Tätigkeitsbericht 1998
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Dokument zum Jahresbericht 1998 des Berliner Datenschutzbeauftragten

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UNWIRKSAMKEIT VON EINWILLIGUNGEN IM KONTOERÖFFNUNGSANTRAG

(Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 26. Februar 1998- l U 171/96-)

 

In einem Kontoeröffnungsantrag enthaltene Einwilligungserklärungen, mit denen sich der Antragsteller damit einverstanden erklärt,

1. daß eine von der Bank beauftragte Stelle ihn zum Zwecke der Beratung im Rahmen der bestehenden Geschäftsbeziehung und auch zum Zweck der Werbung für Produkte der Bank und ihrer Kooperationspartner telefonisch anspricht;

2. daß die Bank neben den Daten, die sie nach BDSG verarbeiten darf, auch die in dem Antrag enthaltenen weiteren Daten über die finanziellen und persönlichen Verhältnisse im Rahmen des Bankvertrages erheben, verarbeiten und nutzen darf; sind unwirksam gemäß §§ 13, 9 AGBG.

(Nichtamtlicher Leitsatz)

Aus den Gründen:

Es ist davon auszugehen, daß es sich bei den genannten Klauseln um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, die gemäß §§ 13, 9 AGBG als unwirksam zu erachten sind, weil sie die Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Von AGB im Sinne von § 1 Abs.1 AGBG ist deshalb auszugehen, weil die optische und textliche Gestaltung der in Rede stehenden Klauseln für antragstellende Bankkunden nicht hinreichend erkennen lassen, daß der untere Teil auf Blatt 2 des Antragsformulars nicht Bestandteil des Kontoeröffnungsantrages und des zu schließenden Kontovertrages ist, sondern eine davon unabhängige einseitige Erklärung des Kunden, die freiwillig und zusätzlich erfolgt.

Da dem Kunden zum Zwecke des Abschlusses eines Kontovertrages ein Antragsformular vorgelegt wird, auf welchem mehr als nur eine Unterschriftsleistung vorgesehen ist, läßt sich die Gefahr nicht von der Hand weisen, daß insbesondere im Geschäftsverkehr nicht sehr bewanderte Kunden der Ansicht sind, daß der Vertrag nur wirksam werden kann, wenn das Antragsformular an allen vorgesehenen Stellen von ihm unterschrieben wird. Um dies auszuschließen, hätte es einer ordentlichen Trennung der Vertragsbestandteile von den davon unabhängigen sonstigen Erklärungen des Kunden und eines deutlichen Hinweises auf die Freiwilligkeit der im unteren Teil von Blatt 2 des Antragsformulars vorgesehenen Unterschriftsleistung bedurft, an dem es vorliegend fehlt. Ohne diesen Hinweis ist nicht erkennbar, daß die Beklagte dem Kunden den unteren Textteil zur freien Disposition stellt und ihm insoweit Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt. Ein Aushandeln i. S. v. § 1 Abs. 2 AGBG ist daher zu verneinen.

Die Beklagte kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß etwa 2/3 ihrer Kunden die Unterschrift unter dem unteren Textteil verweigert hätten und daß dies als Beleg für eine hinreichend verdeutlichte Wahlmöglichkeit des Kunden gelten müsse, die Unterschrift unter dem unteren Teil bei gleichwohl wirksamer Antragsstellung verweigern zu können. Denn dies kann für das verbliebene Drittel der Kunden nicht, jedenfalls nicht durchgängig, angenommen werden, so daß die vorbezeichnete Gefahr insoweit nicht als ausgeschlossen erachtet werden kann, was gleichermaßen für künftige Antragsteller gelten muß.

Die Berufung konnte jedoch bezüglich der Klausel Nr. 1 insoweit keinen Erfolg haben, als diese das Einverständnis des Antragstellers damit betrifft, daß die Beklagte selbst ihn telefonisch zum Zwecke der Beratung anspricht. Es ist nicht ersichtlich, daß eine solche im Rahmen des antragsgegenständlichen Kontovertrages erfolgende telefonische Beratung eine unangemessene Benachteiligung des Kunden i. S. v. § 9 darstellt.

Demgegenüber ist der Klausel insoweit wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG die Wirksamkeit zu versagen, als die Telefonberatung auch durch eine von der Beklagten beauftragte Stelle vorgesehen wird und vom antragstellenden Kunden zu sanktionieren ist.

Zwar dürfte es nahe liegen, daß mit der Formulierung "eine von der Beklagten beauftragte Stelle 1 gemeint ist, daß es sich dabei um eine von der Beklagten zu deren Vertretung autorisierte Stelle handeln soll. Davon kann jedoch aufgrund der zu Gebote stehenden kundenfeindlichsten Auslegung nicht ausgegangen werden. Danach besteht mangels konkreter Bezeichnung der in Betracht kommenden Stelle auch insoweit die Gefahr einer sachfremden und ausufernden Telefonwerbung durch Anbieter anderer Produkte und einer daraus resultierenden unangemessenen Benachteiligung des Kunden i. S. v. § 9 AGBG, dessen Interesse auf eine sachnahe Beratung im Rahmen des bestehenden Rechtsverhältnisses beschränkt ist, wenn er den in Rede stehenden Formularantrag auf Eröffnung eines Einzelkontos bei der Beklagten stellt.

Aus diesem Grunde ist auch Satz 2 der Klausel Nr. l wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG als unzulässig zu erachten. Denn es läuft der Interessenlage des Kunden ebenso zuwider, daß er einer ausufernden Telefonwerbung ausgesetzt sein soll, die über die antragsgemäße Geschäftsverbindung mit der Beklagten, den Kontovertrag, hinausgeht und andere Produkte der Bank und ihrer Kooperationspartner betrifft. Zwar mag es Fälle geben, bei denen es im Interesse des Kunden liegt, eine Telefonberatung der Beklagten für über seinen Kontovertrag hinausgehende, für ihn interessante anderweitige Produkte der Beklagten geboten zu bekommen. Aber auch insoweit gilt, daß diese Möglichkeit wegen des Gebots der kundenfeindlichsten Auslegung bei der rechtlichen Beurteilung des klägerischen Unterlassungsbegehrens außer Betracht bleiben muß. Nach dieser Maßgabe ist aus den vorbezeichneten Gründen von einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden durch die Klauselverwendung auszugehen.

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Klausel Nr. 2 wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG als unwirksam anzusehen, weil mit deren Verwendung in AGB eine unangemessene Benachteiligung des Kunden verbunden ist.

Diese ist schon deshalb anzunehmen, weil für die über die Erlaubnistatbestände der §§ 28, 29 BDSG hinausgehende beabsichtigte Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der im Antrag enthaltenen weiteren persönlichen Kundendaten die gemäß § 4 Abs. 2 BDSG erforderliche Zweckangabe fehlt, die sich überdies im Rahmen des Kontovertrages und seiner Erfordernisse einer vertragsgerechten Handhabung halten müßte. Daß dies mit der Formulierung "im Rahmen des Bankvertrages" gewährleistet ist, erscheint als äußerst zweifelhaft und kann jedenfalls nach dem gebotenen Prüfüngsmaßstab der kundenfeindlichsten Auslegung nicht angenommen werden.

Dagegen spricht ganz wesentlich, daß die in der Klausel vorgesehene Verarbeitung der weiteren persönlichen Kundendaten gemäß § 3 Abs. 5 BDSG zugleich die Berechtigung zur Übermittlung der erhobenen Daten an Dritte mit umfaßt, bei denen es sich somit auch um Kooperationspartner der Beklagten sowie um sonstige Drittunternehmen handeln kann, die in keiner Weise im Zusammenhang mit der beantragten Kontoeröffnung und des sich daraus ergebenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Kunden und der Beklagten stehen. Daher ist nach der Interessenlage des Kunden der Beklagten nicht anzunehmen, daß eine solche Weiterleitung seiner im Antrag enthaltenen weiteren persönlichen Angaben an außerhalb seines Vertragsverhältnisses zur Beklagten stehende unbeteiligte Dritte stattfinden kann.

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 Letzte Änderung:
 am 17.03.1999
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