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Anlage 5 zum Jahresbericht 1997

Gemeinsame Erklärung der Internationalen Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation vom 12.September 1997 zur Kryptographie

(Die französischen Mitglieder der Arbeitsgruppe haben an der Verabschiedung dieser Erklärung nicht teilgenommen. Die britische Datenschutzbeauftragte hat Vorbehalte gegen diese Erklärung.)

Der Schutz der persönlichen Kommunikation vor willkürlichen Eingriffen ist ein Menschenrecht (Art.12 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.Dezember 1948; Art.17 des Internationalen Paktes über Bürger- und politische Rechte; Art.8 der Europäischen Menschenrechtskonvention). In der Informationsgesellschaft, in der die Kommunikation überwiegend mit den Mitteln der Telekommunikation stattfindet, bedeutet dieses Recht, daß jeder einen Anspruch darauf hat, daß seine elektronisch übermittelten Mitteilungen vertraulich behandelt werden und kein Unbefugter den Inhalt wahrnehmen kann.

Auf Vorschlag der Internationalen Arbeitsgruppe Telekommunikation und Medien hat die 7.Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten auf ihrer Sitzung in Luxemburg am 26.September 1985 in einem Beschluß darauf hingewiesen, daß Integration und Digitalisierung die Gefahr des unbefugten Aufzeichnens und Auswertens der übermittelten Informationen erhöhen. Die 11.Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten hat auf ihrer Sitzung am 30.August 1989 in Berlin gefordert, Maßnahmen zur Datensicherung insbesondere gegen den Zugang nicht autorisierter Personen, die Manipulation, das Mithören und zur Gewährleistung der Authentizität des Senders auf höchstem technischen Niveau und zu akzeptablen Preisen anzubieten.

Das einzige diesen Anforderungen entsprechende Mittel ist die Verschlüsselung der Nachrichten. Das Angebot ausreichender Verschlüsselungsmethoden an die Teilnehmer der Telekommunikation ist damit eine elementare Forderung zur Sicherstellung des Datenschutzes. Es bildet darüber hinaus die Grundlage für datenschutzfreundliche Technologien. Für den Mobilfunk hat die 12.Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten auf ihrer Sitzung in Paris am 19.September 1990 gefordert, Netzbetreiber sollten verpflichtet sein, den Teilnehmern wirksame Verschlüsselungsverfahren anzubieten. Das Angebot einer end-to-end-Verschlüsselung war eine wesentliche Forderung der Datenschutzbeauftragten bei der Diskussion über den Entwurf einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union zum Schutz personenbezogener Daten und der Privatsphäre in öffentlichen digitalen Telekommunikationsnetzen.

Die Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation bekräftigt ihre Forderung, daß zur Sicherstellung der Vertraulichkeit jedem Teilnehmer elektronischer Telekommunikationsdienste ermöglicht werdenmuß, seine Nachrichten auf einem von ihm zu frei wählenden Niveau zu verschlüsseln.

Das in einigen Ländern erörterte Verbot der Verschlüsselung von Nachrichten widerspricht diesem Grundsatz. Es behindert die Bürger nicht nur bei der Wahrnehmung ihres Menschenrechts auf unbeobachtbare Kommunikation, sondern fördert den Mißbrauch der Telekommunikation für illegale Zwecke. Es kann von denjenigen, die über entsprechende technische und finanzielle Mittel verfügen, jederzeit umgangen werden, so daß ein Verbot nur den arglosen Bürger trifft.

Auch eine Beschränkung der Möglichkeiten zur Verschlüsselung zum Beispiel durch Lizensierung der erforderlichen Software hätte diesen Effekt. Sie ist aus den genannten Gründen insbesondere nicht geeignet, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen.

Die Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation hat Verständnis für die Bedürfnisse der Sicherheitsbehörden, bei der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung auch auf verschlüsselte Nachrichten zugreifen zu können. Die 14.Internationale Konferenz der Datenschutzbeauftragten in Sydney am 29.Oktober 1992 hat einen ausführlichen Bericht der Arbeitsgruppe über die Problematik des Zugriffs von Sicherheitsbehörden auf die Telekommunikation zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Konferenz stimmte darin überein, daß die technische und rechtliche Entwicklung im Bereich des Fernmeldegeheimnisses sorgfältig beobachtet werden muß, um die Privatsphäre des Einzelnen vor exzessiver Überwachung zu schützen.

Die Arbeitsgruppe bezweifelt, daß eine Regulierung der Verschlüsselung zugunsten der Sicherheitsbehörden einen angemessenen Beitrag zur Bekämpfung der schweren Kriminalität leisten kann. Für die Bekämpfung von Straftaten geringerer Schwere wäre ein Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis ohnehin unverhältnismäßig. Alle erörterten Modelle (Lizensierung der Software, Ex- und Importbeschränkungen, Schlüsselhinterlegung, hardwareseitige Hintertüren wie "clipper chip") führen zu einem schwächeren Schutz, da diese Lösungen auch unbefugt genutzt werden können. Die Durchsetzung gesetzlicher Verpflichtungen, nur bestimmte, lizensierte Schlüssel zu benutzen, würde das Verhältnis von genereller Vertraulichkeit und ausnahmsweise gesetzlich erlaubtem Zugriff umkehren. Da alle entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen mit ausreichenden technischen und finanziellen Mitteln (z.B. durch Verbergen der Verschlüsselung - Steganografie) umgangen werden können, würde dies zu einer unverhältnismäßigen und letztendlich nutzlosen Überwachung des Einzelnen führen. Daher gibt es einen Unterschied zwischen Eingiffen in traditionelle Formen der Korrespondenz und deren elektronischer Übertragung: Eingriffe in die erstgenannte Form der Kommunikation können legal sein, wenn es "... in einer demokratischen Gesellschaft zur Bekämpfung von Störungen der öffentlichen Ordnung und Verbrechen notwendig ist ..." (Art.8 Abs.2 Europäische Menschenrechtskonvention); Eingriffe in die elektronische Kommunikation zur Durchsetzung der Limitierung von krypografischen Methoden können zur Abschaffung vertraulicher elektronischer Kommunikation insgesamt führen.

Die Internationale Arbeitsgruppe zum Datenschutz in der Telekommunikation begrüßt sowohl die OECD-Leitlinien über Kryptographie-Politik vom 27.März 1997 als auch die Gemeinsame Erklärung der Europäischen Ministerkonferenz (Bonn, 6.-8.Juli 1997), in denen die Bedeutung vertrauenswürdiger kryptographischer Methoden zur Erreichung des Vertrauens der Benutzer in verläßliche Informations- und Kommunikationssysteme betont wird. Die OECD-Leitlinien betonen darüber hinaus das Prinzip, daß die freie Auswahl des Benutzers hinsichtlich kryptographischer Methoden nicht durch neue Gesetzgebung eingeschränkt werden sollte (Prinzip 2 der OECD-Leitlinien). Nationale Gesetzgebung, die einen gesetzmäßigen Zugriff erlaubt, soll dieses Prinzip im größtmöglichen Ausmaß reflektieren (Prinzip 6). Die Arbeitsgruppe mißt den Konsquenzen für den Datenschutz, die durch die Nutzung kryptographischer Methoden zur Sicherung der Integrität von Daten in elektronischen Transaktionen ausgelöst werden, besondere Bedeutung zu (Prinzip 5). Die Speicherung personenbezogener Daten und die Schaffung von Systemen zur persönlichen Identifikation in Verbindung mit der Nutzung solcher Methoden erfordern spezielle Maßnahmen zum Datenschutz.

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