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Anlage 2.3.4 zum Jahresbericht 1997

Thesenpapier der Datenschutzbeauftragten
des Bundes und der Länder

Bei dem vorliegendem Papier handelt es sich um die überarbeitete Fassung des Thesenpapiers, das von der 54. Konferenz am 24.10.1997 mit großer Mehrheit (bei wenigen Gegenstimmen) zustimmend zu Kenntnis genommen wurde.

Allgemeinenes Informationszugangsrecht und Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sehen sich zunehmend mit der Frage konfrontiert, in welchem Verhältnis das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung zur Forderung nach Schaffung eines allgemeinen Informationszugangsrechtes der einzelnen Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat steht. Die Verfassung des Landes Brandenburg sieht ein Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen ausdrücklich vor und macht eine Gesetzgebung notwendig. Im Bund und in einigen anderen Ländern diskutiert ein Teil der Parteien ebenfalls über die Gewährung solcher Rechte. In anderen Staaten gehören Informationszugangsrechte zur Rechtstradition (Schweden), oder sie wurden in den letzten Jahrzehnten eingeführt (z.B. USA, Frankreich, Kanada). Die Europäische Union hat für ihre Institutionen in den Amsterdamer Verträgen ein Akteneinsichtsrecht geschaffen. International hat sich der Begriff "Informationsfreiheit" eingebürgert, der damit über den Begriff der Informationsfreiheit im Grundgesetz hinausgeht (s. unter I.).

Es spricht viel dafür, daß die Datenschutzbeauftragten nicht nur die Schranken eines allgemeinen Informationszugangsrechts im Hinblick auf die informationelle Selbstbestimmung aufzeigen, sondern sich auch die Forderung nach einem Informationszugangsrecht selbst zu eigen machen. Ein Teil der Datenschutzbeauftragten hat dies auch in der Vergangenheit bereits getan. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und auf demokratische Teilhabe können so zu einem ausgewogenen Konzept gebracht werden, bei dessen Durchsetzung die Datenschutzbeauftragten durchaus eine aktive Rolle übernehmen können.

I. Informationsgesellschaft und Informationszugang

Anders als die eher dem Prinzip der Öffentlichkeit verpflichteten Bereiche der Legislative und der Judikative, ist das Verwaltungshandeln in der Bundesrepublik Deutschland traditionell geprägt vom Grundsatz des Amtsgeheimnisses. Das geltende Recht räumt den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern in der Regel nur Informationsrechte zur Wahrung ihrer individuellen Rechte gegenüber dem Staat ein. Informationsmöglichkeiten bestehen insoweit wegen einer Betroffenheit in eigenen Rechten. Demgegenüber gewinnt in der Informationsgesellschaft die Frage eines darüber hinausgehenden Informationszugangs und somit die Schaffung und Verwirklichung eines allgemeinen Informationszugangsrechts auch unabhängig von einer individuellen Betroffenheit zunehmend an Bedeutung. Wesensbestimmend hierfür sind individuelle und demokratische Komponenten.

Die Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu informieren, zählt für das Bundesver-fassungsgericht ebenso zu den Grundvoraussetzungen des demokratischen Meinungs- und Willenbildungsprozesses wie zu den Bedingungen verantwortlichen, individuellen Handelns: "Es gehört zu den elementaren Bedürfnissen des Menschen, sich aus möglichst vielen Quellen zu unterrichten, das eigene Wissen zu erweitern und sich so als Persönlichkeit zu entfalten. Zudem ist in der modernen Industriegesellschaft der Besitz von Informationen von wesentlicher Bedeutung für die soziale Stellung des einzelnen. Das Grundrecht der Informationsfreiheit ist wie das Grundrecht der freien Meinungsäußerung eine der wichtigsten Voraussetzungen der freiheitlichen Demokratie" (vgl. BVerfGE 7, 198 [208]). "Erst mit seiner Hilfe wird der Bürger in den Stand gesetzt, sich selbst die notwendigen Voraussetzungen zur Ausübung seiner persönlichen und politischen Aufgaben zu verschaffen, um im demokratischen Sinne verantwortlich handeln zu können" (BVerfGE 27, 71 [81 f.]).

Im Hinblick auf die Entwicklung der Informationsgesellschaft und auf die Vielzahl der allein bei der Verwaltung vorhandenen Informationen, kann die bloße Möglichkeit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten, nicht mehr genügen. Ein Kennzeichen der Informationsgesellschaft ist, daß die einzelnen Bürgerinnen und Bürger in zunehmendem Maße vom Zugang zu Informationen abhängig werden. Selbst zur Durchsetzung eigener Rechte sind sie vielfach auf bisher nicht veröffentlichte Informationen angewiesen, auch wenn sie sich nicht unmittelbar auf sie beziehen, aber als Grundlage für ihre schutzwürdigen Interessen wichtig sind. Je intensiver sich Verwaltung und Bürger/-innen der Informationstechnik bedienen und deren erschließbare Informationsressourcen nutzen, um so enger müssen der Zugang zu den Daten und der Schutz der informationellen Selbstbestimmung miteinander verflochten werden. Um die Rechte der einzelnen Bürgerinnen und Bürger dabei zu gewährleisten, ist die Herstellung von Transparenz eine besonders wichtige Zielsetzung bei der humanen Gestaltung der Informationsgesellschaft.

Neben der individuellen Komponente ist Öffentlichkeit für den demokratischen Staat von zentraler Bedeutung. Der Grundsatz der Öffentlichkeit von Parlamentssitzungen und Gerichtsverhandlungen gehört zum Grundbestand unserer Rechtsordnung; ebenso unumstritten ist die Pflicht zur Veröffentlichung von Gesetzen oder von Gerichtsentscheidungen mit grundsätzlicher Bedeutung. Lediglich der Bereich der vollziehenden Gewalt ist vom Öffentlichkeitsgrundsatz bislang weitgehend ausgenommen geblieben.

Dies ist jedoch unter informationstechnischen Bedingungen, die Verwaltungshandeln zunehmend prägen, nicht mehr zeitgemäß. Vielmehr ist Transparenz der Verwaltung für die Wahrnehmung der Teilhabe unerläßlich. Hierfür kann es auf individuelle Betroffenheit oder (was auf das gleiche hinausläuft) berechtigte Interessen der Einzelnen nicht ankommen.

II. Entwicklung der Informationsrechte in Deutschland

Der Entwicklung rechtsstaatlicher Grundsätze ist es vorrangig zu verdanken, daß schon früh den Beteiligten an Gerichtsverfahren Informationsrechte zugestanden wurden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, ihre rechtlichen Interessen wirkungsvoll verfolgen zu können. Für die verwaltungs-rechtlichen Streitigkeiten zwischen Bürger/-innen und Staat brachte dies zwangsläufig auch Informationsrechte am vorangehenden Verwaltungsverfahren der Beteiligten mit sich. Der Informationszugang unterliegt in diesem Bereich allerdings nach wie vor der Voraussetzung, am Verfahren beteiligt zu sein, also in aller Regel in irgendeiner Form in eigenen Rechten betroffen zu sein.

Für eine Vielzahl von Planungsentscheidungen ist mittlerweise anerkannt, daß der Kreis der Betroffenen nicht schon im vorhinein festgelegt werden kann. Aus Gründen staatlicher Informationspflichten - z.B. bei der Bauleitplanung - wurden Instrumente geschaffen, um auch potentiell Betroffene zu informieren. In diesen Verfahren sind Planungsgrundlagen öffentlich bekanntzumachen. Einwände kann aber auch in Planungsverfahren nur geltend machen, wer individuell betroffen ist und damit zum Kreis der Beteiligten an diesem Verfahren im weitesten Sinne gehört.

In den siebziger Jahren setzte sich im Zuge der Datenschutzdebatte endgültig die Einsicht durch, daß auch außerhalb förmlicher Verfahren Auskunfts- und Einsichtsrechte der Betroffenen zu schaffen sind. Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch besteht unabhängig von der Beteiligung an einem förmlichen Verfahren, bezieht sich gleichwohl jedoch nur auf die Daten zu eigenen Person.

Betroffenen- und verfahrensunabhängige Transparenz der Datenverarbeitung schaffen die bei den Datenschutzbeauftragten zu führenden Dateienregister; auch die Zugangsmöglichkeiten für alle zu staatlichem Archivgut wurden erweitert.

Mit dem Umweltinformationsgesetz hat der Gesetzgeber für einen ganzen Bereich die Regel durchbrochen, daß Informationsrechte in Form von Einsichts- und Auskunftsrechten nur Betroffenen oder Beteiligten zustehen. Dies sollte nicht nur als Angleichung an europäisches Recht im Prozeß der europäischen Integration verstanden werden. Vielmehr muß es als Teil einer die Bürgerrechte stärkenden generellen Rechtsentwicklung eingeordnet werden. Umweltveränderungen betreffen in besonderem Maße potentiell alle Bürgerinnen und Bürger. Die Zusammenhänge können infolge der Langzeitwirkung oft nur schwer nachvollzogen werden, und dies setzt auch genaue Kenntnisse der Umweltsituation und der Umweltfaktoren voraus. Würde die Darlegung der Betroffenheit als Voraussetzung für die Erteilung von Auskünften und Informationen verlangt werden, würde dies häufig den Informationszugang unmöglich machen.

Diese Entwicklungslinie sollte konsequenterweise zu einer Öffnung aller Verwaltungsbereiche für den Informationsanspruch der Bürgerinnen und Bürger führen.

III. Grenzen eines allgemeinen Informationszugangsrechts

Ein schrankenloses allgemeines Informationszugangsrecht würde jeder Bürgerin und jedem Bürger die Möglichkeit eröffnen, Einsicht in alle Verwaltungsakten zu nehmen oder Auskunft darüber zu erhalten. Es steht außer Frage, daß ein derart schrankenloses Recht mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung - aber auch z.B. in die Forschungsfreiheit - unvereinbar sein würde. Grundsätzlich macht jedes personenbezogene Datum in einem Vorgang eine Abwägung mit diesem Grundrecht erforderlich.

Ein Großteil der für den Informationszugang relevanten Unterlagen enthält jedoch einen solchen Personenbezug nicht. Soweit das Zugangsrecht ausschließlich die Grundlagen des grundsätzlichen Verwaltungshandelns (z. B. Erlasse, Rundschreiben und andere Verwaltungsvorschriften, Dienstanweisungen und Grundsatzakten) betrifft, dürfte demzufolge einem solchen Anliegen aus der Sicht des Datenschutzes nichts entgegenstehen. Auch die weiteren Bereiche sachbezogenen Verwaltungshandelns (z. B. Haushaltswesen, Straßenbau, Bildungswesen) werfen keine datenschutzrechtlichen Fragen auf. Selbst wenn solche Unterlagen einzelne personenbezogene Daten enthalten, lassen sie sich nach Anwendung bekannter und bewährter Verfahren (Schwärzung, Kodierung, Pseudonymisierung) zugänglich machen.

Beziehen sich Verwaltungsvorgänge im wesentlichen auf personenbezogene Daten von Betroffe-nen, bedarf die Offenbarung der Daten im Hinblick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung einer ausdrücklichen normenklaren Rechtsgrundlage, soweit nicht ebenfalls eine Anonymisierung in Betracht kommt. Derartige Rechtsgrundlagen auf Bundes- und Landesebene liegen in Spezialgesetzen bereits vor oder sind gegebenfalls zur Ausweitung des Informationszugangesrechts noch zu schaffen. Für Trivialdaten oder andere Daten, bei denen schutzwürdige Interessen der Betroffenen nicht berührt sein können (z. B. weil der oder die Betroffene - wie beim Telefonbuch - selbst der Verbreitung zugestimmt hat), ermöglichen die Datenschutzgesetze in der Regel bereits jetzt die Offenbarung.

Denkbar wäre außerdem, daß der Gesetzgeber im Gesetz über den freien Informationszugang selbst einen Katalog typisierender Beispiele festlegt, in welchen Fällen darüber hinaus das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinter dem Informationszugangsrecht zurücktritt und - in Umkehrung des normalerweise geltenden Verhältnisses - der Zugang nur bei besonderer Schutzwürdigkeit der personenbezogenen Daten verweigert werden kann. In einen solchen Katalog könnten beispielsweise mit dem Vorgang befaßte Personen, also Amtsträgerinnen und Amtsträger oder beauftragte Beschäftigte, aber auch Sachverständige, die Beiträge bei oder zu der Bearbeitung der Angelegenheit geleistet haben, aufgeführt werden. Die Offenlegung von Verantwortlichkeiten für Verwaltungsentscheidungen oder für Sachbearbeitung gehört zu einer transparenten Verwaltung und dient den überwiegenden Interessen der Öffentlichkeit. Einer besonders sorgfältigen Abwägung bedarf die Frage, ob und in welchen Fällen der freie Zugang zu Identdaten von an Verwaltungsverfahren beteiligten Personen und möglicherweise zu solchen personenbezogenen Daten zu gewährleisten ist, zu deren Bekanntgabe, Auskunft oder Mitteilung betroffene Personen gegenüber einer Behörde verpflichtet waren.

Generell wäre auch daran zu denken, im Einzelfall eine Einwilligung der Betroffenen in die Offenbarung ihrer Daten einzuholen und sie damit zugleich über das Vorliegen eines Informationsbegehrens zu unterrichten. Wird die Einwilligung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt, wäre von Amts wegen zu prüfen, ob dem Begehren der oder des Informationssuchenden durch die Mitteilung der Geheimhaltungsverpflichtung und der lediglich sachbezogenen Auskunftserteilung, durch Schwärzung der Daten für die Akteneinsicht oder durch Abtrennung von Aktenteilen nachgekommen werden kann. Jedenfalls würde eine vom Gesetzgeber in dieser Weise zum Ausdruck gebrachte Festlegung für die Öffentlichkeit erhöhte Anforderungen an die behördliche Begründung einer endgültigen Informationsverweigerung zur Folge haben.

Gegen die Gewährung eines Informationszuganges können darüber hinaus im Einzelfall Aspekte sprechen, die sich aus staatlichen Sicherheitsinteressen ergeben oder auch aus dem Interesse an einer effizienten Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Verwaltung. Diesen Aspekten kann im Rahmen eines Informationszugangsgesetzes Rechnung getragen werden. Dabei ist jedoch auch hier zu beachten, daß Abweichungen vom Grundsatz des allgemeinen Informationszugangs im Gesetz hinreichend konkret und bestimmt zu fassen sind. Um die Gefahr zu vermeiden, daß ein Katalog von Ausnahmetatbeständen den Grundsatz des Informationszugangs letztlich doch wieder in sein Gegenteil verkehrt, müßten auch diese Ausnahmetatbestände (z.B. Wohl des Bundes oder eines Landes, Beeinträchtigung der Strafverfolgung und Vollstreckung der Gefahrenabwehr oder andere Belange der inneren Sicherheit sowie Offenbarung von Akten zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens) selbst eng ausgelegt werden. Dasselbe gilt für Aktenvorgänge, die bei der laufenden Verwaltungsarbeit anfallen, insbesondere wenn es sich um personenbezogene Daten handelt.

Eine weitere explizite Einschränkung erfährt das Informationszugangsrecht dort, wo gesetzliche Vorschriften ausdrücklich die Geheimhaltung bestimmter Umstände fordern. Daneben hat ein Informationszugangsgesetz in seinen Ausnahmetatbeständen beispielsweise Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse zu berücksichtigen; ein ausgewogener Ausgleich zwischen Informationszugang und den durch die Geheimhaltung geschützten Interessen ist zu schaffen.

IV. Abwehr und Durchsetzung des Informationszugangs

Grundsätzlich sollten vor der Erfüllung eines Informationsanspruchs, der mit der Preisgabe personenbezogener Daten verbunden wäre, Betroffene von dem Informationsbegehren unterrichtet werden, um Einwände geltend machen zu können. Wird ihren Einwänden nicht stattgegeben, und kann der Informationsanspruch nicht ohne Eingriff in ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung erfüllt werden, so müssen sie Gelegenheit haben, Abwehrrechte gerichtlich prüfen zu lassen und gegebenenfalls durchsetzen zu können. Auch dann, wenn ein Informationsanspruch verweigert wird, müssen die Anspruchsteller die Möglichkeit haben, den Anspruch mit gerichtlicher Hilfe durchzusetzen und zumindest prüfen zu lassen.

Zusätzlich zum Rechtsweg bietet es sich an, den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit ihrem Anliegen an eine unabhängige Stelle zu wenden (Beauftragter oder Beauftragte für Informationsfreiheit). Umfangreiche positive Erfahrungen aus anderen europäischen und aus außereuropäischen Ländern lassen erwarten, daß eine solche unabhängige Stelle die Mehrheit der Fälle klären könnte. Für die unabhängige Stelle bietet sich eine rechtliche Konstruktion an, die derjenigen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vergleichbar ist. Ihre Tätigkeit hat gezeigt, daß eine unabhängige Stelle auch dann, wenn sie keine Sanktionen verhängt, sondern lediglich über das Instrument der Beanstandung verfügt, dennoch befriedend und ausgleichend wirken kann. Übertragbar wäre beispielsweise das kanadische Modell, bei dem Datenschutz- und Informationszugangskontrolle unter einem Dach vereint sind.

Das Verhältnis zwischen unabhängiger Verwaltungskontrolle und Verwaltungsgerichtsbarkeit könnte durch eine geeignete Regelung des Vorverfahrens und der zu wahrenden Fristen geklärt werden. Das nach der derzeitigen Rechtslage bestehende Problem, daß das Anliegen der Verwaltung an einer Verweigerung der Akteneinsicht mit der Klage faktisch unterlaufen würde, ließe sich beispielsweise nach amerikanischem Vorbild mit der Einführung eines in-camera-Verfahrens lösen, bei dem der streitbefangene Aktenvorgang nur dem Gericht zur Kenntnis zu bringen wäre.

V. Fazit

Unserem Rechtssystem widerspricht es nicht, den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern Rechte einzuräumen, die bei staatlichen Stellen den Zugang zu vorhandenen Informationen ohne den Nachweis der Betroffenheit in eigenen Rechten eröffnen. Das moderne Staatsverständnis geht von mündigen und informierten Bürgerinnen und Bürgern aus. Eine Erweiterung der Informationszugangsrechte ist dafür eine der Voraussetzungen, wobei dem verfassungsrechtlichen Rang des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung Rechnung getragen werden muß.

Anlage: Informationszugangsrechte in anderen Ländern

Die Informationszugangsrechte sind in anderen Ländern in unterschiedlicher Weise geregelt:

  • Dänemark (kein Verfassungsanspruch, Gesetz über die Öffentlichkeit in der Verwaltung vom 19.12.1985),
  • England (kein Verfassungsanspruch, jedoch Absichtserklärungen in dem Regierungsprogramm der britischen Labour Party vom 14.05.1997)
  • Frankreich (kein Verfassungsanspruch, durch Gesetz vom 17.07.1978),
  • Niederlande (Art.110 Niederländische Verfassung von 1983, Openness of Administration Act von 1978),
  • Österreich (Art.20 Abs.4 Österreichische Verfassung vom 15.05.1987, Bundesgrundsatzgesetz vom 15.05.1987),
  • Portugal (Art.268 Portugiesische Verfassung von 1976, einfachgesetzliche Zugangsansprüche),
  • Spanien (Art.105 Spanische Verfassung, einfachgesetzliche Ansprüche nur in speziellen Bereichen)
  • Schweden (seit 1766 mit Verfassungsrang im Grundsatz, Einschränkungen durch Act on Secrecy von 1980)
  • Ungarn (Verfassungsanspruch, Act on Protection of Personal Data and Disclosure of Data of Public Interest von 1992)
  • Kanada (kein Verfassungsrang, sowohl auf Bundesebene durch Informationszugangsgesetz vom 28.06.1982 als auch in einzelnen Bundesstaaten wie Ontario, Quebec und British Columbia Informationszugangsgesetze)
  • USA (keine verfassungsrechtliche Gewährleistung, Freedom of Information Act von 1966)
  • Recht für jeden Unionsbürger auf freien Zugang zu Informationen bei den Organen der EU (Art.191a EGV als Bestandteil der "Maastrichter Verträge" vom 16./17.Juni 1997)

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