(4) Mit der Einführung neuer Technologien erhalten die Verbraucher
einen immer besseren Überblick über das Angebot in der
ganzen Gemeinschaft und zahlreiche neue Möglichkeiten, Bestellungen
zu tätigen. Einige Mitgliedstaaten haben bereits unterschiedliche
oder abweichende Verbraucherschutzbestimmungen für den Fernabsatz
erlassen, was negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen
den Unternehmen im Binnenmarkt zur Folge hat. Es ist daher geboten,
auf Gemeinschaftsebene eine Mindestzahl gemeinsamer Regeln in
diesem Bereich einzuführen.
(5) Unter den Nummern 18 und 19 des Anhangs zur Entschließung
des Rates vom 14. April 1975 über das erste Programm der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik
zum Schutz und zur Information der Verbraucher wird von der Notwendigkeit
gesprochen, die Käufer von Gütern oder Dienstleistungen
vor der Forderung nach Zahlung nicht bestellter Waren und vor
aggressiven Verkaufsmethoden zu schützen.
(6) In der Mitteilung der Kommission an den Rat mit dem Titel
"Neuer Impuls für die Verbraucherschutzpolitik",
die durch die Entschließung des Rates vom 23. Juni 1986
gebilligt wurde, wird unter Nummer 33 erklärt, daß
die Kommission Vorschläge zur Verwendung neuer Informationstechnologien
unterbreiten wird, die es den Verbrauchern ermöglichen, Bestellungen
an einen Lieferer von zu Hause aus zu tätigen.
(7) In der Entschließung des Rates vom 9. November 1989
über künftige Prioritäten bei der Neubelebung der
Verbraucherschutzpolitik wird die Kommission aufgefordert, ihre
Bemühungen vor allem auf die im Anhang der Entschließung
angegebenen Bereiche zu konzentrieren. In diesem Anhang werden
die neuen Technologien, die den Fernabsatz ermöglichen, erwähnt.
Die Kommission ist dieser Entschließung durch die Annahme
eines Dreijahresplanes für die Verbraucherpolitik in der
EWG (1990-1992) nachgekommen; dieser Plan sieht die Verabschiedung
einer diesbezüglichen Richtlinie vor.
(8) Die Frage, welche Sprachen bei Vertragsabschlüssen im
Fernabsatz zu verwenden sind, fällt in die Zuständigkeit
der Mitgliedstaaten.
(9) Der Abschluß von Verträgen im Fernabsatz ist durch
die Verwendung einer oder mehrerer Fernkommunikationstechniken
gekennzeichnet. Diese verschiedenen Techniken werden im Rahmen
eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems
ohne gleichzeitige Anwesenheit des Lieferers oder Dienstleistungserbringers
und des Verbrauchers eingesetzt. Aufgrund ihrer ständigen
Weiterentwicklung können diese Techniken nicht in einer erschöpfenden
Liste erfaßt werden; es ist daher notwendig, brauchbare
Prinzipien auch für die wenig verwendeten unter ihnen festzulegen.
(10) Die Verwendung dieser Techniken darf nicht zu einer Verringerung
der dem Verbraucher vermittelten Informationen führen. Es
sind daher die Informationen festzulegen, die dem Verbraucher
unabhängig von der verwendeten Kommunikationstechnik zwingend
übermittelt werden müssen. Außerdem muß
die Übermittlung dieser Informationen entsprechend den sonstigen
einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften erfolgen, und zwar
insbesondere gemäß der Richtlinie 84/450/EWG des Rates
vom 10. September 1984 über die Angleichung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der
irreführenden Werbung
(11) Die mit Hilfe bestimmter elektronischer Technologie verbreitete
Information ist häufig nicht beständig, soweit sie nicht
auf einem dauerhaften Datenträger empfangen wird. Infolgedessen
ist es notwendig, daß der Verbraucher rechtzeitig schriftlich
Informationen erhält, die zur korrekten Ausführung des
Vertrags erforderlich sind.
(12) Der Verbraucher hat in der Praxis keine Möglichkeit,
vor Abschluß des Vertrags das Erzeugnis zu sehen oder die
Eigenschaften der Dienstleistung im einzelnen zur Kenntnis zu
nehmen. Daher ist in den Fällen, in denen dies angezeigt
ist, ein Widerrufsrecht vorzusehen. Es ist Sache der Mitgliedstaaten,
weitere Bedingungen und Einzelheiten im Fall der Ausübung
dieses Rechts festzulegen.
(13) Ebenso ist eine Frist für die Erfüllung des Vertrags
vorzusehen, wenn sie nicht bei der Bestellung festgelegt worden
ist.
(14) Die Absatztechnik, die darin besteht, dem Verbraucher ohne
vorherige Bestellung oder ohne ausdrückliches Einverständnis
gegen Entgelt Waren zu liefern oder Dienstleistungen zu erbringen,
ist als nicht zulässig anzusehen, es sei denn, es handele
sich um eine Ersatzlieferung.
(15) Die in den Artikeln 8 und 10 der Europäischen Konvention
zum Schurze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November
1950 festgelegten Prinzipien sind zu berücksichtigen. Es
ist daher angezeigt, dem Verbraucher ein Recht auf den Schutz
des Privatlebens, insbesondere vor Belästigungen durch gewisse
besonders aufdringliche Kommunikationstechniken, zuzuerkennen
und mithin die spezifischen Grenzen der Nutzung solcher Techniken
genau zu bestimmen.
(16) In der Empfehlung 92/295/EWG der Kommission vom 7. April
1992 über die Verhaltenskodizes zum Verbraucherschutz bei
Vertragsabschlüssen im Fernabsatz heißt es, daß
es wünschenswert ist, die grundlegenden unabdingbaren Vorschriften
der vorliegenden Richtlinie durch freiwillige Bestimmungen der
betroffenen Berufskreise in Form von Verhaltenskodizes zu ergänzen.
(17) Die Nichteinhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie kann
den Verbrauchern, aber auch Mitbewerbern schaden. Es können
daher Bestimmungen vorgesehen werden, die es öffentlichen
Einrichtungen oder deren Vertreter oder Verbraucherverbänden,
die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse
am Schutz der Verbraucher haben, oder Berufsverbänden mit
berechtigtem Interesse erlauben, auf Anwendung dieser Richtlinie
zu dringen.
(18) Bei den neuen Technologien entzieht sich die technische Seite
dem Einfluß des Verbrauchers. Es ist daher vorzusehen, daß
die Beweislast dem Lieferer auferlegt werden kann.
(19) In bestimmten Fällen besteht die Gefahr, daß dem
Verbraucher der in dieser Richtlinie aufgestellte Schutz entzogen
wird, indem das Recht eines Drittlands zum auf den Vertrag anwendbaren
Recht erklärt wird. Diese Richtlinie sollte deshalb Bestimmungen
enthalten, die dies ausschließen.
(20) Ein Mitgliedstaat kann im Interesse der Allgemeinheit in
seinem Hoheitsgebiet die Vermarktung bestimmter Erzeugnisse und
Dienstleistungen im Rahmen von Vertragsabschlüssen im Fernabsatz
untersagen. Dieses Verbot muß unter Einhaltung der Rechtsvorschriften
der Gemeinschaft gehandhabt werden. Entsprechende Verbote sind
insbesondere im Hinblick auf Arzneimittel im Rahmen der Richtlinie
89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Ausübung der Fernsehtätigkeit und der Richtlinie
92/28/EWG des Rates vom 31. März. 1992 über die Werbung
für Humanarzneimittel bereits vorgesehen -
HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:
Artikel 1 Gegenstand
Gegenstand dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vertragsabschlüsse
im Fernabsatz zwischen Verbrauchern und Lieferern.
Artikel 2 Definitionen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. "Vertragsabschluß im Fernabsatz" jeden zwischen
einem Lieferer und einem Verbraucher geschlossenen, eine Ware
oder eine Dienstleistung betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines
für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungsystems
des Liefereres geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag
bis zu dessen Abschluß einschließlich des Vertragsabschlusses
selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken
verwendet;
2. "Verbraucher" jede natürliche Person, die beim
Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu
Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen
Tätigkeit zugerechnet werden können;
3. "Lieferer" jede natürliche oder juristische
Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser
Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit
handelt;
4. "Fernkommunikationstechnik" jedes Kommunikationsmittel,
das zum Abschluß eines Vertrags zwischen einem Verbraucher
und einem Lieferer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit
der Vertragsparteien eingesetzt werden kann. Eine beispielhafte
Liste der Techniken im Sinne dieser Richtlinie ist in Anhang 1
enthalten;
5. "Betreiber einer Kommunikationstechnik" jede natürliche
oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts,
deren gewerbliche oder berufliche Tätigkeit darin besteht,
den Lieferern eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken zur
Verfügung zu stellen.
Artikel 3 Ausnahmen
(1) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge, die
- in einer nicht erschöpfenden Liste in Anhang II angeführte
Finanzdienstleistungen betreffen;
- unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen
geschlossen werden;
- mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln aufgrund der Benutzung
von öffentlichen Fernsprechern geschlossen werden;
- für den Bau und den Verkauf von Immobilien geschlossen
werden oder die sonstige Rechte an Immobilien mit Ausnahme der
Vermietung betreffen;
- bei einer Versteigerung geschlossen werden;
(2) Die Artikel 4, 5 und 6 sowie Artikel 7 Absätze 1 und
2 gelten nicht für
- Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken
oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs,
die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines
Verbrauchers von Händlern im Rahmen häufiger und regelmäßiger
Fahrten geliefert werden;
- Verträge über die Einbringung von Dienstleistungen
in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von
Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich
der Lieferer bei Vertragsabschluß verpflichtet die Dienstleistungen
zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen
Zeitraums zu erbringen.
Artikel 4 Vorherige Unterrichtung
(1) Der Verbraucher muß rechtzeitig vor Abschluß eines
Vertrags im Fernabsatz über folgende Informationen verfügen:
a) Identität des Lieferers,
b) wesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung,
c) Preis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller
Steuern,
d) gegebenenfalls Lieferkosten,
e) Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder
Erfüllung,
f) Bestehen eines Widerrufsrecht, außer in den in Artikel
6 Absatz 3 genannten Fällen,
g) Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik,
sofern nicht nach dem Grundtarif berechnet,
h) Gültigkeitsdauer des Angebots oder des Preises.
(2) Die Informationen nach Absatz 1, deren kommerzieller Zweck
unzweideutig erkennbar sein muß, müssen klar und verständlich
auf jedwede der verwendeten Fernkommunikationstechnik angepaßte
Weise erteilt werden; dabei sind insbesondere die Grundsätze
der Lauterkeit bei Handelsgeschäften sowie des Schutzes Minderjähriger
zu beachten.
Artikel 5 Schriftliche Bestätigung der Informationen
(1) Der Verbraucher muß die schriftliche Bestätigung
der Informationen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben
a) bis f) rechtzeitig bei der Erfüllung des Vertrags, bei
Waren jedoch spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung erhalten,
soweit ihm diese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluß
schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren
dauerhaften Datenträger erteilt wurden.
Auf jeden Fall ist folgendes zu übermitteln:
- schriftliche Informationen über die Bedingungen und Einzelheiten
der Ausübung des Widerrufsrecht im Sinne des Artikels 6,
einschließlich der in Artikel 6 Absatz 3 erster Gedankenstrich
genannten Fälle;
-die geographische Anschrift der Niederlassung des Lieferers,
bei der der Verbraucher seine Beanstandungen vorbringen kann;
- Informationen über Kundendienst und geltende Garantiebedingungen;
- die Kündigungsbedingungen bei unbestimmter Vertragsdauer
bzw. einer mehr als einjährigen Vertragsdauer.
(2) Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Dienstleistungen, die unmittelbar
durch Einsatz einer Fernkommunikationstechnik erbracht werden,
sofern diese Leistungen in einem Mal erfolgen und über den
Betreiber der Kommunikationstechnik abgerechnet werden. Allerdings
muß der Verbraucher in jedem Fall die Möglichkeit haben,
die geographische Anschrift der Niederlassung des Lieferers zu
erfahren, bei der er seine Beanstandungen vorbringen kann.
Artikel 6 Widerrufsrecht
(1) Der Verbraucher kann jeden Vertragsabschluß im Fernabsatz
innerhalb einer Frist von mindestens sieben Tagen ohne Angabe
von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen.
Die Frist für die Wahrnehmung dieses Rechts beginnt
- bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher, wenn
die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfüllt sind;
- bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses oder
dem Tag, an dem die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfüllt
sind, wenn dies nach Vertragsabschluß der Fall ist, sofern
damit nicht dir nachstehend genannte Dreimonatsfrist überschritten
wird.
Falls der Lieferer die Bedingungen im Sinne des Artikels 5 nicht
erfüllt hat, beträgt die Frist drei Monate. Diese Frist
beginnt
- bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher,
- bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses.
Werden innerhalb dieser Dreimonatsfrist die Informationen gemäß
Artikel 5 übermittelt, so verfügt der Verbraucher von
diesem Zeitpunkt an über die Mindestfrist von sieben Tagen
gemäß Unterabsatz 1.
(2) Übt der Verbraucher das Recht auf Widerruf gemäß
diesem Artikel aus, so hat der Lieferer die vom Verbraucher geleisteten
Zahlungen zu erstatten. Diese Erstattung hat so bald wie möglich
zu erfolgen.
(3) Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, kann
der Verbraucher das in Absatz 1 vorgesehene Widerrufsrecht nicht
ausüben bei
- Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen, deren Ausführung
mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Frist von sieben
Tagen gemäß Absatz 1 begonnen hat;
- Verträgen zur Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen,
deren Preis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten,
auf die der Lieferer keinen Einfluß hat, abhängt;
- Verträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation
angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse
zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht
für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben
können oder deren Verfallsdatum überschritten würde;
- Verträgen zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen,
Platten und Software;
- Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und
Illustrierten;
- Verträgen zur Erbringung von Wert- und Lotterie-Dienstleistungen.
(4) Die Mitgliedstaaten sehen in ihren Rechtsvorschriften folgendes
vor:
- Wenn der Preis einer Ware oder einer Dienstleistung vollständig
oder zum Teil durch einen vom Lieferer gewährten Kredit finanziert
wird oder
- wenn dieser Preis vollständig oder zum Teil durch einen
Kredit finanziert wird, der dem Verbraucher von einem Dritten
aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Lieferer
gewährt wird,
wird der Kreditvertrag entschädigungsfrei aufgelöst,
falls der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht gemäß
Absatz 1 Gebrauch macht.
Die Mitgliedsstaaten legen die Einzelheiten der Auflösung
des Kreditvertrags fest.
Artikel 7 Erfüllung des Vertrages
(1) Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, hat der
Lieferer die Zustellung spätestens 30 Tage nach dem Tag auszuführen,
der auf den Tag, an dem der Verbraucher dem Lieferer seine Bestellung
übermittelt hat, folgt.
(2) Wird ein Vertrag vom Lieferer nicht erfüllt, weil die
bestellte Ware oder Dienstleistung nicht verfügbar ist, so
ist der Verbraucher davon zu unterrichten, und er muß die
Möglichkeit haben, sich geleistete Zahlungen möglichst
bald erstatten zu lassen.
(3) Die Mitgliedstaaten können indessen vorsehen, daß
der Lieferer dem Verbraucher eine qualitätsmäßig
und preislich mindesten gleichwertige Ware liefern oder eine qualitätsmäßig
und preislich mindestens gleichwertige Dienstleistung erbringen
kann, wenn diese Möglichkeit vor Vertragsabschluß,
bei Vertragsabschluß oder bei der Unterrichtung des Verbrauchers
darüber, daß die Ware nicht lieferbar oder die Dienstleistung
nicht zu erbringen ist, vorgesehen wurde. Die Kosten der Rücksendung
infolge der Ausübung des Widerrufsrechts gehen in diesem
Fall zu Lasten des Lieferers; der Verbraucher ist davon zu unterrichten.
In diesem Fall handelt es sich bei der Lieferung einer Ware oder
der Erbringung einer Dienstleistung nicht um eine unbestellte
Ware oder Dienstleistung im Sinne des Artikels 9.
Artikel 8 Zahlung mittels Karte
Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß geeignete
Vorkehrungen bestehen, damit
- der Verbraucher im Fall einer betrügerischen Verwendung
seiner Zahlungskarte im Rahmen eines unter diese Richtlinie fallenden
Vertragsabschlusses im Fernabsatz die Stornierung einer Zahlung
verlangen kann;
- dem Verbraucher im Fall einer solchen betrügerischen Verwendung
die Zahlungen gutgeschrieben oder erstattet
werden.
Artikel 9 Unbestellte Waren oder Dienstleistungen
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen,
um
- zu untersagen, daß einem Verbraucher ohne vorherige Bestellung
Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, wenn mit
der Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eine Zahlungsaufforderung
verbunden ist;
- den Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall
zu befreien, daß unbestellte Waren geliefert oder unbestellte
Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion
nicht als Zustimmung gilt.
Artikel 10 Beschränkungen in der Verwendung bestimmter
Fernkommunikationstechniken
(1) Die Verwendung folgender Techniken durch den Lieferer bedarf
der vorherigen Zustimmung des Verbrauchers:
- Kommunikation mit Automaten als Gesprächspartner (Voice-Mail-System),
- Fernkopie (Telefax).
(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß Fernkommunikationstechniken,
die eine individuelle Kommunikation erlauben, mit Ausnahme der
in Absatz 1 genannten Techniken, nur dann verwendet werden dürfen,
wenn der Verbraucher ihre Verwendung nicht offenkundig abgelehnt
hat.
Artikel 11 Rechtsbehelfe bei Gericht oder Verwaltungsbehörden
(1) Die Mitgliedstaaten sorgen im Interesse der Verbraucher für
geeignete und wirksame Mittel, die die Einhaltung der Bestimmungen
dieser Richtlinie gewährleisten.
(2) Die in Absatz 1 genannten Mittel können Rechtsvorschriften
einschließen, wonach öffentliche Einrichtungen oder
deren Vertreter oder Verbraucherverbände, die nach dem innerstaatlichen
Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben,
oder Berufsverbände mit berechtigtem Interesse im Einklang
mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder
die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können,
um die Anwendung der Bestimmungen dieser Richtlinie zu erreichen.
(3) a) Die Mitgliedstaaten können bestimmen, daß der
Nachweis, daß eine vorherige Unterrichtung stattfand, eine
schriftliche Bestätigung erfolgte oder die Fristen eingehalten
wurden und die Zustimmung des Verbrauchers erteilt wurde, dem
Lieferer obliegen kann.
b) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen,
um sicherzustellen, daß die Lieferer und die Betreiber von
Kommunikationstechniken, sofern sie hierzu in der Lage sind, Praktiken
unterlassen, die nicht mit den gemäß dieser Richtlinie
erlassenen Bestimmungen im Einklang stehen.
(4) Die Mitgliedstaaten können zusätzlich zu den Mitteln,
die sie zur Gewährleistung der Einhaltung der Bestimmungen
dieser Richtlinie vorsehen müssen, eine freiwillige Kontrolle
der Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie durch unabhängige
Einrichtungen sowie die Inanspruchnahme solcher Einrichtungen
zwecks Streitschlichtung vorsehen.
Artikel 12 Unabdingbarkeit
(1) Der Verbraucher kann auf die Rechte, die ihm aufgrund der
Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht zustehen,
nicht verzichten.
(2) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen,
damit der Verbraucher den durch diese Richtlinie gewährten
Schutz nicht verliert, wenn das Recht eines Drittlands als das
auf den Vertrag anzuwendende Recht gewählt wurde und der
Vertrag einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten aufweist.
Artikel 13 Gemeinschaftsbestimmungen
(1) Die Bestimmungen dieser Richtlinie gelten, soweit es im Rahmen
gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften keine besonderen Bestimmungen
gibt, die bestimmte Vertragstypen im Fernabsatz umfassend regeln.
(2) Enthält eine spezifische gemeinschaftliche Rechtsvorschrift
für eine Ware oder eine Dienstleistung Bestimmungen, die
Aspekte im Zusammenhang mit folgenden Punkten betreffen:
- vorherige Unterrichtung,
- schriftliche Bestätigung der vorherigen Unterrichtung,
- Widerrufsrecht,
- unbestellte Waren oder Dienstleistungen,
- Rechtsbehelfe bei Gericht oder Verwaltungsbehörden,
- Beschränkungen in der Verwendung bestimmter Fernkommunikationstechniken,
- Zahlung mittels Karte,
- Erfüllung des Vertrags,
so finden diese Bestimmungen nur hinsichtlich der erfaßten
Aspekte auf Vertragsabschlüsse im Fernabsatz Anwendung.
Artikel 14 Mindestklauseln
Die Mitgliedstaaten können in dem unter diese Richtlinie
fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag in Einklang stehende strengere
Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um ein höheres
Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Durch solche
Bestimmungen können sie im Interesse der Allgemeinheit den
Vertrieb im Fernabsatz für bestimmte Waren und Dienstleistungen,
insbesondere Arzneimittel, in ihrem Hoheitsgebiet unter Beachtung
des EG-Vertrages verbieten.
Artikel 15 Durchführung
(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und
Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie spätestens
drei Jahre nach ihrem Inkrafttreten nachzukommen. Sie setzen die
Kommission unverzüglich davon, in Kenntnis.
(2) Wenn die Mitgliedstaaten Vorschriften nach Absatz 1 erlassen,
nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis
bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug.
Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.
(3) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die innerstaatlichen
Rechtsvorschriften mit, die sie auf dem durch diese Richtlinie
geregelten Gebiet erlassen.
(4) Spätestens sechs Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie
legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat
einen Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie, gegebenenfalls
verbunden mit einem Änderungsvorschlag, vor.
Artikel 16
Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt
der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.
Artikel 17
Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.
Geschehen zu ...
Im Namen des Europäischen Parlaments Der Präsident
Im Namen des Rates Der Präsident
ANHANG I
Kommunikationstechniken nach Artikel 2 Nummer 4
- Drucksache ohne Anschrift,
- Drucksache mit Anschrift,
- vorgefertigter Standardbrief,
- Pressewerbung mit Bestellschein,
- Katalog,
- telefonische Kommunikation mit Person als Gesprächspartner,
- telefonische Kommunikation mit Automaten als Gesprächspartner
(Voice-Mail-System, Audiotext),
- Hörfunk,
- Bildtelefon,
- Viedeotext (Mikrocomputer, Fernsehbildschirm) mit Tastatur oder
Kontaktbildschirm,
- elektronische Post,
- Fernkopie (Telefax),
- Fernsehen (Teleshopping).
ANHANG II
Finanzdienstleistungen nach Artikel 3 Absatz 1
- Wertpapierdienstleistungen,
- Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte,
- Bankdienstleistungen,
- Tätigkeiten im Zusammenhang mit Versorgungsfonds, Dienstleistungen
im Zusammenhang mit Termin- oder Optiongsgeschäften.
Diese Dienstleistungen umfassen insbesondere:
- Wertpapierdienstleistungen gemäß dem Anhang der Richtlinie
93/22/EWG, Dienstleistungen von Wertpapierfirmen für gemeinsame
Anlagen;
- Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Tätigkeiten, die
im Anhang zur Richtlinie 89/646/EWG genannt sind und für
die die gegenseitige Anerkennung gilt;
- Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäfte gemäß
- Artikel 1 der Richtlinie 73/239/EWG,
- dem Anhang der Richtlinie 79/267/EWG,
- der Richtlinie 64/225/EWG,
- den Richtlinien 92/49/EWG und 92/96/EWG.
BEGRÜNDUNG DES RATES
I. EINLEITUNG
1. Die Kommission hat am 21. Mai 1992 einen Vorschlag für
eine auf Artikel 100a des Vertrags gestützte Richtlinie über
den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz
unterbreitet.
2. Das Europäische Parlament gab seine Stellungnahme in erster
Lesung am 26. Mai 1993 ab. Im Anschluß an diese Stellungnahme
übermittelte die Kommission am 7. Oktober 1993 einen geänderten
Vorschlag.
Der Wirtschafts- und Sozialausschuß gab seine Stellungnahme
am 24. November 1993 ab.
3. Der Rat legte am 29. Juni 1995 seinen gemeinsamen Standpunkt
gemäß Artikel 189b des Vertrags mit Einstimmigkeit
fest.
II. ZIEL
4. Mit diesem Vorschlag der Kommission soll der Verbraucherschutz
bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz insbesondere durch
eine bessere vorherige Unterrichtung über die Bestandteile
des Vertrags und durch die Einführung eines Widerrufsrechts
verbessert werden; ferner sind die Einzelheiten der Rechtsbehelfe
bei Gericht oder Verwaltungsbehörden geregelt und flankierende
Bestimmungen zur Anwendung des Vertrags vorgesehen. Dieser Vorschlag
trägt also zur Verwirklichung des Binnenmarkts in diesem
Bereich bei.
ANALYSE DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS
Allgemeine Bemerkungen
5. Da sich die betreffenden Techniken und Märkte sehr schnell
entwickeln, hat sich der Rat im Hinblick auf das zuvor dargelegte
Ziel darum bemüht, ein hohes Schutzniveau für die Verbraucher
im Wege einer Reihe von Bestimmungen sicherzustellen, die teilweise
einen noch höheren Schutz als die von der Kommission oder
dem Europäischen Parlament vorgesehenen Bestimmungen bieten
und deren Anwendung möglichst einfach und präzise ist.
Der Rat hat sich also bemüht, den Spielraum des Subsidiaritätsprinzips
zu wahren, soweit dies mit der erforderlichen Harmonisierung in
diesem Bereich vereinbar ist, so daß die Mitgliedstaaten
noch strengere Bestimmungen festlegen können. In diesem Bemühen
um eine praxisorientierte Lösung hat der Rat auf das Konzept
der "Aufforderung zum Vertragsabschluß" verzichtet,
das sich nach einer Analyse als ungeeignet für den spezifischen
Fall des Vertragsabschlusses im Fernabsatz erwiesen hat.
6. Unter Zugrundelegung der obigen Orientierungen konnte der Rat
die Änderungen des Europäischen Parlaments, die die
Kommission in ihren geänderten Vorschlag aufgenommen hat,
wörtlich, dem Sinn nach oder teilweise in seinen gemeinsamen
Standpunkt einarbeiten; nicht berücksichtigt wurden die Änderungen
Nrn. 10, 13, 15, 20, 29 (sowie Nr. 6 in bezug auf den entsprechenden
Erwägungsgrund ) und Nr. 32 (sowie Nr. 9 in bezug auf den
entsprechenden Erwägungsgrund) sowie die Änderung Nr.
30, die nicht in den geänderten Vorschlag übernommen
wurde.
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