Hintergrund der Angelegenheit ist, daß die Rundfunkanstalten
der Länder wiederholt mit der Bitte vorstellig geworden sind,
ihnen bzw. der GEZ Einwohnermeldedaten für die Erhebung der
Rundfunkgebühren zur Verfügung zu stellen, um so Gebührenausfälle
verhindern zu können, die aufgrund nicht angemeldeter Rundfunkteilnehmer
entstehen. Die Länder Nordrhein-Westfalen und Hessen sind
diesem Petitum bereits nachgekommen und haben durch Rechtsverordnung
regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörden
an die Rundfunkanstalten bzw. an die GEZ zugelassen.
In Berlin hat der Rundfunkrat des SFB zuletzt mit Beschluß
vom 18. Oktober 1993 an den im Senat zuständigen Senator
appelliert, eine Meldedatenübermittlungsverordnung zu erlassen,
die die regelmäßige Übermittlung von Berliner
Einwohnermeldedaten für den Gebühreneinzug ermöglicht.
Der Rundfunkrat des SFB hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen,
daß nach gesicherten Erkenntnissen 99 % aller Haushalte
mindestens ein Hörfunkgerät und 96 % aller Haushalte
mindestens ein Fernsehgerät zum Empfang bereithalten. Unter
Berücksichtigung der bei der GEZ registrierten Haushalte
seien demnach in rund 20 % aller Berliner Haushalte zum Empfang
bereitgehaltene Rundfunkgeräte nicht angemeldet.
Zur Verfassungsmäßigkeit der regelmäßigen
Nutzung von Einwohnermeldedaten für den Rundfunkgebühreneinzug
bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen. Ein von dem Bochumer
Universitätsprofessor Dr. Hans D. Jarass im Auftrag des WDR
erstelltes rechtswissenschaftliches Gutachten kommt zu dem Ergebnis,
daß die Beeinträchtigung des Rechts der informationellen
Selbstbestimmung von vergleichsweise geringem Gewicht sei, da
bei einem Großteil der Fälle Daten übermittelt
würden, die nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag ohnehin
anzuzeigen seien. Zugunsten des Verfahrens spreche die erhebliche
Erhöhung Gebührengerechtigkeit sowie die Reduzierung
des Verwaltungsaufwands bei der Gebührenzentrale und den
Meldeämtern.
Demgegenüber haben verschiedene Bundesländer grundsätzliche
Bedenken hinsichtlich der gemäß § 18 Melderechtsrahmengesetz
und den entsprechenden Vorschriften der Landesmeldegesetze notwendigen
Erforderlichkeit von regelmäßigen Datenübermittlungen
an die Rundfunkanstalten zum Zwecke des Gebühreneinzugs sowie
hinsichtlich der Vereinbarkeit einer solchen Regelung mit dem
Gebührenstaatsvertrag geltend gemacht. Nach dem Rundfunkgebührenstaatsvertrag
seien die für die Gebührenerhebung benötigten Daten
grundsätzlich vom Rundfunkteilnehmer mitzuteilen. Die Einholung
von Auskünften bei den Meldebehörden sei demgegenüber
nur zulässig über Personen, bei denen tatsächliche
Anhaltspunkte vorlägen, daß sie ein Rundfunkempfangsgerät
zum Empfang bereithielten und dies nicht oder nicht umfassend
angezeigt hätten.
Erhebliche Bedenken gegen die von den Rundfunkanstalten gewünschte
regelmäßige Übermittlung von Daten aus den Melderegistern
sind auch von den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
in einer Entschließung vom 26./27. Oktober 1993 geltend
gemacht worden. In der Entschließung wird darauf hingewiesen,
daß die Regelung im Ergebnis zu einem bundesweiten Melderegister
bei Volljährigen führen und außerdem gegen das
verfassungsrechtlich garantierte Verhältnismäßigkeitsprinzip
verstoßen könnte.
Der Senat hat angesichts der von den Rundfunkanstalten geltend
gemachten Gebührenausfälle Verständnis für
das berechtigte Anliegen, durch geeignete Maßnahmen das
Gebührenpotential weiter auszuschöpfen und eine gleichmäßige
Gebührenzahlung zu erreichen. Der Senat hält aber andererseits
auch die gegen die Zulassung von regelmäßigen Datenübermittlungen
vorgetragenen Rechtsbedenken für beachtlich. Der Senat tritt
zunächst für eine Prüfung von geeigneten Alternativmöglichkeiten
ein, die eine Sicherung des Gebührenaufkommens der Rundfunkanstallten
zum Gegenstand haben. Auf der Innenministerkonferenz im November
1993 wird sich Berlin vor allem mit Rücksicht auf das Berliner
Datenschutzgesetz daher der Stimme enthalten.
Prof. Dr. Dieter Heckelmann Senator für Inneres
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