt vorhandenen Anweisungen und Richtlinien betrafen im Wesentlichen die Dokumentation von Verfahren und gewisse Sicherheitsregeln für den Umgang mit der Informationstechnik wie zum Umgang mit Passwörtern oder zu Benutzerprofilen. Solche Regelungen sind meistens schon im IT-Konzept enthalten, das in der Regel von der IT-Stelle erstellt wird. Weiter gehende, für den Datenschutz unerlässliche Unterlagen zur Umsetzung der technisch-organisatorischen Anforderungen des Berliner Datenschutzgesetzes gab es nur in wenigen Fällen. Sie betrafen vor allem Regelungen für den Zutritt zu bestimmten Räumen, die Aufbewahrung, den Transport und die Entsorgung von Datenträgern, die Auftragsvergabe nach außen (Outsourcing), das Fernwartungskonzept sowie rein organisatorische Regelungen wie die Schlüsselordnung oder der Katastrophenplan (Vorsorgemaßnahmen für den Datenverlust im Katastrophenfall).

Die gesetzlich mögliche Bestellung externer Datenschutzbeauftragter erfolgt in Berliner öffentlichen Stellen nur selten. Wenn dies doch geschieht, dann übernimmt meistens der Datenschutzbeauftragte einer übergeordneten Behörde die Funktion auch für eine nachgeordnete Behörde. Problematisch ist die Bestellung externer Datenschutzbeauftragter auf der Grundlage kurzfristig geltender Werkverträge, insbesondere wenn der Beauftragte von dieser Tätigkeit wirtschaftlich abhängig ist. In diesen Fällen ist sehr zweifelhaft, ob der Datenschutzbeauftragte sein Amt mit der notwendigen Unabhängigkeit wahrnehmen kann, was bedeutet, dass er auch zur Führung kontroverser Auseinandersetzung bereit und fähig sein muss.

Wahrnehmung der Aufgaben

Eine wesentliche Aufgabe des behördlichen Datenschutzbeauftragten ist die Beratung zu täglichen Problemen des Datenschutzes, die von Leitungskräften, Mitarbeitern und Auszubildenden, aber auch von Bürgern telefonisch oder schriftlich an ihn herangetragen werden. In der Praxis wird er von Leitungskräften wesentlich weniger konsultiert als von den untergebenen Mitarbeitern. Es ist offensichtlich, dass Führungskräfte dem Datenschutz oft passiv, wenn nicht gar reserviert gegenüberstehen, obwohl sie den Datenschutz im Hause verantwortlich umsetzen müssen, während die Mitarbeiter sich hinsichtlich ihres Verhaltens beim Datenschutzbeauftragten absichern oder sich als Betroffene an ihn wenden.

In einigen Fällen sind die Daten verarbeitenden Stellen dazu übergegangen, die Stellungnahmen zu unseren Beanstandungen oder zu unserem Jahresbericht von ihrem behördlichen Datenschutzbeauftragten erarbeiten zu lassen. Es kann jedoch nicht seine Aufgabe sein, datenschutzrechtliche Mängel im eigenen Hause, für die die Behördenleitung die Verantwortung trägt, gegenüber der externen Kontrollinstanz zu rechtfertigen, zumal er auf Grund seiner Fachkunde und seinem am Datenschutz orientierten Interesse dabei meist gegen seine eigene Überzeugung argumentieren müsste. Seine Aufgabe ist es vielmehr, die Verantwortlichen datenschutzrechtlich zu beraten, die fachübergreifenden Stellungnahmen im Hause zu koordinieren, auf die erforderlichen Maßnahmen zu drängen und ihre Durchführung zu kontrollieren.

Das Interesse der Verantwortlichen an Datenschutzbelangen zeigt sich vor allem dort, wo der behördliche Datenschutzbeauftragte aufgefordert wird, die Defizite beim Datenschutz zu ermitteln und zusammenzustellen, um die Voraussetzungen für Verbesserungen zu schaffen, oder wo der Datenschutzbeauftragte mit dem gleichen Ziel regelmäßige Tätigkeitsberichte einbringt. Leider ist ein solches offensives Interesse am Datenschutz in den Berliner Behörden selten vorzufinden, so dass die Tätigkeit der Datenschutzbeauftragten weder die nötige Würdigung und Anerkennung finden noch die notwendige Wirkung erzielen kann. Der Datenschutzbeauftragte hat dann nur eine Alibifunktion. Seine Bestellung erfolgt nur als Formalie, nicht jedoch in der Absicht, den Datenschutz sicherzustellen, wie es das Datenschutzgesetz verlangt.

Zur Durchführung eigener Kontrollen - z.B. der Beachtung der technisch-organisatorischen Kontrollanforderungen nach § 5 BlnDSG - haben die wenigsten behördlichen Datenschutzbeauftragten Zeit und Gelegenheit. Wenn überhaupt, werden derartige Kontrollen meist nur anlässlich von Beschwerden oder offenkundig gewordener Datenschutzverstöße durchgeführt. Diese unzulängliche Kontrolltätigkeit beruht auf dem geringen Zeitrahmen, den die meisten behördlichen Datenschutzbeauftragten für ihre Tätigkeit zur Verfügung haben, sowie auf der häufig für solche Kontrollen unzureichenden Fachkunde.

Die Koordinierungsrunde der bezirklichen Datenschutzbeauftragten, in der sich seit langem ein Teil der Datenschutzbeauftragten der Bezirksämter unter unserer Beteiligung trifft, hat zur Verbesserung der Prüfaktivitäten die Initiative ergriffen und eine Checkliste erstellt, die eine gezielte Kontrolltätigkeit auf einer relativ pauschalen Ebene ermöglicht. Die Erfahrung zeigt, dass schon die konsequente Verfolgung einiger elementarer und einfach zu überwachender Sicherheitsziele zu erheblichen Verbesserungen des Datenschutzes führen kann.

Der behördliche Datenschutzbeauftragte hat bei der Einstellung von Personal, das bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätig sein soll, beratend mitzuwirken. Dies geschieht fast nie, weil die Unterrichtung von solchen Einstellungsvorgängen unterbleibt und das verfügbare Zeitbudget für diese aufwendige Aufgabe nicht ausreicht.

Eine weitere vom Gesetz vorgesehene Aufgabe des behördlichen Datenschutzbeauftragten ist es, die Mitarbeiter durch geeignete Schulung mit den Datenschutzregelungen im Allgemeinen und den spezifischen Regelungen des Hauses im Besonderen vertraut zu machen. Einige behördliche Datenschutzbeauftragte erledigen dies in vorbildlicher Art und Weise und übergeben bereits bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern Schulungsmaterial oder halten Einführungskurse ab, in denen sie die wichtigsten Datenschutzvorschriften vermitteln. Besonders lobenswert ist es, wenn darüber hinaus gesonderte Schulungen zu bestimmten Schwerpunkthemen abgehalten werden oder aber die Schulungen in regelmäßigen Abständen wieder aufgefrischt werden. Leider gibt es aber auch viele Fälle, in denen man sich mit der Übergabe einfacher Merkblätter begnügt oder gar die Einweisungspflicht gänzlich vernachlässigt.

Die Führung von internen Datei- und Geräteübersichten und damit zusammenhängend die Meldung zum Berliner Dateienregister beim Berliner Datenschutzbeauftragten wird meistens sehr stiefmütterlich behandelt. Nur selten werden die Übersichten aktuell und vollständig geführt. Meist sind die Unterlagen veraltet und nur lückenhaft, zum Teil nur schwer zugänglich, weil sie in den Behörden verstreut aufbewahrt werden. Dabei müsste es für die Daten verarbeitende Stelle von größtem Eigeninteresse sein zu wissen, welche Geräte und Programme sie für welche Aufgaben und Verfahren einsetzt und welche Dateien dabei verarbeitet werden. Zu den Geräten mussten die Stellen schon immer - auch ohne direkten Datenschutzbezug - einen Maschinennachweis führen und mit der geplanten Neugestaltung des INVENT-Verfahrens wird die Geräteübersicht ihre Bedeutung erweitern.

Sollte die aufwendige Meldung zum Berliner Dateienregister fortfallen, so wird es den datenverabeitenden Stellen umso mehr auferlegt sein, ihre Datei-, Verfahrens- und Geräteübersichten aktuell und vollständig zu führen. Das Recht des Bürgers, in diese Übersichten Einsicht zu nehmen, bleibt erhalten, wird aber bei den Daten verarbeitenden Stellen selbst zu gewähren sein. Darauf sind sie allerdings bisher weitgehend unvorbereitet.

Persönliche Voraussetzungen

Zuverlässigkeit und Fachkunde sind die vom Gesetz vorgegebenen wichtigsten Voraussetzungen für die Qualifikation zum behördlichen Datenschutzbeauftragten.

Die Fachkunde umfasst Kenntnisse des Datenschutzrechts und des Spezialrechts der im Hause vertretenen verschiedenen Fachgebiete, insbesondere des Personalrechts, sowie zum technischen und organisatorischen Datenschutz und zu den eingesetzten automatisierten Datenverarbeitungsverfahren und ihre informationstechnischen Plattformen. Zudem sind didaktische Fähigkeiten erforderlich, damit der behördliche Datenschutzbeauftragte die Mitarbeiter im Rahmen von Schulungsmaßnahmen mit den Datenschutzvorschriften vertraut machen kann.

Wir haben den idealen Datenschutzbeauftragten nirgends vorgefunden. Die meisten Befragten haben jedoch entweder einen juristischen oder informatischen Qualifikationshintergrund. Wenn Fortbildungsmaßnahmen in dem weniger vertrauten Bereich genutzt werden und die Unterstützung von Fachleuten des jeweils anderen Gebietes gesucht wird, kann die erforderliche Fachkunde angemessen erreicht werden.

Der für die Tätigkeit als behördlicher Datenschutzbeauftragter verfügbare Zeitrahmen setzt weitere Grenzen für die Umsetzung des Datenschutzes. Lediglich in fünf der besuchten Behörden nehmen die behördlichen Datenschutzbeauftragten ihre Aufgaben als Vollzeitkräfte wahr. Dabei haben alle auch einen Stellvertreter und mitunter auch weitere Mitarbeiter, so dass der Datenschutz hier weitgehend gewährleistet werden kann. In der Regel handelt es sich bei diesen Stellen um große Behörden mit sensiblen Bereichen, in denen von der Sache her schon ein erhöhtes Augenmerk auf die datenschutzgerechte Datenverarbeitung gelegt werden muss. Dieses zunächst positive Bild relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, dass nicht ein repräsentativer Querschnitt der zur Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter verpflichteter Behörden besucht wurde. Tatsächlich standen größere Behörden im Vordergrund der Betrachtung.

Selbst dort können bei den meisten Stellen die behördlichen Datenschutzbeauftragten nur ca.10% und weniger von ihrer Arbeitszeit für den Datenschutz aufwenden. Mit diesem Zeitumfang können die Datenschutzbeauftragten nicht einmal die unmittelbaren gesetzlichen Pflichten erfüllen. Es wird ihnen überlassen, mit diesem Defizit klar zu kommen. In einigen Fällen wird ihnen seitens der Behördenleitung sogar zu verstehen gegeben, dass das eigentliche Aufgabengebiet zu jeder Zeit Vorrang hat vor Datenschutzbelangen. Damit verletzen die Verantwortlichen nicht nur ihre gesetzlich verankerten Unterstützungspflicht für den Datenschutzbeauftragten, sondern auch ihre Fürsorgepflicht.

In einem Fall weigert sich ein Bezirksamt seit langem beharrlich, einen behördlichen Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Die Aufgaben nimmt der Direktor beim Bezirksamt wahr, was wegen seiner Verantwortung für das Personalwesen und für viele andere Anwendungsfelder personenbezogener Datenverarbeitung den Kriterien für einen zuverlässigen Datenschutzbeauftragten in extremer Weise widerspricht. Es ist offenkundig, dass hier der "lästige Datenschutz" an richtiger Stelle gleich im Keim erstickt werden soll.

In einer Senatsverwaltung wurde zwar ein behördlicher Datenschutzbeauftragter formell verpflichtet, da aber nach seiner Auffassung personenbezogene Daten kaum verarbeitet würden, hielt er weder von der eigenen Fortbildung etwas noch von der Bereithaltung eines Dateien- und Geräteverzeichnisses. Auch wenn diese Senatsverwaltung ein Ressort darstellt, in dem die Verarbeitung personenbezogener Daten nicht den Schwerpunkt der Aufgabenerfüllung darstellt, ist die Bestellung eines Pseudo-Datenschutzbeauftragten unangemessen.

Dennoch ist das Engagement der meisten befragten Datenschutzbeauftragten zu loben. Trotz unzureichenden Zeitbudgets und geringer sachlicher Ausstattung bemühen sie sich darum, die Behördenleitungen in ihrer Verantwortung für den Datenschutz zu entlasten. Sie geben hilfreiche Anregungen zur Verbesserung des Datenschutzes in ihren Zuständigkeitsbereichen und nützliche Denkanstöße zur Zusammenarbeit untereinander und mit dem Berliner Datenschutzbeauftragten.

Unterstützung

Öffentliche Stellen haben ihren behördlichen Datenschutzbeauftragten bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere Hilfspersonal, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Bei dieser Prämisse stimmt nachdenklich, dass viele Befragte Anlass zu der Feststellung sahen, dass die Leitungskräfte nur wenig Akzeptanz für den Datenschutz aufbringen. Datenschutzbelange, die gerade zwingend erforderlich sind und wenig kosten, werden zwar meistens unterstützt, doch sobald eine Maßnahme mit zusätzlichen Kosten oder hohem organisatorischem Aufwand verbunden ist, wird ihnen nur noch eine geringe Priorität eingeräumt. Das machte sich besonders bei der Genehmigung von Schulungs- und Fortbildungsveranstaltungen oder aber der Entwicklung und Ausarbeitung eines übergreifenden Datenschutzkonzepts bemerkbar. Leere Haushaltskassen rechtfertigen jedoch auch beim Datenschutz nicht, der Pflicht zum gesetzmäßigen Handeln auszuweichen.

In vielen großen öffentlichen Stellen, zum Beispiel in den Bezirksämtern, vielen Senatsverwaltungen, Hochschulen, Krankenhäusern oder großen nachgeordneten Behörden sind die datenschutzrechtlichen und technisch-organisatorischen Fragestellungen so vielfältig und komplex, dass von dem behördlichen Datenschutzbeauftragten nicht erwartet werden kann, dass er zu allen Fragestellungen gleichermaßen die notwendig Fachkunde aufbringen kann. Es ist daher wichtig, dass ihm in solchen Stellen Kollegen bzw. Spezialisten aus einzelnen Fachgebieten hilfreich zur Seite stehen. Darüber hinaus sind große Behörden vielfach auch räumlich verteilt, so dass manche Standorte nur selten Kontakt mit dem behördlichen Datenschutzbeauftragten haben. In diesen Fällen sollten Kontaktleute benannt werden, die dem behördlichen Datenschutzbeauftragten zuarbeiten, eventuell sogar dessen Aufgaben vor Ort wahrnehmen. Eine solche Datenschutzinfrastruktur ist in einigen öffentlichen Stellen durchaus vorhanden, der Erfahrungsaustausch zwischen dem Datenschutzbeauftragten und den Kontaktleuten lässt jedoch meist zu wünschen übrig.

Die Akzeptanz der Belegschaft für den Datenschutz ist in vielen Stellen durchaus vorhanden, doch könnte sie noch stärker ausgeprägt sein. Immer wieder gibt es Situationen, in denen der Datenschutz als Behinderung beim täglichen Umgang mit personenbezogenen Daten angesehen wird. Mitunter dient er auch als Vorwand, um ungelegene Tätigkeiten und Mehrarbeit zu vermeiden. Erst wenn jemand selbst Betroffener oder Geschädigter ist, wird das Interesse am Datenschutz geweckt und die notwendigen Schutzmaßnahmen auch verstanden und akzeptiert.

Die Schulung der behördlichen Datenschutzbeauftragten lässt allgemein zu wünschen übrig. Weil nur wenig Zeit für die Datenschutztätigkeit zur Verfügung steht, fehlt sie erst recht für die eigene stetige Fortbildung auf diesem Gebiet. Diese ist jedoch immens wichtig, denn die rechtliche und technische Entwicklung schreitet schnell voran und stellt an den behördlichen Datenschutzbeauftragten hohe Anforderungen an die Aktualisierung des Wissens. Die Befragung ergab, dass der überwiegende Teil keine oder nur sehr wenig Zeit für Fortbildungsmaßnahmen hat. Die Zeit reicht höchstens für die Lektüre von Datenschutzschriften oder -kommentaren, doch für längere Dienstunterbrechungen, z.B. für Fortbildungskurse, bleibt kaum Freiraum übrig.

In Berlin sind die Schulungsmöglichkeiten leider begrenzt. Es gibt keine offizielle Ausbildungsstätte für behördliche Datenschutzbeauftragte, so dass dem Wunsch vieler Datenschutzbeauftragter nach fundierter und einheitlicher Grundausbildung leider nicht entsprochen werden kann. Die überregionalen Bildungsinstitute sind nur im Zusammenhang mit einer Dienstreise zu erreichen, was mit zusätzlichen Kosten verbunden und daher für viele nicht tragbar ist. Der Berliner Datenschutzbeauftragte, der personell nicht entsprechend ausgestattet ist, kann in Berlin den offenkundigen Schulungsbedarf nicht abdecken. Einige unserer Mitarbeiter beteiligen sich als Dozenten an dem einschlägigen Lehrangebot zum Datenschutz und zur informationstechnischen Sicherheit der Verwaltungsakademie. Jedoch zeigt auch hier, dass sich das Interesse an Fortbildungsmaßnahmen für behördliche Datenschutzbeauftragte in Grenzen hält und auf relativ wenige besonders interessierte Personen beschränkt, die zum Beispiel in Auffrischungsworkshops ihr Wissen aktualisieren.

Seitenanfang
Zum nächsten Kapitel 4.1 Sicherheit
 Letzte Änderung:
 am 05.10.1999
E-Mail an den Webmaster