Anlage 4 zum Jahresbericht 1997Empfehlungen und Dokumente der Arbeitsgruppe für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nach Art.29 der EG-Datenschutzrichtlinie4.1 Empfehlung 1/97 vom 25.Februar 1997 zu Datenschutzrecht und MedienGliederung:
Die Gruppe für den Schutz von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten
eingesetzt durch die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 24.Oktober 1995, empfielt: 1 EinführungArtikel 9 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ("Richtlinie) bestimmt folgendes: Die Mitgliedstaaten sehen für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die allein zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, Abweichungen und Ausnahmen von diesem Kapitel sowie von den Kapiteln IV und VI nur insofern vor, als sich dies als notwendig erweist, um das Recht auf Privatsphäre mit den für die Freiheit der Meinungsäußerung geltenden Vorschriften in Einklang zu bringen. Entsprechend der ihr nach Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie übertragenen Aufgabe nahm die Datenschutzgruppe in ihrer erster Sitzung die Beratung über die Umsetzung von Artikel 9 auf. Die britische und die deutsche Delegation legten hierzu Arbeitsunterlagen vor. In den Beratungen stellte sich heraus, daß die Anwendung der Datenschutzbestimmungen im Bereich der Medien in den Mitgliedstaaten derzeit unterschiedlich geregelt ist. Es wurde festgestellt, daß die Gruppe nützliche Hinweise zur Auslegung von Artikel 9 geben könnte. Zur Vorbereitung sollte das Sekretariat einen Bericht über die gegenwärtige Rechtslage unter Berücksichtigung des Berichts über Datenschutz und Medien des Europarats von 1991 erstellen. Am 21. Februar 1997 wurde ein von der Gruppe ausgearbeiteter Fragebogen verteilt. Die Gruppe diskutierte in ihrer dritten Sitzung ein Arbeitspapier und gelangte dabei zu einer Reihe von Schlußfolgerungen, die in der darauf folgenden Sitzung eingehend erörtert wurden. Im Zuge dieser Beratungen wurde vereinbart, das Arbeitspapier in Form einer Empfehlung nach Artikel 30 Absatz 3 der Richtlinie anzunehmen. Die Empfehlung wurde von der Datenschutzgruppe am 25. Februar 1997 angenommen. Im folgenden wird auf einige allgemeine Aspekte der Anwendung der Datenschutzgesetze in den Medien eingegangen und der rechtliche Hintergrund von Artikel 9 erläutert. In Kapitel 3 wird ein Überblick über die gegenwärtige Rechtslage in den Mitgliedstaaten gegeben. Kapitel 4 enthält die Schlußfolgerungen der Gruppe aus ihren Beratungen über die Anwendung der Datenschutzbestimmungen in den Medien. Artikel 9 der Richtlinie bestimmt, daß für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu journalistischen, künstlerischen oder literarischen Zwecken in bezug auf bestimmte Richtlinienbestimmungen Beschränkungen und Ausnahmen gelten. Die vorliegende Empfehlung konzentriert sich daher auf Ausnahmen und Freistellungen für die Verarbeitung von Daten zu journalistischen Zwecken. 2 Allgemeines2.1 Freie Meinungsäußerung und Schutz der PrivatsphäreArtikel 10 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bestimmt in Absatz 1: "Jeder hat Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen ein. Dieses Recht gehört zu den wesentlichen Grundrechten, die aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten abgeleitet sind, und ist einer der Wesenszüge des rechtlichen Erbes demokratisch verfaßter Gesellschaften. Historisch gesehen ist das Recht auf freie Meinungsäußerung eines der ersten eingeforderten Menschenrechte, das gesetzlich verankert wurde. Vor allem die Presse erhielt besondere gesetzliche und verfassungsrechtliche Garantien, insbesondere gegen die Vorzensur. Das Recht auf Privatsphäre wird durch Artikel 8 EMRK gewährleistet. Der in diesem Artikel gewährte Schutz des Privatlebens umfaßt auch den Datenschutz. Ausnahmen von Grundsätzen des Datenschutzes und von Artikel 8 EMRK müssen rechtmäßig und verhältnismäßig sein. Gleiches gilt für Beschränkungen der Meinungsfreiheit, die sich aus der Anwendung datenschutzrechtlicher Grundsätze ergeben können. Diese beiden Grundrechte dürfen jedoch nicht von vornherein als Kollisionsrechte angesehen werden. Ohne einen ausreichenden Schutz der Privatsphäre würden viele ihre Meinung nicht ohne weiteres zum Ausdruck bringen. Ebenso dürfte die Identifizierung und Klassifizierung von Lesern und Nutzern von Informationsdiensten die Bereitschaft des einzelnen verringern, Informationen entgegenzunehmen und mitzuteilen. 2.2 Rechtlicher Hintergrund des Artikels 9 der RichtlinieNach Artikel F Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union hat die Union die Grundrechte zu achten, wie sie durch die EMRK und die gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten gewährleistet sind. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die Medien als Sonderfall anerkannt und die Notwendigkeit gesehen, einen Ausgleich zwischen dem Schutz der Privatsphäre und dem Schutz der freien Meinungsäußerung zu schaffen. Artikel 19 des ursprünglichen Kommissionsvorschlags sah vor, daß die Mitgliedstaaten die Presse und die audiovisuellen Medien von einigen Richtlinienbestimmungen ausnehmen konnten. Aus der Begründung wird deutlich, daß Kernbestimmung dieses Artikels die Pflicht ist, einen Ausgleich zwischen den beteiligten Interessen herzustellen und daß dabei andere verfügbare Hilfsmittel wie das Recht auf Gegendarstellung, ein beruflicher Ehrenkodex, die Schranken der EMRK und allgemeine Rechtsgrundsätze berücksichtigt werden sollten. In Artikel 9 des geänderten Kommissionsvorschlags wurden dann Ausnahmeregelungen für Medien verbindlich vorgeschrieben. Der Text wurde anschließend erneut geändert, um auch journalistische Tätigkeiten einzubeziehen und die Ausnahmeregelung auf diese Aktivitäten zu beschränken. Eine weitere Änderung, durch die der Artikel seine jetzige Fassung erhielt, präzisierte die zulässigen Ausnahmen dahingehend, daß sie nicht unterschiedslos für alle Datenschutzbestimmungen gelten sollten. In der jetzigen Fassung sind Ausnahmen zwar verbindlich vorgeschrieben, doch "nur insofern ..., als sich dies als notwendig erweist, um einen Ausgleich zwischen dem Recht auf Privatsphäre und dem Recht auf freie Meinungsäußerung herzustellen. Diese Ausnahmebestimmungen sind zudem beschränkt auf die allgemeinen Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten, die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer und Verhaltensregeln für die Kontrollstellen. Ausnahmen von Sicherheitsbestimmungen sind nach Erwägungsgrund 37 nicht zulässig. Außerdem, so heißt es in diesem Erwägungsgrund, sollten die in diesem Bereich zuständigen Kontrollstellen mindestens bestimmte ex post-Zuständigkeiten erhalten, beispielsweise zur regelmäßigen Veröffentlichung eines Berichts oder zur Befassung der Justizbehörden. 2.3 Überblick über die gegenwärtige Rechtslage in den MitgliedstaatenIn den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten werden gegenwärtig folgende Ansätze verfolgt:
Der normale Datenschutz gilt allerdings im allgemeinen für alle Medien-Aktivitäten. Hiervon ausgenommen sind nur die Print-Medien. Die für den Datenschutz zuständigen Kontrollstellen tragen bei der Anwendung des Datenschutzrechts der Besonderheit der einzelnen Medien Rechnung, unabhängig davon, ob Sonderregelungen bestehen oder nicht. Die tatsächliche Reichweite der Ausnahmeregelungen läßt sich nicht abstrakt bestimmen, sondern hängt von der Gesamtstruktur des Datenschutzrechts in jedem einzelnen Land ab. In welchem Umfang Ausnahmen erforderlich sind, bestimmt sich danach, wie weit sich das materielle Datenschutzrecht effektiv auf die Aktivitäten der Medien auswirkt. Die Unterschiede in der Anwendung des Datenschutzrechts in bezug auf die einzelnen Medien lassen sich auch aus einer anderen Perspektive erklären, nämlich ausgehend von der Funktion des Datenschutzrechts und der Verwendung der Informationstechnologie durch die Medien. In den Anfängen des Datenschutzes konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf große zentrale Datenbanken. Medien schienen damals von solchen Bestimmungen kaum betroffen zu sein, so daß Ausnahmeregelungen auch nicht notwendig erschienen. Die Verlagerung des Schwerpunkts im Datenschutzrecht auf den Begriff der Datenverarbeitung und die umfassende Nutzung der Informationstechnologie durch die Medien haben die Situation grundlegend verändert. Die in den Mitgliedstaaten geltenden Regelungen weisen übereinstimmend eine wichtige Bestimmung auf, der zufolge die Medien - oder zumindest die Presse - gewisse Vorschriften beachten müssen, die zwar nicht zum Datenschutz im eigentlichen Sinne gehören, aber zum Schutz der Privatsphäre des einzelnen beitragen. Diese Bestimmungen und eine häufig umfassende Rechtsprechung bieten eine besondere Form des Rechtschutzes, der mitunter als Ersatz für den fehlenden präventiven Rechtsschutz im Datenschutzrecht angesehen wird. Will man beurteilen, wie die Privatsphäre in bezug auf die Medien geschützt wird, so muß man folgende Schutzmechanismen berücksichtigen: das Recht auf Gegendarstellung und die Möglichkeit, falsche Darstellungen zu berichtigen, die Berufspflichten der Journalisten und die damit verbundene Selbstkontrolle sowie die Bestimmungen zum Schutz der Ehre (straf- und zivilrechtliche Regelungen zum Schutz vor Verleumdung usw.). Die Hinwendung der traditionellen Medien zu elektronischer Veröffentlichung und Online-Diensten gibt weiteren Grund zum Nachdenken. Mit den Online-Diensten gewinnt die Unterscheidung zwischen redaktioneller Tätigkeit und nichtredaktioneller Tätigkeit eine neue Dimension, da sich bei Online-Diensten anders als bei den herkömmlichen Medien die Identität der Empfänger der Dienste feststellen läßt. 3 ErgebnisAus dem Vorstehenden dürfte deutlich geworden sein, daß der Rechtsrahmen in den Mitgliedstaaten für die Anwendung des Datenschutzrechts im Bereich der Medien einer generellen Überprüfung bedarf. Insbesondere muß geprüft werden, in welchem Umfang die Anwendung der einzelnen Bestimmungen in den Kapiteln II, IV und VI der Richtlinie zum Schutz der freien Meinungsäußerung eingeschränkt werden muß. Dabei ist folgendes zu berücksichtigen:
Geschehen zu Brüssel, den 25. Februar 1997.
Im Namen der Datenschutzgruppe 4.2 Erste Leitlinie für die Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer vom 26.Juni 1997Gliederung:
1 EinführungMit diesem Dokument wird nicht das Ziel verfolgt, auf alle Fragen einzugehen, die sich aus der Richtlinie im Zusammenhang mit der Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer ergeben; hier steht das Bemühen im Vordergrund, die zentrale Frage der Beurteilung der Angemessenheit im Sinne von Artikel 25 Absätze 1 und 2 zu klären. Ausnahmen vom Erfordernis des "angemessenen Schutzniveaus" nach Artikel 26 Absatz 1 werden hier überhaupt nicht behandelt. Es wird davon ausgegangen, daß diese Ausnahmen recht eng definiert sind und wahrscheinlich viele Fälle nicht in ihren Anwendungsbereich fallen und somit auf die Angemessenheit geprüft werden. Die Arbeitsgruppe wird den konkreten Anwendungsbereich dieser Ausnahmen bei ihren künftigen Arbeiten prüfen. Es sollte nicht vergessen werden, daß der Begriff angemessen auch in Artikel 26 Absatz 2 verwendet wird, der die Möglichkeit von ad-hoc-Lösungen - insbesondere vertraglicher Art - für Situationen vorsieht, in denen kein angemessener Schutz im Sinne von Artikel 25 Absatz 2 gewährleistet ist. Verfahrensrechtlich behandelt die Richtlinie diese Fälle allerdings sehr unterschiedlich. Während die Mitgliedstaaten nach Artikel 25 einander und die Kommission über die Fälle zu unterrichten haben, in denen kein angemessenes Schutzniveau gewährleistet ist und die Übermittlung deshalb blockiert wurde, ist die Situation nach Artikel 26 umgekehrt: Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten über jede erteilte Genehmigung zu unterrichten. Dies spiegelt die Tatsache wider, daß es bei derartigen vertraglichen Lösungen inhärente Probleme gibt, wie die Schwierigkeiten einer betroffenen Person, ihre Rechte aus einem Vertrag, bei dem sie selbst nicht Vertragspartei ist, durchzusetzen, und daß sie deshalb nur in einigen spezifischen und wahrscheinlich relativ seltenen Situationen geeignet sind. Die Arbeitsgruppe wird die Umstände gesondert prüfen, unter denen vertragliche ad-hoc-Lösungen geeignet sein können, und bei den künftigen Arbeiten einige Grundsätze im Hinblick auf die mögliche Form und den möglichen Inhalt derartiger Lösungen ausarbeiten. Diese Arbeit wird wahrscheinlich weitgehend auf den in diesem Dokument enthaltenen Ideen aufbauen, da eine Prüfung der Angemessenheit sowohl Gegenstand des Artikels 26 Absatz 2 als auch des Artikels 25 Absätze 1 und 2 ist.
2 VerfahrensfragenArtikel 25 sieht vor, daß die Angemessenheit bei den einzelnen Übermittlungen oder Kategorien von Übermittlungen geprüft wird. Aufgrund der hohen Anzahl von Übermittlungen personenbezogener Daten, die täglich die Gemeinschaft verlassen, und aufgrund der vielen an solchen Übermittlungen beteiligten Wirtschaftskräfte, kann aber natürlich kein Mitgliedstaat - unabhängig von dem System, das er zur Anwendung von Artikel 25 wählt - sicherstellen, daß absolut jeder Fall im Detail geprüft wird. Dies heißt freilich nicht, daß kein Fall detailliert geprüft wird, sondern eher, daß Mechanismen entwickelt werden müssen, um den Beschlußfassungsprozeß für eine ganze Reihe von Fällen zu rationalisieren, die somit Entscheidungen, oder zumindest vorläufige Entscheidungen ohne allzu große Schwierigkeiten oder übermäßige materielle Folgen ermöglichen. Eine derartige Rationalisierung ist unabhängig davon erforderlich, wer die Entscheidung trifft, ob sie bei dem für die Verarbeitung Verantwortlichen, der Kontrollbehörde oder irgendeinem anderen durch das Verfahren des Mitgliedstaats eingesetzten Gremium liegt. Für eine solche Rationalisierung bietet sich die Ausarbeitung "Weißer Listen" von Drittländern an, von denen angenommen werden kann, daß sie ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten. Eine derartige Liste könnte "provisorischen Charakter" haben oder "nur zur Orientierung" dienen und somit Einzelfälle, bei denen es besondere Schwierigkeiten geben könnte, nicht berühren. Nichtsdestoweniger ist es in der Logik des allgemeinen Ansatzes von Artikel 25 wichtig, jede Entscheidung über die Aufnahme eines Landes in eine weiße Liste eher auf Einzelfälle zu stützen als auf eine vereinfachte, abstrakte Beurteilung eines Rechtstextes. Wenn nach der Prüfung einiger repräsentativer Fälle von Übermittlungen in ein Drittland bei jedem dieser Fälle der gebotene Schutz als angemessen angesehen wurde, könnte das betreffende Land in die "weiße Liste aufgenommen werden. Ein Problem bei diesem Ansatz besteht darin, daß viele Drittländer keinen einheitlichen Schutz für alle Wirtschaftsbereiche bieten. Beispielsweise gibt es in vielen Ländern Datenschutzgesetze für den öffentlichen Bereich, nicht aber für den Privatsektor. In den Vereinigten Staaten ist die Lage insofern noch komplexer, als spezifische Rechtsvorschriften für bestimmte Einzelbereiche wie Kreditauskunft und Aufzeichnung über den Videoverleih, nicht aber für andere bestehen. Ein zusätzliches Problem gibt es in Ländern mit Bundesverfassungen wie den Vereinigten Staaten und Kanada, in denen oft Schwierigkeiten zwischen den verschiedenen Teilen des Bundes bestehen. Deshalb ist bei dem Beschluß darüber, ob der gewährte Schutz bei einer speziellen Datenübermittlung für das gesamte Land oder lediglich einen einzelnen Sektor oder Staat repräsentativ ist, sehr sorgfältig vorzugehen. Nichts steht einer teilweisen Aufnahme eines Drittlands auf eine weiße Liste entgegen und natürlich wird bei Übermittlungen von Daten aus Spanien nach dem geltenden nationalen Recht zwischen Ländern, die einen Schutz über die Grenzen hinaus gewährleisten, und Ländern unterschieden, die nur im öffentlichen Bereich Schutz gewährleisten. Ferner stellt sich die Frage, wer über die Aufnahme in eine derartige Liste entscheiden sollte. Dazu ist anzumerken, daß die durch Artikel 29 eingesetzte Gruppe bei der Beschlußfassung über einzelne Datenübermittlungen keine explizite Rolle zu spielen hat. Diese Rolle fällt in erster Linie den Mitgliedstaaten zu und dann der Kommission nach dem in Artikel 31 festgelegten Ausschußverfahren. Wie oben ausgeführt wurde, zielt allerdings jegliche Arbeit der Gruppe darauf ab, Orientierungen für eine Vielzahl von Fällen zu liefern, und nicht notwendigerweise für die Bestimmung eines Einzelfalls. Es sei auch darauf hingewiesen, daß eine der spezifischen Aufgaben der durch Artikel 29 eingesetzten Gruppe darin besteht, der Kommission eine Stellungnahme über das Schutzniveau in Drittländern zu übermitteln. Somit fällt eine Prüfung der Lage in einzelnen Drittländern im Lichte einiger Einzelfälle und eine vorläufige Stellungnahme zur Angemessenheit des Schutzes sehr wohl in den Aufgabenbereich der durch Artikel 29 eingesetzten Gruppe. Derartige positive Entscheidungen könnten in die geplante weiße Liste einbezogen werden. Diese könnte anschließend breit verteilt und von den für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, den Kontrollbehörden und den Mitgliedstaaten als Hilfe für deren eigene Entscheidungen verteilt werden. Steht ein Land nicht auf einer solchen weißen Liste, so heißt dies nicht notwendigerweise, daß das Land auf eine schwarze Liste gehört, sondern eher, daß es noch keine allgemeinen Leitlinien für dieses Land gibt. Die Erstellung einer expliziten schwarzen Liste von Ländern wäre - auch für Orientierungszwecke - politisch sehr heikel. 2.2 Risikoanalyse spezifischer Übermittlungen Auch wenn die Erstellung einer vorläufigen weißen Liste von Drittländern eine wertvolle Hilfe für die Entscheidungen bei vielen Datenübermittlungen darstellt, wird das betreffende Drittland immer noch in vielen Fällen nicht auf der weißen Liste aufgeführt sein. Die Mitgliedstaaten können mit diesen Fällen je nach ihrer Umsetzung des Artikels 25 in ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften recht unterschiedlich umgehen (vgl. Fußnote auf der Vorseite). Wenn die Kontrollstelle eine spezifische Rolle bei der vorherigen Genehmigung von Datenübermittlungen oder bei einer nachträglichen Überprüfung spielen soll, dann kann allein schon das Volumen der betroffenen Übermittlungen ein System für die Prioritätensetzung bei den Bemühungen der Kontrollstelle erforderlich machen. Ein solches System wäre in Form eines Pakets vereinbarter Kriterien denkbar, die es ermöglichen würden, eine spezielle Übermittlung oder Kategorie von Übermittlungen als besondere Gefahr für die Privatsphäre einzustufen. Ein solches System ändert nichts an der Verpflichtung jedes Mitgliedstaats, sicherzustellen, daß nur die Übermittlungen erfolgen, bei denen das Drittland ein angemessenes Schutzniveau gewährleistet. Die Tatsache, daß eine Übermittlung keine besondere Gefahr darstellt, berührt das Grunderfordernis des Artikels 25 im Hinblick auf den sicherzustellenden angemessenen Schutz nicht. Allerdings wird die Bewertung des Risikos für die betroffene Person aufgrund der Übermittlung eine nützliche Unterstützung für die konkrete Bestimmung dessen darstellen, was als "angemessener Schutz" angesehen wird. Das System wird auch als Orientierung für Fälle von Datenübermittlungen dienen, die als "vorrangige Fälle" anzusehen sind und geprüft oder in denen sogar Ermittlungen angestellt werden müssen; damit wird es ermöglichen, daß die für die "Überwachung" des Systems eingesetzten Ressourcen direkt auf die Übermittlungen gerichtet werden, die im Hinblick auf den Schutz der betroffenen Personen zu größter Besorgnis Anlaß geben. Die Arbeitsgruppe wird ein spezifisches, detailliertes Dokument zu den Kategorien von Übermittlungen erstellen, die ihres Erachtens besondere Gefahren für die Privatsphäre mit sich bringen. Dazu werden wahrscheinlich folgende Kategorien gehören:
3 Was bedeutet "angemessener Schutz"?Ziel des Datenschutzes ist es, der natürlichen Person Schutz zu gewähren, deren Daten verarbeitet werden. Dies wird üblicherweise über ein Zusammenspiel der Rechte der betroffenen Person sowie der Pflichten derer erreicht, die Daten verarbeiten oder Kontrolle über eine derartige Verarbeitung ausüben. Die in der Richtlinie 95/46/EG niedergelegten Rechte und Pflichten stützen sich auf die in dem Übereinkommen des Europarats Nr. 108 (1981) enthaltenen Rechte und Pflichten, die sich ihrerseits nicht sehr von den in den OECD-Leitlinien (1980) oder den Leitlinien der Vereinten Nationen (1990) festgelegten unterscheiden. Über den Inhalt der Datenschutzbestimmungen, die für die fünfzehn Staaten der Gemeinschaft gelten, besteht somit ein Konsens. Die Datenschutzbestimmungen tragen allerdings lediglich zum Schutz natürlicher Personen bei, wenn sie in der Praxis befolgt werden. Deshalb muß nicht nur der Inhalt der Bestimmungen geprüft werden, die für in ein Drittland übertragene personenbezogene Daten gelten, sondern auch die für die Gewährleistung der Wirksamkeit derartiger Vorschriften existierenden Mechanismen. In Europa wurden die Vorschriften für den Datenschutz herkömmlicherweise in Form von Gesetzen verankert, womit eine Sanktionsmöglichkeit bei Nichtbefolgung entstand und natürlichen Personen ein Regreßrecht eingeräumt wurde. Darüberhinaus sahen solche Gesetze im allgemeinen zusätzliche Verfahrensmechanismen vor, wie die Einrichtung von Aufsichtsbehörden mit Überwachungs- und Beschwerdeprüfungsfunktionen. Diese Verfahrensaspekte finden sich in der Richtlinie 95/46/EG mit ihren Bestimmungen für Haftung, Sanktionen, Rechtsbehelfe, Kontrollstellen und Meldung wieder. Außerhalb der Gemeinschaft sind allerdings derartige Verfahrensmittel weniger verbreitet, die sicherstellen sollen, daß die Vorschriften für den Datenschutz erfüllt werden. Die Vertragsparteien des Übereinkommens Nr. 108 sind aufgerufen, die Grundsätze des Datenschutzes in ihre Rechtsvorschriften aufzunehmen, zusätzliche Mechanismen wie eine Kontrollbehörde werden hier aber nicht gefordert. Die OECD-Leitlinien enthalten lediglich das Erfordernis, daß sie in den inländischen Rechtsvorschriften "zu berücksichtigen" sind und garantieren somit auf der Verfahrensebene keineswegs, daß sichergestellt wird, daß die Leitlinien tatsächlich in einen wirksamen Schutz natürlicher Personen münden. Die später festgelegten VN-Leitlinien enthalten allerdings Bestimmungen für Überwachung und Sanktionen, womit das wachsende Bewußtsein der Notwendigkeit deutlich wird, weltweit dafür zu sorgen, daß die Datenschutzvorschriften gebührend durchgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund ist klar, daß jede sinnvolle Analyse eines angemessenen Schutzes zwei Grundelemente umfassen muß: den Inhalt der anzuwendenden Vorschriften und die Mittel für die Gewährleistung ihrer tatsächlichen Anwendung. Mit der Richtlinie 95/46/EG als Ausgangspunkt und unter Berücksichtigung der Vorschriften der übrigen internationalen Texte zum Datenschutz sollte es möglich sein, zu einem "festen Kern" "inhaltlicher" Datenschutzgrundsätze und "Verfahrens-/Durchsetzungs"-Erfordernisse zu kommen, dessen Einhaltung als Mindesterfordernis für einen als angemessen anzusehenden Schutz bewertet werden könnte. Eine solche Minimalliste sollte keine starre Liste sein. In einigen Fällen wird es notwendig sein, die Liste zu erweitern, während es in anderen auch möglich sein kann, das Verzeichnis der Erfordernisse zu reduzieren. Das Ausmaß des Risikos einer Übermittlung für die betroffene Person (vgl. oben Abschnitt 2 Buchstabe (ii)), wird ein bedeutender Faktor für die Bestimmung der konkreten Erfordernisse in einem Einzelfall sein. Trotz dieses Vorbehalts ist die Zusammenstellung einer Basisliste minimaler Voraussetzungen ein nützlicher Ausgangspunkt für jede Analyse. Die Aufnahme der nachstehenden Grundsätze wird vorgeschlagen:
Beispiele weiterer, auf spezifische Arten der Verarbeitung anwendbarer Grundsätze:
In Europa herrscht breite Übereinstimmung darüber, daß die Datenschutzgrundsätze in Rechtsvorschriften eingebettet werden sollen. Man ist sich auch weitgehend darüber einig, daß ein System "externer Überwachung" in Form einer unabhängigen Behörde ein notwendiges Merkmal eines Datenschutzkontrollsystems darstellt. Es reicht allerdings nicht aus, ohne jede Begründung oder Rechtfertigung lediglich zu erklären, daß diese beiden Merkmale für einen angemessenen Schutz gewissermaßen inhärent erforderlich sind. Dies hieße, lediglich rein formalistische Kriterien für die Beurteilung dieser Frage vorzubringen. Ein besserer Ausgangspunkt wäre die Identifizierung der Basisziele des verfahrensrechtlichen Systems beim Datenschutz und auf dieser Grundlage die Beurteilung des Spektrums der einzelnen, in Drittländern verwendeten gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahrensmechanismen im Hinblick auf ihre Fähigkeit, diese Ziele zu erfüllen. Ein Datenschutzsystem verfolgt im wesentlichen dreierlei Ziele:
4 Praktische Anwendung der Theorie4.1 Länder, die das Übereinkommen Nr. 108 des Europarats ratifiziert haben Neben der Richtlinie ist das Übereinkommen Nr. 108 im Datenschutzbereich das einzige existierende Instrument des internationalen Rechts. Die meisten Vertragsparteien des Übereinkommens sind auch Mitgliedstaaten der Europäischen Union (alle 15 haben das Übereinkommen jetzt ratifiziert) oder Länder, wie Norwegen und Island, die aufgrund des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum durch die Richtlinie gebunden sind. Allerdings hat auch Slowenien das Übereinkommen ratifiziert, und drei andere Länder, darunter die Schweiz, werden die Ratifizierung möglicherweise in naher Zukunft vornehmen. Deshalb ist nicht nur aus rein akademischem Interesse zu prüfen, ob bei den Ländern, die das Übereinkommen ratifiziert haben, davon auszugehen ist, daß sie ein angemessenes Schutzniveau im Sinne von Artikel 25 der Richtlinie bieten. Eine solche Prüfung sollte - wie in Abschnitt 2 dieses Dokuments ausgeführt wurde - durch das Betrachten einer Reihe spezifischer Fälle erfolgen. Als Ausgangspunkt ist es allerdings sinnvoll, den Wortlaut des Übereinkommens selbst im Lichte der in dem vorigen Abschnitt dieses Dokuments dargelegten theoretischen Darstellung des "angemessenen Schutzes" zu prüfen. Im Hinblick auf den Inhalt der Grundsätze läßt sich sagen, daß das Übereinkommen die ersten fünf der sechs "Minimalbedingungen" einbezieht. Das Übereinkommen enthält auch das Erfordernis geeigneter Schutzmaßnahmen für sensible Daten, das bei derartigen Daten eine Voraussetzung für die Angemessenheit darstellen sollte. Beim Inhalt der substantiellen Regeln fehlen in dem Übereinkommen Beschränkungen von Übermittlungen in Länder, die nicht Vertragsparteien des Übereinkommens sind. Damit entsteht die Gefahr, daß ein Mitgliedstaat des Übereinkommens Nr. 108 bei einer Datenübermittlung aus der Gemeinschaft in ein weiteres Drittland mit völlig unzureichendem Schutzniveau als Zwischenstation verwendet wird. Der zweite Aspekt des "angemessenen Schutzes" betrifft die vorhandenen Mechanismen, die sicherstellen, daß die Grundsätze Wirkung erhalten. Das Übereinkommen legt fest, daß seine Grundsätze in inländische Rechtsvorschriften aufgenommen und geeignete Sanktionen und Rechtsmittel für Verstöße gegen diese Grundsätze eingeführt werden. Dies sollte ausreichen, um eine angemessene Befolgung der Regeln sowie geeignete Rechtsmittel für die betroffenen Personen zu gewährleisten, wenn die Regeln nicht eingehalten werden (Ziele (1) und (3) eines Datenschutzkontrollsystems). Das Übereinkommen verpflichtet allerdings die Vertragsparteien nicht, institutionelle Mechanismen zu schaffen, die eine unabhängige Prüfung von Beschwerden ermöglichen, obschon in der Praxis die Länder, die das Übereinkommen ratifiziert haben, im allgemeinen derartige Mechanismen eingeführt haben. Dies stellt insofern einen Schwachpunkt dar, als ohne derartige geeignete institutionelle Mechanismen die Unterstützung und Hilfe für einzelne betroffene Personen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte (Ziel 2) unter Umständen nicht gewährleistet ist. Diese Kurzanalyse scheint zu ergeben, daß bei Übermittlungen personenbezogener Daten in Länder, die das Übereinkommen Nr.108 ratifiziert haben, davon ausgegangen werden kann, daß sie unter folgenden Voraussetzungen nach Artikel 25 Absatz 1 der Richtlinie zulässig sind:
Hier handelt es sich natürlich um eine eher vereinfachte, oberflächliche Prüfung des Übereinkommens. Spezifische Fälle der Datenübermittlung in Länder des Übereinkommens können neue, in diesem Dokument nicht betrachtete Probleme aufwerfen. Die große Mehrheit der Datenübermittlungen aus der Europäischen Union erfolgt eindeutig in Drittländer, die das Übereinkommen Nr. 108 nicht ratifiziert haben. In diesen Fällen, in denen kein bindendes Instrument des internationalen Rechts Anwendung findet, gibt es keine Alternative; hier muß auf den Grundansatz dieses Papiers zurückgegriffen werden, d.h. es müssen Schlußfolgerungen über die Angemessenheit des in einem Drittland gebotenen Schutzniveaus auf der Grundlage der Situation in einem oder mehreren spezifischen Fällen gezogen werden. Eine Beurteilung einer spezifischen Datenübermittlung kann bisweilen für breite Kategorien analoger Fälle als richtig angesehen werden. Die Analyse derartiger, in hohem Maße repräsentativer Übermittlungen wird die Erstellung einer vorläufigen weißen Liste von Ländern oder Sektoren innerhalb von Ländern erleichtern. Drei Arten von Übermittlungen wären nach der Richtlinie möglich:
Die in Abschnitt 3 dargelegten "Kern-Grundsätze finden wahrscheinlich in unterschiedlicher Weise auf diese drei verschiedenen Übermittlungsarten Anwendung. So unterscheidet sich beispielsweise die klassische Situation einer Übermittlung durch einen in der Gemeinschaft niedergelassenen, für die Verarbeitung Verantwortlichen an einen einzelnen, für die Verarbeitung Verantwortlichen in einem Drittland sehr von einem Fall, in dem Daten durch einen außerhalb der Gemeinschaft ansässigen, für die Verarbeitung Verantwortlichen unmittelbar von einer einzelnen betroffenen Person in der Gemeinschaft über Telefon oder das Internet erfaßt werden. |
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