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2. Der Betroffene hat die ihm vorgeworfene Ordnungswidrigkeit
ausweislich der Urteilsgründe in Abrede gestellt und sich
dahin eingelassen, sein Fahrzeug am Tatort lediglich zum Zwecke
kurzzeitigen Ent- und Beladene angehalten zu haben. Diese Einlassung
wäre, wie dem angefochtenen Urteil weiter zu entnehmen ist,
nur durch die gegenteilige Bekundung des Zeugen ... zu widerlegen
gewesen, der den dem Betroffenen vorgeworfenen Halteverstoß
als Angestellter einer vom Senat beauftragten privaten Parkraumüberwachungsgesellschaft
beobachtet und die dem Betroffenen vorgeworfene Zuwiderhandlung
in der Hauptverhandlung als Zeuge bestätigt hatte. Dessen
Aussage hat das Amtsgericht jedoch für unverwertbar gehalten.
a) Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Zeuge ... die maßgeblichen
Beobachtungen als Angestellter der privaten Arbeitsgemeinschaft
"Besser Parken in Berlin" getroffen. Diesem Unternehmen
ist vom Berliner Senat die systematische Feststellung von Park-
und Halteverstößen im Rahmen der flächendeckenden
Parkraumbewirtschaftung, die der Senat des Landes Berlin mit Beschluß
Nr. 5016/94 vom 26. Juli 1994 in mehreren besonders verkehrsintensiven
Gebieten von Berlin und unter anderem auch im Tatortbereich durch
Aufstellung von Parkscheinautomaten (§ 13 StVO) eingeführt
hat, auf Grund öffentlichrechtlichen Vertrages übertragen
worden. In seiner Mitteilung an das Abgeordnetenhaus in Berlin
(Drucksache 12/4683 vom 2. August 1994) erläutert der Senat
dies dahin, daß Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und
Entfernung der Verkehrszeichen und -einrichtungen (u.a. Parkscheinautomaten)
sowie deren Betrieb an Privatunternehmen vergeben werden, soweit
sich dieses Vorgehen als wirtschaftlicher herausstellt (Nr. 5.2);
da der Erfolg des Parkraumbewirtschaftungskonzepts entscheidend
vom Umfang der Befolgung seiner Regelungen durch die Kraftfahrer
abhänge und dies eine intensive Überwachung sowie Verfolgung
und Ahndung der im ruhenden Verkehrs begangenen Ordnungswidrigkeiten
bedinge (Nr. 6.1), sollten die mit der Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung
beauftragten Privatunternehmen eigene Kräfte einsetzen, die
entsprechende Zuwiderhandlungen feststellen und diese Feststellungen
an die Polizei zur weiteren Ahndung übergeben sollten (Nr.
6.2). Dies erfolgt in der Weise, daß Angestellte der beauftragten
Firmen die entsprechenden Parkverstöße sowie Tatort,
Tatzeit (Tag und Uhrzeit) und amtliches Kennzeichen des Fahrzeuges
in ein elektronisches Erfassungsgerät ("Handy")
eingeben und die so erfaßten Daten auf direktem Weg, d.h.
ohne Zwischenschaltung eines Behördenbediensteten an des
Berliner Landesamt für Informationstechnik (LIT) übermitteln,
wo sie als ausgedrucktes Verwarnungsgeldangebot (§ 56 OWiG)
erstmals in schriftlicher Form erscheinen; andere schriftliche
Belege über die von dem privaten Ermittler beobachtete und
erfaßte Verkehrsordnungswidrigkeit existieren nicht. Eine
materielle Kontrolle durch einen Angehörigen der Polizei,
ob die Voraussetzungen für eine ordnungswidrigkeitenrechtliche
Ahndung vorliegen, findet nicht statt.
b) In der Tätigkeit der privaten Ermittler sieht das Amtsgericht
eine Ermittlungstätigkeit, die bereits den Beginn einer staatlichen
Verfolgungsmaßnahme darstelle, für die speziell im
Fall von Verkehrsordnungswidrigkeiten (§§ 24 und 24
a StVG) gemäß § 26 Abs. 1 StVG ausschließlich
Behörden oder Bedienstete der Polizei zuständig seien.
Als typische Hoheitsaufgabe gehöre auch Verfolgung und Ahndung
bloßer Ordnungswidrigkeiten zum Kernbereich hoheitlicher
Staatsaufgaben, wie sie als Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse
privaten Unternehmen verschlossen seien, weil sie gemäß
Art. 33 Abs. 4 GG als ständige Aufgabe in der Regel nur Angehörigen
des öffentlichen Dienstes übertragen werden dürfen,
die in einem öffentlichrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis
stehen; allenfalls hätte es einer entsprechenden gesetzlichen
Beleihung bedurft, an der es jedoch ebenfalls fehlt. Somit verstoße
die Mitwirkung von Privatfirmen und ihren Beschäftigten bei
der Überwachung des ruhenden Verkehrs durch Erforschung und
Feststellung von Verkehrsverstößen nicht nur gegen
einfaches Gesetzesrecht (§ 26 Abs. 1 StVG), sondern auch
gegen die Verfassung (Art. 20 Abs. 3 und 33 Abs. 4 GG).
Die insoweit rechtswidrige Beweiserhebung zieht nach Ansicht des
Amtsgerichts unmittelbar ein Beweisverwertungsverbot nach sich:
Der Beweiserhebung hafte ein so schwerer rechtlicher Mangel an,
daß ein weiterer hoheitlicher Eingriff gegen den Betroffenen
in Form einer Geldbuße nicht darauf gestützt werden
dürfe. Dabei komme es nicht darauf an, daß der Parkverstoß
auch ebenso auf ordnungsgemäßem Wege hätte festgestellt
werden können, sei ein Beweisverbot doch jedenfalls dann
anzunehmen, wenn die rechtswidrige Beweiserhebung zu Lasten des
Betroffenen willkürlich oder unter bewußter Mißachtung
der geltenden gesetzlichen Bestimmungen angeordnet wurde (OLG
Frankfurt a.M. NZV 1995, 368). Davon sei vorliegend auszugehen,
weil sowohl der Senat des Landes Berlin wie die federführende
Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe (im folgenden:
SenVuB) nicht zuletzt durch Hinweise ihres eigenen Justitiariats
ausdrücklich darüber in Kenntnis gesetzt worden seien,
daß durch das geplante Berliner Parkraumbewirtschaftungskonzept
die Schnittstelle zwischen dem selbstverständlichen Recht
eines jeden Bürgers zur Anzeigeerstattung und der gesetz-
und verfassungswidrigen Übertragung hoheitlicher Befugnisse
auf Private unzulässigerweise überschritten werde und
die hierfür notwendige gesetzliche Ermächtigungsgrundlage
für die Übertragung hoheitlicher Befugnisse an Private
bislang nicht vorhanden sei.
c) Die Amtsanwaltschaft hält ein solches Beweisverbot nicht
für gegeben und beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Urteils und Zurückverweisung zwecks neuer Verhandlung und
Entscheidung. Nach ihrer Ansicht ist das vom Berliner Senat eingeführte
Parkraumüberwachungskonzept so gestaltet, daß die Angestellten
der Privatfirmen lediglich Informationen über Parkverstöße
einsammeln und an die Ordnungsbehörde weitergeben; da den
privaten Ermittlern keine Entscheidungskompetenz zustehe und es
sich bei ihrer Tätigkeit somit letztlich nur um technische
Hilfe bei der Vorbereitung einer fremden Entscheidung handele,
würden sie lediglich als Werkzeuge ("Verwaltungshelfer")
der Behörde bei Durchführung hoheitlicher Aufgaben tätig,
was mit Art. 33 Abs. 4 GG vereinbar sei. Zusätzlich weist
die beschwerdeführende Amtsanwaltschaft darauf hin, daß
auch privaten Ermittlern das "Jedermanns"-Recht der
Anzeigeerstattung zustünde und ihnen die Befugnis, ihre Beobachtungen
an die zuständige Ordnungsbehörde weitergeben und gegebenenfalls
im gerichtlichen Verfahren als Zeugen bekunden zu können,
weder generell noch speziell deshalb in Abrede gestellt werden
dürfe, weil sie als Mitarbeiter einer Privatfirma im Rahmen
der Berliner Parkraumüberwachung für Entgelt tätig
seien. Dieser Umstand sei allenfalls im Wege freier richterlicher
Beweiswürdigung (§ 261 StPO) nach "Wertigkeit"
der Zeugenaussage im Einzelfall zu berücksichtigen, führe
jedoch nicht schlechthin zu einem Beweisverbot.
d) Die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht ist dem Antrag der
Amtsanwaltschaft beigetreten, folgt in ihrer Begründung jedoch
in wesentlichen Punkten dem angefochtenen Urteil. Mit dem Amtsgericht
geht auch die Staatsanwaltschaft beim Kammergericht davon aus,
daß die Übertragung der systematischen Überwachung
des ruhenden Verkehrs und die dabei erfolgte Feststellung entsprechender
Zuwiderhandlungen, wie sie dem Parkraumüberwachungskonzept
des Berliner Senates zugrundeliegt, ohne ausreichende Gesetzes-
und Rechtsgrundlage erfolgt ist: Die Sachverhaltsfeststellung
am Tatort stelle sich als Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten
dar, die nicht an Private übertragen werden dürfe, sondern
der dafür zuständigen Ordnungsbehörde vorbehalten
sei. Weil die durch die privaten Ermittler erlangten Ermittlungsergebnisse
unmittelbar, d.h. ohne zwischengeschaltete Entscheidung eines
Hoheitsträgers in einen Verfolgungsakt (Verwarnungsgeldangebot)
einfließen, sei die lückenlose tatsächliche Sachherrschaft,
wie sie kraft verfassungsrechtlicher Vorgaben (Art. 33 Abs. 4
GG) allein der Ordnungsbehörde zustehe, nicht mehr gewährleistet.
Somit stelle sich die private Ermittlertätigkeit auch nicht
mehr nur als Tätigkeit eines bloßen "Verwaltungshelfers"
dar; weil die Entscheidung, ob dem Betroffenen ein Verwarnungsgeld
angeboten wird, letztlich allein vom privaten Ermittler getroffen
werde, handle es sich bei dessen Tätigkeit in der Sache nicht
mehr nur um eine die hoheitliche Entscheidung unterstützende,
sondern diese maßgeblich tragende Tätigkeit.
Ebenso wie das angefochtene Urteil hält die Staatsanwaltschaft
beim Kammergericht ein daraus folgendes Beweisverwertungsverbot
im Hinblick auf den Rechtsstaatsgedanken (Art. 20 Abs. 3 GG) jedenfalls
dann für gegeben, wenn die rechtswidrige Beweiserhebung staatlicherseits
"bewußt unter Mißachtung gesetzlicher Regelungen"
angeordnet wurde. Zwar enthalte das angefochtene Urteil Feststellungen
dahin, daß die SenVuB durch das senatseigene Justitiariat
auf die Rechtswidrigkeit ihres geplanten Parkraumüberwachungskonzeptes
hingewiesen worden sei; es sei jedoch nicht auszuschließen,
daß die Senatsverwaltung auf Grund anderer Erkenntnisse
zu einer gegenteiligen Überzeugung gelangt sei. Durch Vernehmung
der am Zustandekommen der Parkraumbewirtschaftungsvereinbarungen
beteiligten Dienststellen sowie durch Verlesung der entsprechenden
Urkunden in einer neuen Hauptverhandlung erwartet die Staatsanwaltschaft
beim Kammergericht insoweit weitere Aufklärung.
3. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat den
Betroffenen zu Recht freigesprochen, weil die Aussage des Zeugen
... unverwertbar ist.
a) Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 StVG obliegt die Verfolgung und
Ahndung derjenigen Ordnungswidrigkeiten nach §§ 24 und
24 a StVG, die im Straßenverkehr begangen werden, derjenigen
"Behörde oder Dienststelle der Polizei", die von
der Landesregierung durch Rechtsverordnung näher bestimmt
wird; ausweislich von § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Allgemeinen
Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung
in Berlin (ASOG Berlin) vom 14. April 1992 (GVBl. S. 119), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 19. Juli 1994 (GVBl. S. 241), in
Verbindung mit § 1 Nr. 2 c der Verordnung über sachliche
Zuständigkeiten für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten
(ZuständigkeitsVO-OWiG) vom 14. August 1995 (GVBl. S. 553)
ist dies für die dem Bußgeldbescheid zugrundeliegende
Zuwiderhandlung der Polizeipräsident in Berlin. Soweit ein
Bedürfnis dafür besteht, kann der Senat von Berlin mit
der Wahrnehmung bestimmter polizeilicher Aufgaben auch Dienstkräfte
der Polizei betrauen, die nicht Polizeivollzugsbeamte sind (§
5 Abs. 2 Satz 1 ASOG). Dies ist für den Bereich der Verkehrsüberwachung
und damit zusammenhängender Aufgaben im Sicherheits- und
Ordnungsdienst durch die Verordnung über die Wahrnehmung
bestimmter polizeilicher Aufgaben durch Angestellte der Polizei
(PA-ngVO) vom 17. Februar 1993 (GVBl. S. 98) geschehen; hier werden
für den Bereich der Verkehrsüberwachung abschließend
aufgezählte polizeiliche Aufgaben und Befugnisse auf Polizeiangestellte
delegiert. Sonstigen Personen kann der Senat von Berlin bestimmte
polizeiliche Befugnisse (durch Rechtsverordnung) nur dann übertragen,
wenn sie damit einverstanden sind und ihre Heranziehung zu polizeilichen
Aufgaben gesetzlich vorgesehen ist (§ 5 Abs. 3 ASOG). Dies
ist für private Unternehmen bislang weder zur Überwachung
noch zur Mitwirkung an Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten
erfolgt. Damit hält sich das Berliner Parkraumüberwachungskonzept
(Drucksache 12/4683 des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 2. August
1994) nicht mehr im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung
(§ 26 Abs. 1 Satz 1 StVG), die mit dem Grundgesetz vereinbar
ist (BVerfGE 27, 18 ff), und entspricht auch nicht den vom Bundesverfassungsgericht
aufgestellten Grundsätzen, wonach die Verfolgung und Ahndung
von Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr bei den Behörden
oder Dienststellen der Polizei zusammengefaßt werden soll,
die nach Zuständigkeitsbereich und personeller Besetzung
eine besondere Gewähr für eine sachgemäße
und reibungslose Erledigung bieten (BVerfG aa0 S. 35; Senat in
V-RS 72 (1987), 456). Bei dieser Gesetzeslage hat der Senat von
Berlin im Rahmen seines Parkraumbewirtschaftungskonzeptes zu Recht
davon abgesehen, private Firmen mit der Verfolgung von Parkverstößen
zu betrauen; eine solche unmittelbare "Übertragung der
Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten auf private Unternehmen
verstößt", wie der Senat von Berlin wörtlich
ausführt (Nr. 6.1 der Drucksache 12/4683), "gegen Bundesrecht
und wäre rechtswidrig". Der Senat von Berlin hat an
sich durchaus auch erkannt, daß der von ihm gewählte
Ausweg, wonach die mit der Umsetzung der Parkraumbewirtschaftung
beauftragten Privatunternehmen eigene Kräfte einsetzen, die
mit moderner Daten- und Kommunikationstechnik die Parkverstöße
feststellen und diese Feststellungen an die Polizei zur weiteren
Ahndung übergeben, "im Ergebnis zwar der (nach derzeitiger
Gesetzeslage gesetzwidrigen) privaten Parkraumüberwachung
angenähert ist", dann aber gemeint, daß die von
ihm vorgeschlagene Lösung sich von jener insoweit unterscheide,
"als eine Übertragung hoheitlicher Befugnisse unterbleibt"
(aa0 Nr. 6.2).
aa) Dem vermag der beschließende Senat nicht zu folgen.
Es kann offenbleiben, ob bereits die Verkehrsüberwachung
als solche, bei der im Gegensatz zur Verfolgung und Ahndung von
Ordnungswidrigkeiten keine Eingriffe zu besorgen sind, zum Kernbereich
staatlicher Aufgaben gehört, bei der eine Privatisierung
verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt (zu den Möglichkeiten
und Grenzen privater Verkehrsüberwachung, insbesondere bei
Geschwindigkeitsverletzungen und bei Verstößen im ruhenden
Verkehr, zuletzt Steiner DAR1996, 272 ff, Radtke NZV 1995, 428
ff, Bick/Kiepe NZV 1990, 329 ff, Janker DAR 1989, 172 ff und NJW
1992, 1365 f sowie Rusteberg PVT 1989, 222 ff: alle mit weiterführenden
Nachweisen; vgl. dazu auch OLG Frankfurt a.M. NZV 1995, 368, OLG
Stuttgart DAR 1991, 31 und AG Alsfeld NJW 1995, 1503) . Fest steht
jedenfalls, daß sich die Tätigkeit der Angestellten
der privaten Unternehmen, wie sie der Berliner Parkraumbewirtschaftungskonzeption
zugrundeliegt, nicht mehr nur als generelle, d.h. Allgemeingefahren
abwehrende Verkehrsüberwachung erweist, sondern bereits individuellen
Eingriffscharakter besitzt und damit den Beginn staatlicher "Verfolgung"
darstellt. Der private Ermittler beobachtet, registriert und dokumentiert
ganz gezielt ausschließlich jene Tatsachen, die das Verhalten
des Betroffenen als rechtswidrig qualifizieren. Kriterium für
sein Eingreifen ist somit ausschließlich die Rechtswidrigkeit
der Parksituation; allgemeine Gefahrenabwehr durch Verkehrsüberwachung
mag insofern willkommenes Beiwerk sein, ist aber nicht erstrebter
Hauptzweck. Demzufolge handelt es sich bei der den privaten Ermittlern
aufgetragenen Tätigkeit der Sache nach nicht mehr lediglich
um allgemeine Prävention, sondern um bewußt eingesetzte
Repression (Verfolgung und Ahndung begangenen Unrechts), die wegen
ihres Eingriffscharakters jedenfalls einen belegten Anfangsverdacht
voraussetzt. Der für den Beginn eines personenbezogenen Bußgeldverfahrens
erforderliche Anfangsverdacht liegt spätestens dann vor,
wenn Tatsachen aufgezeichnet werden, die die Handlung als bußgeldbewehrte
Ordnungswidrigkeit erkennen lassen und durch Aufzeichnen des amtlichen
Kraftfahrzeugkennzeichens auch den Zugriff auf einen bestimmten
Täter ermöglichen. Ebenso wie eine zunächst nur
verdächtige Person dadurch zum personalisierten Objekt staatlicher
Strafverfolgung, d.h. zum "Beschuldigten" (§ 157
StPO) wird, indem "das Strafverfolgungsorgan, welches das
Verfahren in seinem jeweiligen Abschnitt maßgeblich gestaltet,
es gegen ihn gerade als Beschuldigten betreibt" (BGHSt. 10,
8, 12), wird auch ein Verkehrsteilnehmer durch entsprechenden
Inkulpationsakt zum "Betroffenen" eines Bußgeldverfahrens.
Dieser Inkulpationsakt kann ausdrücklich erfolgen oder aber
- wie vorliegend - sich aus der jeweiligen Situation ergeben,
muß aber immer personenbezogen sein (näher zum Beginn
der "Beschuldigten"-Eigenschaft und damit zum Beginn
staatlicher "Verfolgung" im Kriminalstrafverfahren SK/StPO-Rogall
Rdn. 21 ff vor 133 und Geppert, Oehler-Festschrift, 1985, S. 323,
326 ff). Indem die privaten Ermittler die Verkehrszuwiderhandlung
nach Tatort, Tatzeit und nach polizeilichem Kennzeichen in ihr
elektronisches Erfassungsgerät eingeben und dies dem Führer
des betreffenden Kraftfahrzeuges durch unter den Scheibenwischer
geklemmte schriftliche Notiz mitteilen, wird dieser Fahrer zum
"Betroffenen" eines Bußgeldverfahrens erklärt
und damit der Beginn ordnungswidrigkeitenrechtlicher "Verfolgung"
markiert, wie sie nach § 26 Abs. 1 Satz 1 StVG ausschließlich
der Polizei und ihr angegliederten Dienststellen vorbehalten ist.
bb) Indem die durch Private erlangten Ermittlungsergebnisse allein
durch die elektronische Datenerfassung und ohne zwischengeschaltete
Entscheidung eines Hoheitsträgers in das Verwarnungsgeldangebot
(§ 56 OWiG) einfließen, hat sich die Polizei der lückenlosen
tatsächlichen Sachherrschaft über den Geschehensablauf
bei der Überwachung begeben, wie sie schon für die ersten
Verfolgungsmaßnahmen kraft gesetzlicher Kompetenzzuweisung
nur der Polizei zusteht. Die privaten Ermittler fungieren nicht
mehr nur als bloße "Tatbestandsfeststeller" im
Bereich vergleichsweise unerheblicher Überwachungsaufgaben
und führen für die Polizei auch keineswegs nur mehr
beiläufige Vorermittlungen durch; vielmehr sind es letztlich
sie allein, die nicht zusätzlich zur oder zeitlich vor, sondern
anstelle der nach § 26 StVG allein zuständigen Polizei
die maßgeblichen Ermittlungen treffen. Somit stellt sich
die Tätigkeit der privaten Ermittler auch nicht, wie die
Amtsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung unter Hinweis
auf Maunz (in Maunz-Dürig, Rdn. 36 zu Art. 33 GG) meint,
als Tätigkeit eines sogenannten "Verwaltungshelfers"
dar, die dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG nicht unterliegen
würde. Dabei muß es sich nämlich um rein technisch-mechanische
Hilfsdienste handeln, die eigene Entscheidungen des (angeblichen)
Verwaltungshelfers nicht oder jedenfalls in nur unerheblichem
Umfang erfordern (so auch Maunz an der angegebenen Stelle; zur
Wahrnehmung bloßer Hilfsfunktionen s. auch Honigl, Tätigwerden
von Privaten auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung, 1985, S. 86 ff). Anders als etwa der Abschleppunternehmer,
den die Polizei bei der Beseitigung verkehrswidrig abgestellter
Fahrzeuge zur Hilfe heranziehen werden die privaten Ermittler
nicht nach individuellem Auftrag und individueller Weisung der
Polizei und zusätzlich zu dieser, sondern in weitem Umfang
statt dieser tätig; die privaten Ermittler tun ersichtlich
nichts anderes, als Polizeibeamte oder Angestellte im Polizeidienst
in gleicher Situation tun würden. Damit geht ihre Tätigkeit
über den Bereich bloß einfacher technisch-manueller
Hilfsdienste weit hinaus.
cc) Beruht das Verfahren bis zur Erteilung des Verwarnungsgeldangebotes
letztlich allein auf den durch den privaten Ermittler im ersten
Zugriff erfaßten elektronischen Daten, setzt dies gleichzeitig
voraus, daß der private Ermittler das Halten bzw. Parken
eines Fahrzeuges zuvor als ordnungswidrigkeitenrechtlich zu ahndenden
Sachverhalt beurteilt hat. Da es im Ermessen des Feststellenden
liegt, Tatumstände als rechtserheblich einzustufen und aufzunehmen
oder davon abzusehen, greift die Tätigkeit der privaten Ermittler
unmittelbar in die Ermessensausübung der Verfolgungsbehörde
ein. Sie gibt den Entscheidungsrahmen vor, der zum Rechtsfolgenausspruch
führt. Damit ist der Opportunitätsgrundsatz, wie er
das gesamte Bußgeldverfahren beherrscht (§ 47 OWiG),
jedenfalls bis zur Erteilung des Verwarnungsgeldangebotes an der
Behörde vorbei- und auf die privaten Ermittler übergegangen.
Dies ist gesetzwidrig; denn der Opportunitätsgrundsatz müßte
bereits vor Ort, d.h. schon hinsichtlich der Frage beachtet werden,
ob überhaupt eine Verfolgung und gegebenenfalls mit welchen
Aufklärungsmitteln sie stattfinden soll. Dem steht nicht
entgegen, daß der zu ermittelnde Sachverhalt bei der Verfolgung
speziell von Park- und Halteverstößen oft keine besonderen
Anforderungen an die Durchführung der Ermittlung und häufig
auch vergleichsweise geringe Anforderungen an die Abwägung
des pflichtgemäßen Ermessens stellt. Das Gebot pflichtgemäßer
Ermessensausübung ist auch dann nicht gewahrt, wenn das Ermessen
seitens der Behörde überhaupt erst ausgeübt werden
kann bzw. entsprechende Ermessensfehler erst zu korrigieren sind,
wenn sich der Betroffene gegen das automatisierte Verwarnungsgeldangebot
zur Wehr setzt.
dd) Wie das angefochtene Urteil zutreffend ausführt, läßt
sich das Parkraumüberwachungskonzept des Berliner Senates
auch nicht mit der Überlegung rechtfertigen, daß auch
sonst eine Vielzahl von Rechtsverletzungen im Kriminal- ebenso
wie im Ordnungswidrigkeitenrecht durch "Private" angezeigt
wird, die ihr Wissen in einer nachfolgenden Hauptverhandlung gegebenenfalls
als Zeugen zu bekunden haben. Angesichts der Tatsache, daß
die Tätigkeit der privaten Ermittler systematisch und nicht
zufällig nur im Einzelfall und im übrigen "berufsmäßig"
gegen Entgelt erfolgt, ist die Tätigkeit der privaten Ermittler
mit dem Jedermannsrecht auf Anzeige von Rechtsverletzungen nicht
zu vergleichen.
b) Bei dieser Gesetzes- und Rechtslage hat es das Amtsgericht
zu Recht abgelehnt, die beweismäßigen Ergebnisse der
in gesetzwidriger Weise durch Angestellte eines Privatunternehmens
durchgeführten Verkehrsüberwachung gegen den Betroffenen
zu verwenden. Ungeachtet der Tatsache, daß die gesetzwidrige
Beweiserhebung nur in vergleichsweise geringem Umfang in grundrechtlich
geschützte Belange des Betroffenen eingreift und die Beweisergebnisse
letztlich auch auf ordnungsgemäßem Wege hätten
erlangt werden können, unterliegen sie jedenfalls dann einem
Beweisverwertungsverbot, wenn sie zu Lasten des Betroffenen unter
bewußter Mißachtung geltender gesetzlicher Bestimmungen
erlangt sind.
aa) Der entscheidende Senat folgt damit der Linie, wie sie in
einem vergleichbaren Fall (Geschwindigkeitsmessung durch Private)
bereits vom AG Alsfeld (NJW 1995, 1503) und im Beschwerderechtszug
vom OLG Frankfurt a.M. (NZV 1995, 368) vertreten wurde (vgl. in
anderem Zusammenhang auch KG StV 1985, 404) . Auch nach überwiegender
Ansicht im Schrifttum kann eine an sich rechtswidrige Beweiserhebung
durch die Überlegung, daß die Strafverfolgungsorgane
bei rechtmäßigem Vorgehen dasselbe Beweisergebnis hätten
erlangen können, jedenfalls dann nicht legitimiert werden,
wenn sich die rechtswidrige Beweiserhebung im Einzelfall als bewußte
oder jedenfalls grobfahrlässige Mißachtung zwingender
Rechtsvorschriften darstellt (vgl. für viele vor allem Rogall
NJW 1988, 385, 391 sowie denselben in SK/StPO Rdn. 103 zu 136
a, Meurer JR 1990, 391, Roxin NStz 1989, 379 sowie Wolter in SK/StPO
Rdn. 203 zu 151). Dem ist der Fall gleichzustellen, daß
die verantwortlichen staatlichen Stellen und damit vorliegend
der Senat von Berlin und die in Sachen der Parkraumbewirtschaftung
und -Überwachung federführende Senatsverwaltung für
Verkehr und Betriebe sehenden Auges eine Lösung umgesetzt
haben, die seit Ende der 80er Jahre vielerorts als höchst
bedenklich eingeschätzt wurde (vgl. nur den Arbeitskreis
II "Verkehrsüberwachung durch Gemeinden oder Private?"
auf dem 27. Deutschen Verkehrsgerichtstag 1989) und über
deren rechtliche Risiken der Senat, wie das Amtsgericht festgestellt
hat, durch eigene Dienststellen und von außerhalb mehrfach
in Kenntnis gesetzt wurde. Bei dieser Sachlage sieht der Beschwerdesenat
keine Notwendigkeit, dem Antrag der Staatsanwaltschaft beim Kammergericht
zu folgen, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache
zwecks weiterer Aufklärung, auf Grund welcher anderer Erkenntnisse
der Senat von Berlin zur gegenteiligen Rechtsüberzeugung
gelangt sei, an das Amtsgericht zurückzuverweisen. Eine solche
Zurückverweisung ist schon deshalb nicht erforderlich, weil
die tatsächlichen Voraussetzungen eines Beweisverbotes nach
gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHST. 16, 164, 166, BGH MDR
1981, 338, BayObLG bei Ruth DAR 1982, 253 und OLG Düsseldorf
VRS 57 (1979) , 289, 291) und nach ganz herrschender Ansicht im
Schrifttum (vgl. SK/StPO-Schlüchter Rdn. Rdn. 11 zu §
244, KK-Pelchen, 3. Aufl. 1993, Rdn. 53 vor § 48 sowie Beweisantrag
in, Strafprozeß, 5. 1983, S. 121 f: alle mit weiteren Nachweisen)
im Wege des Freibeweises festgestellt werden dürfen; zum
andern ist eine Zurückverweisung nicht erforderlich, weil
die maßgeblichen tatsächlichen Voraussetzungen des
Beweisverbotes vom Amtsgericht hinreichend sicher festgestellt
sind. Der Senat hat im Wege des Freibeweises darüber hinaus
weiter festgestellt, daß dem Senat von Berlin die ablehnenden
Stellungnahmen des Bund-Länder-Fachausschusses (BLFA-OWiG)
aus seiner Sitzung vom 7./8. November 1989 in Kiel oder vom 19./20.
Oktober 1993 in Schwerin ebenso bekannt waren wie die warnende
gutachterliche Stellungnahme des Bundesministers für Verkehr
vom 24. August 1993, die vom Senator für Verkehr und Betriebe
jedenfalls zeitweilig sogar ausdrücklich für rechtlich
zutreffend gehalten wurde (vgl. Vermerk SenVuB vom 7. März
1994). Im Wege des Freibeweises hat das Beschwerdegericht des
weiteren festgestellt, daß das senatseigene Justitiariat
mit Schreiben vom 8. März und vom 11. Mai 1994 nachdrücklich
auf die rechtlichen Bedenken gegen die vom Senator für Verkehr
und Betriebe befürwortete Konzeption hingewiesen hat und
daß diese Bedenken auch von anderen Senatsstellen geteilt
wurden (vgl. Vermerk des Finanzsenators vom 3. Februar 1994 sowie
Schreiben SenVuB vom 16. Februar 1994). Bei dieser Sachlage kommt
es nicht darauf an, aus welchen Gründen oder auf Grund welcher
anderer Überlegungen oder Erkenntnisse die Regierung des
Landes Berlin sich zu der gesetzwidrigen Parkraumüberwachungskonzeption
entschlossen hat. Maßgeblich ist allein, daß das von
ihr bestimmte Parkraumüberwachungsmodell sich nicht im Rahmen
der gesetzlichen Ermächtigung des § 26 Abs. 1 S. 1 StVG
hält und somit auch nicht mehr den vom BVerfG im Hinblick
auf Art. 33 Abs. 4 GG aufgestellten Grundsätzen entspricht,
wonach die Verfolgung und Ahndung von Verkehrsordnungswidrigkeiten
in die ausschließliche Zuständigkeit der Polizei fällt.
bb) Es kommt hinzu, daß es sich nicht um eine rechtswidrige
Beweiserhebung im Einzelfall, sondern um eine jedenfalls für
den weiträumigen Bereich der Berliner Parkraumzonen allgemeingültige
Regelung handelt, der seitens der damit befaßten Gerichte
nur mit Hilfe eines entsprechenden Beweisverbotes entgegengewirkt
werden kann. Dem Senat von Berlin war das "Rechtsrisiko der
Aufhebung" der auf Grund dieser gesetzwidrigen Beweiserhebung
zustandegekommenen Bußgeldbescheide durch die Gerichte"
bekannt (Vermerk der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe
vom 16. Mai 1994).
4. Der Senat weist abschließend darauf hin, daß er
nicht Zweckmäßigkeit und Effizienz der auf private
Unternehmungen gestützten Berliner Parkraumkonzeption zu
würdigen hat. Dem Senat ist es im Rahmen eines ihm konkret
zur Entscheidung vorgelegten Bußgeldverfahrens lediglich
aufgegeben zu überprüfen, ob dieses private Parkraumüberwachungsmodell
der derzeitigen Gesetzeslage entspricht (was nach Ansicht des
Senates nicht der Fall ist, weil bislang auch jede Möglichkeit
gesetzlicher Beleihung fehlt) und daraus die beweisrechtlich notwendigen
Konsequenzen zu ziehen.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 46 Abs.
1 OWiG, 473 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 StPO.
Dr. Dietrich / Halter / Prof. Dr. Geppert
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