4.5.1 Wissenschaft und ForschungSchnellerer Zugang zu Bits, Bytes und Büchern
Immer mehr Studenten, aber auch Mitarbeiter der Universitäten und Hochschulen möchten die Angebote der zentralen Hochschuleinrichtungen zum Zugang zu Informationen nutzen. Wollte in der Vergangenheit ein Student die Zentraleinrichtung Datenverarbeitung der Freien Universität (ZEDAT) nutzen, so hatte er sich unter Vorlage seines Studentenausweises nach Ausfüllen eines Formulars anzumelden. Der Zugang zu diesen technischen Einrichtungen, insbesondere auch zum Internet blieb ihm eine Zeit lang verwehrt, bis geprüft war, ob der Student auch tatsächlich an der Universität eingeschrieben war. Durch die starke Zunahme der Anmeldungen war es auch erforderlich, zu Beginn jedes Semesters zu überprüfen, ob sich unter den eingetragenen Nutzern Personen befanden, die nicht mehr als Mitglieder der Hochschule eingeschrieben waren. Die ZEDAT bat uns zu prüfen, ob es möglich wäre, daß die Zentrale Universitätsverwaltung jeweils einen aktuellen Datenbestand aller immatrikulierten Studenten zur Verfügung stellen könnte.Die datenschutzrechtlichen Regelungen des Berliner Hochschulgesetzes erlauben es zwar, den Namen und die Anschrift eines Studenten oder Mitarbeiters an Zentraleinrichtungen zu übermitteln, die Nutzung der Matrikelnummer für diesen Zweck ist aber zunächst nur auf Grundlage der Einwilligung der Studenten zulässig. Ein ähnliches Problem stellte sich auch für die Universitätsbibliothek. Eine Problemlösung zeichnet das Berliner Hochschulgesetz vor. Danach werden die Hochschulen ermächtigt, durch Satzung die Befugnis zur Verarbeitung weiterer personenbezogener Daten von Hochschulangehörigen zu schaffen. Diese Befugnis gilt explizit auch für die Besonderheiten bei der Benutzung der Hochschuleinrichtungen. Der Akademische Senat der Freien Universität beschloß Anfang 1997 eine entsprechende Satzung, nach der eine Übermittlung der Daten aller Universitätsangehörigen an die ZEDAT und die Universitätsbibliothek erlaubt wurde. Diese Regelung bringt durch die festgeschriebenen Nutzungsmöglichkeiten keine datenschutzrechtlichen Nachteile für die Betroffenen mit sich, grenzt den Mißbrauch durch Nichtberechtigte ein und erlaubt den Hochschulangehörigen unmittelbar nach Anmeldung die Nutzung der zentralen Einrichtungen. Abfrage von Prüfungsergebnissen telefonisch und übers Internet?
Manches Prüfungsamt an den Hochschulen ist stark gefordert, wenn eine große Zahl von Studenten gleichzeitig die Ergebnisse ihrer Prüfungen erfahren möchte. Dazu werden in den Prüfungsämtern Listen mit den Prüfungsergebnissen ausgelegt. Diese Listen enthalten aber nicht den Namen, sondern lediglich die Matrikelnummer und die entsprechenden Noten. Um den Studenten einen vereinfachten Zugang zu diesen Informationen zu ermöglichen, entstand die Idee, eine automatisierte telefonische Auskunft zu installieren. Der interessierte Student wählt eine bestimmte Telefonnummer und wird aufgefordert, auf der Tastatur des Telefonapparats die Matrikelnummer und eine Codenummer für das Fach einzugeben. Selbstverständlich erfolgt die akustische Auskunft wieder ohne Nennung des Namens.In dieser Form, so stellten wir fest, überschreitet das Auskunftssystem nicht die bislang auf den Listen verfügbaren Informationen an die Studierenden. Etwas anders gestaltete sich die Problematik, als von einem Fachbereich ein Konzept entwickelt wurde, ähnlich des telefonischen Voicesystems die Möglichkeiten des Internets für die Notenauskunft zu nutzen. Durch eine Internetabrufmöglichkeit sahen wir die Gefahr, daß der bisherige Stand der Öffentlichkeit der Angaben unverhältnismäßig ausgeweitet wird. Wenn wie bisher die Listen ausgehängt werden, so können diese wiederum nur in der Universität selbst eingesehen werden. Die telefonische Auskunft ist zwar von jedem Ort aus abrufbar, doch setzt sie die Kenntnis der Telefonnummer und der Codenummer des Fachs sowie die entsprechend richtige Matrikelnummer voraus. Um einen unberechtigten Zugriff auf ein derartiges Auskunftssystem über das Internet einzuschränken, empfahlen wir verschiedene Möglichkeiten, die gegenwärtig noch geprüft werden. Eine Möglichkeit ist eine Beschränkung der IP-Adressen. Dies würde die Abfragemöglichkeiten der Studenten von zu Hause aus einschränken, entspräche aber dem bisher in den Räumen der Universität erfolgenden Aushang. Ein solches System würde relativ unflexibel bei den häufigen Veränderungen der zugriffsbefugten Geräte reagieren. Des weiteren wäre zu prüfen, ob eine Speicherung der Daten beim Abrufenden verhindert bzw. ein Ausdruck dieser Daten erschwert werden kann. Würde man beispielsweise die Anzahl der Zugriffe beschränken, so wäre eine zusätzliche Sicherheit gegen "Hacker" gegeben. Außerdem empfahlen wir zu prüfen, ob die im Antwortfeld angegebene Matrikelnummer nicht in der eingegebenen Form, sondern um einige Stellen gekürzt wiedergegeben werden sollte.
An verschiedenen deutschen Hochschulen werden derzeit Versuche durchgeführt, Studentenausweise als multifunktionale Chipkarten auszugeben. In Berlin beschäftigen sich viele Hochschulen mit der Frage, ob mit dem Chip im Studentenausweis Kosten eingespart und Verwaltungsaufwand reduziert werden können. Auch für die Studenten soll die Karte viele Erleichterungen im Kontakt mit der Hochschulverwaltung oder bei der Inanspruchnahme von Dienstleisteungen erbringen.Unter Federführung der Technischen Fachhochschule, die bereits 1998 die Erprobung der Chipkarte in Studentenhand beginnen will, und unter Mitwirkung eines Berliner Systemhauses, mühen sich die drei Universitäten sowie einige weitere Hoch- und Fachhochschulen mit unterschiedlicher Intensität, in anderen Bundesländern erprobte Konzepte zu übertragen. Dabei wird an folgende Funktionsbereiche gedacht:
Die Funktionsbereiche können - abhängig von der Flexibilität der gewählten Chipkartentechnologie und den rechtlichen Rahmenbedingungen - beliebig erweitert werden. Für Berlin wird eine einheitliche Lösung angestrebt, die nach der Erprobung für die hoheitlichen Aufgaben der Hochschulverwaltung für die Studenten verbindlich eingeführt werden soll. Wir haben, in den ersten Beratungsgesprächen deutlich gemacht, daß der verbindliche Einsatz von Chipkarten im hoheitlichen Bereich nach § 6Abs.1 BlnDSG auf einer expliziten Rechtsgrundlage beruhen muß. Dies gilt auch dann, wenn prinzipiell nicht mehr Daten verarbeitet werden sollen. Jedoch findet im Vergleich zu vorher eine völlig andersartige Verarbeitung mit einer Technologie statt, die überdies neuartige datenschutzrechtliche Risiken aufwirft. Diese Verarbeitungsform ist durch die Rechtsgrundlagen für die bisherige Verarbeitung personenbezogener Daten der Studenten nicht mehr gedeckt. Selbstverständlich muß eine solche multifunktionale Chipkartenanwendung auch höchsten Sicherheitsanspüchen genügen. Wir werden daher das zu noch zu entwickelnde Sicherheitskonzept genau daraufhin überprüfen, ob es den Mindestanforderungen zur informationstechnischen Sicherheit bei Chipkarten entspricht, die die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bereits im Dezember 1996 aufgestellt hat (Anforderungen zur informationstechnischen Sicherheit bei Chipkarten). Unter der Überschrift "Datenschutz als Sündenbock beliebt, aber ungeeignet" nahmen wir im Jahresbericht 1996 grundsätzlich zu den Auffassungen über angebliche Behinderungen oder Blockaden der Forschung durch den Datenschutz Stellung (vgl. JB 1996, 4.5.1.). Im vergangenen Jahr wurde die Diskussion mit der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften fortgesetzt. Ein zentrales Problem der Diskussion zwischen Vertretern der Forschung und der Datenschutzbehörden von Bund und Ländern im Juli 1997 war das Verhältnis von Einwilligungserklärungen der Betroffenen auf der einen Seite und Zweckbindungsgebot sowie Löschungsregeln auf Seiten der Forschung. Es war zu klären, inwieweit personenbezogene Daten, die aufgrund einer Einwilligungserklärung der Betroffenen erhoben werden, zu einem späteren Zeitpunkt und nach ihrer Anonymisierung für ein nicht durch die Einwilligung gedecktes Projekt beispielsweise für eine Anschlußstudie verwendet werden dürfen. Auch wurde diskutiert, ob Daten nach einer hinreichenden Anonymisierung für eine weitere Speicherung und wissenschaftliche Auswertung genutzt werden dürfen und eine Löschung dadurch ersetzt werden kann. Entscheidend ist hierbei, ob bei kleinen Fallzahlen und umfangreichen über den Betroffenen erhobenen Daten die verfassungsrechtlichen Ansprüche an eine hinreichende Anonymisierung umgesetzt werden können. Diese Diskussion ist noch nicht abgeschlossen und wird 1998 fortgesetzt. In Berlin haben wir nicht festgestellt, daß die hier tätigen Forscher hinsichtlich des Datenschutzes ein Feindbild kultiviert hätten. Im vergangenen Jahr suchte wiederum eine Vielzahl von Wissenschaftlern unsere Behörde auf und bat um datenschutzrechtliche Beratung zu ihren häufig sehr komplex angelegten Forschungsprojekten. An den nachfolgenden Beispielen soll verdeutlicht werden, daß es sehr wohl möglich ist, auch bei komplizierten Forschungsvorhaben die legitimen Interessen der Betroffenen, insbesondere ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Wünsche der Wissenschaftler nach Datenzugang und freier Forschung durch im Einzelfall häufig sehr unterschiedliche Verfahren zum Ausgleich zu bringen.
Im Jahre 1976 befragte eine Forschergruppe der Freien Universität Berlin fast 400 Strafgefangene in Berliner Justizvollzugsanstalten. Die damalige Untersuchung lieferte wertvolle Erkenntnisse über subjektive Ursachenkonstellationen einer kriminellen Entwicklung und zu persönlichen Einstellungen und Zukunftsabsichten (vgl. JB 1981, 2.7 und JB 1982, 4.1). Es wurde der Wunsch an uns herangetragen zu prüfen, unter welchen Bedingungen es möglich ist, die weiteren Lebensverläufe der seinerzeit Befragten, insbesondere eine mögliche "kriminelle Karriere" der letzten 20 Jahre nachzuzeichnen. Zu diesem Zweck erteilte die Senatsverwaltung für Justiz die Genehmigung, nach Bestimmung dieser Personen die Haftunterlagen, insbesondere die Gefangenenpersonalakten der Betroffenen, so sie im weiteren Verlauf ihres Lebens in Berlin inhaftiert waren, nach bestimmten Kriterien durchzusehen.Wir empfahlen dazu, einen standardisierten Erhebungsbogen zu entwickeln, der schon einen hohen Anonymisierungsgrad aufwies. Gesondert davon wurden die unmittelbar auf die Person zeigenden Daten erhoben. In einem zweiten Schritt baten die Wissenschaftler die Dienststelle des Bundeszentralregisters um eine unbeschränkte Auskunft zu wissenschaftlichen Zwecken nach dem Bundeszentralregistergesetz. Auch für diesen Arbeitsschritt unterbreiteten wir Vorschläge, um eine zügige und sichere, jegliche unberechtigte Einsichtnahme ausschließende Verfahrensweise zu finden. Im weiteren gingen die Wissenschaftler der Frage nach, warum für eine recht große Anzahl der Betroffenen kein Bundeszentralregisterauszug mehr vorliegt. Sie beantragten für diese Personen eine Auskunft aus dem Melderegister und erfuhren so, daß ca. 15 % der Probanden zwischenzeitlich in einem Alter, das nur etwa 50 % der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung entspricht, verstorben waren. Resultierend aus der Brisanz dieser Datenerhebung haben wir bereits mehrfach sowohl die datenschutzrechtlichen als auch technisch-organisatorischen Aspekte dieses Projekts geprüft. Dies betraf sowohl die Datenerhebung in der entsprechenden Justizvollzugsanstalt als auch den Sicherheitsstandard bei den auswertenden Forschern im Institut selbst.
Im Unterschied zu dem zuvor beschriebenen Forschungsprojekt, das vom Forschungsansatz her eine Einwilligung der Betroffenen ausschloß, beabsichtigte das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung eine komplexe Untersuchung mit Einwilligung der Betroffenen. Dabei sollten bestimmte Grundüberzeugungen von Schülern, ihre Auswirkungen auf die Schulleistung und ihre Freundschaften zu anderen Kindern untersucht werden. Im Rahmen dieses Projektes sollten sowohl die Kinder selbst als auch ihre Eltern befragt werden. Um die Auswirkungen auf die Schulleistungen zu analysieren, wurden auch die Lehrer gebeten, sich zu den Leistungen und Einstellungen sowie zum Verhalten der einzelnen Schüler zu äußern.Wir gaben den Wissenschaftlern eine Reihe von Hinweisen, die es erlaubten, auf den einzelnen Schüler bezogen, die Daten codiert, d.h. bei frühestmöglicher Löschung des Personenbezuges zusammenzuführen. Dieses Verfahren wurde den Eltern, von deren Einwilligung die Teilnahme der Schüler an diesem Projekt abhing, ausführlich dargelegt. Auf unsere Anregung hin gestalteten die Wissenschaftler die Erhebungsbögen so, daß sie unmittelbar nach der Datenerhebung eine Codierung vornehmen und die Namen sowie den Hinweis auf die einzelne Schule löschen können .
Insgesamt mit sechs Forschungsprojekten wandten sich Sexualwissenschaftler und Sexualmediziner der Charité zur Beratung an uns. Dabei sollten Frauen zu nachfolgenden Komplexen befragt werden:Das Gemeinsame dieser Projekte bestand darin, daß die Frauen auf Grundlage früherer Behandlungsunterlagen durch den behandelnden Arzt angeschrieben und um ihre Einwilligung zur Teilnahme am jeweiligen Forschungsprojekt gebeten wurden. Die Einwilligung umfaßte auch die Befugnis, an verschiedenen Stellen vorliegende Einzelangaben oder Laborergebnisse zum Zwecke der Untersuchung anonymisiert zusammenführen zu dürfen. Den Forschern war also vor Erteilung der Einwilligung weder der Name noch irgendein anderes Datum der betroffenen Frauen bekannt. Erst nach Eingang der Einwilligungserklärung wurden die Daten in einer anonymisierten Form zusammengefügt und ausgewertet. Jeglicher Personenbezug wurde dann gelöscht.
Eine datenschutzrechtlich interessante Lösung wurde bei einer Befragung Jugendlicher zur Drogenaffinität in der Techno-Party-Szene gefunden.Die Sozialwissenschaftler befragten vor Ort in den einzelnen Diskotheken die Jugendlichen. In diesem Zusammenhang baten sie die Jugendlichen um ihre Einwilligung für ein mögliches Interview. Es wurde eine Antwortkarte ausgegeben. Die Jugendlichen setzten ihre Personalien darauf und der Sozialwissenschaftler signierte den Antwortbogen mit einem Code, der auf der Antwortkarte wiederholt wurde. Die Personenbeziehbarkeit war hier nur solange gegeben, bis die Jugendlichen mit der von ihnen selbst ausgefüllten Karte um einen Interviewtermin gebeten wurden. Für diesen Termin stand es ihnen frei, zuzusagen oder ihre Einwilligung zu einem Interview zurückzuziehen, indem sie nicht erschienen. Ein Bezug zum Erhebungsort (d.h. zur einzelnen Diskothek) war damit weder notwendig noch möglich.
Aus Unachtsamkeit kann die zugesicherte Anonymität gefährdet werden.Die Hochschule eines anderen Bundeslandes führte im vergangenen Jahr eine Umfrage zur Nutzung von Telekommunikationsmedien in Berlin durch. Die Forscher erklärten, daß es sich dabei um eine anonyme Untersuchung handle. Zugleich schlugen sie aber vor, die anonymen Antwortbögen an die angegebene Faxnummer zu senden. Dabei wurde offenbar von den Forschern übersehen, daß regelmäßig die absendende Faxnummer, die bei privaten Anschlüssen häufig mit dem Namen versehen ist, im Fax-Ausdruck dem Empfänger mit übermittelt werden. Die eingangs den Wissenschaftlern versicherte Anonymität wird bei diesem Rücklaufverfahren ad absurdum geführt. Ein ähnliches Problem zeigte sich auch bei einem Projekt der Frauenforschung. Leider wurde im Begleitschreiben nicht darauf verwiesen, daß weder die zurückzusendenden Umschläge noch die Erhebungsbögen einen Hinweis auf die absendende Einrichtung enthalten sollten. DDR weiterhin Forschungsprojekt Im Jahresbericht 1996 (vgl. JB 1996, 3.2 legten wir die datenschutzrechtlichen Probleme eines Forschungsprojekts zur justitiellen Bewältigung der DDR-Vergangenheit dar. Zwischenzeitlich wurde für die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zur "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der Deutschen Einheit" ein umfangreiches Gutachten erstellt. Das bislang angewandte Verfahren der Anonymisierung hat sich bewährt. Es wurde, um künftige Forschungen zu erleichtern, um einen wichtigen Aspekt ergänzt. Die zum Zwecke der Anonymisierung erstellten Zwischenkopien werden nun nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen nach erfolgtem zweiten Kopieren vernichtet, sondern für die Nutzung bei künftigen Projekten der staatsanwaltschaftlichen Akte beigefügt. Auch der Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR im Land Berlin bemüht sich im Rahmen seiner Aufgabe zur Errichtung und Unterhaltung eines Dokumentations- und Ausstellungszentrums darum, durch Zeitzeugenbefragungen authentische Daten für die gegenwärtigen und künftigen Nutzungen zu speichern. Dies geschieht mit Einwilligung der Betroffenen. Um den Betroffenen jedoch die Tragweite ihrer Einwilligung klarzumachen, war es erforderlich, eine tiefgegliederte Einwilligungserklärung zu erarbeiten. Dabei ging es einmal um das Einverständnis in die Archivierung von Tonbändern bzw. abgeschriebenen Texten, aber auch um eine nichtanonymisierte Nutzung dieser Daten hinsichtlich des eigenen Namens, aber auch anderer vom Betroffenen genannten Namen. Der befragte Zeitzeuge kann sich entscheiden, ob er damit einverstanden ist, daß seine Angaben personenbezogen oder anonym zur Information der Öffentlichkeit und zur wissenschaftlichen Forschung genutzt werden können. Eine kommerzielle Nutzung dieser Unterlagen wird explizit ausgeschlossen. Ein anderer Aspekt der Beforschung der DDR-Vergangenheit zeigte sich bei einem Projekt der Hochschule eines anderen Bundeslandes zum Einfluß der Staatssicherheit auf ehemalige Bezirkszeitungen in der DDR. Von dieser Untersuchung war auch eine Zeitung aus Berlin betroffen. Das Projekt selbst wirft eine Reihe von Fragen zur wissenschaftlichen Nutzung und Veröffentlichung von Unterlagen der ehemaligen Staatssicherheit bei der "Gauck-Behörde" auf. Einer der Forscher, vormaliger Personalchef der ebenfalls untersuchten Zeitung aus Berlin, erhielt als Wissenschaftler Einsicht in die personenbezogenen Unterlagen gegenwärtiger und ehemaliger Mitarbeiter dieser Zeitungen. Dieser Zugang war ihm zuvor als Personalchef nicht zugänglich. Da dieses Forschungsprojekt mittlerweile auch zu personalrechtlichen Konsequenzen geführt hat, liegt die Vermutung nahe, daß unter dem Mantel wissenschaftlicher Forschung oder publizistischer Aufbereitung die vom Gesetzgeber im Stasi-Unterlagengesetz vorgesehene Beschränkung der Auskünfte für Mitarbeiter nicht-öffentlicher Stellen umgangen werden sollen. Immer wieder Unklarheiten beim Schülerbogen
Auf den Deckeln von Schülerbogen fanden wir u.a. folgende Eintragungen:Auf den Aktendeckeln haben diese Eintragungen nichts verloren. Der Schülerbogen ("die Schülerakte") ist eine Akte, in die neben Name, Anschrift sowie Angaben über die Erziehungsberechtigten die Schullaufbahn, Zeugnisabschriften, Empfehlungen zum Schulanfang, Oberschulempfehlungen oder Unterlagen über das Verhalten des Schülers einschließlich etwaiger Ordnungsmaßnahmen aufzunehmen sind. Ein Teil dieser Angaben wird unmittelbar auf dem Aktendeckel oder seinen Innenseiten aufgenommen. Darunter sind auch Vermerke über die "Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten, Jugendämtern, Jugendgesundheitsfürsorgestellen u. a. Behörden". Diese Vermerke können nicht wie ein etwaiger Briefwechsel oder auch Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen der Akte entnommen werden, da dieser Aktendeckel die Schüler über ihre gesamte Schulzeit - also ggf. bis zum Abitur - begleitet. Wenn hier also, wie aus den obigen Beispielen ersichtlich, in der Grundschule Vermerke vorgenommen werden, so sind sie nur schwer zu löschen. An den meisten Berliner Schulen wird daher hier nur vermerkt, daß ein Gespräch oder ein Kontakt stattgefunden hat, ohne den Inhalt darzulegen. Wenn dies erforderlich ist, wird dazu ein gesondertes Schriftstück angefertigt, das im Schülerbogen abgeheftet wird und dann bei Schulwechsel oder fehlender Erforderlichkeit entnommen und vernichtet werden kann. Doch wie ist mit den Daten zu verfahren, die, wenn nur von kurzer zeitlicher Bedeutung sind und unzulässigerweise auf dem Pappdeckel des Schülerbogens gespeichert wurden? Da der Schülerbogen selbst auch der Dokumentation des Schulwegverlaufs dient, kann er nicht einfach ausgetauscht und neu angelegt werden. Wir empfehlen daher, auf dem Aktendeckel die unzulässig gespeicherten oder nicht mehr erforderlichen Daten zu schwärzen und den alten Schülerbogen zu kopieren. Die Kopie wäre zu beglaubigen und dann in den neu anzulegenden Schülerbogen aufzunehmen. Der alte Aktendeckel kann dann vernichtet werden. Auch wenn dieses Verfahren sehr aufwendig ist, sehen wir keine andere Möglichkeit, diese unzulässigerweise sonst auf Dauer gespeicherten Daten zu löschen. In einem anderen Fall erhielten wir Kenntnis davon, daß im Schülerbogen selbst Schriftstücke aufgenommen und bei Schulwechsel der nachfolgenden Schule übermittelt wurden, die eine stigmatisierende Wirkung hatten. Diese Schriftstücke waren zum Teil den Eltern nicht bekannt. So wurde ohne Kenntnis der Eltern ein Gesprächsprotokoll verfaßt und der nachfolgenden Schule mit dem Schülerbogen zur Kenntnis gegeben. Damit wurde der Versuch gemacht, die Probleme, die gerade durch einen Schulwechsel und damit für das Kind durch einen Neuanfang gelöst werden sollten, an die neue Schule zu transportieren. Die betreffenden Unterlagen wurden auf unsere Hinweise hin an der neuen Schule aus dem Schulerbogen entfernt. Jeder Schulleiter ist periodisch und bei jedem Schulwechsel verpflichtet, vor der Weitergabe des Schülerbogens an die nachfolgende Schule diesen bezüglich der Erforderlichkeit der dort gespeicherten Daten zu überprüfen und nicht mehr erforderliche Unterlagen zu entnehmen und zu vernichten.
"Liebe Eltern,Mit dem Paßfoto werden personenbezogene Daten erhoben. Der Umfang der an Berliner Schulen zu erhebenden Daten ist im Schulgesetz und in der Schuldatenverordnung abschließend geregelt. Die Aufnahme eines Paßbildes in diese Datensammlungen ist nicht vorgesehen. Lediglich für Schülerausweise werden Lichtbilder benötigt, aber hier ist der Zweck gerade nicht die Beschulung des Kindes, sondern der Nachweis der Schülereigenschaft gegenüber Dritten. Des weiteren wird durch den Beschluß einer Gesamtkonferenz eine Erhebung personenbezogener Daten mit Auskunftspflicht keinesfalls legitimiert. Die Schulen haben keine Satzungsbefugnis wie beispielsweise die Hochschulen. Einige Monate zuvor erreichte uns eine Anfrage zu einem ähnlichen Projekt. Hier bestanden einige wesentliche Unterschiede. Die betreffende Schule hatte doppelt so viele, nämlich über 1.000 Schüler. Es war nicht vorgesehen, das Paßbild auf der Schülerkarteikarte oder anderen der Schulverwaltung dienenden Unterlagen zu speichern. Die Paßfotos sollten auf den Schülerleitbogen geklebt werden und damit nur den betreffenden Lehrern in der Jahrgangsleitung für die Arbeit im Kurssystem zur Verfügung stehen. Der wichtigste Unterschied ist, daß an dieser Schule die Paßfotos nur mit entsprechender schriftlicher Einwilligung erhoben und gespeichert werden sollten. Was Schulsekretärinnen dürfen und was nicht
Durch Anfrage erfuhren wir von einem Schreiben des Landesschulamtes, in dem festgestellt wird, daß zur Führung der Schülerbögen allein die zuständigen Klassenlehrer oder Tutoren und nicht die Schulsekretärinnen zu beauftragen sind. Dieses Schreiben führte in der praktischen Schulverwaltungsarbeit zu Irritationen. Es ist an vielen Schulen gängige Praxis, daß die Schulsekretärinnen die Schülerbögen eigenverantwortlich komplettieren, auf Richtigkeit durchsehen und dann entsprechend dem Schulleiter vorlegen.Die Schulsekretärin ist nach Schulverfassungsgesetz schulische Mitarbeiterin und der Schulleiter ist im Rahmen seiner Verwaltungsaufgaben ihr gegenüber, im Unterschied zu den Lehrern, weisungsberechtigt. Die Sicherstellung des Datenschutzes ist eine der Aufgaben des Schulleiters. Die Schulsekretärin ist bei ihrer Aufgabenerfüllung ausschließlich mit Verwaltungsaufgaben zu beauftragen, die sie entsprechend den Weisungen des Schulleiters erfüllt. Das Weisungsrecht des Schulleiters kann nicht delegiert werden, daraus ergibt sich, daß die Schulsekretärin "als verlängerter Arm des Schulleiters" tätig ist. Diese Konstellation schließt beispielsweise eine Bestellung der Schulsekretärin zur Schuldatenschutzbeauftragten aus. Gleichwohl dürfte aber ein Schulleiter, im Interesse einer rationellen Organisation der Verwaltungsaufgaben, die technisch-organisatorischen Arbeiten der Führung des Schülerbogens der Schulsekretärin übertragen können. Nach der Schuldatenverordnung kontrolliert der Schulleiter die Führung der Bögen. Der Lehrer bzw. ausnahmsweise auch der Schulleiter nimmt Eintragungen vor, die über einen längeren Zeitraum für die Unterrichts- und Erziehungsarbeit schriftlich festzuhalten sind. Solche Eintragungen sind individuell und haben eine pädagogische Qualität. Diese Eintragungen kann natürlich keine Schulsekretärin vornehmen. Die Anlage des Bogens und das Abheften bestimmter Unterlagen, wie der Zeugnisdurchschriften, können aber auf Weisung des Schulleiters von der Schulsekretärin vorgenommen werden. Es bestehen auch keine Bedenken, wenn der Schulleiter anweist, daß die Schulsekretärin die Schülerbögen nach bestimmten Kriterien durchsieht und Unterlagen markiert, die beispielsweise bei einem Schulwechsel für die Löschung entnommen werden sollten. Die Entscheidung über die Löschung selbst trifft der zuständige Lehrer bzw. der Schulleiter. Wir baten das Landesschulamt um Stellungnahme, die auch in diesem Fall seit gut einem halben Jahr auf sich warten läßt.
Im Rahmen des Modellversuchs "Schule in erweiterter Verantwortung" haben zwei Schulen begonnen, ihren Schülerinnen und Schülern Bescheinigungen über die Teilnahme an einem besonderen Unterrichtsangebot auszustellen. Diese Bescheinigung enthält Noten für die Zuverlässigkeit, die Leistungsbereitschaft, die Sorgfalt, die Selbständigkeit, die Verantwortungsbereitschaft, die Teamfähigkeit und für die Umgangsformen. Auf dem Zeugnis ist vermerkt, daß es sich hierbei um eine inoffizielle Beurteilung handelt und die Noten subjektive Einschätzungen der Lehrer sind.Zunächst steht es zwar jedem Schüler frei, dieses Zweitzeugnis bei Bewerbungen zu nutzen. Dies trifft aber nur solange zu, wie das Projekt auf einzelne Schulen beschränkt und deshalb weniger bekannt ist. Solange dürften sich aus dem Fehlen des Zweitzeugnisses in den Bewerbungsunterlagen für die Bewerber keine nachteiligen Konsequenzen ergeben. Aus Presseberichten war zu entnehmen, daß bei der Bewerberauswahl dem Zweitzeugnis durchaus Bedeutung zugemessen wird. Für den einstellenden Betrieb ist die Note auf dem Zeugnis und damit auch auf einem Zweitzeugnis mangels anderer Einschätzungen ein objektives Merkmal, an dem er seine Bewerberauswahl ausrichten wird. Für die Schüler kann also der faktische Zwang entstehen, die Zweitzeugnisse den Bewerbungsunterlagen beizufügen, um keine Nachteile gegenüber Mitbewerbern auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Die Zweitbenotung kann somit trotz der erklärten "Unverbindlichkeit" für den einzelnen Schüler enorme Bedeutung gewinnen. Wir gaben zu bedenken, daß durch die Zweitzeugnisse eine schul- und datenschutzrechtliche Gemengelage zwischen dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, dem Persönlichkeitsrecht der Schüler und dem Elternrecht entsteht. Eine rechtliche Nachprüfbarkeit der Benotung ist für den betroffenen Schüler kaum möglich. Die Senatsschulverwaltung teilte uns auf eine entsprechende Anfrage mit, daß dieses Modellprojekt gegenwärtig noch kontrovers diskutiert wird und durch eine enge schulaufsichtliche Begleitung sichergestellt werden soll, daß die Erfahrungen dieses Projekts solide ausgewertet werden.
"Fragebogen-Skandal; Senat horcht die Eltern von Abc-Schützen aus". So und ähnlich war es im Frühjahr anläßlich der Einschulungsuntersuchungen in der Presse zu lesen. Erbost reagierten einige Eltern auf Fragebögen der Jugendgesundheitsdienste der Bezirke, in denen nach der Erwerbstätigkeit der Eltern, den Sorgerechtskonstellationen bis hin zur Zahl der Wohnräume in der Wohnung, der Heizungsart oder Angaben zu Feuchtigkeit und Schimmel in der Wohnung abgefragt wurden. Auch wurden viele Fragen zu früheren Erkrankungen der Kinder gestellt, was in der Natur der Sache bei Einschulungsuntersuchungen liegt.Wir stellten nach einer Befragung der 23 Bezirke fest, daß die Bezirksämter den Eltern anläßlich der Einschulungsuntersuchungen fünf verschiedene Fragebögen vorlegen. Gerade die auch inhaltlich stark differierenden Erhebungsbögen lassen den Schluß zu, daß die Datenerhebung erheblich verbessert werden muß. Zwar ist auf den meisten Bögen ein Hinweis auf die Freiwilligkeit gegeben, dieser sollte jedoch verdeutlicht werden. Auch war der Zweck, zu dem diese Daten erhoben werden sollen, und die Rechtsgrundlage nicht auf allen Bögen hinreichend benannt. Für die Schulreifeuntersuchung liegt die Zuständigkeit bei den bezirklichen Jugendgesundheitsdiensten. Die Fachaufsicht wird von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales ausgeübt. Um eine Klärung der Angelegenheit zu beschleunigen, erarbeiteten wir eine Synopse zum Inhalt der verschiedenen Erhebungsbögen und empfahlen unter Federführung der Fachaufsicht, eine Verständigung zwischen den Jugendgesundheitsdiensten noch rechtzeitig vor Beginn der Einschulungsuntersuchungen für das Schuljahr 1998/99 zu erreichen und sicherten unsere beratende Mitwirkung zu. Leider deutet sich an, daß auch die Schulreifeuntersuchungen im Frühjahr 1998 durch die Berliner Bezirke noch nicht mit einem abgestimmten, möglichst einheitlichen Datenerhebungsbogen durchgeführt werden können.
Kaum war aus der Senatsschulverwaltung zu vernehmen, daß die Ausführungsvorschriften zur Werbung an Schulen deutlich gelockert werden sollten, schon wurden mit Beginn des Schuljahres 1997/98 verschiedenste Unterlagen an Schulen verteilt. So verteilte ein Verlagsunternehmen ein "Verkehrsquiz für clevere Kinder". Die Rätsel waren einfach zu lösen, die Eltern brauchten "nur" ihre personenbezogenen Daten einzusetzen und ihre Zustimmung zum Erhalt eines kleinen Gewinns geben. Der Gewinn wird aber nur im Zusammenhang mit Werbegesprächen von Außendienstmitarbeitern übergeben.Eine Nutzungsbeschränkung der Adreßangaben einschließlich der Angaben zum Kind wird nicht erklärt, so daß hier eine Weitergabe der Angaben im Adreßhandel rechtlich zulässig wäre. Von den Außendienstmitarbeitern wurde die Schule gebeten, den Rücklauf der Karten von den Eltern selbst zu organisieren und die Karten in der Schule zu sammeln. Die Antwortkarten mit den personenbezogenen Daten würden dann abgeholt werden. Der Schule wurde eine Vergütung dieser Leistung etwa in Höhe der eingesparten Portogebühren versprochen. Rechtlich betrachtet, stellt ein solches Verfahren eine Auftragsdatenverarbeitung durch die Schule als Auftragnehmer und den betreffenden Verlag als Auftraggeber dar. Bei dieser Rechtskonstruktion würde die Schule als öffentliche Stelle im Auftrag Privater tätig werden und die Schulpflicht zur Erhebung und Veräußerung personenbezogener Daten nutzen. Wir teilten der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport mit, daß ein solches Vorgehen zu beanstanden wäre. Der betroffene Schulleiter hat sich im übrigen durch die versprochene Belohnung nicht in Versuchung bringen lassen und diese Datenerhebung im Auftrag des Verlages abgelehnt. 4.5.3 StatistikZensus oder Volkszählung 2001? Bei Erscheinen dieses Jahresberichtes hat die Amtliche Statistik noch eine Frist von drei Jahren zur Vorbereitung der für das Jahr 2001 geplanten Volkszählung. Im Jahresbericht 1996 (vgl. JB 1996, 4.5.3) skizzierten wir das Grundproblem: Einerseits scheint eine Volkszählung nach herkömmlichem Muster sowohl aus Kostengründen als auch aus Gründen der mangelnden Akzeptanz der Betroffenen auszuscheiden, andererseits wurden mögliche Verfahren zur Nutzung vorhandener Register für statistische Auszählungen noch nicht hinreichend erprobt. Nach wie vor ist die Diskussion über das "wie" eines Zensus auf der Grundlage von Registerauszählungen nicht abgeschlossen. Eine Entscheidung der Europäischen Union, insbesondere durch den Erlaß einer Richtlinie oder Empfehlung, in der die zulässigen Methoden für den Zensus 2001 festgeschrieben werden, steht ebenfalls noch aus. Das Statistische Bundesamt hat ein sogenanntes Bundesmodell für den gemeinschaftsweiten Zensus 2001 entwickelt. Mit diesem Modell wird versucht, den Datenanforderungen der Europäischen Union durch Auswertung verschiedener Datenbasen gerecht zu werden. Grunddaten zur Bevölkerung (Alter, Geschlecht, Familienstand, Staatsangehörigkeit, Geburtsort und -land sowie Haupt- und Nebenwohnung) sollen für die gesamte Bevölkerung in tiefer regionaler Gliederung durch Auswertung aus dem Melderegister bereitgestellt werden. Die Daten zur Erwerbstätigkeit zusammenzutragen, gestaltet sich schwieriger. Als Datenquelle wurden die Datenbestände der Bundesanstalt für Arbeit ausgemacht, in denen etwa 85 % aller Erwerbstätigen in tiefer sachlicher und regionaler Gliederung gespeichert sind. Diese Daten sollen für die Beamten durch die Auswertung der Personalstandsstatistik ergänzt werden. Für die Anzahl und Struktur der selbständigen und mithelfenden Familienangehörigen verbleibt nur die Methode der Schätzung, so daß hier Zahlen lediglich bis auf Kreisebene gewonnen werden könnten. Daten zum Pendlerverhalten, aber ohne Angabe der genutzten Verkehrsmittel, könnten wiederum aus den Datenbeständen der Beschäftigtenstatistik erzeugt werden. Die weiteren Merkmale zur Erwerbstätigkeit, zum Wohnen, zur Bildung und zur Struktur der Haushalte müßte dann durch Hochrechnung auf Grundlage der Einprozent-Stichprobe des Mikrozensus ergänzt werden. Damit ist auch für jeden Außenstehenden nachvollziehbar, daß die Statistiker in der zur Verfügung stehenden Zeit bei der Bereinigung von Registerfehlern und dem Konzipieren der Auswertungen noch große Probleme zu lösen haben. Im Unterschied zur konventionellen Volkszählung, in der für jeden Betroffenen auf einem recht kurzen Erhebungsbogen demographische Daten, Daten zur Erwerbstätigkeit, zum Pendlerverhalten, zu Bildung, aber auch zur Struktur der Haushalte sowie zu den Einkommens- und Wohnverhältnissen erhoben werden, stehen hier in der Auswertung verschiedenste Daten nebeneinander, die ohne ein "einheitliches Personenkennzeichen" kaum kleinregional bzw. in einer entsprechenden Strukturtiefe auszuwerten sein dürften. Bei einer konventionellen Volkszählung ist ein Verknüpfungsmerkmal nicht erforderlich und die Anonymisierung der Einzeldaten kann zügig erfolgen. Sollen aber beispielsweise auch die Beschäftigtendaten nach demographischen Strukturangaben ausgewertet werden, wäre eine Verknüpfung des Datenbestandes der Bundesanstalt für Arbeit und der Personalstandsstatistik für die Beamten mit den Melderegisterdaten aus statistischer Sicht wünschenswert. Daher verstärken sich in der letzten Zeit Forderungen, wenn auch nicht für den Zensus 2001, dann doch für spätere statistische Zählungen, die Möglichkeiten einer Registerverknüpfung zu prüfen. Im Volkszählungsurteil von 1983 (BVerfGE 65, 56) hat das Bundesverfassungsgericht in diesem Zusammenhang formuliert: "Auch die Übernahme sämtlicher Daten aus bereits vorhandenen Dateien der Verwaltung ist keine zulässige Alternative zur vorgesehenen Totalzählung. Denn die Nutzung von Daten aus verschiedenen Registern und Dateien würde voraussetzen, daß technische, organisatorische und rechtliche Maßnahmen getroffen werden, die es erlauben, diese Daten, bezogen auf eine bestimmte Person oder Institution, zusammenzuführen. Eine solche Maßnahme wäre z. B. die Einführung eines einheitlichen, für alle Register und Dateien geltenden Personenkennzeichens ... Dies wäre aber gerade ein entscheidender Schritt, den einzelnen Bürger in seiner ganzen Persönlichkeit zu registrieren und katalogisieren. Die Verknüpfung vorhandener Dateien wäre danach auch nicht das mildere Mittel." Um die zu befürchtenden Datenlücken grob schließen zu können, haben Statistiker einzelner Bundesländer ein Ländermodell entwickelt. In diesem Modell ist vorgesehen, über eine Straßenschlüsseldatei sowohl Einwohnermelderegister als auch Datenerhebungen bei den Gebäudeeigentümern miteinander zu verbinden. Ein ergänzender Vorschlag sieht vor, aufgrund der Melderegisterdaten eine postalische Vollerhebung bei den Betroffenen durchzuführen, um so auf die einzelne Person bezogen Datensätze zu erhalten, die den Datenbedarf abdecken könnten. Eine solche postalische Erhebung würde zwar zusätzliche Kosten verursachen, jedoch nicht zu einer Vermengung von Daten des Verwaltungsvollzuges (Melderegister) und statistisch erhobenen Daten führen, wenn der Empfänger dieser Angaben allein das Statistische Landesamt wäre und eine Rückübermittlung an die Meldebehörden, wie dies bereits durch das Volkszählungsurteil ausgeschlossen wurde, unzulässig bleibt. Unabhängig von der nicht abgeschlossenen Diskussion zur Methodik des Zensus 2001 hat das Statistische Landesamt Schritte unternommen, die statistischen Auswertungen des Melderegisters weiter zu entwickeln. Durch eine Rechtsverordnung, die im Gefolge des Landesstatistikgesetzes erlassen wurde (ÜbermittlungsVO), ist rechtlich abgesichert, daß dem Statistische Landesamt monatlich anonymisierte Einzeldatensätze aus dem Melderegister übermittelt werden. Diese Einzeldatensätze beinhalten den Geburtstag, das Geschlecht, das Alter, den Familienstand, die Staatsangehörigkeit, die Religionszugehörigkeit, den Wahlausschluß, das Kennzeichen zur Erwerbstätigkeit sowie Zu- und Abgangsdaten einschließlich der Angaben über die Haupt- und Nebenwohnung. Als Hilfsmerkmale werden die Adreßdaten bereitgestellt. Aus diesen Daten lassen sich keine Informationen gewinnen, die Aufschluß über die Zugehörigkeit des Einzelnen zu bestimmten Haushalten oder Haushaltstypen erlauben. Daher beabsicht das Statistische Landesamt im Rahmen rechtlich zulässiger Testarbeiten zur Vorbereitung von Statistiken nach § 2 Abs.4 Landesstatistikgesetz i.V.m. § 3 Abs.1 Bundesstatistikgesetz auf Grundlage eines in Baden-Württemberg entwickelten Verfahrens über Namensgleichheiten und andere im Melderegister verzeichnete Daten Haushaltszusammenhänge statistisch abzubilden. Wir prüften die rechtliche Zulässigkeit und kamen zu dem Schluß, daß eine solche Aufbereitung zu dem Zweck "Erprobung neuer statistischer Methoden" unter bestimmten Bedingungen zulässig ist. Eine dieser Bedingungen ist, daß für diesen Test keine flächendeckenden Daten für Berlin, sondern nur die ausgewählter Gebiete aufbereitet werden dürften. Sollte sich diese Methode für statistische Zwecke bewähren, wäre die Übermittlungsverordnung entsprechend zu ergänzen. Die alljährlich im Mai durchgeführte "kleine Volkszählung", der Mikrozenus, führt auch bei uns immer wieder zur einer Vielzahl von Anfragen bezüglich der Rechtmäßigkeit und des Verfahrens der Datenerhebung. Diese Anfragen bieten uns wiederum Gelegenheit zu prüfen, ob das Statistische Landesamt und seine Interviewer die rechtlichen Vorschriften einhalten. So, wie die gesamte Berliner Verwaltung, ist auch das Statistische Landesamt gefordert, Möglichkeiten zur Einsparung ausfindig zu machen. Jährlich werden bei der Mikrozensuserhebung den Betroffenen mit der Ankündigung der Interviewer eine Reihe von Unterlagen zur Information in den Briefkasten gesteckt. So wurde angeregt, bei den Wiederholungsbefragungen im zweiten, dritten und vierten Jahr auf einige dieser Unterlagen, die bereits bei der Erstbefragung übergeben wurden, zu verzichten. Nach der Regelung des § 17 Bundesstatistikgesetz sind die Befragten schriftlich über den Zweck, die Art und den Umfang der statistischen Erhebung und weitere Aspekte des Verfahrens einschließlich ihrer Rechte und Pflichten zu informieren. Zwar war vorgesehen, weiterhin den Betroffenen den Gesetzestext beizulegen, jedoch sollten die erläuternden Schreiben eingespart werden. Wir empfahlen im Interesse einer hohen Akzeptanz, insbesondere bei Erhebungen mit Auskunftspflicht eindeutige und wenig juristisch und akademisch formulierte Erläuterungen den Betroffenen zuzusenden. Insbesondere nach Ablauf von zwei bis drei Jahren kann nicht mehr bei den Betroffenen vorausgesetzt werden, daß sie die Information der Vorjahre noch kennen oder aufbewahrt haben. Wir teilten dem Statistischen Landesamt mit, daß wir eine derartige Einsparungsmaßnahme auch rechtlich nicht für zulässig halten. Nicht erst im Zusammenhang mit dem für 2001 angestrebten Zensus wird das "Gebäude" der Amtlichen Statistik einer Revision unterzogen. Die Bundesstatistik als Ganzes wird durch vielfältige Initiativen einem Einspardruck ausgesetzt. Daß Sparvorschläge nicht nur Streichungen und Qualitätsverschlechterungen mit sich bringen müssen, zeigen die Veränderungen bei der für 1998 vorgesehenen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS). Die EVS wird auf freiwilliger Grundlage in einem Abstand von 5 Jahren durchgeführt. Auch aus datenschutzrechtlicher Sicht sind Verbesserungen erkennbar. Es werden nicht mehr wie bisher über das gesamte Jahr über 70.000 Haushalte befragt, sondern jeweils nur 1/4 in jedem Quartal. Dies führt einerseits zur Entlastung der beteiligten Haushalte, aber auch zu einer wesentlich schnelleren Aufbereitung der Daten in den Statistischen Ämtern. Während bei der EVS 1993 nach den Vermögensverhältnissen der betreffenden Haushalte erst beim letzten Interview gefragt wurde, ist die Erhebung dieser Angaben für 1998 im ersten Interview vorgesehen. Das bisherige Verfahren löste einen zum Teil nicht unerheblichen Unmut der Betroffenen aus, da sie diesen Teil der Befragung bei der von ihnen gegebenen Einwilligung zur Teilnahme an der EVS nicht vorhersahen und andererseits ihre - wenn auch kleine - Vergütung für die Teilnahme an dieser Statistik nur erhalten konnten, wenn sie auch im letzten Interview diese mitunter heiklen Angaben machten. Erster Mietspiegel für die östlichen Bezirke Berlins
Im August des Berichtsjahres wurde der erste Mietspiegel für die Ostbezirke veröffentlicht. Als Datenbasis waren zunächst die Vermieter über die Vermieterverbände gebeten worden, möglichst maschinell Einzeldatensätze aus ihren Datenbeständen bereitzustellen. Um die Plausibilität dieser Angaben zur prüfen, befragten die Mieterverbände parallel und ebenfalls auf freiwilliger Grundlage Mieter. Dieses Verfahren führte zu einer breiten Datenbasis, so daß mehrere Hunderttausend Wohnungsdaten ausgewertet werden konnten.Die Erhebung bietet die Möglichkeit zu einer Angleichung und Zusammenführung des Mietspiegels Ost und des Mietspiegels West. Unsere Hinweise zur Gestaltung der Erhebungsbögen bei den Mietern als auch zur Anonymisierung der Einzelangaben wurden berücksichtigt, so daß der Datenbestand in seiner anonymisierten Form als eine Grundlage für künftige Mietspiegel mit genutzt werden kann. Damit stehen für künftige Stichprobenverfahren sowohl die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung der Amtlichen Statistik aus dem Jahre 1995 als auch die Mietspiegelerhebung, mit der gut zwei Drittel des Ostberliner Wohnungsbestandes erfaßt wurden, zur Verfügung. Eine personen-, wohnungs- oder adreßbezogene Nutzung sowohl der Daten des Statistischen Landesamt als auch des Mietspiegels ist durch die Anonymisierungsmaßnahmen einerseits und durch die beschränkte Einwilligung der Betroffenen andererseits ausgeschlossen worden. Die Erhebung zu dem 1998 zu veröffentlichenden Mietspiegel für die Westbezirke Berlins konnte ohne Datenschutzprobleme abgeschlossen werden, und der nächste Mietspiegel für die Ostberliner Bezirke befindet sich in der Vorbereitungsphase. Ein Festschreiben der Methodik für einen Mietspiegel in einer bundes- oder landesrechtlichen Vorschrift wäre aus unserer Sicht zu begrüßen. Dies würde auch die Möglichkeit bieten, durch Rechtsvorschrift die Ergebnisse des Mietspiegels gerichtsfest gegen Deanonymisierungsversuche zu schützen. Im Jahre 1997 wurde versucht, auf dem Klageweg Einzeldaten, die zur Erstellung eines Mietspiegels genutzt wurden, zu deanonymisieren und deren Herausgabe zu erzwingen. In unserer diesbezüglicher Stellungnahme konnten wir aber feststellen, daß durch die Einwilligungserklärung der Betroffenen ein solches Verfahren ausgeschlossen ist. |
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