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Gemeinsames Rundschreiben der Senatsverwaltungen
für Gesundheit und Soziales,
für Schule, Jugend und Sport und
für Inneres
An die Bezirksämter von Berlin
die Sonderbehörden
nachrichtlich an
den Berliner Datenschutzbeauftragten
Rundschreiben
über die Übermittlung von Sozialdaten
gemäß §§ 68 ff. SGB X
Vom 14. Februar 1997
SenGesSoz - l A (behördl.DSB)
SenSchulJugSport - V A 4 / DSB
SenInn III B 1
I. Allgemeines zur Übermittlung von Sozialdaten
- Auskünfte darüber, ob eine Person Sozialleistungen bezieht, dürfen
- vom Behördenleiter,
- seinem allgemeinen Stellvertreter i.S. der §§ 68 Abs.2 und 72 Abs.2 Satz 3 SGB X,
- dem besonders Bevollmächtigten i.S. des § 68 Abs.2 SGB X erteilt werden, wenn die um Auskunft ersuchende Stelle einen Sachverhalt vorträgt, aufgrund dessen eine Übermittlung von Sozialdaten nach den Vorschriften der §§ 68 ff. SGB X erfolgen kann.
- Der zur Entscheidung über Auskunftsersuchen Bevollmächtigte ist den unter 11.1. genannten Stellen als Ansprechpartner zu benennen. Er führt in dieser Eigenschaft ein neutrales Stellenzeichen.
- Bei der Übermittlung von Sozialdaten ist sicherzustellen, daß Rückschlüsse auf ein konkretes Sozialleistungsverhältnis nicht möglich sind.
- Soweit Sozialdaten nicht oder nur mündlich übermittelt werden, ist hierüber ein Vermerk mit Begründung anzufertigen.
II. Übermittlungsbefugnisse nach § 68 SGB X
- Nach § 68 SGB X ist die Übermittlung von Sozialdaten ausschließlich zulässig an
- die Polizeibehörden,
- die Staatsanwaltschaften und Gerichte,
- die Behörden der Gefahrenabwehr und
- die Justizvollzugsanstalten zur Erfüllung ihrer Aufgaben
oder zur Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Vollstreckungsansprüche gem. § 66 SGB X in Höhe von mindestens 1.000.- DM.
- Nach § 68 Abs.1 SGB X dürfen übermittelt werden:
- Vor- und Familiennamen,
- Geburtsdatum und -ort,
- derzeitige Anschrift des Betroffenen,
- Namen und Anschriften der derzeitigen Arbeitgeber.
Als Anschrift gelten
- der Wohnsitz (§ 30 Abs.3 SGB I, §§ 16-18 Meldegesetz),
- der gewöhnliche Aufenthalt (§ 30 Abs.3 SGB I) oder
- der tatsächliche Aufenthalt von längerer Dauer, z.B. in Heimen und Anstalten sowie an anderen Orten des tatsächlichen Wohnens.
Der momentane oder wiederkehrende Aufenthalt in der Dienststelle eines Sozialleistungsträgers ist mitzuteilen, wenn ein Untersuchungs-, Vollstreckungs- oder Sicherungshaftbefehl oder ein Unterbringungsbefehl gegen den einer Straftat Beschuldigten oder Verurteilten vorgelegt wird. Der momentane Aufenthalt ist nicht mitzuteilen, wenn eine Vorführung angeordnet oder in Ordnungswidrigkeitenverfahren Erzwingungshaft nach § 96 OWiG angeordnet worden ist.
- Sozialdaten dürfen nicht übermittelt werden, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden (§ 68 Abs.1 Satz 1 SGB X). Bei der Prüfung der schutzwürdigen Belange des Betroffenen - dabei kann es sich um persönliche, soziale oder wirtschaftliche Gründe handeln - ist auf den Einzelfall abzustellen. Allein das Interesse, von Strafverfolgungsmaßnahmen verschont zu bleiben, ist nicht schutzwürdig.
- Die Übermittlung von Sozialdaten kann abgelehnt werden, wenn die Voraussetzungen des § 4 Abs.3 SGB X vorliegen, d.h.
- eine andere Behörde die Hilfe wesentlich einfacher oder mit wesentlich geringerem Aufwand leisten kann,
- die ersuchte Behörde die Hilfe nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand leisten könnte,
- die ersuchte Behörde unter Berücksichtigung der Aufgaben der ersuchenden Behörde durch die Übermittlung von Sozialdaten die Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben gefährden würde oder
- die ersuchende Behörde sich die Angaben auf andere Weise beschaffen kann (§ 68 Abs.1 Satz 2 SGB X). Die Einschränkung nach § 68 Abs.1 Satz 2 SGB X gilt nicht in Vollstreckungsangelegenheiten nach § 66 SGB X.
III. Übermittlungsbefugnisse nach § 69 Abs.1 Nr.2 i.V.m. Nr.1 SGB X
- Sozialleistungsträger sind berechtigt, von sich aus Sozialdaten über die in § 68 SGB X genannten Angaben hinaus an Strafverfolgungsbehörden zu übermitteln, soweit das für die Durchführung eines Strafverfahrens erforderlich ist, das die Sozialleistungsträger im Zusammenhang mit einer ihnen nach dem SGB obliegenden Aufgabe anstrengen wollen, insbesondere bei Sozialleistungsmißbrauch, Hausfriedensbruch in eigenen Räumlichkeiten, Sachbeschädigung in eigenen Einrichtungen, Körperverletzung an Beschäftigten der Sozialleistungsträger. Zu den gesetzlichen Aufgaben eines Sozialleistungsträgers gehört es auch, eine Strafanzeige zu erstatten, wenn Fälle betrügerischer Erlangung von Sozialhilfe bekanntwerden und ein solches Verhalten des Betroffenen auch künftig nicht ausgeschlossen werden kann.
- Leiten Strafverfolgungsbehörden Ermittlungsverfahren ein und suchen hierfür um Übermittlung von Sozialdaten nach, ist diesen Ersuchen nach Prüfung des Einzelfalles zu entsprechen, wenn die Sozialleistungsträger in Kenntnis dieses Sachverhaltes ebenfalls ein Strafverfahren im Zusammenhang mit einer ihnen nach dem SGB obliegenden Aufgabe angestrengt hätten (vgl. Nr.1).
- Für die Übermittlung im Rahmen des § 69 SGB X bedarf es keiner richterlichen Anordnung. Das Ergebnis der Ermessensprüfung ist aktenkundig zu machen.
IV. Übermittlungsbefugnisse an die Ausländerbehörde nach § 71 Abs.2 SGB X
Die Voraussetzungen für die Übermittlung von Sozialdaten an die Berliner Ausländerbehörde gem. § 71 Abs.2 SGB X i.V.m. § 76 Ausländergesetz sind in einem besonderen Rundschreiben vom 2.Januar 1997 geregelt.
V. Übermitttungsbefugnisse nach § 72 und § 73 SGB X
- § 72 SGB X ist ebenso wie § 73 SGB X gegenüber § 68 SGB X keine Spezialvorschrift. Die Vorschriften sind immer dann anzuwenden, wenn ein über § 68 SGB X hinausgehender Datenumfang gefordert wird. Die Interessen des Betroffenen bleiben hierbei unberücksichtigt.
- Nach § 73 Abs.1 SGB X ist die Übermittlung von Sozialdaten zur Durchführung eines Strafverfahrens wegen eines Verbrechens oder einer sonstigen Straftat von erheblicher Bedeutung nicht auf die in § 68 Abs.1 SGB X und § 73 Abs.2 SGB X genannten Angaben beschränkt.
- Für die erweiterte Möglichkeit der Übermittlung von Sozialdaten auf der Grundlage des § 73 SGB X bedarf es einer richterlichen Anordnung. An die Entscheidung des Gerichts sind die Sozialleistungsträger gebunden. Das betrifft auch die Bewertung, ob eine Straftat von erheblicher Bedeutung ist.
Im Auftrag, Friese
Im Auftrag, Ludewig
Im Auftrag, Fleck
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