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Anlagen zum Jahresbericht 1996

Aus dem Abgeordnetenhaus 15.12.1993

Kleine Anfrage Nr. 4619 des Abgeordneten Dr. Rolf-Peter Lange (F.D.P.) vom 08.11.93 (eingeg. b. Abghs. 11.11.93) über "eine Meldedatenübermittlungsverordung in Berlin":

1. Welche Position wird der Senat auf der Innenministerkonferenz im Dezember 1993 im Hinblick auf eine Meldedatenübermittlungsverordnung vertreten?

2. Welche Haltung nimmt der Senat zu der Entschließung der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 26./27. Oktober 1993 in Berlin ein, nach der eine Meldedatendübermittlungsverordnung zur regelmäßigen Datenübermittlung an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) aus datenschutz- und verfassungsrechtlichen Gründen abgelehnt wird?

Antwort des Senats vom 23.11.93 (eingeg. b. Abghs. 29.11.93):

Zu 1. und 2.: Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder (IMK) wird sich auf ihrer nächsten Sitzung am 25./26. November 1993 mit der Zulassung von regelmäßigen Datenübermittlungen aus den bei den Meldebehörden geführten Melderegistern an öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten bzw. an die Gebühreneinzugszentrale für Rundfunkgebühren (GEZ) befassen. Anlaß ist ein Beschluß der Ministerpräsidentenkonferenz vom 17. Juni 1993. Die Regierungschefs der Länder hatten darin die Innenministerkonferenz gebeten, ausgehend von den Regelungen in Hessen und Nordrhein-Westfalen einen

Musterentwurf für eine Vorschrift der Meldedatenübermittlungsverordnungen der Länder zu erarbeiten, der Maßnahmen der Rundfunkanstalten für einen effektiven Gebühreneinzug im Sinne der Gebührengerechtigkeit erleichtert. Der IMK liegt nunmehr ein Musterentwurf für die Datenübermittlungsverordnungen der Länder zum Zwecke des Rundfunkgebühreneinzugs zur Beschlußfassung vor. Nach dem Musterentwurf darf die Meldebehörde der GEZ im Falle der Anmeldung, Abmeldung oder des Todes eines volljährigen Einwohners folgende Daten übermitteln:

1. Familienname (jetziger und früherer Name mit Namensbestandteilen)

2. Vorname

3. Doktorgrad

4. Tag der Geburt

5. Gegenwärtige und frühere Anschriften

6. Tag des Ein- und Auszuges

7. Familienstand

8. Sterbetag

Seitenanfang Hintergrund der Angelegenheit ist, daß die Rundfunkanstalten der Länder wiederholt mit der Bitte vorstellig geworden sind, ihnen bzw. der GEZ Einwohnermeldedaten für die Erhebung der Rundfunkgebühren zur Verfügung zu stellen, um so Gebührenausfälle verhindern zu können, die aufgrund nicht angemeldeter Rundfunkteilnehmer entstehen. Die Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen sind diesem Petitum bereits nachgekommen und haben durch Rechtsverordnung regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörden an die Rundfunkanstalten bzw. an die GEZ zugelassen.

In Berlin hat der Rundfunkrat des SFB zuletzt mit Beschluß vom 18. Oktober 1993 an den im Senat zuständigen Senator appelliert, eine Meldedatenübermittlungsverordnung zu erlassen, die die regelmäßige Übermittlung von Berliner Einwohnermeldedaten für den Gebühreneinzug ermöglicht. Der Rundfunkrat des SFB hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß nach gesicherten Erkenntnissen 99 % aller Haushalte mindestens ein Hörfunkgerät und 96 % aller Haushalte mindestens ein Fernsehgerät zum Empfang bereithalten. Unter Berücksichtigung der bei der GEZ registrierten Haushalte seien demnach in rund 20 % aller Berliner Haushalte zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkgeräte nicht angemeldet.

Zur Verfassungsmäßigkeit der regelmäßigen Nutzung von Einwohnermeldedaten für den Rundfunkgebühreneinzug bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ein von dem Bochumer Universitätsprofessor Dr. Hans D. Jarass im Auftrag des WDR erstelltes rechtswissenschaftliches Gutachten kommt zu dem Ergebnis, daß die Beeinträchtigung des Rechts der informationellen Selbstbestimmung von vergleichsweise geringem Gewicht sei, da bei einem Großteil der Fälle Daten übermittelt würden, die nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag ohnehin anzuzeigen seien. Zugunsten des Verfahrens spreche die erhebliche Erhöhung Gebührengerechtigkeit sowie die Reduzierung des Verwaltungsaufwands bei der Gebührenzentrale und den Meldeämtern.

Demgegenüber haben verschiedene Bundesländer grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der gemäß § 18 Melderechtsrahmengesetz und den entsprechenden Vorschriften der Landesmeldegesetze notwendigen Erforderlichkeit von regelmäßigen Datenübermittlungen an die Rundfunkanstalten zum Zwecke des Gebühreneinzugs sowie hinsichtlich der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem Gebührenstaatsvertrag geltend gemacht. Nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag seien die für die Gebührenerhebung benötigten Daten grundsätzlich vom Rundfunkteilnehmer mitzuteilen. Die Einholung von Auskünften bei den Meldebehörden sei demgegenüber nur zulässig über Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorlägen, daß sie ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithielten und dies nicht oder nicht umfassend angezeigt hätten.

Erhebliche Bedenken gegen die von den Rundfunkanstalten gewünschte regelmäßige Übermittlung von Daten aus den Melderegistern sind auch von den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder in einer Entschließung vom 26./27. Oktober 1993 geltend gemacht worden. In der Entschließung wird darauf hingewiesen, daß die Regelung im Ergebnis zu einem bundesweiten Melderegister bei Volljährigen führen und außerdem gegen das verfassungsrechtlich garantierte Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen könnte.

Der Senat hat angesichts der von den Rundfunkanstalten geltend gemachten Gebührenausfälle Verständnis für das berechtigte Anliegen, durch geeignete Maßnahmen das Gebührenpotential weiter auszuschöpfen und eine gleichmäßige Gebührenzahlung zu erreichen. Der Senat hält aber andererseits auch die gegen die Zulassung von regelmäßigen Datenübermittlungen vorgetragenen Rechtsbedenken für beachtlich. Der Senat tritt zunächst für eine Prüfung von geeigneten Alternativmöglichkeiten ein, die eine Sicherung des Gebührenaufkommens der Rundfunkanstallten zum Gegenstand haben. Auf der Innenministerkonferenz im November 1993 wird sich Berlin vor allem mit Rücksicht auf das Berliner Datenschutzgesetz daher der Stimme enthalten.

Prof. Dr. Dieter Heckelmann Senator für Inneres

Zuletzt geändert:
am 02.03.97

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