Tätigkeitsbericht 1998
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Dokument zum Jahresbericht 1998 des Berliner Datenschutzbeauftragten

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DEUTSCER BUNDESTAG: DRCUKSACHE 13/11450 VOM 28.09.1998

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Manuel Kiper, Rita Grießhaber und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

- Drucksache 13/11421 -

Länderinitiative zum Jugendschutz im Internet ("Jugendschutz.net")

Im Internet werden nicht nur unproblematische Inhalte, sondern sowohl gefährdende als auch illegale Inhalte transportiert, auch wenn der Anteil dieser Daten am Gesamtvolumen nach Auskunft der Bundesregierung "deutlich weniger als 1 %" (Antwort der Bundesregierung auf Frage 10 der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Dr. Manuel Kiper und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Kontrolle und Selektion von Telekommunikationsvorgängen", Drucksache 13/4800) beträgt.

Für die Verfolgung strafbarer Inhalte wurde die Ausstattung der Exekutive verbessert, obwohl Defizite weiterhin bestehen. Zur Bekämpfung jugendgefährdender Inhalte wurde ein erweiterter gesetzlicher Rahmen geschaffen. Danach sind Anbieter zur Benennung von Jugendschutzbeauftragten verpflichtet. Vor einiger Zeit wurde dazu auch die Länderinitiative "Jugendschutz.net" eingerichtet.

Jugendschutz im Internet setzt voraus, daß Inhalteanbieter technische und organisatorische Vorkehrungen treffen, die den Zugriff Jugendlicher auf gefährdendes Material verhindern. Weil es sich in der Regel nicht um illegales Material handelt, ist jedoch nicht erforderlich, die Inhalte insgesamt aus dem Netz zu entfernen.

Unklare Definitionen im Mediendienste-Staatsvertrag und im Informations- und Kommunikationsgesetz (IuKDG) führen zu einem Kompetenzstreit zwischen den Ländern und dem Bund insbesondere im Jugendschutz. Die Indizierung gewaltverherrlichender, rassistischer und pornographischer Inhalte in Datennetzen hat das IuKDG in den Aufgabenbereich der Bundesprüfstelle für jugendgefährende Schriften (BPS) gestellt. Gleichzeitig wurden Angebote nach dem Mediendienste- Staatsvertrag davon wieder ausgenommen, soweit sie Verteil- und Abrufdienste sind, bei denen "die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht". Diese unklaren Definitionen haben zu der Streitfrage geführt, welche Dienste im Internet einerseits Mediendienst-Angebote gemäß des Mediendienste- Staatsvertrages und somit in Länderhoheit zu regulieren sind, und welche Angebote andererseits als Teledienst auf der Basis des IuKDG von der BPS zu indizieren sind.

Diese Rechtsunklarheit führte zu einer Initiative der Länder. So wurde von den Jugendministerinnen und Jugendministern der Länder zur Beachtung des Jugendschutzes im Sommer 1997 das "Jugendschutz.net" eingerichtet. Eine in Rheinland-Pfalz eingerichtete Stelle prüft mittels entsprechender Software Internet-Angebote auf gefährdende Inhalte. Die Software kontrolliert Bilder, Texte oder Videos auf bereits indizierte Inhalte. Deren Anbieter werden bei einem positiven Befund -- unter Androhung eines Bußgeldes von bis zu 500 000 DM oder beim Vorliegen von Straftaten durch die Hinzuziehung der Staatsanwaltschaft -- angehalten, diese Inhalte zurückzuziehen oder Sperren einzurichten.

1. Unter welchen Voraussetzungen besteht nach Auffassung der Bundesregierung eine Zuständigkeit des Bundes bzw. der Länder zur Wahrung des Jugendschutzes bei

  • Internet Newsgruppen und
  • World Wide Web (WWW)-Angeboten;
insbesondere: bei welchen WWW-Angeboten sieht die Bundesregierung dabei eine Zuständigkeit der Länder?

Der Jugendschutz unterfällt der konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis für die öffentliche Fürsorge (Artikel 74 Abs. 1 Nr. 7 GG). Von dieser Gesetzgebungsbefugnis hat der Bund u. a. mit dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjS) Gebrauch gemacht. Die Zuständigkeit der Länder ist gemäß Artikel 72 Abs. 1 GG auf den in § 1 Abs. 3 Satz 2 GjS ausgenommenen Regelungsbereich (Rundfunksendungen nach § 2 des Rundfunkstaatsvertrages sowie inhaltliche Angebote bei Verteildiensten und Abrufdiensten, soweit die redaktionelle Gestaltung zur Meinungsbildung für die Allgemeinheit im Vordergrund steht, nach § 2 des Mediendienste-Staatsvertrages der Länder) beschränkt. Damit sind die Mediendienste nicht vom Anwendungsbereich des GjS erfaßt. Newsgruppen und durch das World Wide Web verbreitete Internet- Angebote sind jedoch in aller Regel Teledienste, da es sich hier um durch den Nutzer bestimmbare Kommunikation handelt. Ziel solcher Angebote ist nicht die auf öffentliche Meinungsbildung angelegte massenmediale Versorgung. Diese Angebote fallen in den Regelungsbereich des GjS und damit in die Zuständigkeit der Bundesprüfstelle.

2. Welche Schritte sind erforderlich, um zu einer Indizierung eines jugendgefährdenden Angebotes in Medieninhalten durch die BPS zu gelangen?

Das Verfahren bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften bestimmt sich nach dem GjS.

  • Die Bundesprüfstelle wird nur auf Antrag tätig (§ 11 Abs. 2 Satz 1 GjS): Eine nach § 2 der Durchführungsverordnung zum GjS antragsberechtigte Stelle -- Oberste Jugendbehörden der Länder, Landesjugendämter, Jugendämter und das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend -- stellt bei der Bundesprüfstelle einen Antrag mit dem Ziel der Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Schriften.
  • Der Medieninhalt wird nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten in den Entscheidungsgremien der Bundesprüfstelle (3er-Gremium oder 12er- Gremium) auf seine Jugendgefährdung hin überprüft, §§ 12 ff. GjS.
  • Die Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Schriften wird im Bundesanzeiger bekanntgegeben. Die Listenaufnahme hat gemäß den §§ 3 bis 5 GjS Vertriebs-, Werbe- und Weitergabeverbote zur Folge.

3. Wurde die Bundesprüfstelle mit Prüfaufträgen des "Jugendschutz.net" beauftragt, und wie oft ist dies geschehen?

Jugendschutz.net ist keine antragsberechtigte Stelle nach § 2 der Durchführungsverordnung zum GjS, vgl. Antwort zu Frage 2. Jugendschutz.net hat auch keine Anträge bei der Bundesprüfstelle gestellt.

4. Auf welcher Rechtsgrundlage agiert nach Auffassung der Bundesregierung die Länderinitiative "Jugendschutz.net", und welche Zuständigkeiten hat diese Initiative demzufolge?

Zeitgleich mit dem Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetz des Bundes (IuKDG) trat der Mediendienste-Staatsvertrag der Länder zum 1. August 1997 in Kraft.

Zur Durchführung der im Mediendienste-Staatsvertrag der Länder enthaltenen Jugendschutzbestimmungen haben die Jugendministerinnen und -minister aller Bundesländer die Einrichtung einer länderübergreifenden Stelle beschlossen. Federführend für diese Stelle ist das Ministerium für Kultur, Jugend, Familie und Frauen in Rheinland-Pfalz. Auf der Grundlage einer vorläufigen Ländervereinbarung hat Jugendschutz.net als Beauftragte der Obersten Landesjugendbehörden für Jugendschutz in Mediendiensten seine Arbeit aufgenommen.

In dem Erfahrungsbericht von Jugendschutz.net -- Oktober 1997 bis April 1998 -- wird u. a. ausgeführt: "Zu den konzeptionellen Vorgaben des Ministerbeschlusses gehört, daß die Stelle im Netz selbst aktiv wird, um einen Überblick über Art und Umfang jugendschutzrelevanter Angebote zu gewinnen, die Anbieter zu bewegen, diese Inhalte zu ändern oder aus dem Netz herauszunehmen und erforderlichenfalls das für weitere Maßnahmen zuständige Land zu informieren."

5.War die Bundesregierung in die Länderinitiative "Jugendschutz.net" eingebunden, und hat sie diese ggf. befürwortet? Wenn nein, welche Gesichtspunkte sprachen dagegen? Hält sie eine zukünftige Beteiligung des Bundes daran für sinnvoll, und auf welcher Rechtsgrundlage könnte dies erfolgen?

Jugendschutz.net ist eine Einrichtung der Obersten Landesjugendbehörden zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben. Aus diesem Grund war und ist eine Beteiligung des Bundes nicht vorgesehen.

6. Teilt die Bundesregierung die Kritik der Länder, der zufolge man indizierte Inhalte auch nach ihrer Indizierung durch die BPS noch auffindet, und ist das rechtliche Instrumentarium nach Ansicht der Bundesregierung ausreichend, um sicherzustellen, daß Jugendliche zu indizierten Inhalten keinen Zugang mehr erhalten?

Nach Auffassung der Bundesregierung stellt das rechtliche Instrumentarium des GjS ausreichend sicher, daß Jugendliche zu indizierten Inhalten keinen Zugang mehr erhalten. Dies gilt national gesehen auch für das Internet; zudem steht technisches Instrumentarium zur Verfügung, indizierte Seiten mit entsprechenden Jugendschutzmaßnahmen, wie z. B. "Adult Check", versehen zu lassen. Allerdings entfaltet die Aufnahme in die Liste der jugendgefährdenden Schriften im Ausland keine rechtliche Wirkung. Dennoch hat sich in der Vergangenheit gezeigt, daß auch ausländische Anbieter nach Einleitung eines Indizierungsverfahrens bereit sind, im Sinne des GjS Maßnahmen zum Schutz Jugendlicher vorzunehmen.

Europa- und weltweiten Initiativen zur Verbesserung des Jugendschutzes im Internet kommen hier maßgebliche Bedeutung zu, vgl. Antwort zu Frage 14.

7.Ist nach Ansicht der Bundesregierung die Ausstattung der BPS mit Hardware, Software und Personal ausreichend, um den mit dem IuKDG gewachsenen Aufgaben gerecht zu werden?

12. Strebt die Bundesregierung einen Ausbau derjenigen sowohl technischen als auch personellen Kapazitäten der Bundesprüfstelle an, die zur Überprüfung von elektronisch verbreitetem Material notwendig sind? Wenn ja, in welchem Umfang; wenn nein, warum nicht?

Nach Auffassung der Bundesregierung ist eine zusätzliche technische Ausstattung der Bundesprüfstelle erforderlich, damit sie ihrer Aufgabenstellung auch im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationsdienste gerecht werden kann. Zu diesem Zweck sind der Bundesprüfstelle für das Haushaltsjahr 1998 zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von 196 000 DM für die Vervollständigung ihrer informationstechnischen Ausstattung bewilligt worden.

Welche Maßnahmen ggf. darüber hinaus erforderlich sind, wird im Rahmen des der Bundesregierung vom Deutschen Bundestag erteilten Evaluierungsauftrags zum IuKDG geprüft.

8. In welcher absoluten und -- gemessen an deren Gesamthaushalt -- prozentualen Höhe stehen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften jährliche Etatmittel für die Überprüfung von elektronisch publiziertem Material zur Verfügung?

Der Gesamthaushalt der Bundesprüfstelle beläuft sich für das Jahr 1998 auf 1 547 000 DM. Die sächlichen Verwaltungsausgaben betragen 731 000 DM. Gemessen am Gesamthaushalt stehen der Bundesprüfstelle erstmals ab dem Jahr 1998 196 000 DM (12,45 %) Etatmittel für die Vervollständigung ihrer informationstechnischen Ausstattung zur Verfügung.

Für das Jahr 1999 sind für die Überprüfung von elektronisch publiziertem Material insgesamt 110 000 DM (7,39 %) gemessen am Gesamthaushalt 1999 veranschlagt. Der verringerte Prozentwert ergibt sich dadurch, daß im Haushaltsjahr 1998 die Beschaffung der erforderlichen Hard- und Software veranschlagt ist, demgegenüber im Haushaltsjahr 1999 nur noch Ersatzbeschaffungen und laufende Kosten für die Überprüfungsarbeiten veranschlagt sind.

9. Wie viele Indizierungen von Computerspielen und anderer Software sowie elektronisch verbreiteten Inhalten hat die Bundesprüfstelle in den letzten fünf Jahren vorgenommen, und wie viele Indizierungen bezogen sich davon auf Material, das via Internet verbreitet wurde?

Indizierte Computerspiele in den letzten fünf Jahren:

1994 28
1995 57
1996 40
1997 32
bis 31. Juli. 1998 18

Indizierte Online-Angebote in den letzten fünf Jahren:

1994 0
1995 0
1996 13
1997 91
bis 31. Juli. 1998 84

10. Wie viele Mitarbeiter der Bundesprüfstelle sind technisch und vom Kenntnisstand her in der Lage, das Internet nach jugendgefährdendem Material zu durchsuchen, und welcher zeitliche Aufwand ist dafür vorgesehen?

Bei der Bundesprüfstelle können fünf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Internet jugendgefährdende Inhalte abrufen. Eine Angabe der für diese Arbeiten aufzuwendenden Zeit ist nicht möglich. Der Zeitaufwand ist vom eingehenden Antragsvolumen abhängig.

11. Wie viele Computer und Modems hat die Bundesprüfstelle, wie viele Anschlüsse an zumindest einem der verfügbaren Netzzugänge?

Zur Zeit verfügt die BPS über 15 PC und drei Netzzugänge.

13. Hält die Bundesregierung im Sinne eines effektiven Jugendschutzes Schritte für erforderlich, bei Tele- und Mediendiensten zu einer rechtlich eindeutigen Regelung zu kommen?

Im Rahmen des vom Deutschen Bundestag erteilten Evaluierungsauftrags zum IuKDG wird die Bundesregierung auch dazu Stellung nehmen, ob sich die Zuordnung von Informations- und Kommunikationsdiensten zu Telediensten und Mediendiensten in der Praxis bewährt und welcher Korrekturbedarf möglicherweise besteht.

14. Welche internationalen Regelungen sind nach Auffassung der Bundesregierung erforderlich zur Stärkung des Jugendschutzes, und

  • an welchen Initiativen ist die Bundesregierung beteiligt, und
  • welche Initiativen zum Jugendschutz hat sie auf
internationaler Ebene entwickelt?

Angesichts des grenzüberschreitenden Charakters des Internet hält die Bundesregierung die Schaffung weltweiter Mindeststandards zur wirksamen Bekämpfung jugendgefährdender Netzinhalte für erforderlich. Der freiwilligen Selbstkontrolle der Diensteanbieter, der Entwicklung von Filter- und Bewertungssystemen sowie der Stärkung der Medienkompetenz von Eltern, Lehrern und Kindern kommen dabei wichtige Funktionen zu.

-- Die Bundesregierung ist an allen europa- und weltweiten Initiativen der wichtigsten internationalen Organisationen zur Verbesserung des Jugendschutzes im Internet beteiligt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Aktivitäten der Europäischen Union (Entwurf einer Empfehlung des Rates "Jugendschutz und Schutz der Menschenwürde in den audiovisuellen und Informationsdiensten" sowie die Entscheidung des Rates über die Annahme eines mehrjährigen Aktionsplanes der Gemeinschaft zur Förderung der sicheren Nutzung des Internet) und der UNESCO (Forum "Infoethics 2").

-- Die Bundesregierung hat zur Begründung der internationalen Bemühungen zur Bekämpfung jugendgefährdender Inhalte im Internet wesentlich beigetragen. Die Bestimmungen des IuKDG zum Jugendschutz haben weltweit starke Beachtung gefunden und die Bundesregierung in die Lage versetzt, die bereits genannten Initiativen maßgeblich zu beeinflussen.

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 21. September 1998 übermittelt.

28.09.1998 nnnn

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 Letzte Änderung:
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