Anlagen zum Jahresbericht 1996Auszug aus dem Jahresbericht 19932.3 Chipkarten - nur Trümpfe für den Datenschutz?Plastikkarten gehören heute einfach dazu - ob man an der Kaufhauskasse mit Kreditkarten bezahlen möchte, ob man an der Tankstelle unterschriftslos mit der Eurocheque-Karte das Benzin begleichen will, ob man bargeldlos telefonieren möchte. Hier vollzieht sich derzeit ein entscheidender Wandel: Die bisher gebräuchlichen Magnetstreifenkarten werden abgelöst von Chipkarten ("smart-cards"). Magnetstreifenkarten enthalten einen Magnetstreifen, der wie ein Magnetband beschrieben, überschrieben, gelöscht und abgespielt bzw. gelesen werden kann. Sie sind billig, aber ihr Inhalt ist leicht verfälschbar, da Geräte zum Lesen, Kopieren und überschreiben von Magnetkarten frei erhältlich sind. Bei den Chipkarten wird die Möglichkeit genutzt, Halbleiterspeicherchips und/oder Prozessorchips in Plastikkarten der Größe und Dicke der Magnetstreifenkarten unterzubringen. In den Speicherchips gespeicherte Daten können zur Weiterverarbeitung gelesen und verändert werden, die Prozessoren in den "intelligenten" Chipkarten können mit dem Lesegerät interagieren und Daten aus den eigenen Speicherchips oder aus dem Lesegerät verarbeiten. Viele Anwendungen der Chipkarte, so auch für Sicherheitszwecke, machen es sich zunutze, daß Chipkarten auch mit nicht beschreibbaren Speicherchips (ROM - Read Only Memory, u. a. für die Aufnahme des Chipkarten-Betriebssystems) oder gar mit Speicherchips ausgestattet werden, die nur vom Prozessor auf der gleichen Chipkarte gelesen werden können (etwa zur Speicherung geheimer Schlüssel). Eine sehr verbreitete Anwendung der Chipkarte ist die bekannte Telefonkarte, die als Sammlerobjekt dabei ist, den Briefmarken beinahe den Rang abzulaufen. Es handelt sich dabei um eine Chipkarte recht einfacher Technologie, denn sie enthält nur einen Speicherchip, auf dem ein Guthaben gespeichert ist. Dieses Guthaben wird bei einem Telefonat mit dem Kartentelefon automatisch reduziert. Die Vorteile liegen zum einen in der höheren Sicherheit für die öffentlichen Telefone, denn es gibt in ihnen kein Bargeld mehr, für das es sich lohnen würde, die Apparate aufzubrechen, und zum anderen in den zinslosen Krediten, die die Benutzer der Telekom durch die Vorauszahlung gewähren. Die Vorteile für den Kunden liegen in der Unabhängigkeit vom sonst nötigen Münzgeld. Für den Datenschutz gibt es bei solchen Wertkarten (Prepaid-Karten) keine Risiken, denn der gesamte Zahlungsverkehr läuft anonym ab.
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Anders ist es bei den Kreditkarten (Postpaid-Karten). Wenn man
mit ihnen bezahlt, wird eine Datenspur gelegt, deren Umfang für
kaum einen Kunden durchschaubar ist: Der Kreditgeber will wissen,
in welcher Höhe wann die Kreditkarte in Anspruch genommen
wurde und wer der Begünstigte ist (wo die Karte also zum
Bezahlen genutzt wurde), damit die Einhaltung des Kreditrahmens
und die Identität des Karteninhabers geprüft werden
können (Autorisierung) und die Buchungen in richtiger Weise
erfolgen (Clearing). Der Benutzer von Kreditkarten nimmt also
hin, daß er beim Einsatz der Karte Daten über sein
Kaufverhalten preisgibt.
Keiner wird bestreiten, daß die Prepaid-Karte zumindest bei höheren Zahlbeträgen keine sinnvolle Konkurrenz zur Postpaid-Karte sein kann. Die vorauszuzahlenden Beträge würden eine Höhe erreichen müssen, die ihre Akzeptanz in Frage stellen würde. Anders ist dies aber bei den kleineren Zahlbeträgen, wie sie beim Telefonieren, bei der Taxinutzung, bei der Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, beim Eintritt in Museen, Ausstellungen, Kinos usw. anfallen. Aus den oben für die Telefonkarte genannten Gründen könnten diese Wertkarten eine Alternative zum Bargeld darstellen. Einige Kommunen denken gleichwohl darüber nach, den elektronischen Zahlungsverkehr mit Postpaid-Karten auch für Kleinbeträge einzuführen, insbesondere für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs. Entsprechende Pläne gibt es in einigen Städten wie z. B. in Kiel und Hamburg. Die Gefahren für die informationelle Selbstbestimmung bei der Nutzung solcher Zahlungsverfahren, die unter Umständen Bewegungsprofile für einzelne Personen ermöglichen, haben die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder veranlaßt, in einer Entschließung vor solchen kartengestützten Zahlungssystemen im öffentlichen Nahverkehr zu warnen und sich für Prepaid-Systeme einzusetzen. Es ist zu begrüßen, daß die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) in Zusammenarbeit mit der Studiengesellschaft Verkehr mbH und mit Förderung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie und der Senatsverwaltung für Verkehr und Betriebe eine Pilotanwendung der "elektronischen Geldbörse" erprobt, die als Prepaid-Chipkarte realisiert wird. Von allen möglichen kartenunterstützten Varianten des elektronischen Zahlungsverkehrs wird diese Wertkarte den Anforderungen des Datenschutzes am meisten gerecht, da die einzelnen Zahlungsvorgänge weder für die Autorisierung der Zahlungen noch für das spätere Clearing zentral gespeichert werden müssen. Somit kann die Gefahr technisch ausgeschlossen werden, daß die Daten für personenbezogene Kauf- oder Verbraucherprofile, in diesem Falle Bewegungsprofile zweckentfremdet werden können. Während der Pilotphase sollen Name und Anschrift der Teilnehmer bei der BVG festgehalten werden, da die BVG das Eigentumsrecht an den Chipkarten behalten will. Für die Datenverarbeitung bedarf es der Einwilligung der Betroffenen. Es ist ferner auf Dauer vorgesehen, alle Datentransfers, die im Zuge der Chipkartenanwendungen anfallen (Aufbuchung, Abbuchung beim Fahrausweiserwerb, Chipkarten-Kontoführung usw.), mit der Seriennummer zentral zu speichern, um bei eventuellen Einwendungen der Kunden die Benutzung der Karte prüfen zu können. Dagegen bestehen wegen der Anonymität der Datensammlungen keine Bedenken. Es wurde uns bestätigt, daß sichergestellt ist, daß Name und Anschrift der Teilnehmer nicht in Verbindung mit der Chipkarten-Seriennummer gespeichert werden, weil dies wegen der seriennummernbezogenen Speicherung der Datentransfers zur oben beschriebenen Gefahr von personenbezogenen Bewegungsprofilen führen würde. Bei der Benutzung der Chipkarte in einem entsprechend ausgerüsteten Bus wird sowohl fahrer- als auch fahrgastseitig auf einer LCD-Anzeige das aktuelle Kartenguthaben dargestellt. Die fahrgastseitige Anzeige dient dem Fahrgast zur Kontrolle seines Guthabens und ist rechtlich unbedenklich. Allerdings ist dringend darauf zu achten, daß Dritte (also die, die sich hinter dem Fahrgast in die Warteschlange einreihen oder Fahrgäste, die in der Nähe sitzen oder stehen) keinen Einblick in die fahrgastseitige Anzeige erhalten können. Anderenfalls bestehen nicht nur Risiken hinsichtlich der Währung der informationellen Selbstbestimmung, sondern auch hinsichtlich seiner persönlichen Sicherheit. Es wurde uns versichert, daß die Anzeige zum Fahrgast entsprechend plaziert ist. Die fahrerseitige Anzeige des Guthabens ist allerdings überflüssig und daher unzulässig. Für den Fahrer ist von Bedeutung, ob das Guthaben ausreicht, um die gewünschten Fahrausweise zu bezahlen, nicht jedoch dessen Höhe. Eine Modifizierung der Technik wird vorgenommen. Ein grundsätzliches Risiko der Prepaid-Cards ist, daß im Falle der unbefugten Verwendung der Karte nach Verlust oder Diebstahl dem Inhaber ein Schaden in Höhe des Restguthabens droht. Da die Guthabenhöhe bis 999 DM betragen kann, sind Risiken für den Kunden und Anreiz für Gesetzesbrecher nicht unerheblich. Wir empfahlen eine Prüfung, ob für die Nutzung der Chipkarte nicht auch die Eingabe eines geheimen Paßwortes erforderlich sein sollte oder ob nicht bereits bei der Zahlung per Chipkarte im Bus eine Prüfung ermöglicht werden kann, ob die Karte gesperrt ist oder nicht. Dem steht gegenüber, daß der Aufwand dafür sehr erheblich ist und die Akzeptanz beeinträchtigen würde. Die Abfertigungsdauer würde sich verlängern. Andererseits kann wegen der frei wählbaren Guthabenhöhe auf der Karte das Verlustrisiko in den gleichen Grenzen gehalten werden wie bei einer Geldbörse voller Bargeld. Da auf der Chipkarte ein Verfalldatum gespeichert wird, wird das Verlustrisiko reduziert. Nach dem Datum ist eine unbefugte Nutzung nicht mehr möglich, so daß die Chance besteht, daß der Kunde noch ein Restguthaben zurückbekommen kann. Diese Argumente wurden von uns akzeptiert. Aber nicht nur bei Zahlungsverfahren soll die Speicherfähigkeit der Chipkarte genutzt werden. Nach § 291 Sozialgesetzbuch V (SGB V) sind bis 1995 alle gesetzlich krankenversicherten Personen mit einer Krankenversichertenkarte auszustatten. Diese soll zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Kassenleistungen und Abrechnung mit den Leistungserbringern den Krankenschein ersetzen. Mit der Karte erhofft man sich Einsparungen im Gesundheitsbereich durch die Automatisierung der Datenflüsse und der verbesserten Auswertbarkeit der Datenbestände, eine Rationalisierung der Krankenscheinerstellung, Mißbrauchverhinderung und Verbesserung der Transparenz des Leistungsgeschehens. Der Gesetzgeber hat keine Vorgaben zur Kartentechnologie gemacht. Die Tendenz geht dahin, Chipkarten einzusetzen. Auch in Berlin sollen ab dem 1. Januar 1995 solche Chipkarten für alle bei der AOK, den Betriebs- und den Innungskrankenkassen Versicherten eingeführt werden. Nach § 291 Abs. 2 SGB V ist es zulässig, in der Chipkarte die Bezeichnung der ausstellenden Krankenkasse, den Familien- und Vornamen des Versicherten, das Geburtsdatum, die Anschrift, die Krankenversichertennummer, eine Angabe zum Versichertenstatus, Beginn und Ablauf des Versicherungsschutzes zu speichern. Es muß sichergestellt werden, daß keine darüber hinausgehenden Daten auf der Karte gespeichert werden und daß über die in § 291 Abs. 2 SGB V genannten Zwecke hinaus keine weitere Nutzung der Karte möglich ist. Die Aufnahmekapazität des Chips muß also auf die Aufnahme der zulässigen Daten beschränkt sein. Tatsächlich verfügen die Chips über mehr Speicherkapazität. Die nicht benötigten Speicherplätze werden allerdings mit einem definierten Zeichen belegt und können nicht in manipulativer Absicht beschrieben werden. Die Lesegeräte dürfen nur den zulässigen Bereich lesen können. Zur Absicherung dieser Anforderung dürfen nur Lesegeräte von Ärzten und sonstigen Leistungserbringern eingesetzt werden, die vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert worden sind. Diese Anforderung ist nach ersten Prüferfahrungen außerhalb Berlins nicht immer eingehalten worden. Nur schwach ausgeprägt sind die Maßnahmen gegen Fälschung der Karten und Mißbrauch gestohlener oder verlorenen Karten. Die Empfehlung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, mit Hilfe eines kryptografischen Verfahrens die Chipkarte zu versiegeln, wurde auch hier aus Kostengründen abgelehnt. Eine Authentifizierung des Versicherten gegenüber der Karte (z. B. mit Hilfe einer geheimen Identifikationsnummer) Findet nicht statt. Erste Prüferfahrungen bei Versicherungen in anderen Bundesländern, die bereits Chipkarten ausgeben, haben darüber hinaus ergeben, daß die Ersterfassung von Daten keineswegs immer so sicher erfolgt, daß die Verwendung von Identifikationsmerkmalen der Versicherten in anderen Chipkarten ausgeschlossen werden kann. Es wurde zugesichert, daß jeder Versicherte jederzeit den Inhalt der auf der Karte über ihn gespeicherten Daten bei der Krankenkasse oder gar bei einem Arzt lesen und überprüfen kann. Auch die Beachtung dieser Vereinbarungen konnte bei den genannten Prüfungen nicht immer bestätigt werden. Die Krankenversicherungs-Chipkarte stellt nur die Oberfläche einer umfassenden informationstechnischen Infrastruktur im Gesundheitswesen dar. Während des Datenflusses zwischen den Arztpraxen, den kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen werden Patientendaten aus der Chipkarte angereichert mit diversen Daten, u. a. auch zum Gesundheitszustand des Patienten. Dies bedeutet: Nicht die Karte selbst ist der eigentliche datenschutzrechtliche Risikofaktor, sondern die dahinterstehende Vernetzung zur Kontrolle des Gesundheitsverhaltens des Versicherten und des Verschreibungsverhaltens der Ärzte. Aus gesundheitspolitischen Erwägungen ist auch die zusätzliche Einführung einer Chipkarte mit medizinischen Daten der Patienten angeregt worden. Eine solche Karte könnte z. B. für den Notfall wichtige Daten wie Blutgruppe, besondere gesundheitliche Risiken, Allergien, Infektionen (z. B. mit HIV) usw. enthalten, die dem Arzt dann die richtige Behandlung ermöglichen könnten. Eine solche Karte bedürfte der Einwilligung der Versicherten und umfassenderer Sicherheitstechnik. Jedoch müßte in diesem Falle verhindert werden können, daß Patienten bei Gelegenheiten zur Preisgabe der Daten veranlaßt werden, für die die Karte nicht bestimmt ist (z. B. im Rahmen einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz). Die beschriebenen Anwendungsmöglichkeiten der Chipkarte nutzen die Speicherkapazitäten von Chips und zeigen, daß für den Datenschutz Chancen und Gefahren mit dieser Technik dicht beieinander liegen: Wenn die Bürger die sie betreffenden Datensätze für verschiedene Nutzungen auf Chipkarten mit sich herumtragen, wird einerseits ihre informationelle Selbstbestimmung dadurch gewahrt, daß sie - abgesehen von Notfallsituationen, in denen sie keine Willenserklärung mehr abgeben können - selbst über den Datenträger verfügen und darüber entscheiden können, wie sie ihn einsetzen. Andererseits wird sie jedoch dadurch gefährdet, daß die Verwendung dieser Daten unabhängig von Zugriffsberechtigungen auf Informationssysteme zu jeder Zeit möglich ist, insbesondere dann, wenn in irgendeiner Weise, ob durch die Ausnutzung von Notlagen (z. B. Arbeits- oder Wohnungssuche) oder mit psychischem Druck auf den Betroffenen Zwang ausgeübt wird, seine Daten auch ohne rechtlichen Grund preiszugeben. Ferner zeigt das Beispiel der Krankenversicherungskarte, daß der Bürger zwar die Verfügungsgewalt über seine Chipkarte hat, mit ihrer Nutzung jedoch komplexe Datenflüsse auslöst, die er nicht mehr überschauen kann. Neben den beschriebenen Speicherchipkarten gibt es auch Chipkarten, die zusätzlich mit Prozessoren ausgestattet sind. Sie werden von den Lesegeräten mit Energie versorgt und können Datenverarbeitungsprozesse selbst oder in Interaktion mit den Geräten durchführen. Bisherige Entwicklungen solcher Chipkarten dienen meist der informationstechnischen Sicherheit bzw. der Umsetzung technischer Maßnahmen zum Datenschutz. So können Prozessorchipkarten die Authentifizierung von Benutzern von Informations- und Kommunikationssystemen, bei Zugangskontrollsystemen oder an Geldautomaten sicherer machen, in dem sie eine Berechtigungsprüfung durchführen und dem System den Nachweis erbringen, daß die Nutzung berechtigt erfolgt. 4.2 Bau- und WohnungswesenIst der Berliner Datenschutzbeauftragte mieterfeindlich?Große Aufregung verursachten verschiedene Presseerklärungen, mit denen bekannt wurde, daß einige Wohnungsämter der Bezirksämter von Berlin bei einer Antragstellung des Eigentümers auf eine sogenannte Abgeschlossenheitsbescheinigung, die eine der Voraussetzungen für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist, die betroffenen Mieter über diese Antragstellung informieren. Die rechtliche Zulässigkeit dieser gezielten Information wird seitdem zwischen den beteiligten Behörden und Interessenverbänden kontrovers diskutiert. Natürlich sieht auch der Berliner Datenschutzbeauftragte die Notwendigkeit einer möglichst frühzeitigen Information der Mieter über eine eventuell bevorstehende Umwandlung ihrer Wohnung. Allerdings darf dieser Gesichtspunkt nicht dazu führen, bestehende gesetzliche Vorschriften zu umgehen. Die Information der Mieter über die Antragstellung des Eigentümers unterliegt grundsätzlich - bis auf einige Ausnahmen - dem Berliner Datenschutzgesetz. Danach ist zur Datenübermittlung gemäß § 13 BlnDSG eine Rechtsvorschrift bzw. die Einwilligung des Betroffenen nötig. Eine solche klare gesetzliche Grundlage ist nicht vorhanden. Statt sich in öffentlicher Auseinandersetzung zu verlieren, sollten die Beteiligten im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf hinwirken, daß die erforderlichen gesetzgeberischen Aktivitäten in die Wege geleitet werden. Dies wäre eine mieterfreundliche Haltung. Inzwischen liegt ein Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN vor. MieterbefragungAuch 1993 wurden die Vorbereitung und Durchführung der Befragung zum Mietspiegel 1994 begleitet. Aufgrund einer telefonischen Vorbefragung von 27 000 Mietern wurden rund 5 000 Interviews im Auftrag der Senatsverwaltung durch ein privates Meinungsforschungsinstitut durchgeführt. Im Vorfeld der Untersuchung ergab sich aus der unterschiedlichen Interessenlage der beteiligten Mieter- und Vermieterverbände, daß das Erhebungsprogramm möglicherweise nicht die Streuung der Mieten innerhalb eines vergleichbaren Mietspiegelfeldes erklären kann. Daher wurden die Befragten gebeten, einzuwilligen, möglicherweise Anfang des Jahres 1994 nochmals ergänzend befragt zu werden. Diese Einwilligung ist erforderlich, da im Normalfall bei Befragungen die Hilfsmerkmale (Adressen, Namen) unmittelbar nach einer Plausibilitätsprüfung vom Erhebungsbogen abgetrennt und damit die Daten einer gewissen Anonymisierung unterzogen werden. Eine Deanonymisierung der Angaben zum Zweck einer Nachbefragung ohne Einwilligung der Betroffenen ist datenschutzrechtlich nicht zulässig. Insbesondere in den östlichen Bezirken wurden im Auftrag der Bezirksämter verschiedene Mieterbefragungen initiiert. Häufig wiesen die Erhebungsbögen Mängel auf. Für derartige Befragungen sollte das Befragungsdesign vom Bezirksamt vorgegeben und damit eine Datenverarbeitung im Auftrag (§ 3 Abs. 4 BlnDSG) vereinbart werden. Mittels Erhebungsbögen und Anschreiben sollten die Betroffenen sowohl über die Freiwilligkeit der Teilnahme als auch über andere Datenschutzfragen - wie z. B. den Verwendungszweck und die Löschung der Daten informiert werden. Wohin mit zurückgenommenen Anträgen?Nachdem ein Bürger gegen die Ablehnung seines Antrages auf Erteilung eines Wohnberechtigunggsscheines Widerspruch eingelegt hatte, zog er im Laufe dieses Rechtsbehelfsverfahrens seinen Antrag zurück. Anschließend begehrte er vom bezirklichen Wohnungsamt die Herausgabe sämtlicher Unterlagen. Das betroffene Bezirksamt vertrat die Auffassung, der durch die Bearbeitung des Antrags entstandene personenbezogene Verwaltungsvorgang müsse beim Wohnungsamt bleiben, da anderenfalls das Verwaltungshandeln nicht nachvollziehbar sei. Da sich im Verwaltungsvorgang keinerlei Originalunterlagen des Bürgers befänden, könne er keine Herausgabe verlangen. Wir konnten das Herausgabebegehren des Bürgers nicht unterstützen, da die Auffassung des Wohnungsamtes insoweit zutreffend ist. Andererseits ist die Aufbewahrung von Akten nicht unbegrenzt zulässig, da nach § 17 BlnDSG eine Verpflichtung zur Sperrung und Löschung der personenbezogenen Daten besteht, wenn ihre Kenntnis für die datenverarbeitende Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist. Daher müssen über die Dauer der Aktenaufbewahrung Festlegungen getroffen werden, die jedoch von datenverarbeitender Stelle zu datenverarbeitender Stelle aus fachlichen Gründen unterschiedlich sein können. Bei den Wohnungsämtern erfolgt die Aktenaufbewahrung entsprechend den Richtlinien über die Schriftgutverwaltung der Wohnungsämter mittels Mikroverfilmung, nach der mit Ablauf von drei Jahren die Akten zu vernichten sind. Auch die Mikrofilme dürfen jedoch nicht unbegrenzt aufbewahrt werden. 4.5.2 VerfassungsschutzSicherheitsüberprüfungsgesetzRund 600 000 Betroffene, die irgendwann einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen wurden, sind in der Verbunddatei der Verfassungsschutzämter erfaßt. Personen, die Zugang zu geheimzuhaltenden Informationen (VS) erhalten sollen, werden mit ihrer Einwilligung einer derartigen Überprüfung unterzogen. Bisher ist die Materie in Verwaltungsvorschriften geregelt. Sicherheitsüberprüfungen sind ein erheblicher Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen und bedürfen einer bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage". Auf Bundesebene befindet sich ein Entwurf eines Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) in der parlamentarischen Beratung. Der Anwendungsbereich dieses Gesetzentwurfes erstreckt sich auf sicherheitsempfindliche Tätigkeiten, die vom Bund zugewiesen bzw. übertragen werden oder zu denen der Bund ermächtigt. Da dieses Gesetz auch für das Land prägende Wirkung haben wird, haben wir sowohl zu diesem Gesetzentwurf als auch zu dem abgeänderten Gesetzentwurf in der vom Bundestag am 2. Dezember 1993 angenommenen Fassung Stellung genommen. Wir haben insbesondere folgende Bedenken geäußert: Die Stelle, die den Betroffenen mit der sicherheitsempfindlichen Tätigkeit betraut, muß in jeder Phase der Überprüfung - insbesondere bei der Ausdehnung der Überprüfungsmaßnahmen - die Sachleitungsbefugnis haben. Für alle Datenabfragen über Ehe- und Lebenspartner muß deren Zustimmung vorliegen. Angaben über den Ehe- und Lebenspartner sind bei ihm selbst auf einem gesonderten Erhebungsbogen zu erfragen. Der Umfang der in Dateien gespeicherten Daten der überprüften Personen ist zu reduzieren. Besonders bedenklich ist die vorgesehene Nutzung der Daten für fast alle Aufgaben des Verfassungsschutzes. Damit würde der Verfassungsschutz durch seine mitwirkende Tätigkeit bei der Sicherheitsüberprüfung in den Besitz von Daten gelangen, die er nach den Verfassungsschutzgesetzen nicht hätte erheben dürfen. Die im Rahmen der Sicherheitsüberprüfung erlangten Erkenntnisse sollten allenfalls für die Bereiche Spionage- und Terrorismusabwehr genutzt werden. Ein weiterer wesentlicher Mangel des Gesetzentwurfes ist auch hier wieder die Beschränkung des Akteneinsichtsrechtes des Betroffenen. Die Akteneinsicht ist eine wesentliche Voraussetzung für die Gewährleistung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung und sollte unter der gleichen Voraussetzung erfolgen wie die Auskunft und nicht auf das Vorliegen rechtlicher Interessen beschränkt werden. Der grundsätzliche Ausschluß der Sicherheitsüberprüfungsakten bei dem mitwirkenden Bundesamt für Verfassungsschutz oder MAD von der Akteneinsicht ist mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht zu vereinbaren. Überwiegende Geheimhaltungsinteressen oder überwiegende Interessen Dritter, die einer Akteneinsicht entgegenstehen, können - wie bei jeder Entscheidung über eine Akteneinsicht berücksichtigt werden. Für einen pauschalen Ausschluß der Verfassungsschutzakten vom Einsichtsrecht besteht keine Notwendigkeit. Auch zu einem Entwurf über SÜG-Ausführungsvorschriften, die bis zum Abschluß der parlamentarischen Beratungen des SÜG-Entwurfes vorliegen sollten, haben wir Stellung genommen: Bedenklich ist insbesondere der weit gefaßten Personenkreis für Sicherheitsüberprüfungen. Wir haben angeregt, eine funktionale Trennung der Organisationseinheit, die für die Sicherheitsüberprüfung zuständig ist, vorzunehmen. Die aufgeführten Sicherheitsrisiken bei Ehe- und Lebenspartnern halten wir für zu weitgehend. Eine Anhörung des Betroffenen über alle gesammelten Informationen sollte soweit wie möglich sichergestellt werden. Der Betroffene und sein Ehe- bzw. Lebenspartner sind umfassend über den Umfang der Datenerhebungen und der beabsichtigten Maßnahmen aufzuklären. Die vorgesehene Befugnis, Daten nicht beim Betroffenen, sondern bei Dritten zu erheben, ist zu weitgehend. Die genannten Beispiele - Aggression oder Depression bei Konfrontation mit dem möglichen Sicherheitsrisiko sind bedenklich. Einer möglichen Aggression durch Befragung Dritter aus dem Weg zu gehen, scheint uns eher im Interesse der erhebenden Stelle, als im schutzwürdigen Interesse des Betroffenen zu liegen. Von der Datenerhebung beim Betroffenen darf nur im zwingenden Ausnahmefall abgesehen werden. Ob der Betroffene so erheblich in seinen Gesundheitszustand eingreifende Depressionen bei Offenbarung der Informationen bekommen wird, kann aber vom Verfassungsschutz oder MAD nicht entschieden werden. Die Bundesländer sind für den Verfassungsschutz in ihrem Bereich zuständig. Bei der Senatsverwaltung für Inneres wird seit März 1993 ein Entwurf eines Berliner Landesgesetzes erarbeitet, der uns bisher nicht zur Stellungnahme übersandt wurde. Wir gehen jedoch davon aus, daß unsere zum Sicherheitsüberprüfungsgesetzentwurf des Bundes geäußerten Bedenken und Vorschläge berücksichtigt werden. Zu dem in Berlin gebrauchten Sicherheitsfragebogen, der zum Teil sogar weitergehendere Datenerhebungen als der Gesetzentwurf des Bundes enthält, haben wir inhaltliche Bedenken gegenüber der Senatsverwaltung für Inneres geäußert. Unter anderem auch deswegen hat der Hauptpersonalrat seine Zustimmung zu dem Fragebogen gem. § 55 Abs. 2 Ziff. 5 Personalvertretungsgesetz verweigert. Daraufhin hat die Senatsverwaltung für Inneres mit Rundschreiben vom 26. November 1993 die Geheimschutzbeauftragten in der Berliner Verwaltung gebeten, die Vordrucke mit sofortiger Wirkung nicht mehr auszugeben bzw. zu verwenden. Nachdem eine Reihe von Verbesserungen inhaltlicher und verfahrensmäßiger Art vereinbart worden waren, können inzwischen für eine Übergangszeit trotz fehlender Rechtsgrundlage die Überprüfungen wieder durchgeführt werden. Personenlisten über DemonstrationsteilnehmerBei Prüfungen haben wir festgestellt, daß die Polizei Personenlisten an das Landesamt für Verfassungsschutz gesandt hat, auf denen anläßlich von Demonstrationen und Veranstaltungen festgestellte oder festgenommene Personen aufgeführt waren. Diese Listen wurden kurz nach den Veranstaltungen bei der Polizei vernichtet. Beim Verfassungsschutz hingegen wurden die Listen über Jahre gespeichert. Nach früheren Mangelfeststellungen hatte das Landesamt für Verfassungsschutz zugesagt, die von uns aufgefundenen Personenlisten zu vernichten. Bei neu entdeckten Listen über andere Demonstrationen weigert sich das Landesamt für Verfassungsschutz nun jedoch, diese zu vernichten. Das Landesamt steht auf dem Standpunkt, daß eine Teilnahme und insbesondere vorläufige Festnahme bei gewalttätig verlaufenden Demonstrationen, die von bestimmten Gruppierungen geplant, organisiert und durchgeführt werden, den Verdacht der Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und damit eine Speicherung rechtfertigt. Von Maßnahmen des Verfassungsschutzes - und dazu gehören auch die Überprüfung, der Abgleich und die Speicherung derartiger Personenlisten - darf nur derjenige erfaßt werden, dessen Verhalten konkrete Anhaltspunkte für relevante verfassungsfeindliche Bestrebungen i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Landesverfassungsschutzgesetz (LfVG) gezeigt hat. Allein die Teilnahme an einer Veranstaltung oder Demonstration, die von extremistisch eingestuften Gruppen organisiert oder durchgeführt werden, reicht für die Annahme, daß die festgestellten Personen selbst verfassungsfeindliche Bestrebungen vorhatten oder durchführten, nicht aus. Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch Personen auf den Listen stehen, die keine Verbindung zu diesen Gruppierungen haben. Die Teilnahme an Demonstrationen, die von einer Gruppierung durchgeführt werden, die Beobachtungsobjekt des Landesamtes für Verfassungsschutz ist, mag für eine gewisse Sympathie der festgestellten Demonstrationsteilnehmer für diese Gruppierung sprechen, rechtfertigt aber noch nicht den konkreten Verdacht, alle festgestellten Personen ließen sich bei ihren Tätigkeiten von Bestrebungen i. S. d. § 6 Abs. 2 LFVG leiten. Auch die vorläufige Festnahme ist kein hinreichender Ansatzpunkt. Zum einen waren zum Teil die Umstände der Festnahmen zweifelhaft. So war der Presseberichterstattung zu einer Demonstration zu entnehmen, daß die Festnahmen "unter den meist passiven, mehrheitlich friedfertigen Versammlungsteilnehmern" erfolgten. Zum anderen handelt es sich um eine Liste, auf der überwiegend Festnahmen nach dem ASOG enthalten waren, die zudem ohne Angabe zu dem Verhalten des einzelnen oder dem Ausgang des Ermittlungsverfahrens übermittelt wurden. Darüber hinaus ist bei Demonstrationsteilnehmern nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine besondere Zurückhaltung bei Informationseingriffen erforderlich: "Wer damit rechnet, daß etwa die Teilnahme an einer Versammlung ... behördlich registriert wird und daß ihm dadurch Risiken entstehen können, wird möglicherweise auf eine Ausübung seiner entsprechenden Grundrechte (Art. 8, 9 GG) verzichten. Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist." Da diese Personenlisten für die Aufgabenerfüllung des Landesamtes für Verfassungsschutz nicht erforderlich sind, bestand nicht nur keine Verpflichtung der Polizei, sondern auch keine Befugnis zur Übermittlung dieser Daten. Dies gilt auch für die Rechtslage nach Inkrafttreten des neuen LFVG. Die Verpflichtung des Landesamtes für Verfassungsschutz, nach § 27 Abs. 6 LFVG übermittelte Informationen nach ihrem Eingang unverzüglich daraufhin zu überprüfen, ob sie zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind, stellt nur eine zusätzliche Absicherung dar. Wenn - wie bei den Demonstrationsteilnehmerlisten - die mangelnde Erforderlichkeit für die Polizei erkennbar ist, hat die Übermittlung zu unterbleiben. Daraus folgt, daß auch eine Speicherung der Personenlisten beim Landesamt für Verfassungsschutz unzulässig ist. Kontrollfreier RaumNach der Vereinigung erhielten die Landesämter für Verfassungsschutz Abschriften von Kontrollaufträgen des MfS. Diese Unterlagen betrafen Telefonkontrollen, die das MfS vorgenommen hatte. Das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz erhielt etwa 5 000 Kontrollaufträge zur Prüfung, inwieweit es ausgespäht wurde. Berlin war das einzige Land das dem Beschluß der Innenministerkonferenz auf Vernichtung der Kontrollaufträge nicht nachgekommen war und konnte deshalb die Unterlagen Ende 1991 dem Generalbundesanwalt für ein Ermittlungsverfahren gegen einen leitenden Mitarbeiter des MfS übergeben. Die Senatsverwaltung für Inneres hat vor der Weiterleitung der Kontrollaufträge die G-10-Kommission unterrichtet und diesen parlamentarischen Gremien zur Prüfung stichprobenartig Einsicht in die Unterlagen gewährt. Bei Maßnahmen, die vor der Wiedervereinigung in Berlin vorgenommen wurden und über die personenbezogene Daten in den Unterlagen des Verfassungsschutzes vorhanden sind. Dies betrifft nicht nur die Unterlagen des MfS (für die mit dem Stasi-Unterlagengesetz inzwischen ohnehin eine Ablieferungspflicht besteht), sondern auch Unterlagen, die von den West-Alliierten an das Landesamt für Verfassungsschutz gelangt sind. Das Ausführungsgesetz zu Art. 10 GG enthält hierüber keine Regelungen. Es sieht nach seinem Wortlaut für derartige Datensammlungen keine Zuständigkeit der für die Kontrolle von Eingriffen des Landesamtes für Verfassungsschutz in das Post- und Fernmeldegeheimnis eingerichteten G-10-Kommission vor. Wir halten es für unerläßlich, daß für diese Unterlagen eine Instanz vorgesehen wird, die den Umgang mit diesen zum Teil erheblich in das Persönlichkeitsrecht eingreifenden Datenspeicherungen kontrolliert. Eine Lösungsmöglichkeit wäre es, die Kontrollaufgaben der G-10-Kommission insoweit zu erweitern. Dabei könnte eine weitere Lücke geschlossen werden. Ausdrücklich sollte geregelt werden, in welchem Umfang die G-10-Kommission nicht nur bei der Anordnung der Maßnahmen bzw. der Löschung der Daten einerseits und der Benachrichtigung der Betroffenen andererseits, sondern auch bei der Verwendung der Daten - insbesondere der Weitergabe der Daten an andere Behörden - mitwirken soll. Da gerade hierin ein schwerwiegender, zur heimlichen Überwachung hinzukommender Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung liegt, würden entsprechende Kontrollrechte einen erheblichen Gewinn für die Legitimität derartiger Maßnahmen bringen. Der Senator für Inneres hat unsere Anregungen aus verschiedenen Gründen nicht aufgegriffen. Eine Fraktion hat unsere Vorschläge zur Besprechung im Ausschuß für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses angemeldet. Organisation der DatenverarbeitungDie NADIS-Richtlinien, die die Grundsätze für den Betrieb des bundesweiten Datenverbunds der Verfassungsschutzämter regeln, sind unter Berücksichtigung des novellierten Bundesverfassungsschutzgesetzes überarbeitet worden und sollen demnächst nach Billigung der Innenminister/-senatoren in Kraft treten. Wir haben u. a. gegen die Regelungen über die Verantwortlichkeit für die in NADIS eingegebenen Daten Bedenken geäußert. Es muß sichergestellt sein, daß die speichernde Verfassungsschutzbehörde nach den für sie geltenden gesetzlichen Bestimmungen nicht nur über Umfang, Inhalt und Dauer der Datenspeicherungen, sondern auch über die Übermittlung der eingegebenen Daten an andere Stellen entscheiden kann. Dies ist nach dem Entwurf der Richtlinie nicht der Fall. Gemäß § 12 Abs. 2 Bundesverfassungsschutzgesetz sind personenbezogene Daten in Dateien nicht zu löschen, sondern statt dessen zu sperren, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß die Löschung schutzwürdige Interessen des Betroffenen beeinträchtigt würden. Im Bundesamt für Verfassungsschutz ist dazu ein Sperrverfahren eingerichtet worden, das - anders als die vorangegangene Planung - den datenschutzrechtlichen Bedenken besser Rechnung trägt. Das Verfahren wird allerdings vom Landesamt für Verfassungsschutz noch nicht genutzt, da amtsinterne Regelungen über die Nutzung und den Umgang mit gesperrten Daten noch ausstehen. Wir haben einige Verfahrensvorschläge hierzu vorgelegt. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat unmittelbar nach Aufhebung des Löschungs- und Vernichtungsverbotes für die vorhandenen Datensammlungen im April 1992 mit den Maßnahmen zur Durchführung des Bereinigungsprozesses begonnen. Die Löschung der gesperrten Daten im Nachrichtendienstlichen Informationssystem (NADIS) ist erfolgt. Die Anzahl der Personendatensätze hat sich um 71 % reduziert. Es wurden zehntausende von Akten und Unterlagen gesperrt. Entgegen dem Beschluß des Ausschusses für Verfassungsschutz des Abgeordnetenhauses konnten allerdings wegen fehlender Räumlichkeiten in vielen Bereichen die Altakten nicht räumlich getrennt von den Aktenbeständen der laufenden Bearbeitung untergebracht werden. Nachdem inzwischen das Landesarchivgesetz verabschiedet wurde, können die Akten dem Landesarchiv zur Übernahme angeboten und die nicht archivwürdigen Unterlagen vernichtet werden. Dadurch dürfte sich das Raumproblem etwas entschärfen. Dennoch muß sichergestellt sein, daß in der Zwischenzeit eine räumliche Trennung erfolgt und Maßnahmen zur Lösung des Raumproblems ergriffen werden. 4.7 JustizGesetzgebungNoch immer ist das Justizmitteilungsgesetz nicht in Kraft, der Bundesrat hatte 1992 zu einem Entwurf der Bundesregierung eine ablehnende Stellungnahme abgegeben. Dies ist bedauerlich, da in diesem Bereich klare und datenschutzfreundliche Rechtsgrundlagen erforderlich sind. In Berlin gibt es seit dem Inkrafttreten des Ausführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (AGGVG) eine Übergangsregelung in § 29 Abs. 2 AGGVG. Den Verwaltungsvorschriften "Mitteilungen in Zivilsachen" (MiZi) und "Mitteilungen in Strafsachen" (MiStra) ist bis zur Verabschiedung des Justizmitteilungsgesetzes Gesetzeskraft verliehen worden. Das Gesetzgebungsverfahren im Bereich des Strafvollzuges macht ebenfalls keine Fortschritte, obwohl auch hier - angesichts der vielfältigen und umfangreichen Datenverarbeitung - die Schaffung klarer gesetzlicher Grundlagen besonders dringend ist. Auch der bereits 1989 vorgelegte Entwurf für ein Strafverfahrensänderungsgesetz (StVAG) ist immer noch nicht in den Bundestag eingebracht worden. Nur das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der Organisierten Kriminalität (OrgKG), das am 15. September 1992 in Kraft getreten ist, nahm einige - besonders gravierende - Regelungen vorweg. Kürzlich ist von den Ländern ein neuer Entwurf unter dem Titel "Dateienregelungen in Strafverfahren" erarbeitet worden. Dieser Entwurf ist datenschutzrechtlich nicht akzeptabel. Die vorgesehenen Regelungen bleiben noch hinter dem STVÄG zurück. Der Gesetzentwurf bedarf, wenn er weiterverfolgt werden soll, dringend einer Überarbeitung, die eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Staates an der Strafverfolgung und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Bürger erkennen lassen. So soll eine Generalermächtigung für spontane Datenübermittlungen anderer öffentlicher Stellen an die Staatsanwaltschaft eingefügt werden, die in ihrer Pauschalität höchst bedenklich ist. Abzulehnen ist auch das vorgesehene Akteneinsichtsrecht für die Gerichte, Staatsanwaltschaften und andere Justizbehörden zum Zwecke der "Rechtspflege". Ein Akteneinsichtsrecht sollte die Ausnahme bleiben und nur erfolgen, wenn Auskünfte aus Strafakten nicht genügen. Dies ist unerläßlich, da in den Strafakten unterschiedlichste Daten enthalten sein können, die nicht immer in vollem Umfang für die jeweilige Aufgabe der anfragenden Stelle erforderlich sein müssen. Außerdem sollten Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte auf den Zweck der Strafrechtspflege beschränkt sein. Die Zweckbestimmung "Rechtspflege" ist viel zu unbestimmt. Ferner enthält der Entwurf eine Regelung, nach der Auskünfte aus Akten an öffentliche Stellen zulässig sein sollen, wenn dies zur Erfüllung der in ihrer Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich ist. Akteneinsicht soll in diesen Fällen schon dann gewährt werden können, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Diese Regelung steht nicht im Einklang mit den im Volkszählungsurteil aufgestellten Anforderungen an eine normenklare Eingriffsbefugnis. Hiermit ist ein nahezu ungehinderter Zugriff öffentlicher Stellen auf sämtliche in Strafverfahren gesammelten Daten möglich. Die Möglichkeit zur Akteneinsicht, wenn eine Auskunft mit einem "unverhältnismäßig großen Aufwand" verbunden ist, dürfte sich durch die Überlastung der Strafverfolgungsbehörden in der Praxis als ein allgemeines Akteneinsichtsrecht aller öffentlichen Stellen in Strafakten auswirken. Wir haben in unserer Stellungnahme betont, daß klare, differenzierte Kriterien, in welchen Fällen und zu welchem Zweck Auskünfte aus Strafakten an andere öffentliche Stellen erteilt werden dürfen, unerläßlich sind. Mit § 482 des Entwurfs soll eine Rechtsgrundlage zur automatisierten Datenverarbeitung geschaffen werden. Gerichte, Staatsanwaltschaften und andere Justizbehörden dürfen danach personenbezogene Daten in Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dies ist eine Generalklausel ohne jede Aussage darüber, welche Daten zu welchem Zweck gespeichert werden dürfen. Diese Vorschrift ermöglicht ein uneingeschränktes Sammeln von Informationen über jeden, wenn es von den Strafverfolgungsbehörden für erforderlich gehalten wird. Weiterhin soll eine Regelung für gemeinsame und verbundene Dateien geschaffen werden. Diese Regelung ist ebenfalls so allgemein gefaßt, daß sie eine Befugnis zu einer unüberschaubaren, nicht mehr nachvollziehbaren Verflechtung verschiedenster Datensammlungen nicht nur der Strafverfolgungsbehörden schafft. Aufgrund der fehlenden Präzisierung wären sogar gemeinsame Datenbestände von Polizei und Justiz zulässig. Genetischer FingerabdruckIn der Vergangenheit hatten wir mehrfach darauf hingewiesen, daß die Nutzung des genetischen Fingerabdrucks für Zwecke der Identifizierung oder Entlastung von Tatverdächtigen möglichst eindeutig in der Strafprozeßordnung geregelt werden sollte. Inzwischen hat die Bundesregierung den Entwurf eines Strafverfahrensänderungsgesetzes zur DNA-Analyse ("genetischer Fingerabdruck") beschlossen, zu dem der Bundesrat im November 1993 Stellung genommen hat. Diese Stellungnahme enthält nur in einem Punkt eine Verbesserung des Regierungsentwurfs. So ist die vom Bundesrat geforderte Klarstellung zu begrüßen, daß molekulargenetische Untersuchungen sich nicht auf Bereiche des menschlichen Genoms erstrecken dürfen, die Aufschluß über Erbanlagen des Betroffenen geben können. In allen anderen Punkten würde eine Berücksichtigung der Stellungnahme des Bundesrates den Gesetzentwurf der Bundesregierung, der selbst in einer Reihe von Punkten unbefriedigend ist, aus datenschutzrechtlicher Sicht noch weiter verschlechtern. Zwar sieht der Regierungsentwurf vor, daß molekulargenetische Untersuchungen nur durchgeführt werden dürfen, soweit sie zur Feststellung der Abstammung oder der Tatsache, ob aufgefundenes Spurenmaterial von dem Beschuldigten oder dem Verletzten stammt, erforderlich sind. Für den Fall, daß entgegen dieser Vorschrift dennoch Überschußinformationen z.B. über Erbanlagen der untersuchten Person erhoben werden, müßte die Verwertung dieser Informationen gesetzlich verboten werden. Eine entsprechende Regelung enthält der von der SPD-Bundestagsfraktion im Dezember 1992 eingebrachte Gesetzentwurf zum selben Problemkreis. Dagegen ist nach dem Regierungsentwurf die Verwertung rechtswidrig erhobener Informationen über Erbanlagen im Prozeß zulässig. Damit kann das Verbot der Erhebung von Überschußinformationen jederzeit unterlaufen werden. Die Bundesregierung sieht in ihrem Gesetzentwurf mit Recht kein Bedürfnis für eine Eilzuständigkeit der Staatsanwaltschaft zur Anordnung von molekulargenetischen Untersuchungen als gegeben an. Dies gilt insbesondere angesichts der langen Haltbarkeit von Zellresten im Spurenmaterial, die es ausgeschlossen erscheinen lassen, daß die Entscheidung eines Richters für diesen weitreichenden Eingriff nicht abgewartet werden kann. Soweit einem Beschuldigten Blutproben oder sonstige Körperzellen entnommen werden sollen, kann dies auch geschehen, ohne daß sofort eine molekulargenetische Untersuchung angeordnet werden muß. Insofern ist es unverständlich, daß der Bundesrat dennoch die Begründung einer Eilzuständigkeit der Staatsanwaltschaft für erforderlich hält. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung läßt die Verwendung von Blutproben oder sonstigen Körperzellen für Zwecke jedes beliebigen anhängigen Strafverfahrens zu. Molekulargenetische Untersuchungen sollten jedoch auf einen begrenzten Katalog von besonders schweren Straftaten beschränkt werden. Dies halten allerdings weder die Bundesregierung noch der Bundesrat für erforderlich. Sie wollen im Gegenteil den Einsatz derartiger Untersuchungsmethoden in jedem Strafverfahren ermöglichen. Es ist zwar richtig, daß der Regierungsentwurf mit der Beschränkung der Untersuchungsmethoden auf Feststellungen zur Abstammung und zur Zuordnung von Tatspuren zu Beschuldigten oder Verletzten den Kreis der in Frage kommenden Delikte praktisch von vornherein begrenzt. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn der Gesetzgeber selbst eine entsprechende ausdrückliche Begrenzung in die Strafprozeßordnung aufnehmen würde. Dann muß auch sichergestellt werden, daß eine Verwendung der Ergebnisse aus dem Ursprungsverfahren in anderen Verfahren (z.B. bei der Verfolgung von Bagatelldelikten) ausgeschlossen ist. Nach den Vorschlägen der Bundesregierung können mit der Durchführung der Untersuchung Sachverständige beauftragt werden, die öffentlich bestellt oder nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichtet oder Amtsträger sind, die der ermittlungsführenden Behörde nicht angehören oder einer Organisationseinheit dieser Behörde angehören, die von der ermittlungsführenden Dienststelle organisatorisch und sachlich getrennt ist. Diese Beschränkung des Personenkreises bleibt hinter dem zurück, was wir in der Vergangenheit für erforderlich gehalten haben, um eine unvoreingenommene Durchführung der molekulargenetischen Untersuchung sicherzustellen. Der Bundesrat allerdings hat eine weitere Lockerung der Beschränkung des Personenkreises befürwortet, die dazu führen würde, daß letztlich jeder Polizeibeamte im Eilfall auf Anordnung des ermittelnden Staatsanwalts mit einem auf dem Markt erhältlichen "Test-Kit" (Untersuchungskoffer) die molekulargenetische Untersuchung, die er für seine Ermittlungen zu benötigen glaubt, selbst durchführen dürfte. Außerdem hat der Bundesrat vorgeschlagen, die von der Bundesregierung mit Recht für notwendig gehaltene Anonymisierung des Untersuchungsmaterials vor Übergabe an den Sachverständigen zu lockern. Demgegenüber darf dem Sachverständigen die Zuordnung des Untersuchungsmaterials zum Betroffenen selbst nicht möglich sein. Dies ist nur bei Verwendung eines Codes gewährleistet den ausschließlich das anordnende Gericht entschlüsseln kann. Schließlich hat der Bundesrat dem Vorschlag der Bundesregierung widersprochen, den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eine Kontrollkompetenz für die mit molekulargenetischen Untersuchungen beauftragten Sachverständigen einzuräumen. Dabei verkennt der Bundesrat, daß auch private Sachverständige mit der Untersuchung beauftragt werden können. Dann aber ergibt sich ein erhebliches Kontrolldefizit, weil die Aufsichtsbehörden auf die bloße Anlaßkontrolle bei Dateiverarbeitung beschränkt sind. Es ist daher unabdingbar, daß entsprechend dem Regierungsentwurf die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eine ausdrückliche Kontrollkompetenz unabhängig von der Verarbeitung in Dateien bei allen (auch privaten) Sachverständigen erhalten, die molekulargenetische Untersuchungen nach der Strafprozeßordnung durchführen. Datenschutzrechtliche StrafvorschriftenSeit der Novellierung des Berliner Datenschutzgesetzes hat der Berliner Datenschutzbeauftragte - neben der/dem Betroffenen - das Recht, Strafantrag zu stellen, wenn der Verdacht besteht, daß die Strafvorschrift des § 32 BlnDSG erfüllt ist. Danach wird bestraft, wer unbefugt personenbezogene Daten, die nicht offenkundig sind, übermittelt oder verändert oder abruft oder sich aus in Behältnissen verschlossenen Dateien verschafft. Das Antragsrecht des Berliner Datenschutzbeauftragten ist aufgenommen worden, um auch in Fällen eine Strafverfolgung zu ermöglichen, in denen ein Strafantrag des Betroffenen nicht vorliegt, die Verletzung der informationellen Selbstbestimmung aber gleichwohl eine Strafsanktion erfordert. Hieraus ergibt sich, daß in erster Linie der Betroffene (der Verletzte) darüber entscheiden sollte, ob ein Strafantrag nach § 32 BlnDSG gestellt wird oder nicht. Soweit möglich, sollte der Betroffene als erster von der Staatsanwaltschaft befragt werden, ob er Strafantrag stellen will oder nicht. Der Berliner Datenschutzbeauftragte ist bis Ende 1993 in 16 Fällen gefragt worden, ob er von seinem Strafantragsrecht Gebrauch machen will. In drei Fällen wurde Strafantrag gestellt, in den übrigen Fällen von der Stellung eines Strafantrages abgesehen. Dabei wurde von folgenden Kriterien ausgegangen: Ein Strafantrag ist nur dann zu stellen, wenn der objektive Tatbestand des § 32 BlnDSG vorliegt. Bei Zweifeln über den tatsächlichen Geschehensablauf muß die Strafbarkeit des vermuteten Verhaltens feststehen. Im Hinblick auf die Währung der informationellen Selbstbestimmung muß ein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bestehen. Unsere Aufgabe erschöpft sich nicht darin, dem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen. Vielmehr ist die Sicherstellung und Verbesserung des Datenschutzes eine öffentliche Aufgabe, die auch abgelöst von Individualinteressen zu vertreten ist. Für das Vorliegen eines öffentlichen Interesses bietet Ziffer 86 Abs. 2 der Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren eine Orientierung. Danach wird ein öffentliches Interesse in der Regel vorliegen, wenn der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus gestört und die Strafverfolgung ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist. Wichtige Aspekte sind hierfür die Intensität der Straftat, die Frage, ob Wiederholungsgefahr besteht, der Schadensumfang, die Kommerzialisierung und die Frage, ob bewußt Systemschwächen ausgenutzt oder auch geschaffen wurden. Ist ein öffentliches Interesse zu bejahen, muß die subjektive Betroffenheit Einzelner nicht mehr berücksichtigt werden. Allerdings erübrigt sich auch in diesen Fällen ein Strafantrag, wenn die Straftat ohnehin von Amts wegen verfolgt wird, also wenn konkurrierende Delikte in ihrem Unrechtsgehalt gegenüber dem Unrechtsgehalt der datenschutzrechtlichen Verstöße überwiegen. Auch bei Antragsdelikten außerhalb des Datenschutzgesetzes (z.B. § 203 StGB) erübrigt sich ein Antrag, wenn bereits Strafanträge von dritter Seite vorliegen und nicht die Gefahr besteht, daß diese Strafanträge zurückgenommen werden. Unabhängig vom öffentlichen Interesse ist zu prüfen, ob die Interessen des Betroffenen einen Strafantrag erforderlich machen. Handelt es sich um einen verhältnismäßig geringfügigen Verstoß und liegt ein Strafantrag des Betroffenen vor, wird kein Strafantrag gestellt. Dasselbe gilt, wenn der Betroffene ausdrücklich auf einen Strafantrag verzichtet hat. Hingegen soll dann ein Strafantrag gestellt werden, wenn der Betroffene den Strafantrag nicht stellen kann oder wegen einer Zwangslage nicht freiwillig stellen will. Durch mehrere Bürgereingaben sind wir darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Staatsanwaltschaft Strafverfahren einstellte, die auf Strafanträge von Betroffenen wegen des Verdachtes einer unbefugten Offenbarung von Schriftstücken oder Aktenbestandteilen eingeleitet werden, weil sie die Auffassung vertritt, daß § 32 BlnDSG nur die Weitergabe von elektronisch gespeicherten Daten, nicht aber von Schriftstücken oder Aktenbestandteilen unter Strafe stellt. Zur Begründung dieser Auslegung wurde auf die gesetzliche Definition des Begriffs des Übermittelns in § 4 Abs. 2 Nr. 4 BlnDSG Bezug genommen, wo das Übermitteln als das Bekanntgeben gespeicherten oder durch Datenverarbeitung gewonnener Daten an Dritte bestimmt ist. Aus der Gesetzesdefinition des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BlnDSG, in der das Speichern als das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einem Datenträger gesetzlich bestimmt wird, wurde hergeleitet, daß Papier, Akten und Aktenbestandteile keine Datenträger seien. Diese Auslegung ist unzutreffend. Der Anwendungsbereich des neuen Berliner Datenschutzgesetzes ist nicht mehr auf Dateien beschränkt. Alle Bestimmungen dieses Gesetzes gelten auch für die Datenverarbeitung in Akten, es sei denn, es sind ausdrücklich besondere Regelungen für die Datenverarbeitung auf bestimmten Datenträgern vorhanden. So hat der Gesetzgeber wegen der besonderen Gefahren, die mit den technischen Möglichkeiten der automatisierten Datenverarbeitung verbunden sind, besondere Bestimmungen für diese Art der Datenverarbeitung vorgesehen (vgl. §§ 15, 16 Abs. 2 BlnDSG). § 32 BlnDSG entspricht dieser Gesetzessystematik. Datenträger ist jedes Medium, auf dem Daten lesbar festgehalten werden können. Jedes Material, das beschriftet werden und auf andere Weise Informationen aufnehmen kann, genügt. Papier, Akten und Aktenbestandteile, ja auch Audio- oder Videobänder (wichtig beim Schutz von Daten aus Überwachungsmaßnahmen!), sind Datenträger. § 32 Abs. 1 Nr. 1 BlnDSG erfaßt das Übermitteln oder Verändern personenbezogener Daten unabhängig davon, ob diese Daten in Dateien, Akten oder auf sonstigen Datenträgern gespeichert sind. Die Staatsanwaltschaft wird dies künftig berücksichtigen. Speicherung im staatsanwaltschaftlichen Informationssystem ASTAEine Petentin wurde am Schalter eines Postgiroamtes beschuldigt, gefälschte Geldscheine zu benutzen. Die Kriminalpolizei stellte nach kurzer Zeit fest, daß die Scheine echt waren. Das gegen sie eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt. Sie hat sich darüber beschwert, daß ihre Daten im Informationssystem ASTA der Amts- und Staatsanwaltschaften nicht gelöscht wurden, obwohl eine Straftat eindeutig nicht vorlag. Die Staatsanwaltschaft hat der Petentin mitgeteilt, daß sich zwar bereits bei der Erörterung bei der Polizei herausgestellt hatte, daß eine Straftat nicht vorlag, aber eine Aufbewahrung und Registrierung des Vorganges für fünf Jahre erfolgen müsse. Die Akten würden nur dann zur Einsichtnahme herangezogen werden, wenn gegen die Petentin wider Erwarten erneut der Verdacht einer Straftat entstünde. Die Staatsanwaltschaft betreibt zur Aktenverwaltung das Informationssystem ASTA. Hier werden unterschiedslos alle Ermittlungsverfahren registriert und nach Ablauf von fünf Jahren, den bundeseinheitlichen Aufbewahrungsbestimmungen für die Akten, gelöscht. Die Aufbewahrung der Strafermittlungsakten kann allenfalls zu Zwecken der Dokumentation des Vorganges erfolgen, aber nicht - wie in der Antwort der Staatsanwaltschaft gegenüber der Petentin angegeben - für die künftige Straftatenverfolgung. Bei Fällen, in denen keine Straftat vorgelegen hat, ist die Aufbewahrungsdauer der Akten und damit die Speicherung in ASTA auf das unbedingt notwendige Maß zu reduzieren. Die Dauer der Speicherung sollte in diesen Fällen ein Jahr nicht überschreiten. Dies wurde von der Generalstaatsanwaltschaft unter Hinweis auf die bundeseinheitlichen Aktenaufbewahrungsbestimmungen abgelehnt. Wir empfehlen, daß die Senatsverwaltung für Justiz eine Initiative zur Änderung dieser Aufbewahrungsbestimmungen ergreift. Ungeachtet dessen ist dafür zu sorgen, daß der Betroffene keine Nachteile durch die Datenspeicherung erleiden kann. Wir haben deshalb bei der Staatsanwaltschaft angeregt, in derartigen Fällen, in denen sich nach Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens herausstellt, daß eine Straftat objektiv nicht vorgelegen haben kann, im ASTA-System einen Hinweis aufzunehmen, daß ein Anfangsverdacht nicht vorgelegen hat. Auch wenn das ASTA-System vornehmlich ein der Aktenverwaltung dienendes, internes Register ist und hierzu strenge Zugangsbeschränkungen bestehen, ist die Speicherung personenbezogener Daten ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des jeweils Betroffenen. Es ist ein schutzwürdiges Interesse der Betroffenen, daß die fehlende strafrechtliche Relevanz eines gegen sie eingeleiteten und nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten Ermittlungsverfahrens im ASTA-System hervorgehoben wird, wenn sich herausstellt, daß sie objektiv keine Straftat begangen haben. Nachdem sich die Staatsanwaltschaft beharrlich geweigert hatte, einen entsprechenden Hinweis in ASTA aufzunehmen, wurde diese schließlich von der Senatorin für Justiz gebeten, in den Fällen des § 170 Abs. 2 StPO, in denen sich herausstellt, daß eine Straftat objektiv nicht vorgelegen haben kann, einen Hinweis "objektiv keine Straftat" im Feld "Bemerkungen" aufzunehmen. Mängel beim Zentralen SchuldnerverzeichnisEin Rechtsanwalt wunderte sich, daß ein Versandhaus ihm eine Lieferung nicht zukommen lassen wollte. Überraschend wurde ihm auch ein Kreditkartenantrag abgelehnt aus Gründen, die ihm nicht mitgeteilt wurden. Eine Auskunft bei der SCHUFA hat dann die ganze Angelegenheit erhellt: Er war mit zwei Haftbefehlen im Zentralen Schuldnerverzeichnis beim Amtsgericht Schöneberg eingetragen. Der Anwalt war in zwei Vollstreckungsverfahren fälschlicherweise statt des von ihm vertretenen Schuldners eingetragen worden. Beim Amtsgericht Schöneberg wird zentral ein Verzeichnis geführt über Personen, die eine eidesstattliche Versicherung nach § 807 Zivilprozeßordnung (ZPO) abgegeben haben oder gegen die nach § 901 ZPO die Haft angeordnet ist. Auch wer eine eidesstattliche Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung (AO) abgegeben hat, wird in das Schuldnerverzeichnis eingetragen. Da nach § 915 ZPO jedem auf Antrag Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen von Eintragungen in das Schuldnerverzeichnis erteilt wird oder Einsicht in das Verzeichnis gewährt wird, können fehlerhafte Eintragungen sich für den Betroffenen sehr unangenehm auswirken, wie der Fall unseres Petenten zeigte. In seiner Stellungnahme hat das Amtsgericht ausgeführt, daß die Eintragung im Zentralen Schuldnerverzeichnis auf der Eintragung im örtlichen Schuldnerverzeichnis beruht. Der Fehler im Fall unseres Patenten hat das Amtsgericht Schöneberg dazu veranlaßt, in seinem Zuständigkeitsbereich eine geänderte Fassung der Eintragungsverfügung zu erproben, um Falscheintragungen mit noch größerer Sicherheit auszuschließen. Die Protokolle der nichtöffentlichen Sitzungen des Amtsgerichtes in einer Zwangsvollstreckungsangelegenheit werden ergänzt um einen Hinweis auf den Schuldner, der in das Schuldnerverzeichnis eingetragen wird. Auch der Präsident des Amtsgerichtes Tiergarten ist inzwischen an die Direktoren der Amtsgerichte herangetreten und hat die probeweise Einführung des in Zwangsvollstreckungssachen ergänzten Protokollvordruckes empfohlen. Übersendung vollständiger Ehescheidungsakten durch das Familiengericht an die AusländerbehördeEin Rechtsanwalt machte darauf aufmerksam, daß die Eheschließungsakte seines Mandanten vom Familiengericht an die Ausländerbehörde übersandt worden sei. Die Überprüfung ergab, daß im Jahr 1992 die Ausländerbehörde in insgesamt elf Fällen eine Übersendung der gesamten Ehescheidungsakte oder der Kopie des Scheidungsurteils gestellt wurden. Zur Begründung wurde angeführt, die Aufenthaltserlaubnis sei ausschließlich im Hinblick auf die Eheschließling mit einem deutschen Ehepartner erteilt worden und nunmehr müsse überprüft werden, ob nicht eine Scheinehe vorliege. In fünf Fällen übersandte das Familiengericht die gesamten Verfahrensakten. In einem Fall wurde das Scheidungsurteil und in einem anderen Fall das Verhandlungsprotokoll übersandt. In zwei Fällen wurde schriftlich, in einem Fall telefonisch Auskunft über den im Scheidungsurteil festgehaltenen Trennungszeitpunkt gegeben. Durch die Übersendung der Scheidungsakten wurden u.a. Angaben über das Einkommen und Beschäftigungszeiten der Ehepartner, Unterlagen zur Durchführung des Versorgungsausgleiches, Akten zum Prozeßkostenhilfeantrag, Listen über Haushaltsgegenstände der Eheleute offenbart. Hinzu kommen äußerst sensible Daten wie Angaben über den Gesundheitszustand des deutschen Ehegatten, Name und Anschrift der betroffenen Person, zu der ein Ehegatte außereheliche Beziehungen hatte, Name und Anschrift der Zeugen von tätlichen Auseinandersetzungen der Ehegatten. Rechtsgrundlagen für die Datenübermittlungen vom Familiengericht an die Ausländerbehörde sind sowohl im Ausländergesetz (AuslG) als auch im Ausführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz (AGGVG) enthalten. Beide Vorschriften sind an dieselben Voraussetzungen geknüpft. Nach § 76 Abs. 1 i.V.m. § 75 Abs. 1 AuslG haben öffentliche Stellen der Ausländerbehörde auf Ersuchen die bekanntgewordenen Umstände mitzuteilen, die für die Aufgabenerfüllung nach dem Ausländergesetz erforderlich sind. Gerichte haben nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 AGGVG Verwaltungsbehörden Einsicht in Akten zu gewähren oder Auskünfte zu erteilen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist. Für die Aufgabenerfüllung der Ausländerbehörde sind die Informationen, ob eine sogenannte Scheinehe eingegangen wurde und der Trennungszeitpunkt für aufenthaltsrechtliche Entscheidungen von Bedeutung. Nach § 23 AuslG wird dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt für drei Jahre im Hinblick auf die Ehe. Die Aufenthaltserlaubnis wird nur dann verlängert, wenn nach drei Jahren die eheliche Lebensgemeinschaft noch besteht. Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht erwirkt der ausländische Ehegatte nach der Trennung erst dann, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft mindestens drei Jahre angedauert hat. Vom Landeseinwohneramt - Melderegister - wird die Ausländerbehörde regelmäßig ohne Ersuchen über Ehescheidungen informiert. Erhält die Ausländerbehörde die Mitteilung, daß die Ehe nach Ablauf von drei Jahren geschieden wurde, ist für sie von Bedeutung, wie lange die tatsächliche eheliche Lebensgemeinschaft gedauert hat, insbesondere dann, wenn die Ehezeit nicht viel länger als drei Jahre betragen hat. Sie benötigt in diesen Fällen eine Auskunft vom Familiengericht, wann die Eheleute sich getrennt haben. Hierfür ist der im Scheidungsurteil angegebene Trennungszeitpunkt maßgeblich. Hierüber genügt eine Auskunft des Familiengerichtes. Bei begründetem Verdacht einer Scheinehe darf die Ausländerbehörde bei Scheidungen nach über dreijähriger Ehezeit oder vor Ergehen eines Scheidungsurteils um Übersendung der Schriftstücke aus der Scheidungsakte bitten, die diesen Verdacht belegen, wenn eine Auskunft - meist dürfte der Trennungszeitpunkt ausreichen - nicht bereits diesen Zweck erfüllt. Vorab ist jedoch grundsätzlich beim Betroffenen Auskunft einzuholen. Erst wenn dies nicht gelingt bzw. begründeter Verdacht besteht, daß Angaben nicht zutreffen, können im Weg der Auskunft beim Familiengericht personenbezogene Daten erfragt werden. Die Übersendung gesamter Akten ist dazu jedenfalls nicht erforderlich. Schon 1986 haben wir gefordert, Anforderungen von Ehescheidungsunterlagen auf diejenigen Teile zu beschränken, aus denen sich die Umstände des Getrenntlebens ergeben. Die Einhaltung dieses Verfahrens wurde uns damals von der Ausländerbehörde zugesagt. Nach den Feststellungen, die wir nun bei unseren Überprüfungen getroffen haben, ist das damals vereinbarte Verfahren nicht umgesetzt worden. Wir haben das Landeseinwohneramt und Familiengericht aufgefordert sicherzustellen, daß nur die erforderlichen Daten übermittelt werden. Das Familiengericht wird die betroffenen Ehegatten vor der Datenübermittlung hören. Keine Einigung konnte bisher hinsichtlich der Verpflichtung des Familiengerichts zur Prüfung der Übermittlungsvoraussetzungen erzielt werden. Eine abschließende Stellungnahme des Landeseinwohneramtes zu unseren Empfehlungen steht noch aus. Prozeßakten auf der StraßeBeim abendlichen Spaziergang staunte ein Berliner Bürger nicht schlecht, als er am Straßenrand ein Bündel mit 146 Akten der Berliner Amtsanwaltschaft zu Strafverfahren auffand. Er unterrichtete davon sofort einen Reporter einer Berliner Tageszeitung, der die Akten dann an sich nahm, um sie letztenendes der Amtsanwaltschaft zurückzugeben - allerdings nicht ohne ausführlich in seiner Zeitung über den Fall zu berichten. Die Amtsanwaltschaft wie auch die vorgesetzte Staatsanwaltschaft beim Landgericht hatten die ausgesonderten und zur Vernichtung bestimmten Akten von einem privaten Papier-Recycling-Unternehmen im Auftrag vernichten lassen. Dazu wurde das Vernichtungsgut zu dem Unternehmen transportiert und dort eingeschlämmt. Dieser ganze Prozeß wird von einem Justizwachtmeister überwacht. Gegen dieses Verfahren zur Aktenvernichtung ist nichts einzuwenden, wenn wie vorgesehen verfahren wird, die Zusammenarbeit zwischen Justizbehörden und Unternehmen wie verabredet abläuft und der Transport des Vernichtungsgutes so erfolgt, daß unterwegs nichts verloren gehen kann. Wie die fraglichen Akten nun an dem Tag des Fundes unvernichtet auf öffentliches Straßenland in unmittelbarer Umgebung des Recycling-Unternehmens geraten waren, konnte auch in einem staatsanwaltschaftlichen Untersuchungsverfahren nicht geklärt werden. Der Vermutung, die Akten seien vom Lastkraftwagen heruntergeweht worden, wurde von der Fahrbereitschaft widersprochen, denn der Wagen sei sorgfältig abgedeckt worden und ein vollständiges Bündel sei auch zu schwer, um ohne weiteres vom Wagen heruntergeweht werden zu können. Eine weitere Möglichkeit bestand darin, daß die Akten vor der Vernichtung vom Betriebshof der Recyclingfirma entwendet worden sein konnten und dann auf der Straße abgelegt wurden, um dem Ruf der Firma Schaden zuzufügen. Dieser Diebstahl hätte durch den Justizwachtmeister, der den Vernichtungsvorgang eigentlich überwachen sollte, verhindert werden müssen. Jedoch war bei diesem Transport entgegen der Weisung kein Justizwachtmeister mitgefahren. Ein solches Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter kann natürlich nie ganz ausgeschlossen werden. Zu beanstanden war jedoch die Tatsache, daß die Zusammenarbeit zwischen den Staatsanwaltschaften und der Recyclingfirma, insbesondere die Verabredungen zu den Abläufen bei der Vernichtung nicht schriftlich und damit revisionsfähig niedergelegt worden waren. Die Vernichtung der Akten bei der Recyclingfirma ist datenschutzrechtlich als Datenverarbeitung im Auftrag anzusehen, für die vertragliche Vereinbarungen (Weisungen) u. a. über die Behandlung der Akten und der Abläufe bei der Vernichtung, aber neuerdings auch nach § 3 Abs. 4 BlnDSG die Unterwerfung des privaten Auftragnehmers unter das Berliner Datenschutzgesetz und die Kontrolle durch den Berliner Datenschutzbeauftragten, zu treffen sind. Dieser Verstoß gegen § 3 BlnDSG wurde beanstandet. Der Generalstaatsanwalt beim Landgericht hat dazu geltend gemacht, daß das Verfahren zur Aktenvernichtung nicht als Datenverarbeitung im Auftrag anzusehen sei, weil es von seinen Bediensteten selbst durchgeführt werde. Dies berücksichtigt nicht, daß die verwendeten Geräte und technischen Verfahren bei der Vernichtung in der Verantwortung des Auftragnehmers arbeiten, gewartet und instand gehalten werden. Darüber hinaus zeigte der oben beschriebene Vorfall, daß der Vernichtungsvorgang auch stattfand, wenn der Wachtmeister nicht für die Justizverwaltung zugegen war. Diese rechtliche Debatte hatte allerdings für das weitere Vorgehen keine Bedeutung. Die Senatsverwaltung für Justiz hat den Aktenfund zum Anlaß genommen, die Geschäftsbeziehungen mit der Recyclingfirma zu beenden. Bereits vor dem Vorfall war im Gebäude des Amtsgerichtes Moabit eine neue leistungsfähige und allen Anforderungen des Datenschutzes entsprechende Aktenvernichtungsanlage installiert worden, die allerdings damals aus bautechnischen Gründen noch nicht in Betrieb genommen worden war. Die Aktenvernichtung erfolgt jetzt also mit dieser neuen Anlage. Die Präsidentin des Kammergerichtes hat in der Zwischenzeit für ihren Zuständigkeitsbereich einen Datenträgervernichtungsvertrag mit einer anderen Papierrecyclingfirma abgeschlossen, zu dem sie uns Gelegenheit zur Stellungnahme gab, damit er den datenschutzrechtlichen Bestimmungen voll genügt. 5.2 Deutschland und EuropaZunehmende Konflikte zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen und der MedienfreiheitIm Berichtszeitraum ist in der Öffentlichkeit verstärkt darüber diskutiert worden, ob die Persönlichkeitsrechte einzelner Bürger gegenüber der Berichterstattung durch die Medien ausreichend geschützt sind. Anlaß dafür waren beispielsweise
Das Grundrecht auf freie Berichterstattung durch Presse und Rundfunk hat nach unserer Verfassungsordnung einen hohen Stellenwert. Dennoch genießt dieses Grundrecht keinen generellen Vorrang vor der Menschenwürde und dem Persönlichkeitsrecht des Einzelnen, über den berichtet wird. So unterschiedlich die genannten Fälle im einzelnen zu beurteilen sein mögen, verdeutlichen sie dennoch eine Reihe von gemeinsamen Problemen, deren Lösung gegenwärtig der Arbeitskreis Telekommunikation und Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder unter Vorsitz des Berliner Datenschutzbeauftragten erörtert. Das sogenannte "Medienprivileg" der Datenschutzgesetze, das Rundfunk und Presse bei ihrer journalistisch-redaktionellen Tätigkeit von den materiell-rechtlichen Vorschriften des Datenschutzrechts und von der Kontrolle unabhängiger Datenschutzbeauftragter frei stellt, ist kein Freibrief für unbeschränkte Eingriffe in die Privatsphäre des Bürgers. Die Mißachtung der Menschenwürde durch die Zurschaustellung von Unfallopfern oder Menschen in Not kann nicht unter Berufung auf die Medienfreiheit gerechtfertigt werden. Dies widerspricht auch den im Rundfunkstaatsvertrag und in den Landesmediengesetzen niedergelegten Programmgrundsätzen. Vielmehr müssen die Grundrechte der Medienfreiheit und des Persönlichkeitsrechts - zu dem letztgenannten gehört auch das Recht am eigenen Bild - miteinander zum Ausgleich gebracht werden. Daher ist der Appell der Innenministerkonferenz vom Mai 1993 an die Medien, "sich ihrer mit der Presse- und Rundfunkfreiheit verbundenen Verantwortung bewußt zu sein und von einer die Menschenwürde verletzenden Berichterstattung Abstand zu nehmen", uneingeschränkt zu begrüßen. Zwar würde der Gesetzgeber bei inhaltlichen Beschränkungen der Berichterstattungsfreiheit schnell in Konflikt mit der grundgesetzlich geschützten Medienfreiheit kommen. Andererseits muß weiter kritisch beobachtet werden, ob die bestehenden Verfahren zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des einzelnen Bürgers (z. B. Anrufung des Deutschen Presserats und Klage vor den Zivilgerichten auf Schmerzensgeld) das Problem angemessen lösen. Zweifel bleiben angebracht. In jedem Fall sind die Dienstbehörden in Bund und Länder verpflichtet sicherzustellen, daß sich öffentliche Bedienstete an Fernsehsendungen des sog. "Reality-TV" nicht beteiligen. Darauf haben wir den Polizeipräsidenten und die Feuerwehr hingewiesen. Bei schweren Straftaten hat die Öffentlichkeit zwar in der Regel ein berechtigtes Informationsinteresse hinsichtlich des mutmaßlichen Täters; andererseits muß nicht jeder einer geringfügigen Straftat Verdächtigte es hinnehmen, in Presse oder Fernsehen abgebildet zu werden. Dies gilt beispielsweise bei der "öffentlichkeitswirksamen" Durchführung von Razzien und anderen polizeilichen Maßnahmen, bei denen zwar häufig die Gesichter der am Einsatz beteiligten Beamten, nicht aber die der kontrollierten Personen (z. B. mutmaßliche Schwarzarbeiter oder Hütchenspieler) auf den Pressefotos unkenntlich gemacht werden. Erst recht ist es nicht hinnehmbar, wenn die Opfer von Straftaten, die sich dagegen nicht wehren können, zum Gegenstand einer Bildberichterstattung gemacht werden, die ausschließlich der Befriedigung von Sensationslust und der Steigerung der Zeitungsauflage dient. Die Veröffentlichung eines Fotos des abgetrennten Kopfes eines Mordopfers oder eines aus dem Fenster geworfenen Säuglings in der Boulevardpresse verletzt massiv das über den Tod hinaus zu achtende Persönlichkeitsrecht der Opfer und beeinträchtigt zudem die schutzwürdigen Belange der Angehörigen. Auch die gezielte Weitergabe personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen - z. B. Polizei und Staatsanwaltschaft - aus laufenden Ermittlungsverfahren, an denen die Öffentlichkeit ein legitimes Informationsinteresse hat, ist bisher nicht hinreichend normenklar geregelt. Weder der allgemeine Informationsanspruch der Presse nach dem Landespressegesetz noch die bundeseinheitlichen Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren enthalten verfassungskonforme Regelungen, die die Weitergabe personenbezogener Daten an die Medien rechtfertigen. Bisher müssen Polizei und Staatsanwaltschaft selbst bei einem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit bei einer Abwägung im Einzelfall auf die Verfassung zurückgreifen, was nicht immer hinreichend geschieht und in der Praxis Probleme bereitet. Es ist deshalb notwendig, daß der Bundesgesetzgeber durch entsprechende Festlegungen im Rahmen der ohnehin längst überfälligen Novellierung der Strafprozeßordnung und der Landesgesetzgeber durch Präzisierungen des Landespressegesetzes für einen sachgerechten Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Belangen der betroffenen Bürger und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit sorgen. Die Länder haben durch den Abschluß des Staatsvertrages über die Körperschaft des öffentlichen Rechts "Deutschlandradio" und eines entsprechenden Hörfunk-Überleitungsstaatsvertrages mit der Bundesrepublik Deutschland 4 eine neue Rundfunkanstalt gegründet, die zwei Hörfunkprogramme veranstaltet. In ihnen sind die Programme von RIAS 1 und DS-Kultur aufgegangen. Das Deutschlandradio hat seinen Sitz in Berlin und Köln. Der "Deutschlandradio"-Staatsvertrag enthält auch Datenschutzvorschriften, die allerdings erheblich hinter dem Standard zurückbleiben, den das Berliner Datenschutzgesetz für den Sender Freies Berlin vorsieht. Während beim Sender Freies Berlin die Verarbeitung personenbezogener Daten im Verwaltungsbereich, also insbesondere der Daten von Gebührenzahlern und Mitarbeitern, durch den Berliner Datenschutzbeauftragen kontrolliert werden, gibt es beim Deutschlandradio keine vergleichbare unabhängige Datenschutzkontrolle. Vielmehr werden die Datenschutzvorschriften des "Deutschlandradio"-Staatsvertrages ausschließlich durch den internen Rundfunkdatenschutzbeauftragten überwacht. Bei den Verhandlungen über diesen Staatsvertrag sind wir nicht beteiligt worden, so daß es uns nicht möglich war, auf eine Verbesserung des Datenschutzes bei der neuen Rundfunkanstalt hinzuwirken. GEZ: schneller als der Möbelwagen?Der Sender Freies Berlin (SFB) betreibt gemeinsam mit den übrigen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) in Köln. Diese Einrichtung verarbeitet aufgrund des Rundfunkstaatsvertrages zentral die Daten der Rundfunkteilnehmer im Auftrag der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, also auch des Sender Freies Berlin. Können Mitteilungen oder Zahlungsaufforderungen der GEZ von der Post nicht zugestellt werden, so holt der SFB gegenwärtig eine Melderegisterauskunft beim Landeseinwohneramt über den betroffenen Bürger ein, um ihm das Schreiben zustellen zu können. Dies geschieht in der Praxis mittels Magnetbändern, mit denen die Daten postalisch nicht erreichbarer Bürger aus dem Bestand der Rundfunkanstalt mit dem Adressenbestand der Meldebehörde verglichen werden. Dabei handelt es sich um gebündelte Einzelauskünfte aus dem Melderegister, die nach §25 Meldegesetz zulässig sind. Dieses Verfahren ist nicht zu beanstanden und hat sich auch nach Auffassung der Senatsverwaltung für Inneres bewährt. Demgegenüber fordert der SFB gemeinsam mit den anderen Rundfunkanstalten, in Zukunft sollten die Meldebehörden verpflichtet werden, von sich aus regelmäßig bei einer Reihe von Änderungen des Meldedatenbestandes - bei jedem Umzug und jedem Sterbefall - die GEZ hierüber unaufgefordert zu informieren. In Hessen und Nordrhein-Westfalen ist dies bereits geltendes Recht. Hintergrund für diese Forderung der Rundfunkanstalten ist der härter werdende Konkurrenzkampf mit den privaten, nicht gebührenfinanzierten Rundfunkveranstaltern, der die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten neben Einsparungen im eigenen Bereich dazu zwingt, den Gebühreneinzug effektiver zu gestalten. Nach Angaben der Rundfunkanstalten ist der Adressenbestand der GEZ deshalb vielfach veraltet, weil die Rundfunkteilnehmer der GEZ Anschriftenänderungen entweder überhaupt nicht oder verspätet mitteilen. Durch die regelmäßige Übermittlung von Meldedatenänderungen hoffen die Rundfunkanstalten, ihr Gebührenaufkommen entscheidend zu erhöhen, indem der von ihnen vermutete erhebliche Anteil der "Schwarzseher" ermittelt werden könnte. Die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder hat die Forderung der Rundfunkanstalten aufgegriffen und die Innenministerkonferenz um einen Vorschlag zur bundeseinheitlichen Änderung des Melderechts gebeten. Der Entwurf der Innenministerkonferenz, der bei Stimmenthaltung Berlins beschlossen wurde, sieht eine Änderung des Melderechtsrahmengesetzes vor, wonach künftig alle Meldebehörden im Fall der Anmeldung, der Abmeldung oder des Todes eines volljährigen Einwohners dessen Namen, Geburtstag, gegenwärtige und frühere Anschriften, Tag des Ein- bzw. des Auszuges, Familienstand und im Todesfall den Sterbetag den Rundfunkanstalten übermitteln sollen. Bei einer Verwirklichung dieses Vorschlags würde ein entscheidender Schritt in Richtung auf ein Bundesmelderegister aller volljährigen Einwohner der Bundesrepublik getan, das bei den Beratungen des Melderechtsrahmengesetzes im Bundestag ausdrücklich aus Gründen des Datenschutzes abgelehnt worden ist. Zwar sieht der Rundfunkstaatsvertrag vor, daß die Rundfunkanstalten jeweils nur auf die Daten der zu ihrem Sendebereich gehörenden Hörer und Zuschauer zugreifen dürfen, im Fall des Umzugs in die Bereiche anderer Sender darf aber auch auf deren Datenbestände zugegriffen werden. Außerdem ist abzusehen, daß schon die Existenz des dann entstehenden bundesweiten Meldedatenbestandes bei der GEZ zu großen Begehrlichkeiten bei einer Vielzahl von öffentlichen und privaten Stellen führen würde. Entscheidend ist aber, daß bei dem vorgeschlagenen Verfahren in großem Umfang Meldedaten an die Rundfunkanstalten übermittelt würden, die diese zum Einzug von Rundfunkgebühren nicht benötigen. Viele Bürger teilen von sich aus der GEZ mit, daß sie ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithalten oder daß sie umgezogen sind. Durch die vorgeschlagene regelmäßige Meldedatenübermittlung an die Rundfunkanstalten würde in unverhältnismäßiger Weise in das informationelle Selbstbestimmungsrecht dieser Bürger eingegriffen. Ein solcher Eingriff läßt sich weder mit den finanziellen Problemen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten noch mit deren verfassungsrechtlicher Bestandsgarantie rechtfertigen. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat deshalb die vorgeschlagene regelmäßige Übermittlung von Meldedaten an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten abgelehnt 5 . Selbst wenn der Entwurf der Innenministerkonferenz Eingang in das Melderechtsrahmengesetz finden sollte, sind wir mit der Senatsverwaltung für Inneres 6 der Auffassung, daß eine entsprechende Änderung des Berliner Meldegesetzes nicht in Betracht kommt, solange datenschutzrechtliche Alternativen nicht einmal geprüft worden sind. Dringend erforderlich ist dagegen die bereits Anfang 1992 von uns angemahnte Ergänzung der Verordnung über die Feststellung der Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht 7 um die erforderlichen Befugnisse zur Datenverarbeitung. Insbesondere die Übermittlung der Daten von Personen, die von der Rundfunkgebührenpflicht durch die Sozialämter befreit worden sind, an den SFB erfolgt gegenwärtig immer noch ohne die erforderliche Rechtsgrundlage. Die zweite Stufe der Postreform - Privatisierung der TELEKOM zu Lasten der Kunden?Die vollständige Privatisierung der Deutschen Bundespost TELEKOM, die in eine AG umgewandelt werden soll, ist politisch beschlossene Sache. Die Beratungen über die dazu erforderliche Grundgesetzänderung und ergänzende gesetzliche Regelungen haben Anfang 1994 begonnen. Schon im Juni 1993 hat die TELEKOM allerdings ein Tochterunternehmen, die DeTeMobil- GmbH, gegründet und ihr den Betrieb sämtlicher Mobilfunkeinrichtungen (C- und D 1-Netze, Eurosignal, CITY-Ruf, Bündelfunk) übertragen. Die mit jeder Privatisierung öffentlicher Aufgabenerfüllung verbundenen datenschutzrechtliche Probleme sind bereits an anderer Stelle 8 behandelt worden. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat gerade im Zusammenhang mit der zweiten Stufe der Postreform betont, daß die Privatisierung der TELEKOM nicht zu einer Schlechterstellung der Bürger durch eine Absenkung des materiell-rechtlichen Datenschutzstandards führen darf. Dies gilt insbesondere bei dem wichtigsten von der TELEKOM angebotenen Dienst, dem Sprachtelefondienst. Außerdem muß der Gesetzgeber sicherstellen, daß für eine zukünftige TELEKOM-AG und ihre Tochterunternehmen eine einheitliche Datenschutzkontrolle gewährleistet wird, bei der auch eine Kontrolle von Amts wegen möglich ist. Die Aufsichtsbehörden für den privaten Bereich können dagegen nach dem geltenden Bundesdatenschutzgesetz nur einschreiten, wenn ihnen hinreichende Anhaltspunkte für eine Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen vorliegen. Die meisten Aufsichtsbehörden werden deshalb erst auf Beschwerden von Bürgern hin tätig. Dies ist jedoch gerade im Bereich der Telekommunikation nicht ausreichend, zumal der Bürger die Datenverarbeitung in digitalen Telekommunikationsnetzen kaum durchschauen kann und deshalb nur selten Anlaß für eine Beschwerde sehen wird 9 . Die durch den Fangschaltungsbeschluß des Bundesverfassungsgerichts 10 notwendig gewordene Neuregelung des Telekommunikationsrechts steht noch immer aus und soll jetzt im Zusammenhang mit der zweiten Stufe der Postreform erfolgen. Dabei wird es darauf ankommen, eine verfassungskonforme Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der zwangsläufig anfallenden Verbindungsdaten in öffentlichen und privaten Telekommunikationsnetzen zu schaffen. Zugleich muß der verfassungsrechtlich bedenkliche Zustand beendet werden, daß gegenwärtig Auskünfte über Verbindungsdaten an die Strafverfolgungsbehörden auch bei Bagatelldelikten zulässig sind. Zum 1. Januar 1994 ist eine Vorschrift der TELEKOM-Datenschutzverordnung (TDSV) in Kraft getreten, die dem Telefonkunden das Recht gibt, fallweise -also bei jedem Telefongespräch - darüber zu entscheiden, ob er die bei ISDN-fähigen Telefonapparaten mögliche Anzeige seiner Rufnummer beim Angerufenen unterdrücken will oder nicht. Dies könnte technisch durch Knopfdruck oder durch Wahl einer bestimmten Nummer vor der eigentlichen Rufnummer geschehen. Bisher ist jedoch nicht erkennbar, da? die TELEKOM oder andere Hersteller von Telefonapparaten entsprechende Geräte anbieten. Damit droht ein wichtiges Wahlrecht der TDSV leerzulaufen, weil der Telefonkunde, der einen ISDN-Hauptanschluß hat, bisher darauf verwiesen wird, sich ein für alle Mal für oder gegen die Rufnummernanzeige zu entscheiden. Die Anzeige der Rufnummern von analogen Anschlüssen, von denen aus beim Inhaber eines ISDN-fähigen Telefons angerufen wird, ist zwar technisch möglich, wird aber nach Angaben der TELEKOM bisher nicht durchgeführt. Nach dem Wortlaut der TDSV müßte auch in diesem Fall eine individuelle Unterdrückungsmöglichkeit(z.B. durch Wahl einer bestimmten Ziffer) geschaffen werden, bevor die Rufnummern von analogen Anschlüssen angezeigt werden dürfen. Auf der Ebene der Europäischen Union tritt die Entwicklung des Telekommunikationsdatenschutzrechts noch immer auf der Stelle. Die Europäische Kommission hat im Berichtszeitraum keine geänderte Fassung ihres Vorschlags für eine ISDN-Richtlinie beschlossen, so daß der Abstand zwischen diesem für den europäischen Telekommunikationsmarkt so wichtigen Vorhaben und der allgemeinen Datenschutzrichtlinie, mit der er ursprünglich gemeinsam in Kraft gesetzt werden sollte, immer größer wird. Gleichzeitig sind andere Initiativen der Europäischen Kommission im Telekommunikationssektor schon sehr viel weiter gediehen, etwa der Entwurf für eine Richtlinie über den offenen Netzzugang im Sprachtelefondienst, die zum Teil Regelungen enthält, die erheblich hinter dem Vorschlag für eine ISDN-Datenschutzrichtlinie zurückbleiben. Die endgültige Beschlußfassung im Rat bleibt allerdings abzuwarten. Besonderes Gewicht mißt die Kommission nach dem Aufbau der im Europäischen Unionsvertrag von Maastricht genannten transeuropäischen Netze bei. Insbesondere das ISDN wird zu einem der ersten transeuropäischen Netze ausgebaut werden. Auch der grenzüberschreitende Datenaustausch zwischen Verwaltungen wird von der Kommission gefördert. Der Ministerrat der Europäischen Gemeinden (Europäische Rat) hat am 22. Juli 1993 beschlossen, daß die Monopole im öffentlichen Sprachtelefondienst europaweit bis zum 1. Januar 1998 beseitigt werden müssen. Dies soll im Zuge der zweiten Stufe der Postreform auch in der Bundesrepublik umgesetzt werden. Damit soll es in naher Zukunft in der Europäischen Union zu einem Wettbewerb zwischen zahlreichen Diensteanbietern kommen, so daß sich das oben beschriebene Problem der Gewährleistung eines einheitlichen hohen Datenschutzstandards auch auf europäischer Ebene stellen wird. Schon deshalb ist es dringend erforderlich, daß die von der Kommission vorgeschlagene Datenschutzrichtlinie für das ISDN zügig verabschiedet wird. Darauf hat auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder verwiesen. Einer Lösung auf europäischer Ebene bedürfen auch die Datenschutzprobleme im Zusammenhang mit der Mobilkommunikation. So müssen die Daten der Mobilfunkteilnehmer auf der Funkstrecke wirksam verschlüsselt werden. Eine bloße Digitalisierung der Signale reicht nicht aus, denn durch sie wird das Abhören erschwert, nicht aber zuverlässig ausgeschlossen. Den Benutzern sollte eine kostenlose Ende-Zu-Ende-Verschlüsselung angeboten werden. Vor allem aber müssen gerade bei der Mobilkommunikation, wo Informationen über den jeweiligen Standort der Teilnehmers auch dann verarbeitet werden, wenn sein Gerät nur empfangsbereit ist, wirksame Vorkehrungen gegen die Entstehung von Bewegungsbildern getroffen werden. Dazu müssen laufende und künftige Normierungsprozesse entsprechend beeinflußt werden. Wenn schon der Anfall solcher Standortdaten nicht von vornherein technisch ausgeschlossen werden kann, muß durch die Gesetzgebung der Union oder der Mitgliedsstaaten eine strenge Zweckbindung dieser Daten an die technische Vermittlung der Telekommunikationsverbindung gewährleistet werden. Jede darüber hinausgehende Nutzung sollte ausdrücklich untersagt werden. Gerade im Bereich de Telekommunikation ist es entscheidend, daß die Europäische Union nicht unter dem Hinweis auf den Grundsatz der Subsidiarität davon absieht, die angesprochenen Fragen möglichst einheitlich zu regeln. Die Mobilkommunikation wird gerade im grenzüberschreitenden Verkehr große Bedeutung erlangen, wie das Beispiel der Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren zeigt 16. Einheitliche hohe Datenschutzanforderungen sind deshalb eine Grundvoraussetzung für die Akzeptanz dieser Technik, der die Europäische Kommission mit Recht so große Bedeutung beimißt. Anlage 2.3 Entschließung der 46. Konferenz am 26./ 27. Oktober 1993 zu regelmäßigen Datenübermittlungen an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die Gebühreneinzugszentrale (GEZ)(gegen die Stimme Bayerns und bei Stimmenthaltung Sachsens)
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten drängen seit langem auf die Schaffung einer Rechtsgrundlage für die regelmäßige Übermittlung von Meldedaten aller Einwohner an die gemeinsame Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Sie verweisen dazu auf bereits bestehende Regelungen in den Ländern Hessen und Nordrhein-Westfalen. Auf Bitten der Konferenz der Regierungschefs der Länder hat deshalb nunmehr der zuständige Arbeitskreis der Innenministerkonferenz einen Musterentwurf für eine bundesweite Lösung im Melderecht erarbeitet. Der Entwurf sieht vor, daß künftig alle Meldebehörden in der Bundesrepublik im Fall der Anmeldung, Abmeldung oder des Todes eines volljährigen Einwohners bis zu acht Kerndaten an die GEZ übermitteln dürfen. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder lehnen eine derartige Regelung insbesondere aus folgenden Gründen ab: Die Regelung könnte im Ergebnis zu einem bundesweiten Melderegister bei Volljährigen führen. Sie könnte außerdem gegen das verfassungsrechtlich garantierte Verhältnismäßigkeitsprinzip verstoßen. den Rundfunkanstalten stünde möglicherweise der unkontrollierte Zugriff auf Millionen personenbezogener Daten volljähriger Einwohner der Bundesrepublik zu, obwohl es für die Rundfunkanstalten nur von Interesse ist, welcher Einwohner bei ihnen gebührenpflichtig ist und bislang seine Gebührenpflicht nicht angemeldet hat. Das vorgesehene generelle Übermittlungsverfahren kennt keine Unterscheidung zwischen erforderlichen und nicht erforderlichen Daten, sondern überläßt diese Unterscheidung der GEZ. Über die Frage, ob ein Volljähriger überhaupt gebührenpflichtig ist, geben die Meldedaten keine Auskunft. Das muß nach wie vor im herkömmlichen Verfahren durch Befragung ermittelt werden. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sind bereit, an geeigneten und verfassungskonformen Lösungen der Landesregierungen zur Sicherung des Gebührenaufkommens der Rundfunkanstalten mitzuwirken. |
Zuletzt geändert:
am 28.02.97